Ursula_Nold

Nur knapp wiedergewählt: Migros-Präsidentin Ursula Nold. © migros.ch

Blaues Auge für Migros-Präsidentin Ursula Nold

Marco Diener /  Ursula Nold wurde mit einem himmeltraurigen Resultat wiedergewählt. Die Migros tut, als wäre nichts passiert.

Vor fünf Jahren schaffte Ursula Nold die Wahl zur Migros-Präsidentin souverän. Sie gewann die Kampfwahl gegen die einstige SBB-Personenverkehr-Chefin Jeannine Pilloud mit 73:27 Stimmen. Und dies, obwohl das Evaluationsgremium seinerzeit Pilloud zur Wahl empfohlen hatte.

Doch jetzt scheint der Wind gedreht zu haben. Vergangenen Samstag schaffte Nold die Wiederwahl an der Delegiertenversammlung des Migros-Genossenschafts-Bunds nur knapp. Wie Infosperber herausgefunden hat, erhielt sie nur gerade 58 Stimmen – bei einem absoluten Mehr von 49 Stimmen. Und dies, obwohl diesmal keine Gegenkandidatin zur Wahl stand. Die Migros hat die Zahlen auf Anfrage von Infosperber inzwischen bestätigt.

In ihrer Medienmitteilung vom Samstag hatte die Migros das Wahlresultat noch unterschlagen. Sie zitierte Nold, als wäre alles in bester Ordnung: «Ich freue mich sehr über das mir entgegengebrachte Vertrauen der Delegierten in einer herausfordernden Phase. In den kommenden zwei Jahren wird mein Hauptfokus auf der optimalen Umsetzung der strategischen Entscheidungen liegen, um der Migros eine erfolgreiche Zukunft zu sichern. Dazu haben wir Anfang Jahr wichtige Weichen gestellt. Unseren Kundinnen und Kunden wollen wir ein attraktives Einkaufserlebnis für jedes Budget bieten.»

Das schlechte Resultat von Ursula Nold ist insofern keine Überraschung, als bei der Migros schon länger Unruhe herrscht:

  • Die Migros organisiert sich neu in einer Supermarkt-AG. Die regionalen Genossenschaften verlieren an Einfluss. Das sorgte vor einem Jahr zu grossem Ärger bei den Delegierten.
  • Das Reisebüro Hotelplan und der Kosmetikhersteller Mibelle sollen abgestossen werden. Wahrscheinlich auch SportX, und M-Electronics, möglicherweise sogar Bike-World, Do it + Garden, Micasa und Obi.
  • Trotz der Schwierigkeiten, macht die Migros Werbung in Italien und Spanien.
  • Indem die Migros Markenprodukte gegenüber Produkten der Eigenmarken favorisiert, verärgert sie die Kundschaft.
  • Gelder aus dem Kulturprozent steckt die Migros der Klubschule zu. Trotzdem schliesst sie mehrere Klubschul-Filialen.
  • Aus dem Migros-Magazin hat sie jüngst ein Werbeblatt gemacht.
  • Das Rentenalter hat die Migros drei Mal innert 20 Jahren erhöht.
  • In der Benko-/Signa-Affäre könnte die Migros viel Geld verlieren. Die Migros selber hat ein Darlehen von 125 Millionen Franken gewährt, die Migros-Bank einen Kredit von 97 Millionen Franken.
  • Und preislich gerät die Migros gegenüber der Konkurrenz immer mehr ins Hintertreffen (Bezahlschranke).

Noch schlimmer als Ursula Nold erging es übrigens Marianne Meyer. Die Präsidentin der Delegiertenversammlung wurde am Samstag mit 44:41 Stimmen bei 12 Enthaltungen abgewählt. Die Abwahl kam so überraschend, dass an der Delegiertenversammlung kein Nachfolger, keine Nachfolgerin gewählt werden konnte.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Die Detailhändler sprechen ständig von Nachhaltigkeit und Regionalität. Aber sie bewerben Lebensmittel vom anderen Ende der Welt.

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5 Meinungen

  • am 26.03.2024 um 11:40 Uhr
    Permalink

    Das Problem der Migros ist einfach zu umschreiben: Es fehlt in den obersten Rängen am notwendigen Grips, und gleichzeitig am Verlust des grundlegenden Kompasses: Was soll die Migros von anderen Grossverteilern unterscheiden? Grips braucht es, wenn nicht nur Handel, sondern auch Industrie geführt werden muss; das ist ungleich viel komplexer. Deshalb das Eindringen von reklame-überteuerten Markenartikeln wie Lindt oder Persil, bei gleichzeitigem Verlust an Vielfalt und preisgünstiger Ware. Der Konsument kann das leicht prüfen: Wenn das Kilo Bananen in der Migros 2.50, bei Aldi jedoch 1.49 kostet, muss etwas nicht stimmen. Die Migros bräuchte in der Führung wieder mehr ideenreiche Unternehmer, nicht blosse Händler, die für ihre Entscheidungen auf Ratschläge von McKinsey etc. angewiesen sind, die einseitiges Profitdenken als Maxime verfolgen. Boeing lässt grüssen!

    • billo
      am 26.03.2024 um 22:25 Uhr
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      Lieber Ludwig, da sind wir unabhängig voneinander zu gleichen Schlüssen gekommen. Leider nur fragt uns ja keiner… Schöne Grüsse!

  • am 26.03.2024 um 14:52 Uhr
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    Die Frage ist, wie man Erfolg definiert.
    Wenn man damit Gewinnoptimierung meint, so klappt das wunderbar. Ein bisschen ERP-Software hier, ein bisschen den Leuten im Portemonnaie herumspioniert da; und fertig ist der Zauber. All diejenigen die fleissig Punkte Cumul-ieren wundern sich bitte nicht, wenn gewisse Filialen Mehrpreise verlangen oder ihr Sortiment auf «Teuer» umstellen. Nein, wirklich nicht. Wo ist da noch «Migros» drin?

  • am 26.03.2024 um 15:47 Uhr
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    Die Migros erkenne ich kaum wieder. Nicht nur wegen der Preissteigerungsbolzerei. Nicht nur, weil nach dem Umbau im Gäuggeli-Migros in Chur über einem Regal gross (und aus meine Sicht unschweizerisch) die Worte prangen: «Süsse Versuchung».

  • billo
    am 26.03.2024 um 19:42 Uhr
    Permalink

    Die Migros ist längst zu einem vollkommen beliebigen Gemischtwarenkonzern geworden, mit einer abgehobenen Managementspitze ohne Sensorium für das, was die Migros einst ausgemacht hat und ihre Konkurrenz heute noch deutlich distanzieren könnte. Im völlig läppischen Umsatzwettbewerb mit dem anderen pseudogenossenschaftlichen Supermarktkonzern, der schon früher auf Topmanagement getrimmten Coop, haben Duttis Urururunkel den Kompass total verloren. Es kommt heute überhaupt nicht mehr draufan, bei wem man einkaufen geht; bei vielen Produkten haben Aldi oder Lidl betreffend Preis-Leistungs-Verhältnis die Nase vorn, bei andern Produkten Migros oder Coop – man holt sich das Beste halt dort, wo’s im Angebot ist. Alles andere kann man getrost vergessen, kein Grossverteiler ist heute durchs Band besser, vernünftiger, , verantwortungsbewusster als die Konkurrenz.

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