Kommentar

CS geht vor die Hunde – und alle schauen zu

Lukas Hässig © zvg

Lukas Hässig /  Wahnwitzige 20 Milliarden soll Bank im Hedgefund-Skandal riskiert haben, das halbe Kapital. Nun kann man die CS günstig übernehmen.

Red. Diesen aktuellen Kommentar können wir mit Dank von Inside Pardeplatz übernehmen.

Kein Aufschrei, keine Empörung, kein Tacheles von Notenbank und Bundesrat. Sondern «back to normal»: So die Lage bei der CS am Tag nach der grossen Zahlenorgie.

Dabei riskierte die Nummer 2 des Landes das halbe Kapital. 20 Milliarden habe die CS im Archegos-Debakel offen gehabt, schreibt das Wall Street Journal (WSJ).

CS-Chef Thomas Gottstein dementierte das an der Telefonkonferenz vom Donnerstag nicht. Die Bank würde keine «exakten Zahlen» bestätigen, lediglich dass man einer von drei grossen Brokern gewesen sei und «both long and short positions» gehabt habe, meinte er.

20-Milliarden-Wette auf einen einzigen Kunden

Damit muss angenommen werden, dass die Information des WSJ zutrifft und die CS tatsächlich die Summe von 20 Milliarden US-Dollar aufs Spiel gesetzt hatte – mit einem einzigen Kunden.

Und was für einem. Es handelt sich um einen Koreaner, der in den USA gross und reich geworden war, dann aber auf Abwege geriet. Die Behörden verurteilten ihn zu einer zweistelligen Millionenbusse wegen Insider-Vergehens. Auf diesen Financier mit seinem Family Office setzte die Schweizer Grossbank die Hälfte ihres Kapitals. Are They Nuts?

Nun tun alle so, als ob solche Dinge halt geschehen könnten. «Family offices don’t disclose like other hedgefunds», so Gottstein auf Fragen von Medien. Wie hätten wir wissen können, dass der Typ noch bei anderen Banken Milliarden-Kredite für seine Aktien offen hatte?

Man schaue jetzt, was man aus dem Fall lernen könne.

Wie bitte? Die CS verspielt mal schnell netto 5 Milliarden Franken mit einem einzigen Kunden, sie war auf dem Zenit ein gesamtes Risiko von 20 Milliarden Dollar eingegangen. Und nun heisst es, im Banking habe man halt nie ausgelernt. Ist das hier ein KV-Lehrgang?

Die Nationalbank schweigt

Offenbar finden es alle nicht der Rede wert. Bern, sprich die Regierung, ist gerade mit Terrassen-Öffnungen beschäftigt, die Finma schickt ein paar Untersucher an den Paradeplatz. Schauen wir mal.

Und die Nationalbank, sie schweigt. Dabei müsste der Lender of Last Resort, der für die Systemstabilität auf dem Schweizer Finanzmarkt zuständig ist, alle CS-Spitzenleute zu sich zitieren.

Und dann Klartext reden – öffentlich. «Gottstein und Rohner daher, so nicht, jetzt aber dalli-dalli». Das würde Wirkung zeigen. Immerhin geht es um den wohl grössten Finanzskandal der letzten 40 Jahre. Nichts dergleichen. Die SNB hat sich bisher noch mit keinem Wort gemeldet.

Die CS wird zur Übernahmekandidatin

CS Aktienkurs
Aktienkurs der CS seit Anfang 2021 (orange Linie). Kursentwicklung der UBS-Aktie (schwarze Linie) und die Entwicklung des SMI (blaue Linie).

Dabei wankt die CS. Sie ist zu einer Übernahmekandidatin geworden. Laut einem hohen Schweizer Banker würden derzeit alle, die in Frage kämen, die CS unter die Lupe nehmen. Was hätte Wert, was müsste man rasch abschneiden oder einstampfen – so die Überlegungen.

Ein Kauf der CS wäre für grosse Banken aus den USA kein Problem. Sie verdienen in einem Jahr mehr, als die CS an der Börse noch kostet. 22 Milliarden waren es gestern, die Partners Group brachte 34 Milliarden auf die Waage.

Nur: Die Wallstreet-Giganten haben keinen Bedarf am Investmentbanking der CS. Attraktiver seien die Schweizer deshalb für europäische Geldhäuser. Eine Société Générale in Frankreich oder eine grosse spanische Bank könnten ein Auge auf den angeschlagenen Multi vom Paradeplatz werfen.

Die Lage sei dramatisch, dieSchweiz sei sich dessen überhaupt nicht bewusst. «Wenn nicht rasch ein neuer Mann von aussen das Steuer übernimmt, dann landet die CS entweder in fremden Händen, oder sie verscherbelt ihr letztes Tafelsilber», so der Gesprächspartner.

Es sei unfassbar, wie die Medien rasch zur Tagesordnung übergingen und Politik und Notenbank schwiegen. «Eine grosse Bank geht vor die Hunde, und keiner heult auf.»

Wahl eines neuen Präsidenten

Die CS-Aktie kostete gestern Abend noch etwas mehr als 9 Franken. Seit Anfang Jahr hat der Titel knapp einen Fünftel seines Werts eingebüsst, derweil der UBS-Valor um 11 Prozent zugelegt hat.

Nächsten Freitag wählen die Aktionäre den Portugiesen Antonio Horta-Osorio als Nachfolger des Schweizers Urs Rohner zum neuen Präsidenten. Horta-Osorio machte seinen Weg bei der englischen Lloyds, einer klassischen Retailbank. Von Investmentbanking versteht er wenig.

Dieses bleibt bei der CS zentral. CEO Thomas Gottstein wollte gestern nichts wissen von einer radikalen Verkleinerung, wie sie die UBS vor 10 Jahren nach einem Trading-Verlust vollzog. Damals ging es um 2 Milliarden Verlust.

Das sogenannte Leveraged Finance Exposure stieg in der CS-Investmentbank von Januar bis Ende März von 8,4 auf 10,2 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum ersten Quartal von 2020 beträgt das Plus 39 Prozent. Das zeigt: Die CS hat ihr Risiko im Trading nicht ab-, sondern ausgebaut. Die Frage wird sein, ob weitere Sprengsätze hochgehen.

Auf dem Zürcher Finanzplatz geht um, dass die Kunden Gelder von der CS abziehen würden. Das wäre nach dem Doppel-Crash – neben der Hedgefund- hat die CS noch die Greensill-Pleite – nicht weiter überraschend.

Gottstein und sein Finanzchef David Mathers betonten gestern, dass die Bank im März in allen Sparten Neugelder an Land gezogen habe. Der April sei noch offen, dafür sei es «too early to say», so Gottstein.

Die Lage ist desolat. Gottstein und Mathers haben dem VR vorgeschlagen, frisches Kapital über 1,7 Milliarden Franken aufzunehmen, was dort auf Zustimmung stiess. Nun sucht die CS händeringend Investoren, die ihr Geld auf die Bank setzen.

Die Übung kommt eine Woche vor der Generalversammlung. Was ist das für eine Firma, bei der sich die Lage praktisch täglich neu präsentiert und die in hoher Kadenz ihren Eigentümern Notmassnahmen präsentieren muss?


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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5 Meinungen

  • am 23.04.2021 um 20:15 Uhr
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    Wahnwitzige 20 Milliarden soll die Credit Suisse im Hedgefund-Skandal riskiert haben, das halbe Kapital. – Kein Aufschrei, keine Empörung von Bern.
    Bekannt ist, dank Recherchen von ICAN, der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, dass im Jahr 2019 schweizerische Geldhäuser für 8,983 Milliarden US-Dollar in Konzerne investierten die Atomwaffen herstellen. Die Schweizerische Nationalbank hat vom Januar 2017 bis Januar 2019 1’314,2 Mio. US-Dollar in Firmen der Kernwaffenindustrie angelegt. Die Credit Suisse hat vom Januar 2017 bis Januar 2019 1’312,9 Mio. US-Dollar auch in solche Betriebe gesteckt. Die UBS investierte in der gleichen Periode sogar 6‘315 Mio. US-Dollar in Unternehmen, die an der Herstellung von nuklearen Sprengkörpern beteiligt sind. – Auch kein Aufschrei, keine Empörung, weder vom Bundesrat, der Finanzaufsicht noch von den Qualitätsmedien war zu vernehmen bei diesen irren Investitionen in die Weltuntergangsindustrie.
    Solche kranken Investitionen müssten sofort verboten werden, wie es das Kriegsmaterialgesetz ja festlegt: Die direkte und indirekte Finanzierung der Entwicklung, der Herstellung oder des Erwerbs von verbotenem Kriegsmaterial ist verboten, und das sind auch Atomwaffen. (Bundesgesetz über das Kriegsmaterial) SR 514.51 (admin.ch)
    Unterzeichnet der Bundesrat das Atomwaffenverbotsabkommen nicht, weil er die wahnwitzigen Investitionen in die Atomwaffenindustrie der Nationalbank, der Banken und Pensionskassen schützen will?

  • am 24.04.2021 um 15:07 Uhr
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    Nicht nur die CS geht zunehmend in die Verfügungsgewalt von sog. Schattenbanken u. Fonds auf dem grauen Markt. Zu klassische n Mergers & Acquisitions-Übernahmen gibt es Alternativen.

    «Bedeutende Aktionäre» im Beziehungsgeflecht sind quasi Insider zu Finanzderivate-Beständen u. Strategien von (ihren) AG’s. Die wussten garantiert von der Archegos- u. Greensill-Schieflagen und den Beständen bei der CS, wenn sie nicht die CS-Spitzenmanager mit dem Versprechen der Beitzstandswahrung zum Erwerb (aus ihren Beständen) veranlasst haben.
    Hier die Liste der «Bedeutenden Aktionäre» bei der CS nach Eigenauskunft :
    https://www.credit-suisse.com/about-us/de/investor-relations/aktionaere/bedeutende-aktionaere.html
    Die Meldungen an die Finma, über offengelegte Stimmrechts-Änderungen sind auch hoch informativ.
    Wer übt eigentlich die Stimmrechte der Aktien in ETF’s und den gemanagten Fonds aus ?
    Die beiden Tranchen der Wandelanleihen über 865 u. 891 Mio. waren sofort ausverkauft.
    Wandelanleihen haben zwar keine direkten Stimmrechte, aber Aktionäre die diese halten üben mehr Macht aus, als Aktionäre, die keine halten.
    Der Preis für die Wandelanleihe betrug anfangs 8,65 (tiefster Kurs) und der aktuelle Kurs der CS-Aktie 9,35.
    Wenn jetzt wieder die Altersvorsorge-Manager im Beziehungs-Geflecht CS-Aktien und ETF´ins Portfolio kaufen, und Bankberater Kleinanleger zum weiteren Kauf von ETF´s raten, steigt der CS-Kurs wieder; bis zur nächsten Kampagne im globalen libertären Finanz-Kapitalismus

  • am 24.04.2021 um 18:18 Uhr
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    Der beste Gradmesser für eine erfolgreiche Bank ist die Marktkapitalisierung, obwohl selbst diese seit der Finanz- und Schuldenkrise nicht mehr alleine ausschlagggebend ist. Aber die beiden Grossbanken haben sich schon zur Jahrtausendwende mit den Übernahmen (Credit Suisse: Donaldson, Lufkin & Jenrette – UBS: Paine Webber) masslos überfordert, dies kostete beide Unternehmen mehr als 20 Mrd. Anfangsinvestitionen. Danach hatten die US Manager das sagen und trieben Saläre und Boni in die Höhe. Die CS war stolz, keine staatlichen Rettungsgelder beanspruchen zu müssen, deshalb glaubte sie,. die Investment Banking Aktivitäten nur wenig reduziert weiter betreiben zu können. Das Problem lag aber in der Tatsache, dass sich das Cost/Income Verhältnis immer weiter verschlechterte, darum versuchte man dies mit waghalsigeren Geschäftsbeziehungen zu kompensieren, nur leider war das Risk Management nicht mehr Herr der Lage. – Nun ist die ganze Credit Suisse nur noch 23 Mrd. Franken wert, damit hat sie schon fast «Lokalbank-Charakter». Dieser Börsenwert entspricht dem Akquisitionspreis von Donaldson Lufkin & Jenrette, wobei die während zwanzig Jahren ausbezahlten Saläre und Boni nicht mitgerechnet sind!…..

  • am 25.04.2021 um 07:29 Uhr
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    So genau sah die FINMA also hin.
    Als IV-Bezüger mit EL bekam ich vom Steueramt Zürich einen Einzahlungsschein über 05 Rp.! Nachzahlung.
    Und nein, diese Daten sind NICHT Geheim.Auch wenn wir das gerne wollten. SIGINT und AIA sei dank (staatliche Abkommen) oder mit der Benutzung von E&Y, KPMG, Deloitte und Pricewaterhouse Coopers.(teilprivate Finanzdienstleister, die ihre Daten weiterverkaufen können.)
    Solange Internationale «Finanzprüfer» den Job ,(der eigentlich dem Finanzdepartement zugeteilt wurde) erledigen, wird die FINMA ein Zahnloser Tiger bleiben, der nur zubeissen kann, wenn er bereits angeschossen wurde. Nach 2008 unterstützte man die UBS, Nun wird halt die CS «getragen». Sind die auch «Eingeschränkt» ? Man wäscht seine Hände in Unschuld weil man «Nur seinen Job» macht. Also dem «Befehl von Oben», oder «der Firmenpolitik entsprechend» gehorcht. Und ab Feierabend denkt man ans Bier, und hält den Mund, wegen «Betriebsgeheimnis» und drohendem Jobverlust. Hauptsache, man verdient noch besser, als beim Staat. (Die Finanzbranche ist da die unrühmliche Ausnahme, laut Bundesamt für Statistik). In allen anderen Branchen verdient man beim Staat ca 10-20% mehr als bei Privatanbietern. Tolle Sache. Wir haben mit der StV17 die Büchse der Pandorra geöffnet. Dafür holte sich Maurer auch ein dickes Lob von Trump ab. Die «Dicke Post» kommt für den Steuerzahler/Konsumenten, Der sich nicht der Steuerflucht mit Oben genannten Firmen anschliessen «darf».

  • am 25.04.2021 um 09:55 Uhr
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    Solchen Praktiken hätte die Vollgeld-Initiative den Riegel vorgeschoben, wäre sie angenommen worden. Kann sich jemand noch an sie erinnern?

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