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Der Dollar hat in den vergangenen Jahren ganz schön an Wert verloren. Nun gibt es Pläne für eine weitere Abwertung. © magann/Depositphotos

Schweizerische Nationalbank steht vor einem «Trump-Schock»

Christof Leisinger /  Hohe Währungsreserven warfen 2024 einen Milliarden-Rekordgewinn ab. Nun aber drohen Dollar-Abwertung und zinslose Zwangsanleihen.

Rekordgewinn von 80 Milliarden Franken – diese Meldung über den Erfolg der Schweizerischen Nationalbank im vergangenen Jahr sorgte in den vergangenen Tagen für Furore. «Milliardengewinne» regen die Fantasie der Bürger an und sie lassen vor allem auch ausgabefreudige Finanzpolitiker frohlocken, weil drei Milliarden davon ausgeschüttet werden sollen.

Allerdings ist das kein Grund für Übermut. Denn erstens zeigt der Blick in die Vergangenheit, dass die Ertragsentwicklung der SNB kaum kalkulierbar ist. Neben Phasen mit enormen Gewinnen gibt es auch regelmässig Jahre mit sehr hohen Verlusten.

SNB Gewinn
Der Wert der SNB-Währungsreserven schwankt stark – und damit auch der Ertrag der Institution. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Der Grund: Die SNB hat mit ihrer aussergewöhnlichen Geldpolitik im Nachklang der Finanzkrise Devisenreserven von heute mehr als 800 Milliarden Franken angehäuft, welche sie wiederum an den internationalen Finanzmärkten anlegt. Geht es dort turbulent zu, kommt es schnell zu tiefroten Zahlen. Läuft es hingegen gut, werfen sie satte Profite in Form von Zinserträgen und Kursgewinnen ab. Im Jahr 2024 ist allein der Wert des Goldes in den SNB-Tresoren um gut 21 Milliarden Franken gestiegen.

Washington droht die bisherige Strategie der SNB durcheinanderzubringen

Die SNB-Strategie besteht im Kern darin, den in Krisenzeiten gefragten Franken mit tiefen Zinsen und Interventionen künstlich zu schwächen. In diesem Rahmen schafft sie in grossem Stil neues Geld und kauft damit ausländische Währungen beziehungsweise entsprechende Wertpapiere. So kommt es, dass sie das Geschehen an der Wallstreet und an den europäischen Börsen massgeblich mitbestimmt. Nach erheblichen Anleihekäufen zählt sie heute zu den grössten Gläubigern der USA und der europäischen Staaten.

Nun aber droht US-Präsident Donald Trump die bisherige Strategie der SNB durcheinanderzubringen. Er hat schon immer die Absicht bekundet, das internationale Handels-, Finanz- und Sicherheitsgefüge mit aller Macht neu ordnen zu wollen und schreckt seit seiner Amtseinführung vor drastischen Aktionen nicht zurück. Er streicht die Mittel für internationale Hilfsorganisationen, droht mit hohen Zöllen oder gar mit dem Entzug des militärischen Schutzschirms.

Schweiz zu den grössten gläubigern der USA
Die SNB hat einen grossen Teil der enormen Währungsreserven in amerikanische Staatsanleihen investiert. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik,

Längst zeigt sein scheinbar unberechenbares Gebaren Wirkung. Die Europäer zum Beispiel sind neuerdings zumindest verbal fest entschlossen, ihr Schicksal stärker in die eigene Hand zu nehmen und massiv ins lange vernachlässigte Militär sowie in die Modernisierung der wegen eines Investitionsstaus veralteten Infrastruktur zu stecken. Sollten sie den Worten Tagen folgen lassen, könnte die europäische Konjunktur in Schwung kommen, während die amerikanische wegen der Bemühungen des Trump-Teams, das enorme US-Budgetdefizit unter Kontrolle zu bringen, gebremst werden dürfte.

Trump-Berater arbeiten an Neuordnung des Weltwirtschafts- und Finanzsystems

Die SNB muss sich bei der Verwaltung ihrer Devisenreserven nicht nur darauf einstellen. Sondern vor allem auch auf absehbare strukturelle Änderungen, welche Trump-Berater Stephen Miran schon im vergangenen Jahr in einem Paper mit dem Titel «A User’s Guide to Restructuring the Global Trading System» ausgelegt hatte. Miran und Finanzminister Scott Bessent sind sich mit Trump einig, dass der Dollar zu stark ist und dass sich Staaten mit hohen Handelsbilanzüberschüssen künftig dazu bereit erklären müssen, ihre eigenen Währungen in einer konzertierten Aktion zum Dollar aufzuwerten.

Die Rede ist von einem «Mar-a-Lago-Accord». Also von einer Wechselkurs-Vereinbarung, welche analog zum Bretton-Woods-Accord nach dem Zweiten Weltkrieg oder zum «Plaza-Accord» in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach dem Ort benannt werden würde, wo sie beschlossen werden soll: In Donald Trumps Club und Hauptwohnsitz in Florida.

der Dollar hat ganz schön an wert verloren
Der Dollar ist gegen den Franken auf der Verliererstrasse. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Der damit verbundene Wechselkursverlust könnte den amerikanischen Teil der Wertpapiere der Devisenreserven der SNB empfindlich treffen, sollte sie ihn bis dahin nicht verringert haben. Ende des vergangenen Jahres waren 40 Prozent davon in Dollar-Anlagen investiert, etwas weniger in Euro-Investments, 7 Prozent in Yen, 6 Prozent in Pfund, 3 Prozent in kanadische Dollar und 7 Prozent in andere Währungen.

Zwang zum Kauf amerikanischer «Kriegsanleihen»?

Und das ist nicht alles. Denn glaubt man dem Miran-Papier und den Äusserungen von Finanzminister Scott Bessent in verschiedenen Interviews, so wollen die Amerikaner, dass andere Länder künftig für den sicherheitspolitischen Schutzschirm bezahlen, den sie ihnen mit ihrer enormen militärischen Macht bieten. Washington denkt darüber nach, Staaten wie zum Beispiel auch der Schweiz den Kauf einer Art von Kriegsanleihe nahezulegen, welche nicht handelbar sein, sehr lange laufen jedoch keinerlei Zins bieten soll.

Die SNB müsste in diesem Fall künftig auf erhebliche Zinseinnahmen verzichten. Schliesslich waren in der Vergangenheit rund drei Viertel der Schweizer Devisenreserven in «sichere» Staatsanleihen investiert – rund ein Drittel in amerikanische Treasuries. Wollten sie nicht mit Zöllen belegt werden, müssten neben der Schweiz auch Japan, Südkorea, Taiwan, Singapur, die Nato-Länder oder auch Saudi-Arabien auf diese Weise für den Zugang zum Schutzschirm der USA, zum Dollar und zum amerikanischen Binnenmarkt zahlen.

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Wer den Franken mit Interventionen schwächt, sammelt enorme Währungsreserven. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Insgesamt würde ein solches Abkommen die SNB vor komplexe Herausforderungen stellen. Die da wären:

  • Wechselkurseffekte: Ein internationales Abkommen, das eine Abwertung des Dollars zum Ziel hätte, würde zu einer relativen Aufwertung des Schweizer Frankens führen. Der Wert der Devisenreserven würde verringert, da bisher ein grosser Teil in Dollar gehalten wird.
  • Interventionsdruck: Eine Aufwertung des Frankens könnte die SNB dazu zwingen, verstärkt am Devisenmarkt zu intervenieren, um eine übermässige Stärke zu verhindern. Folglich würden die Währungsreserven weiter aufgebläht, nachdem sie in den vergangenen Monaten nach einem Rückgang auf hohem Niveau erneut auf mehr als 800 Milliarden Franken zugenommen hatten.
  • Anlagepolitik: Die SNB müsste ihre Anlagestrategie für die Währungsreserven überdenken. Sie könnte gezwungen werden, von ihrer marktneutralen (indexnahen) Strategie abzuweichen, um auf die veränderten globalen Wirtschaftsbedingungen zu reagieren.
  • Geldpolitische Herausforderungen: Die SNB könnte gezwungen werden, ihre geldpolitische Strategie anzupassen, um Preisstabilität zu gewährleisten und gleichzeitig negative Auswirkungen auf die Exportindustrie zu vermeiden.
  • Politischer Druck: Ein «Mar-a-Lago-Accord» könnte den politischen Druck auf die SNB erhöhen, ihre Währungsreserven auf eine bestimmte Weise zu verwalten oder einzusetzen.

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Finanzcasino bedroht Weltwirtschaft

Mit unvorstellbaren Summen darf gewettet werden, dass grosse Unternehmen und Staaten pleite gehen.

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3 Meinungen

  • am 10.03.2025 um 12:47 Uhr
    Permalink

    Die Vorschläge zur Abwendung von Staats- und Firmenbankrotten, Zusammenbrüchen von Fiat-Währungen, Geschäfts- und Zentralbanken und Wirtschaftsräumen werden immer abstruser.

    Fakt ist, dass die aktuelle Geld- und Wirtschaftspolitik nur noch darin besteht, im aktuellen System möglichst lange zu überleben, egal wie. Fakt ist, dass das nichts mit Rationalität zu tun hat, aber sehr viel mit Fiatgeld-Betrug, dem Recht des Schlaueren und Stärkeren, Manipulation aller Währungen und Märkte, Monopolen, immer mehr staatlichen Eingriffen und schwindelerregenden öffentlichen Verschuldungsprogrammen, welche zur Verarmung von fast allen Menschen führen wird.

    Warum werden Alternativen zu diesem Irrsinn nicht offen und rational diskutiert?
    Schicken wir unsere Jugendlichen lieber in den Krieg?

    Sie können davon ausgehen, dass dieses wiederkehrende Chaos von wenigen Mächtigen genauso geplant ist und sie tun alles, damit vernünftige Menschen kein gerechtes Geld- und Wirtschaftssystem einführen können.

  • am 10.03.2025 um 18:22 Uhr
    Permalink

    Swissinfo.ch (9.3.2025) titelt: USA setzt Schweiz auf Länder-Liste mit «unfairen Handelsmethoden».
    Blick (10.3.2025): Trump setzt Schweiz auf schwarze Liste – was bedeutet das jetzt?
    «Man muss diese Liste und die damit verbundene Warnung sehr ernst nehmen», sagt HSG-Ökonom Reto Föllmi zu Blick.
    Infosperber (25.1.2025): Schweiz überlässt AHV-Milliarden einer US-Bank
    Wenn es dumm läuft, blockieren die USA unser gesamtes AHV-Vermögen. Denn es ist neuerdings in den Händen einer US-Bank.
    Meine Frage: «Sanktionen» sind seit Jahrzehnten ein «Gewaltmittel» der USA. Liefert sich die Schweiz mit Haut und Haar (inklusive Neutralität, Rappen, Identität) aus an USA, NATO, EU bzw. wer in der Schweiz vollzieht das? Ich frage, weil ich als Schweizer mich zunehmend in einer Identitätskrise befindlich sehe.

  • am 10.03.2025 um 22:29 Uhr
    Permalink

    Wikipedia: «Durch Gesetze wie dem International Emergency Economic Powers Act, dem Trading With the Enemy Act und dem USA PATRIOT Act setzen die USA die Dominanz des US-Dollars zunehmend als Handelswaffe ein.[30][31][32] Der Status des US-Dollars gibt den USA eine globale, extraterritoriale Kontrolle über Unternehmen und Regierungen, die mit einer von den USA sanktionierten Partei handeln wollen….»

    Interessante Aussage im Artikel: «Er hat schon immer die Absicht bekundet, das internationale Handels-, Finanz- und Sicherheitsgefüge mit aller Macht neu ordnen zu wollen und schreckt seit seiner Amtseinführung vor drastischen Aktionen nicht zurück.» Könnte wohl heissen, dass Präsident Trump den Dollar nicht mehr als globale Leitwährung haben will, weil er Hoffnung hat, so den Kurs des Dollars per Dekret bestimmen zu können und das wäre ein guter Deal für «America First, weil wohl meinen könnte mit einem hohen Dollar-Kurs problemlos Grönland kaufen zu können.
    Gunther Kropp, Basel

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