Kommentar

Ermotti: Abtreten

Lukas Hässig © zvg

Lukas Hässig /  Der UBS-Chef hat die Bank zu Pariser Milliarden-Strafe geführt, ignorierte toxische «Taste for Bucks»-History. Next CEO, please.

Red. Dieser Artikel des Journalisten Lukas Hässig erschien auf Inside Paradeplatz.

Sergio Ermotti hat sein Marignano in Paris. Wie die Hellenbarden-Eidgenossen vor 500 Jahren in Norditalien erleidet der Grossbanken-CEO in Paris eine vernichtende Niederlage. Nun muss Ermotti gehen. Er hat die UBS in eine gefährliche Sackgasse manövriert. Es drohen weitere hohe Strafzahlungen in den USA, in Costa Rica. Ganz zu schweigen von Rom, Madrid.
Ermotti dachte, er habe ein gutes Blatt in der Hand im Poker mit Frankreich. Dabei hatte er nicht einmal ein lausiges Pärchen. Der Big Banker, der jedes Jahr 14 Millionen von den UBS-Aktionären erhält, diesen aber einen Aktienkurs von jetzt noch rund 12 Franken beschert, hat sich überschätzt. Das ist das Schlimmste, das einem CEO passieren kann.


Wie tief darf es noch gehen? UBS-Chart letzte 12 Monate (Quelle: Swissquote)

Ermotti schätzte nicht nur die eigene Lage falsch ein. Sondern er tat dies, indem er sich offensichtlich nie die Mühe nahm, die wahren Sünden der UBS zu studieren. Diese gehen zurück auf die Zeit vor Ermotti, der Anfang 2011 zur UBS stiess und Ende 2011 nach einem 2 Milliarden Trading-Crash notfallmässig das CEO-Steuer übernommen hatte.

Der Tessiner kam zum Handkuss, weil er den damaligen VR-Präsidenten der UBS, Kaspar Villiger, von sich einnehmen konnte. Villiger geht nun in die Geschichte ein als Kapitän, der auf den falschen Mann gesetzt hatte. Das ist umso bitterer, als Villiger als Mann der Politik und des Reflektierens die Geschichte des Schweizer Bankgeheimnisses und der nachrichtenlosen Vermögen aus dem Effeff kennt.
Ermotti kannte sie weniger. Doch er hatte sieben Jahre Zeit, sie zu studieren. Es ist die Geschichte einer Bank, die wegen ihrer übermächtigen Grösse das alte Schwarzgeld-Modell des Finanzplatzes immer viel aggressiver und damit riskanter betrieben hatte als die Konkurrenten.
Unter der Führung von Raoul Weil, der in Frankreich als einziger freigesprochen worden ist, hatte die Bank Anfang der Nullerjahre ein Programm namens «Taste for Bucks» lanciert. Es sah das totale Wachstum vor. Ziel war es, einerseits das alte Offshore-Modell langsam in ein neues Onshore-Business zu überführen.
Die weiterhin fliessenden Milliarden-Einnahmen der gefährlichen Reise-Banker sollten helfen, im regulierten Vorort-Geschäft zur führenden Privatbank zu werden. Also statt raschem Rückbau des durch das alte Bankgeheimnis geschützten Offshore-Geschäfts dieses nutzen, um weiter reich und gross zu bleiben.
Verständlich. Nur hatte «Taste for Bucks» viele Fussangeln. So reisten die UBS-Offshore-Banker wie James Bond-Agenten. Sie hatten präparierte Laptops, die mit der Tasten-Kombination XTAS vollständig gelöscht werden konnten. XTAS hiess: X für Delete, TAS für Travel Access Service.
Das allein machte die Lage für die UBS schwierig. Es kam hinzu, dass die Offshore-Banker aus Zürich, Basel und Genf ihre Schwarzgeld-Kunden in Paris, Rom und Madrid immer in Hotels und an Anlässen trafen. Alles inoffiziell, alles geheim, alles mit präparierten Visitenkarten. Jeder wusste, worum es ging: Die armen, vom Fiskus geplagten Reichen Europas sollten ihre unversteuerten Millionen in die sichere Schweiz bringen – mit Hilfe ihres Schweizer Bankers.
Die UBS tat, was viele taten. Doch die Bank wurde gross, indem sie militärisch geführt war. Und militärisch ging sie auch vor bei «Taste for Bucks». Da war alles organisiert, geplant, studiert. Und dann mit Wucht in die Tat umgesetzt.
Als das Bankgeheimnis im 2009 schliesslich explodierte, stand die UBS schneller auf die Bremse als andere. Trotzdem werfen die Franzosen der Grossbank vor, bis 2012 mit dem Schwarzgeld-Modell weitergemacht zu haben.
UBS-Chef Ermotti sagt, das Urteil sei falsch. Er kämpfe dafür, dass «am Ende die Gerechtigkeit siegen» würde.

UBS-Memo zur Pariser Schlappe (Quelle: UBS)
Nichts könnte besser aufzeigen, wie sehr sich Ermotti in der Pariser Schlacht verirrt hat. Selbst nach 4,5 Milliarden Euro Busse und Schadenersatz macht er einfach weiter.
Er verteidigt ein Modell, das die Schweizer einst liebten und verteidigten, das sich aber schon lange nicht mehr rechtfertigen lässt. Egal, was die Amerikaner bei sich selbst aufführen, wo immer vom neuen Schwarzgeld-Paradies die Rede ist: Für die Schweiz sind die Würfel gefallen. Mit Schwarzgeld-Rechtfertigung in den Krieg gegen marode EU-Länder zu ziehen ist fahrlässig. Ermotti tut aber genau das. Deshalb ist er der Falsche für die Führung der UBS. Er hat mehr Schaden angerichtet, als dies jemals für möglich gehalten wurde.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Lukas Hässig ist Redaktor und Herausgeber von «Inside Paradeplatz».

Zum Infosperber-Dossier:

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3 Meinungen

  • am 21.02.2019 um 13:56 Uhr
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    Ermotti kann und tut nur das, was ihm die dominierenden Gross-Aktionäre vorgeben und mit Millionenschweren Boni Anreize geben, vulgo der Verwaltungsrat.
    Wie wäre es mit einer Fusion mit der Deutschen Bank, die haben eine ähnliche Geschäftskultur und ähnliche Probleme ?

  • am 21.02.2019 um 19:05 Uhr
    Permalink

    Sie haben recht. Leider sind die einzelnen Vertreter dieser Wirtschaftselite austauschbar wie Marionettten.
    Sie folgen der neoliberalen Ideologie und füllen sich die eigenen Taschen.
    Wie Schettino verlassen sie dann das sinkende Schiff als erste und werden aber gleich noch durch unfähigeres Personal ersetzt.
    Das ganze Finanzystem ist offensichtlich so unrettbar korrupt, dass es ein grösseres Gewitter braucht als 2008.
    Aber selbst dann werden die Schweizer Schafe diesen Wölfen wieder nachlaufen.

  • am 22.02.2019 um 09:01 Uhr
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    Es wird nicht mehr lange dauern, bis die UBS und das aktuelle Banken- und Geldsystem mit Getöse einstürzen wird, denn die Stress-Symptome nehmen von allen Seiten deutlich erkennbar zu. Das sagen alle unabhängigen Sachverständigen, welche das Prinzip des heutigen Geldsystems verstehen.
    Es wird langsam dringend, die Verantwortung für die finanzielle Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen.
    Wer heute noch sein Erspartes freiwillig (weil man Steuern sparen kann?!?) in Form von Säule 3 oder Einzahlungen in die 2. Säule in den immer gieriger werdenden Rachen des Banken-Vorsorgesystems einzahlt, der wird dies in naher Zukunft bereuen, wenn das System einstürzt. Jungen Menschen empfehle ich, bis Alter 35-40 gar nichts ins heutige System einzuzahlen.
    Viele Menschen haben noch nicht realisiert, wie gross die Kraft einer Gemeinschaft ist: Würden immer mehr Menschen ihr Erspartes stattdessen regional in reale Werte inkl. physische Edelmetalle anlegen, dann tun sie nicht nur etwas Sinnvolles, sondern sie werden nach dem Crash ihrer Vorsorge-"Vermögen» noch eine wirklich reale Lebensgrundlage haben, um schwierige Zeiten zu bestehen.
    Wirkliche Risikostreuung ist angesagt, auch wenn ihr Bank- oder Versicherungsfachmann anderer Meinung sein sollte.

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