Hurra-Meldung aus den USA: Lebenserwartung steigt minim
Eigentlich führt eine leicht steigende Lebenserwartung in Industriestaaten zu keinen Schlagzeilen. Anders in den USA. Selbst die NZZ informierte am 31. Januar an prominenter Stelle mit dem Titel «Lebenserwartung in den USA steigt minim». Nach neusten Zahlen der «Centers for Disease Control and Prevention» CDC sind US-Amerikanerinnen und -Amerikaner im Jahr 2018 durchschnittlich 78,7 Jahre alt geworden. Ein Jahr zuvor waren es 78,6 Jahre. Noch im Jahr 2014 betrug das durchschnittliche Sterbealter 78,9 Jahre.
Zum Vergleich: Die Deutschen starben im Vergleichsjahr 2018 durchschnittlich im Alter von 81 Jahren, die Schweizerinnen und Schweizer im Alter von 83,6 Jahren.
Nach Angaben der CDC trugen etwas weniger Tote infolge Überdosen von Medikamenten zur möglichen Trendumkehr in den USA bei. Die öffentliche Diskussion um den Skandal der Opioid-Schmerzmittel hat vor allem in den am meisten betroffenen US-Bundesstaaten West Virginia, Ohio, Kentucky und Pennsylvania zu weniger Verschreibungen und Käufen geführt.
Neben den verbreiteten Überdosen an Schmerzmitteln gibt es noch weitere Ursachen für die tiefere Lebenserwartung in den USA, obwohl dort mit Abstand am meisten Geld pro Kopf für die Gesundheit ausgegeben wird und obwohl die US-Wirtschaft in den letzten Jahren stärker gewachsen ist als das Bruttoinlandprodukt in Europa. Infosperber hatte drei Gründe bereits früher zusammengefasst:
- Die ärmsten 10 Prozent einer Bevölkerung drücken die durchschnittliche Lebenserwartung eines Landes am stärksten nach unten. Ihr Leben ist mindestens zehn Jahre kürzer als das der zehn Prozent Wohlhabendsten. In den USA ist die Armut dieser vernachlässigten Bevölkerungsgruppe grösser geworden.
- Als Folge der lockeren Verschreibungspraxis und der aggressiven Werbung von Pharmakonzernen starben in den USA jedes Jahr Zehntausende an den Folgen von Opioid-Schmerzmitteln, im Jahr 2017 über 70’000. Im Jahr 2018 waren es noch 67’400. Betroffen ist wiederum vor allem die Unterschicht.
- Siehe Infosperberartikel vom 21. Februar 2018: «US-Wirtschaft profitiert von Opioid-Massensterben»)
- Am meisten verbreitet sind in der Unterschicht auch zu wenig körperliche Bewegung und Junkfood. Der heutige Lebensstil in den USA macht krank. «Becoming an American can be bad for your health», titelte die «New York Times» vor sechs Jahren. Das bekommen Einwanderer zu spüren.
- Siehe Infosperber vom 22. August 2013: «Wer in die USA auswandert, stirbt schneller!»
Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzte schon vor fünfzehn Jahren, dass rund 30 Prozent aller Krankheiten in Industriestaaten im weiteren Sinn «umweltbedingt» sind: Ungenügende körperliche Bewegung, Luft- und andere Umweltverschmutzung, industrielle Ernährung.
Fazit: Um die durchschnittliche Lebenserwartung in einem entwickelten Land zu erhöhen, sind höhere Sozialausgaben, Umverteilung und Ausbildung für die Unterprivilegierten viel effizienter als noch mehr Geld für die Gesundheitsindustrie.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Angeblich sinkt die Lebenserwartung der Weissen und es steigt die Lebenserwartung der Schwarzen/Latinos.