Swisscom AGB Hauptsitz Worblaufen BE

Die Juristen der Swisscom haben neue AGB ersonnen: Hauptsitz in Worblaufen BE. © Swisscom

Die Swisscom hat Ideen…

Marco Diener /  Die Swisscom will die Preise erhöhen, ohne dass die Kunden kündigen können. Die Bestimmung ist wohl rechtlich unhaltbar.

Die Swisscom ändert ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Für neue Kunden treten sie sofort in Kraft, für bestehende auf den 1. Juni. Eine der Änderungen ist ziemlich aussergewöhnlich. Die Swisscom erteilt sich selber das Recht, «die Preise an die Teuerung anzupassen, ohne dass dabei dem Kunden ein ausserordentliches bzw. vorzeitiges Kündigungsrecht zusteht». Das widerspricht jeglichem Rechtsempfinden.

Verstoss gegen das UWG?

Mit ihren neuen AGB dürfte die Swisscom denn auch gegen Artikel 8 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstossen. Denn dort steht: «Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.»

Kunden benachteiligt

Wenn die eine Partei die Preise erhöhen darf, ohne dass die andere Partei kündigen kann, dann dürfte tatsächlich «ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis» bestehen. So sieht es auch der AGB-Experte Milivoje Mitrovic, Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Der Konsumentenzeitschrift Saldo erklärte er, die Klausel benachteilige die Kunden übermässig. Wenn sich eine Firma ein Recht auf Preiserhöhungen vorbehalte, dann müssten die Kunden im Gegenzug ein Kündigungsrecht haben.

Keine Pflicht zur Preissenkung

Weiter sagt Mitrovic, dass die Swisscom neben dem Recht auf Preiserhöhungen auch eine Pflicht zu Preissenkungen bei rückläufiger Teuerung hätte festschreiben müssen. So aber sei die Klausel gesetzeswidrig und damit unwirksam.

Die Swisscom «teilt diese Auffassung nicht»

Die Swisscom schreibt an Infosperber, sie teile «diese Auffassung nicht». Wegen der Koppelung an den Teuerungsindex seien Preisänderungen «transparent und nachvollziehbar». Die Swisscom wisse nicht, wie sich die Teuerung entwickle. Beim Passus handle es sich um «eine Vorsichtsmassnahme». Und ganz offen schreibt die Swisscom: «Es geht darum, dass die Swisscom die Möglichkeit hätte, die Preise entsprechend dem Landesindex für Konsumentenpreise zu erhöhen, ohne dass die Kunden ein Sonderkündigungsrecht erhalten.» Infosperber findet: Ja, genau, das ist das Problem.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Tasche_Hintergrund

Konsumentenschutz

Einseitige Vertragsklauseln. Täuschungen. Umweltschädlich. Hungerlöhne. Erschwerte Klagemöglichkeiten.

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10 Meinungen

  • am 30.04.2023 um 11:38 Uhr
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    Chorknaben im Vergleich zu sunrise: Die boten prepaid-Kunden ein Osterschnäppchen per E-Mail an, ohne Hinweis auf das Rücktrittsrecht aus Art. 40a ff. OR. Die Infos waren rudimentär, klickte man in der Mail auf «Jetzt profitieren» um mehr zu erfahren, wurde sogleich eine Auftragsbestätigung verschickt, sofort werde der Auftrag bearbeitet. Bei vorzeitiger Kündigung soll eine Entschädigung geschuldet sein, nach 720 Monaten (60 Jahren!) verdoppelt sich der Abopreis automatisch. Kündigen soll man nur per chatbot oder hotline können, nicht schriftlich. Im chatbot wird behauptet, man könne die Rufnummer nicht lesen, in der hotline, man könne nur künden, indem man Identitätskarte und ein Foto von sich auf einen link sendet, nachdem man dies tat, wird behauptet, die Daten wären nicht angekommen. Weiter wird behauptet, es bestehe kein Vertrag, aber es werden Kündigungsfristen und Mindestlaufdauern angeführt. Vertragsfalle in Perfektion, widerrechtlich und widersprüchlich von A bis Z, unfassbar.

    • am 30.04.2023 um 23:09 Uhr
      Permalink

      Ich kenne mich im schweizer Rechtsystem nicht aus, aber gibt es keine gesetzlichen Grundlagen wonach man alles und jedes im Zweifel schriftlich, per Einschreiben, kündigen kann?
      AGB’s kann man ja machen wie man will, wenn sie rechtlich keinen Bestand haben sind sie Makulatur denn im Zweifel muss geltendes Recht gelten.

      • Portrait Marco Diener.1 Kopie
        am 1.05.2023 um 08:05 Uhr
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        Zu Ihrer Frage: In der Schweiz gibt es Telekommunikationsverträge, die über 24 Monate oder sogar noch länger laufen. Diese sind während der Laufzeit nicht kündbar.
        Aber wenn sich die Swisscom während der Laufzeit erlaubt, die Vertragskonditionen zu ändern (z. B. den Preis), dann steht den Kunden natürlich ein ausserordentliches Kündigungsrecht zu. Auch wenn die Swisscom versucht, das in den AGB auszuschliessen.

      • am 1.05.2023 um 11:05 Uhr
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        Natürlich müssen eingeschriebene Briefe entgegengenommen werden, lässt man sie bei der Post zurück, gelten sie nach spätestens 7 Tagen als zugestellt und zur Kenntnis genommen. Die nach Vertragsabschluss nachgeschobenen Bedingungen sind ohnehin kein Vertragsbestandteil, weil sie nicht Teil der Vereinbarung sein können, zumal eben einseitig nachgeschoben wurde. Das Widerrufsrecht aus Art. 40a ff. OR kann in beliebiger Form ausgeübt werden, der Rücktretende muss einfach beweisen können, dass er innert Frist seinen Rücktritt erklärte, was anhand eines eingeschriebenen Briefes immer noch am sichersten und einfachsten geht. Die sunrise GmbH tut Dinge, die sind so kirr, dass man sich nur wundern kann. Ich denke auch, die wissen das selbst, aber die meisten Opfer werden sich nicht zur Wehr setzen (können). Beschämend, das Ganze!

  • Portrait Hans Haldimann
    am 30.04.2023 um 13:24 Uhr
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    Swisscom hat eine tolle PR-Abteilung. Vor einer guten Woche erhielt ich eine SMS mit Informationen über das neue «basic Mobile XS», welches «»Swiss mobile light». Mit unter anderem folgender eklatanten Verbesserung: «Monatlich Fr. 29.90 statt Fr. 30.-«.

  • am 30.04.2023 um 15:18 Uhr
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    Inwiefern unterscheidet sich die Swisscom hierin von Vermietern?

    • Portrait Marco Diener.1 Kopie
      am 1.05.2023 um 08:01 Uhr
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      Wohnunsvermieter — falls sie die meinen — können die Miete auf jeden Kündigungstermin erhöhen. Der Mieter hat also bei jeder Erhöhung ein Kündigungsrecht. Die Swisscom schliesst das in den AGB aus. Das ist der Unterschied.

    • am 1.05.2023 um 11:08 Uhr
      Permalink

      Insofern, dass bei Mietzinserhöhungen immer ein ausserordentliches Kündigungsrecht gewährt wird, von Gesetzeswegen, unterscheiden sich die AGB swisscom von den Vermietern. Ob in der heutigen Wohnungsnotlage ein Mieter dieses aber auszuüben wagt, ist mehr als fraglich. Und ja, die swisscom unterscheidet sich kaum von Vermietern, ihre Tarife sind ebenso überrissen hoch, wie viele Mietzinsen es sind.

  • am 30.04.2023 um 21:33 Uhr
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    Nach und nachscheint sich irgendwie eine vielleicht mal vorhandene Schamgrenze auf zu lösen. Wie vereinbart die Swisscom eigentlich diesen Passus mit ihren Moral-ethischen Regelwerken?

    • am 1.05.2023 um 11:13 Uhr
      Permalink

      Tja, öffentliche Leitbilder sind Sand in die Augen der Öffentlichkeit. Die Arroganz der swisscom ist schier grenzenlos: Ich war einer der ersten Natel-C-Kunden, drückte im Monat Grundgebühren um die CHF 60.– herum ab, zahlte immer pünktlich und vollständig. Einmal ging eine Zahlung verloren, ohne Mahnung schaltete mir nach Jahren die swisscom den Anschluss ab. Auf meine Nachfrage hin, wurde mir beschieden, ich hätte eine Rechnung nicht bezahlt. Ich sandte den Original-Einzahlungsscheinabschnitt ein – darauf hiess es, ausnahmsweise sei die Wiederaufschaltung meines Anschlusses kostenlos. Auf meine Nachfrage, ob das Geld nun gefunden sei, hiess es lapidar: «Solchen Beträgen rennen wir nicht nach.» Ohrfeige Nr. 1. Als ich dann Jahre später ein Handy der D-Klasse kaufen wollte, fragte ich im swisscomshop nach, welchen Rabatt man mir gewähre? «Wir können Ihnen nur 5% anbieten – Sie haben mal eine Rechnung nicht beglichen.» Ohrfeige Nr. 2. Seither: Swisscom ist für mich lebenslang erledigt.

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