Hohe Zölle: Schlag ins Gesicht der Trump-Wähler
Das haben Donald Trumps Wähler wohl kaum gewollt: Seine Geo-, Wirtschafts- und Finanzpolitik droht die Amerikaner in eine unangenehme Kombination aus schwächerem oder gar stagnierendem Wachstum und höheren Preisen zu bringen.
Statt der im Wahlkampf versprochenen goldenen Zeiten droht aufgrund seines disruptiven Vorgehens erst einmal das, was Ökonomen gemeinhin «Stagflation» nennen. Sein ruchloser Umgang mit Verbündeten und hohe Zölle auf Importe aus Mexiko, Kanada und vielleicht bald auch aus anderen Regionen sorgen für Verunsicherung. Inzwischen ist sie auf die Wallstreet und auf den Dollar übergesprungen. Dort schwanken die Kurse deutlich.
Stimmungsindikatoren deuten darauf hin, dass das Vertrauen in eine prosperierende Zukunft schwindet. Das ist nicht gut für Unternehmen, die ihre Investitionen langfristig planen wollen. Und viele Konsumenten schränken sich ein, sobald ihre Vermögen wegen Börsenturbulenzen oder fallender Immobilienpreise gefährdet erscheinen und wenn ihre Realeinkommen nach dem «pandemischen Preisschock» erneut unter Druck geraten. Das bremst das Wachstum.
Importeure von Waren warnen vor Preiserhöhungen
Trump hat Importe aus Mexiko und Kanada mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent belegt und die Tarife für Einfuhren aus China um weitere 10 Prozentpunkte erhöht. Sollte das so bleiben, wird die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in den USA deutlich steigen, sagen Ökonomen. Die meisten amerikanischen Konsumenten hatten in den vergangenen Jahrzehnten davon profitiert, dass immer mehr Waren günstig aus dem Ausland importiert wurden.
Allerdings nicht jene, die ihren Arbeitsplatz in der amerikanischen Produktion verloren haben. Deswegen hat sich Trump auf die Fahnen geschrieben, wieder mehr Waren im Inland herstellen zu lassen. Das hat allerdings seinen Preis – zum Beispiel beim Kauf von Unterhaltungselektronik. China und Mexiko sind die beiden wichtigsten Herkunftsländer der Produkte, die beim Einzelhändler Best Buy verkauft werden. «Wir gehen davon aus, dass unsere Lieferanten über unser gesamtes Sortiment hinweg ein gewisses Mass an Zollkosten an die Einzelhändler weitergeben werden, was Preiserhöhungen für amerikanische Verbraucher sehr wahrscheinlich macht», sagte Unternehmenschef Corie Barry am Dienstag bei der Vorlage von Ertragszahlen.
In der Vergangenheit sind die Geschäfte zwar blendend gelaufen, aber nun trüben sich die weiteren Aussichten wegen Trumps Zollpolitik ein. Die Aktien des Unternehmens gerieten an der Wallstreet stark unter Druck. Auch die Importeure von Mangos und Avocados oder von Fruchtsäften, Pürees und Tiefkühlkostkonzentraten werden gezwungen sein, die neuen Zölle in Form von Preiserhöhungen an ihre Kunden weiterzugeben oder geringere Gewinnspannen zu akzeptieren. Das gilt spätestens dann, wenn sie ihre Vorräte aufgebraucht haben, welche sie im Januar in Erwartung der Zölle aufgebaut hatten. Das hatte kurzfristig für einen enormen Importboom gesorgt und die amerikanische Aussenhandelsstatistik verzerrt.

Das Handelsbilanzdefizit der USA war im Januar auf ein Rekordniveau gestiegen, da die Unternehmen im Vorfeld der erwarteten Einführung von Zöllen ausländische Produkte und Metalle aufkauften. Die Lücke zwischen Exporten und Importen von Gütern stieg im Vergleich zum Vormonat um mehr als 25 Prozent auf 153 Milliarden Dollar, wie das Handelsministerium mitteilte. Entsprechende Prognosen der Ökonomen wurden massiv übertroffen.
Zölle dagegen stellen einen «Angebotsschock» dar, der sowohl die Inflation treiben als auch das Wachstum bremsen kann. Das Problem ist, dass die Preise wegen der Zölle praktisch sofort steigen. Und das auf einem schon sehr hohen Niveau, weil sie in den vergangenen Jahren von der extremen Geld- und Fiskalpolitik schon um 20, 30 oder gar mehr Prozent nach oben getrieben worden waren. Die Inflationsrate, also der Preisanstieg, hat zwar seitdem etwas nachgelassen.
«Zollschock» bringt die Notenbank in die Zwickmühle
Aber sie ist noch lange nicht so tief, wie die Notenbank Fed diese gerne hätte und wie die Regierung sie brauchte. Trump und seine Mannschaft wollen unbedingt tiefere Zinsen haben, weil sonst die Zinsausgaben für extrem hohe Staatsschulden aus dem Ruder laufen und um die Wirtschaft wegen der negativen Nachwehen des «Zollschocks» zu stimulieren. So gerät Fed-Präsident Jerome Powell in die Zwickmühle. Im Extremfall droht eine «Stagflationsphase» wie in den 1970er-Jahren.
Damals hob das Fed den Leitzins abwechselnd an, um die Inflation zu bekämpfen, und senkte ihn dann wieder, um die steigende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das war eine «Stop-Go-Stop»-Politik, welche die allgemeine Verunsicherung nur verstärkte. Heute gilt das damalige Vorgehen als Fehlschlag, da weder die Inflation noch die Arbeitslosigkeit zufriedenstellend eingedämmt werden konnten.
Donald Trump will von alldem nichts wissen. «Zölle machen Amerika wieder reich und gross» und «es geschieht, und es wird ziemlich schnell geschehen», sagte er gerade in seiner staatstragenden Rede vor dem Kongress. Aber diese fällt in eine Zeit, in der sich die Anzeichen mehren, dass sich Firmen und Konsumenten über die Auswirkungen der Zölle sorgen, weil sie wahrscheinlich die Lieferketten unberechenbarer machen und die Kosten für einige Waren in die Höhe treiben.
Zölle lenken von vernünftigen Lösungen ab
Das Gerede über Zölle lenke von einer vernünftigen Wirtschaftspolitik ab, die Amerika helfen könnte. Zu einer gezielteren Politik sollten ein stärker umverteilendes Steuersystem, eine Begrenzung der Marktmacht von Unternehmen, eine weitere Reform des Gesundheitswesens und die Förderung von Arbeitskräften gehören. Die Trump-Administration biete nichts von alledem an. All dies schrieb jüngst Maurice Obstfeld in der Financial Times.
Der frühere Chefökonom des Internationalen Währungsfonds plädierte schon immer dafür, dass Überschuss- und Defizitländer gemeinsam an der Reduzierung exzessiver Leistungsbilanzungleichgewichte arbeiten sollten – und nicht so einseitig, wie Trump das tut. Er warnt zudem vor protektionistischen Massnahmen als Reaktion auf Handelsungleichgewichte, da diese dem Wachstum schaden würden, ohne die Leistungsbilanzsalden wesentlich zu verbessern.
Nach der grossmehrheitlichen Einschätzung von Ökonomen wird diese Politik die Inflation anheizen, wovon besonders die Unter- und Mittelschicht betroffen sind. Führungskräfte im Baugewerbe, im Einzelhandel, in der Landwirtschaft und in der Automobilindustrie sagen jetzt schon, dass die neuen Zölle für die Amerikaner teuer werden könnten, sie seien ein Schlag ins Gesicht der Trump-Wähler.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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