Kommentar
Fällt Ihnen keine bessere Ausrede ein, Herr Ermotti?
14 Millionen Franken haben Sie, Herr Ermotti, als UBS-Chef im Jahr 2023 für neun Monate Arbeit erhalten. Das sind rund 83’000 Franken pro Tag. Im «Migros-Magazin» haben Sie versucht, uns zu erklären, warum der Lohn auch in dieser Höhe in Ordnung geht. Doch so richtig ist es ihnen nicht gelungen.
Zunächst versuchen Sie Verständnis bei den Normalverdienern im Land aufzubringen. Sie sagen: «Ich kenne den Wert des Geldes und verstehe, dass mein heutiger Lohn vielen nicht normal erscheint.» Ist er ja auch nicht, wenn Sie mir die kleine Bemerkung erlauben.
Sie betonen zudem: «Mir ist und war immer wichtig, dass ich wie meine Konkurrenten und anhand meiner Leistungen bezahlt werde.» Damit, Herr Ermotti, begeben Sie sich aber bereits auf ein schwieriges Terrain. Denn wir wissen nicht so recht, wie man Ihre Leistung messen soll. Was tragen Sie zum Gewinn der Bank bei? Und was die anderen 100’000 Angestellten?
Aber – das müssen wir anerkennen – Sie lenken elegant ab, indem Sie sagen: «Übrigens ist es der Verwaltungsrat, der meine Vergütung festlegt.» Tja, da kann man nichts machen, wenn der Verwaltungsrat so viel zahlen will.
Ein bisschen, Herr Ermotti, kommen Sie dann doch noch ins Grübeln. Nicht wegen Ihres Lohnes, sondern wegen derjenigen, die Kritik üben. Sie vertrauen uns an: «Manchmal frage ich mich schon, warum hohe Löhne in der Wirtschaft so viel Aufmerksamkeit erhalten, während dieselben Summen in Sport und Entertainment kein Thema sind.»
Nun, Herr Ermotti, das können wir Ihnen schon erklären. Aber zunächst möchten wir noch eine kleine Vorbemerkung anbringen. Die Summen, welche Superstars in Sport und Entertainment kassieren, sind tatsächlich unverschämt. Da sind wir ganz bei Ihnen.
Und doch tendieren wir dazu, da einen kleinen Unterschied zu erkennen zwischen einem Spitzensportler und einem Bankangestellten, wie Sie es sind. Oder sind Sie gar nicht Bankangestellter, sondern Beamter? Die UBS hat ja so etwas wie eine Staatsgarantie. Der Bank kann nichts passieren. Und Ihnen eigentlich auch nicht.
Wie auch immer. Wir wollten Ihnen ja den Unterschied zwischen einem Bankangestellten und einem Sportler erklären. Der Sportler muss, damit er so viel verdient wie Sie, während Jahren grossartige Leistungen erbringen. Die Leistungen lassen sich messen oder zumindest mit den Leistungen anderer Sportler vergleichen. Wenn der Sportler – vor allem der Einzelsportler – versagt, dann ist ganz schnell Schluss mit dem grossen Zapfen. Denn es gilt das Leistungsprinzip.
Auf der Bank ist es anders. Die Bank ist eigentlich eine geschützte Werkstatt. Oder wie war das gleich bei der Credit Suisse? Wir vermeinen, uns daran zu erinnern, dass es da schon seit längerem nicht sonderlich gut lief und trotzdem Milliarden-Boni flossen.
Wie dem auch sei: Ihre Rechtfertigungen erinnern uns ein bisschen an unsere Kindheit. Wenn wir auf dem Pausenplatz etwas ausgefressen hatten, wollten wir auch nicht so recht dazu stehen. Dann argumentierten wir ähnlich wie Sie jetzt: «Ich nicht. Aber die anderen auch.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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