Kommentar
Selbstversuch Wassersparen: Überraschend, was alles drinläge
Erstmals kam mir die Idee, Wasser zu sparen, vor vier Jahren, als die sommerliche Trockenheit schon einen Anstrich von Normalität erhalten hatte; als das Vieh auf den Alpen manchenorts per Helikopter mit Wasser versorgt werden musste und als in meinem Garten die erste Regentonne längst nicht mehr reichte, um Topfpflanzen und Gemüsebeet zu tränken, und eine zweite, hinzugekaufte nur wenige Tage länger hinhielt. Auch heute sind beide seit Tagen leer.
Es ist nicht das Geld, das mich stört, wenn ich die Pflanzen mit Leitungswasser giessen muss: Pro Kubikmeter reinsten Trinkwassers spart man in Zürich weniger als einen Franken; mit fünf gesparten Kubikmetern – also 5 Tonnen! – kann man sich gerade einen Kaffee in einem nicht allzu teuren Restaurant leisten. Ein weiterer halber Kubikmeter, immerhin 50 Giesskannen à 10 Liter, finanziert das Trinkgeld.
Zu stören begann mich vielmehr das Prinzip der Verschwendung: Draussen dörrten die Pflanzen, und drinnen liess ich am Morgen eine Minute lang das Wasser laufen, bis es endlich warm aus der Dusche strömte. Mittags und nachmittags floss wertvolles Trinkwasser nutzlos den Ablauf hinunter, bis es endlich so kühl kam, dass es trinkbar war. Ich weiss, viele Menschen auf der Welt würden noch so gern kalt duschen, wenn sie nur die Möglichkeit dazu hätten, und Menschen, die stundenlang gehen müssen bis zur nächsten trüben Quelle, sähen verständnislos zu, wie wir in der Schweiz kostbares Wasser in die Kanalisation fliessen lassen, bloss damit es kühl aus dem Hahn fliesst. Auch ich habe schon an Orten gearbeitet, wo 40 Grad warmes Trinkwasser höchstes Glück bedeutete.
Wenn etwas stört, versucht man, die Ursache aus der Welt zu schaffen, zum Beispiel, indem man die Mücke totschlägt, bevor sie sticht. Ich begann also, am Morgen einen Eimer unter den Wasserhahn zu stellen, bis ich endlich zum Warmduscher werden konnte. Gut fünf Liter kamen so zusammen – eine halbe Giesskanne! An einem sehr heissen Tag, wenn ich zwei- oder dreimal dusche, um nicht völlig verschwitzt und stinkend herumzulaufen, reicht das schon für die Tomaten auf dem Balkon.
Anfangs schlich ich mit meinem vor dem Abfluss geretteten Wasser verschämt an Frau und Sohn vorbei, weil sie mich manchmal etwas wunderlich finden in Sachen Ökologie. Mit der Zeit gehörte es dann einfach zu mir wie die grauen Haare und manchmal bizarren Witze, die niemand versteht. Abgesehen davon dauerten bisher die Trockenzeiten nicht sehr lang, sodass ich bald wieder zur allseits akzeptierten und unbelächelten Wasserverschwendung zurückkehren konnte.
Eines weiteren heissen Tages dann fragte ich mich, weshalb eigentlich das Wasser, mit dem man den Salat oder die Kartoffeln gewaschen hatte, einfach weggeleert werden müsse. So begann ich, auch dieses, manchmal angereichert mit Erdresten und kleinen Schnecklein, zur Bewässerung der Pflanzen einzusetzen.
Mittlerweile steht während der Trockenperioden immer ein Becken im Schüttstein. Schnell die Teekanne, die achteckige italienische Kaffeemaschine ausgespült? Das Wasser bleibt hier. Schnell die Hände gewaschen, der Putzlappen ausgewrungen, die Pfanne nach dem Konfitüremachen von den Fruchtresten gereinigt? Das Restwasser im Dampfkochtopf, in den Ferien die Kanne ausgespült, in der wir Milch vom benachbarten Bauern geholt haben? Sofort kommen wieder einige Liter zusammen, und die Giesskanne wird mehrmals täglich voll.
Erst wenn man das Wasser achtsam braucht, wird einem bewusst, wieviel man normalerweise sorglos verschwendet.
Natürlich: Einer der grössten Wasserverschwender im Haushalt ist immer noch die Toilettenspülung. In diesem Fall ist es schwierig, selber tätig zu werden, wenn nicht der Architekt weise vorausgeschaut und grosse regenwassersammelnde Brauchwassertanks eingebaut hat. Zwar könnte man, wenn man einen Garten hat, nachts heimlich ins Himbeergestrüpp pinkeln und hoffen, dass einen der Nachbar nicht sieht. Auch Balkonpflanzen böten sich zur Not dafür an. So liessen sich jedes Mal fünf oder zehn Liter Wasser aus der Spülung sparen und erst noch die Pflanzen biologisch düngen. Aber gerade in Zeiten wochen- oder gar monatelanger Trockenheit begänne die Umgebung wohl bald recht streng zu riechen, weshalb ich diese Methode aufspare für allfällige ernstere Zeiten.
Kürzlich hat ein Duschbrausenhersteller in der «Zeit» vorgerechnet, dass 2014 die Deutschen täglich über 10 Minuten unter der Dusche standen, und dass es wohl auch heute noch 4 Minuten seien. So lange unter der Dusche zu stehen und reines Trinkwasser zu verschwenden, ist natürlich absurd – in erster Linie wegen der Energie, die für das Erwärmen des Wassers verschwendet wird. Aber in Zukunft wird auch das Wasser selber immer wichtiger werden. Eine halbe Minute Duschen reicht vollauf; mit Haarewaschen (kurz) komme ich auf knapp eine Minute. Nochmals radikal weniger braucht, wer sich, wie es früher üblich war, mit dem Waschlappen wäscht.
Noch gibt es in der Schweiz meistens genügend Wasser, auch im Sommer. Immer noch können fast überall Autos gewaschen werden, die es wirklich nicht nötig hätten. Immer noch werden zwei Tage nach dem letzten Gewitter schon wieder die Büsche getränkt, die auch zwei regenlose Monate überstünden, und immer noch prangen in den besseren Quartieren zwischen unbenutzten Swimmingpools nutzlose Rasen saftig grün, weil auf ihnen hektoliterweise Trinkwasser versprüht wird. Angesichts dieser Tatsachen komme ich mir manchmal etwas albern vor mit meinen Sparmassnahmen im Literbereich.
Aber gab es nicht einmal eine Zeit, in der Menschen, die mahnten, mit Erdöl haushälterisch umzugehen, als Käuze angesehen wurden? Eigentlich dauert diese Zeit bis heute an, und nicht einmal die aktuell hohen Benzinpreise führen dazu, dass der Verbrauch sinkt. Die bisher einzige Folge hoher Treibstoffpreise war der Ruf nach staatlicher Verbilligung, damit die Verschwendung ungehindert weitergehen kann. Wenn also nach 50 Jahren, einem Erdölschock, zwei schweren Atomkatastrophen und bei rasant schmelzenden Gletschern das Wort Energiesparen noch immer nicht zu ernsthaftem Umdenken in der Gesellschaft geführt hat, wäre es vielleicht gar nicht so unangebracht, bereits heute ans Wassersparen zu denken. Damit wir es dann, wenn es wirklich ernst wird, endlich können.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Das sind interessante Erfahrungen! Wichtig auch: Humusaufbau. Denn mit Humus und Mulch wird das (einmal wenige und einmal flutartige) Wasser im Boden nachhaltig gespeichert. Dazu wäre jedoch eine veränderte Landwirtschaft nötig… hmmm…
Ich gebe dem Autor im Grundsatz recht. Ich möchte allerdings gerne wissen bis in welchen Bereich der Wasserverbauch reduziert werden kann und das Wassernetz immer noch sicher und qualitativ gut bleibt. Ich denke dabei insbesondere an Legionellen und Cholera, aber auch an die dadurch zunehmende Anreicherung von ausgeschwemmten Schwermetallen, gerade in einem heissen Sommer. Wenn wir solche Probleme bekommen, gewinnen wir nichts, gefährden aber die wohl wichtigste Infrastruktur die wir haben. Ich würde gene einen Fachmann zu diesem Thema hören, bevor wir damit ins extrem gehen.
Sie sprechen mir aus dem Herzen! Auf einer Velorundfahrt um den Bodensee konnte ich kaum glauben, in wie vielen Privatgrundstücken rund um den See Riesenpools herumstehen – zum grössten Teil wohl gefüllt mit Leitungswasser. Rund um den See!
Als in den 1960er Jahren in unserem Haus ein WC mit Spülung eingerichtet wurde, weigerte sich mein Urgrossonkel (Jg. 1888-1979) zeitlebens, dieses amoralische Ding zu benutzen, das Trinkwasser benutzt um die eigene Notdurft loszuwerden. Wir haben immer darüber gelacht, aber vielleicht kommt er in zwanzig Jahren auf eine Schweizer Banknote, weil er ein Held war.
Bei Neubauten sollten meines Erachtens Regenwassertanks mit vielleicht 10 – 60 Kubikmetern Usus werden, welche für die WC-Spülung, Gartenbewässerung, etc. benutzt werden können. Diese Produkte sind längst auf dem Markt und werden auch gekauft, aber leider nur von Idealisten wie Herrn Haldimann, da sie bei den lächerlichen Wasserpreisen in der Schweiz nicht rentabel sind.
Die Motive sind edel, die Massnahmen verständlich — einzig es wird wohl das Ziel von Wassereinsparung nicht erreichen. Der Grund liegt in der Kreislauf-Situation: wenn Wasser in der Kanalisation verschwindet, taucht es nach der Klärung wieder im Oberflächengewässer auf, es hat lediglich einen Umweg durch einige Kilometer Röhren genommen der Pumpenergie gekostet hat.
Wasser «sparen» meint wohl, es daran zu hindern, in der Atmosphäre zu verdunsten. Dazu muss man primär die Landwirtschaft und den Gartenbau betrachten, wo je nach Land und Jahreszeit 50%-80% des Wassers «konsumiert» wird. Nur ist dort das Sparen eng mit Erntereduktionen verbunden..
Am Schluss ist es halt simpel: weniger Konsum pro Kopf plus weniger Köpfe könnte langfristig die oekologische Last kleiner machen. Diese vermeindliche «Einsparung» kann dabei leider nur wenig Pump-Energie einsparen, aber kein Wasser.
Nicht vergessen, dass «Trinkwasser» nicht für alle Pflanzen adäquat ist. In Genf gingen in den 70er-Jahren diverse Zedern ein, weil das chlorierte Trinkwasser ihr Überleben verunmöglichte. Als der Zivildienst schliesslich Wasser aus dem See pumpte, war es zu spät. Die schönste Zeder vor meinem Fenster im Park HEI war verdorrt. Meine eigenen Sämlinge profitierten davon, dass ich jeden Abend das Wasser direkt aus dem See holte.
In der heutigen Zeit muss man sich fragen, ob wir eigentlich noch leben oder nur noch sparen und uns überall einschränken wollen?
Natürlich macht es Sinn, wenn es mal einen heissen, trockenen Sommer gibt und Wasserknappheit droht mit gesundem Menschenverstand etwas Wasser spart, wo es nicht gross schmerzt.
Aber sobald die Dürreperiode vorbei ist sollte man wieder zur «Normalität» zurückfinden.
Übrigens: Heisse und trockene Sommer gab es auch schon früher z.B 1947.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/ein-zeitzeuge-erzaehlt-vom-jahrhundertsommer-1947-lauschangriff-zur-duerrezeit-ld.1044295
https://blog.nationalmuseum.ch/2019/04/die-schweiz-im-schwitzkasten/
Herr Ermotti, ich möchte Ihnen heftig widersprechen. Herr Haldimann erinnert uns in seinem sehr nachdenklichen Text daran, dass wir Menschen hier nur vorübergehend daheim sind, dass wir keine Lizenz zum Verbrauchen haben, lediglich zum Gebrauchen. Wir sollen durchaus unser Leben geniessen, doch wenn für Sie Genuss gleichbedeutend ist mit Verschwenden, dann tun Sie mir leid. Es entgeht Ihnen Wesentliches im Leben. Sich einschränken, sparen nicht nur dort, «wo es nicht gross schmerzt» wären Zeugnis, dass Sie nicht nach der Devise leben «nach MIR die Sintflut!»
Schliesslich geht es auch nicht um die Frage, ob die momentane Hitzewelle etwas Noch-nie-Dagewesenes sei. Herrn Haldimanns Schilderung eines achtsamen und behutsamen Umgangs könnte uns vielmehr daran erinnern, dass unser Luxusleben nicht garantiert und für spätere Generationen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Riesenhypothek ist. Ich bin ihm jedenfalls sehr dankbar, diesen Beitrag geschrieben zu haben.
Herr Husi
Ich bin durchaus für Umwelt- und Tierschutz. Aber mit Augenmass.
Grüne Fanatiker, die am liebsten die Menschheit ausrotten oder dezimieren wollen um ihre grünen Ideologien durchzusetzen sind eine Gefahr für mich! Siehe die irren Vorschläge in Deutschland.
Zudem fehlt ein Wassersparvorschlag, der nicht (ausser dem Auge gewisser Immobilieneigentümer) stark weh tun würde: Nämlich weg mit dem Rasen vor dem Haus welcher auch Wasser braucht und zudem mit lärmigen Rasenmähern gemäht wird und das Gras mit der Grünabfuhr dann «entsorgt» werden muss. Stattdessen wie es früher war Schrebergärten vor den Häusern und Wohnblocks, wo man was Essbares anpflanzen kann. Statt Gemüse & Früchte aus anderen Kontinenten zu importieren.
Bezüglich Toilette könnte man noch weiter gehen: Wieso eigentlich sollen unsere Hinterlassenschaften die Kanalisation herabgespült werden – das dann wieder mühsam gereinigt werden muss – wenn das Ganze problemlos kompostiert werden kann?
Das sind keine Plumpsklos, die sind geruchsfrei!
https://trobolo.com/de/
Guter Artikel, der einen in die Zeit zurückführt, als Wasser noch nicht unbegrenzt aus der Leitung floss. Die ersten Hochkulturen dieser Erde entstanden teilweise in trockenen Gegenden. Wasserbevorratung und Wasserbewirtschaftung waren Schrittmacher für weitere kulturelle Entwicklungen. Die Hochleistungslandwirtschaft des antiken Persischen Reiches wurde durch überlegte und planmäßige Wasserwirtschaft ermöglicht. Die Juden auf der Festung Masada inmitten der lebensfeindlichen Wüste des Toten Meeres sammelten Regenwasser in sporthallengroßen Zisternen und konnten im Festungsgelände völlig autark Landwirtschaft betreiben. Im Oman, der Wiege der vorislamischen arabischen Hochkultur der Sabäer, wird seit vielen Jahrhunderten ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem betrieben und ermöglicht hohe landwirtschaftliche Erträge. Wir sind es einfach nicht mehr gewohnt was für unsere Vorfahren normal war – Bevorratung von Ressourcen.
@ Daniel Müller. Nicht nur das Wassernetz braucht regelmässig Frischwasser, auch das oft überdimensionierte Kanalisatiosnetz muss bei ungenügendem Abwasseranfall durch die Kanalreiniger mit sauberem Wasser durchgespült werden – Wasser, das vorher beim Duschen, Haarwaschen, Geschirrwaschen etc. «gespart» worden ist.