Ein M weniger sozial
Die Migros hat vor gut zehn Jahren eine eigene Masseinheit erfunden. Sie sei «ein M besser» behauptete sie fortan. Nun muss man sagen: Die Migros wird ein M weniger sozial. Das geht aus dem letzten Abschnitt einer Migros-Medienmitteilung hervor.
Denn die Delegierten des Migros-Genossenschaftsbundes haben beschlossen, das Pensionierungsalter bis 2028 auf 65 Jahre zu erhöhen. Beschlossene Sache ist die Erhöhung noch nicht. Zuerst müssen die Genossenschaftsräte sie noch abnicken. Opposition ist von ihnen nicht zu erwarten.
Gegenwärtig gehen Angestellte, die in der Migros-Pensionskasse versichert sind, noch mit 64 Jahren in Rente. Davon profitieren nicht nur Angestellte des Migros-Genossenschaftsbundes und der einzelnen Genossenschaften, sondern auch diejenigen von Tochterfirmen wie der Grossbäckerei Jowa oder der Migros-Bank.
Die grosszügige Regelung gilt sowohl für Männer als auch für Frauen. Bis sie die ordentliche AHV-Rente erhalten, zahlt ihnen die Migros eine so genannte Migros-AHV-Ersatzrente.
Die geplante Erhöhung des Pensionierungsalters ist schon die dritte innert 20 Jahren bei der Migros:
- 2004 stieg es von 62 auf 63 Jahre. Als Grund gab die Migros damals die steigende Lebenserwartung an.
- 2010 stieg es abermals. Diesmal von 63 auf 64 Jahre. Wegen mangelnder Rendite.
- Und nun soll das Pensionierungsalter also nochmals steigen. Warum – das will die Migros nicht sagen.
Die beiden entscheidenden Fragen von Infosperber beantwortete die Migros nicht:
- Warum erhöht die Migros das Rentenalter?
- Wie viel zahlt die Migros gegenwärtig jährlich an AHV-Ersatzrenten aus?
Statt dessen rühmt sich die Migros auf ihrer Website weiterhin ihrer «ausgezeichneten Anstellungsbedingungen» und ihrer «überdurchschnittlichen Sozialleistungen». Und sie erinnert auch an Gottlieb und Adele Duttweiler. Sie sollen 1950 festgehalten haben: «Löhne und Saläre wie auch die Arbeitsbedingungen und das Verhältnis Arbeiter- und Angestelltenschaft müssen weiterhin vorbildlich sein.»
Davon rückt die Migros nach und nach ab. Die Erhöhung des Rentenalters ist nämlich nicht die erste schlechte Botschaft für die Migros-Angestellten. Anfang Jahr mussten sie als Pensionskassen-Versicherte bereits den Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat schlucken. Das heisst: Künftig wirken sich Lohnerhöhungen weniger günstig auf die Rente aus als bisher.
Und die Konkurrenz?
Die Angestellten von Aldi, Coop, Denner und Lidl werden schon heute so pensioniert, wie es die AHV vorsieht: Männer mit 65 Jahren, Frauen mit 64 Jahren. Das Pensionierungsalter der Frauen wird bis 2028 schrittweise auf 65 erhöht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Alles was in jedem anderen Job normal ist, wird bei der Migros als unsozial angeprangert? Das verstehe ich nicht.
Wir haben nicht geschrieben, die Migros sei unsozial. Sie war beim Rentenalter bisher besonders sozial und hat sich dessen auch gerühmt. Nun wird sie ein bisschen weniger sozial. So steht es auch im Titel.
Lieber Infosperber, lieber Autor, das könnt ihr doch besser. Weshalb – mit Verlaub – uns Leser mit tendenziös geschriebenem Gesäusle plump abspeisen? Ist ja twittermässig tiefes Niveau.
Doch sonnenklar, dass die Konsumenten einfach lieber etwas weniger bezahlen (und sonst lieber bei Aldi & co einkaufen), als spezifisch Migrosangstellten eine Frühpension zu finanzieren.
Weshalb nicht einfach sachlich informieren: Heute hat Migros noch 1 Jahr frühere Pension, toll, leider später nicht mehr, schade für die Angestellten. Darf sich Migros trotzdem als sozialer(er) Arbeitgeber geben? – Je nachdem absolut ja: Ob sie weiterhin noch sozialere Anstellungsbedingungen hat könnte man ja noch ausführen versuchen (ich höre von Eingeweihten eher ja, aber kann es nicht mit wirkl. beurteilen; das wäre eure Arbeit gewesen für einen seriöseren Bericht).
Auch bei den Fragen an die Migros: Was hätte da interessantes rauskommen sollen? Rentenalter geht rauf weil sie halt sparen müssen/wollen, was denn sonst.