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Markenkleider aus Zwangsarbeit: Indizien, keine Beweise, urteilt der Londoner High Court. © Allbids

Kleider aus China für Hugo Boss, Tommy Hilfiger, Calvin Klein

Urs P. Gasche /  Sie seien mit Zwangsarbeit entstanden, behauptete ein Bericht. Es gebe keinen Beweis, nur einen Verdacht, urteilt ein Gericht.

Geliefert hatte die Kleider das chinesische Unternehmen Smart Shirts. Es klagte vor dem Londoner High Court gegen die Sheffield Hallam University wegen Diffamierung. Die Universität hatte 2024 einen Bericht von teilweise anonymen Recherchierern veröffentlicht. Beteiligt waren der Uyghur Rights Monitor und das Uyghur Center for Democracy and Human Rights. Der Bericht kam zum Schluss, dass «eine beträchtliche Menge an Kleidung, die durch Zwangsarbeit von Uiguren hergestellt wurde, ohne Einschränkungen in die EU gelangt». Das Unternehmen Smart Shirts sei in Zwangsarbeitspraktiken in Xinjiang verwickelt.

Das Problem: Vorwürfe an Kleiderunternehmen, sie würden von Zwangsarbeit profitieren, sind diffamierend und geschäftsschädigend. Sie dürfen nur öffentlich erhoben werden, wenn der Beweis erbracht ist, dass die Smart-Shirts-Kunden Hugo Boss, Tommy Hilfiker, Calvin Klein, Ralph Lauren oder Burberry tatsächlich Kleider verkaufen, deren Baumwolle mit Zwangsarbeit geerntet oder verarbeitet wurde. So sehen es auch das Zivil- und Strafrecht in der Schweiz vor.

In Dezember 2024 urteilte der Londoner High Court, dass aufgrund des Berichts nur der Verdacht bestehe, ein Beweis jedoch nicht vorliege. Die beklagte Universität räumte vor Gericht ein, der Bericht zähle lediglich Indizien und Wahrscheinlichkeiten auf, dass Zwangsarbeit beteiligt sei. Das Gericht kam jedoch zu einem anderen Schluss: Der Bericht mache aufgrund umfangreicher Recherchen Tatsachendarstellungen. Deshalb sei der Bericht «nach britischem Gewohnheitsrecht verleumderisch».

Es gebe «hinreichende Gründe für ein rechtswidriges Verhalten» der Autoren des Berichts, aber es wird ihnen kein Verschulden vorgeworfen. Dass Gericht verfolgt den Fall weiter, was dazu führen könnte, dass die Universität Schadenersatz zahlen muss.

Mitglieder des britischen Parlaments zitierten den Bericht während einer Debatte im November als Beweis dafür, dass in China «Sklaverei und Zwangsarbeit» herrsche.

Gegenüber der «New York Times» erklärte ein Sprecher von Smart Shirts: «Mit unserer Klage wollen wir den materiellen Schaden für unser Unternehmen beheben, der durch den irreführenden Bericht entstanden ist.»

Die Universität lehnte eine Stellungnahme ab.

In den letzten beiden Jahren seien ähnliche Klagen chinesischer Firmen in Europa und Australien bekannt geworden, berichtet die «New York Times». Sie nutzen dort Gesetze gegen Diffamierungen, die es in China nicht gibt.


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3 Meinungen

  • am 19.02.2025 um 11:05 Uhr
    Permalink

    Ich empfehle gerne die Artikel oder Bücher von der chinesischen Autorin Danhong Zang. Als ehemals erste nicht muttersprachliche Kolumnistin der Deutschen Welle, kennt sie Europa und insbesondere Deutschland. Es gibt diverse andere gute Artikel, sogar von EU Parlamentarier über die Provinz Xinjiang. Gut informiert erkennt jeder die sehr peinlichen Medienkampagnen in Europa/USA gegen China. Lager gibt es in Xinjiang seit 2019 keine mehr und sie entstanden aus der weltweiten Beteiligung der Terrorismusbekämpfung nach 9/11. Da auch China mit den Rückkehrer aus Afghanistan mit Extremisten Probleme hatte. Seit dem Putsch in Syrien, wissen wir ja offiziell, wer diese Extremisten seit Jahrzehnten finanziert und aufrüstet.
    Wussten sie, dass die Uiguren traditionell weibliche Imame haben? Vielleicht ein Grund für den Hass der Islamisten auf die Uiguren?

  • am 19.02.2025 um 11:20 Uhr
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    Grossartig, das chinesische Firmen endlich den Mut finden, dieser gigantischen Diffamierungskampagne gerichtlich zu begegnen. Die Boykotte von Baumwolle aus Xinjiang schadet insbesondere Familienbetrieben, oft auch Uighurischen, welche noch von Hand Baumwolle ernten. Industriell wird praktisch vollautomatisch geerntet, und solche Grossbetriebe können ihre Baumwolle leicht in den gesamten Lieferketten der chinesischen Textilindustrie verstecken, ohne Angabe von Xinjiang.

    Artikel 246 des Strafgesetzbuches der VR China verbietet zudem Diffamierung, Artikel 11 des Anti-Unlauteren-Wettbewerbs-Gesetzes verbietet zudem die Verbreitung falscher Tatsachen zum Schaden von Firmen.

  • am 20.02.2025 um 00:13 Uhr
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    Für mich stellt sich vielmehr die Frage warum wir sogenannte Markenartikel in China produzieren lassen. Sind wir dazu in Europa nicht mehr fähig!?

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