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Die Fernsehsendung «A bon entendeur» untersuchte zehn Mineralwässer. Vier davon enthielten Mikroplastik, PFAS, Fungizide oder Herbizide. © RTS

Chlorothalonil im Henniez, Pfas im Valser

Marco Diener /  Mineralwässer sind mit Mikroplastik, Pfas und Pestiziden verunreinigt. Das zeigt eine Untersuchung aus der Westschweiz.

«Natürliches Mineralwasser» zeichne sich durch «ursprüngliche Reinheit» aus. So steht es in der Verordnung über Trink-, Quell- und Mineralwasser. Aber so ist es nicht. Das zeigt eine Untersuchung der Konsumenten-Sendungen «A bon entendeur» und «On en parle» des Westschweizer Radios und Fernsehens RTS.

Vier von zehn

RTS liess zehn Mineralwässer untersuchen – deren sechs stammen aus der Schweiz, zwei aus Deutschland und je eines aus Italien und Frankreich. Vier der Mineralwässer – darunter drei Schweizer – waren verunreinigt:

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Sechs Mineralwässer waren sauber, vier verunreinigt: Swiss Alpina, San Pellegrion, Valser und Henniez.

Am schlechtesten schnitt Henniez ab. Das Mineralwasser aus dem Waadtland enthielt Abbaustoffe von zwei Pestiziden – dem Herbizid Chloridazon und dem Fungizid Chlorothalonil. Chlorothalonil wird vor allem im Getreide-, Kartoffel- und Weinbau eingesetzt sowie auf Golfplätzen. Die EU hat es 2019 als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft und anschliessend verboten. In der Schweiz ist Chlorothalonil seit 2020 ebenfalls verboten. Allerdings ist dazu noch ein Rechtsstreit vor Bundesverwaltungsgericht hängig.

«Ein Tropfen im 50-Meter-Becken»

Henniez hat die präzisen Fragen von RTS nicht beantwortet, sondern festgehalten, dass man das Wasser bedenkenlos trinken könne. Die gefundenen Mengen entsprächen «einem Tropfen in einem 50-Meter-Schwimmbecken mit 2,5 Millionen Litern Wasser».

Ohne Aktivkohlefilter

Henniez sorgte übrigens schon zu Beginn des Jahres für Negativ-Schlagzeilen. Damals deckte die Westschweizer Zeitung «Le Temps» auf, dass Henniez sein Wasser mit Aktivkohlefiltern behandelt hatte (Infosperber berichtete darüber). Ob frühere Henniez-Proben dank der verbotenen Filtration sauber waren, muss offen bleiben. Das Henniez-Mutterhaus Nestlé weigerte sich, die entsprechenden Fragen von RTS zu beantworten.

Pfas im Valser

Ebenfalls verunreinigt war das Wasser von Valser. Es enthielt per- und polyfluorierte Chemikalien – bekannter unter der Abkürzung Pfas. Pfas werden auch als Ewigkeits-Chemikalien bezeichnet, weil sie sehr stabil sind. Sie können zu Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen, Fettleibigkeit, Fruchtbarkeitsstörungen und Krebs führen.

Der Coca-Cola-Konzern, zu dem Valser gehört, bezeichnet die gefundenen Verunreinigungen als Ergebnis «der umfassenden Umweltauswirkungen der menschlichen Aktivitäten». Coca-Cola hält zudem fest, es handle sich um «minimale Mengen». Diese seien «keinerlei Gesundheitsrisiko».

Pet und Sagex

Im Swiss Alpina, das Coop in Termen VS abfüllen lässt, und im italienischen San Pellegrino fand RTS Mikroplastik. Im San Pellegrino war es Polystyrol – in der Schweiz auch bekannt unter dem Markennamen Sagex. Im Swiss Alpina war es Pet. Beide Anbieter beteuern, eigene Proben seien sauber gewesen.

«Man fühlt sich betrogen»

Die grüne Neuenburger Ständerätin Céline Vara zeigte sich gegenüber RTS konsterniert über die Ergebnisse: «Man ist enttäuscht und fühlt sich betrogen. Man zahlt für ein Mineralwasser und denkt, es sei frei von Giftstoffen. Das macht einen wütend.» Hinzu kämen ernsthafte Sorgen: «Man weiss, dass diese Produkte krank machen, Krebs fördern, zu Unfruchtbarkeit führen. Und es ist ein weiterer Beweis für das Umwelt-Desaster, das wir heute erleben.»

Auch im Hahnenwasser

Belastet sind übrigens nicht nur die Mineralwässer, sondern auch das Trinkwasser. Das zeigte Infosperber schon vor vier Jahren auf. Der K-Tipp untersuchte letzten Sommer 872 Hahnenwasserproben (Bezahlschranke). Fast 400 waren mit Pfas belastet. Zudem fand der K-Tipp Pfas in den Eigenmarken-Mineralwässern aus der Landi (es stammt aus Adelboden BE) und von Spar (es stammt aus Italien).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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5 Meinungen

  • am 28.05.2024 um 11:27 Uhr
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    Ein Sturm im Wasserglas! Die Konzentrationen der nachgewiesenen Stoffe liegen unter den gesetzlichen Höchstwerten (0.1 Mikrogramm/Liter für Pestizide gemäss Verordnung über Trinkwasser) – wo liegt also das Problem? Geht es vielleicht darum, wieder einmal Lebensmittelkonzerne wie Nestlé und Coca-Cola an den Pranger zu stellen? Wie Coca-Cola richtig bemerkt, sind es die «umfassenden Umweltauswirkungen der menschlichen Aktivitäten» welche das Problem verursachen – also wir alle. Etwas weniger Empörung und dafür mehr fachliche Tiefe und Präzision (was bedeuten die Grenzwerte, ab welcher Konzentration ist ein Stoff schädlich usw.) wären wünschenswert.

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      am 28.05.2024 um 16:07 Uhr
      Permalink

      Dass die Grenzwerte eingehalten sind, ist nur bedingt ein Grund zur Beruhigung. Das Problem: Mineralwasser ist nicht die einzige Quelle, über die wir Mikroplastik, Herbizide und Fungizide aufnehmen. Die Schadstoffe finden sich auch im Hahnenwasser sowie in Früchten und Gemüsen. Zudem gehen Fachleute davon aus, dass sich die Schadstoffe gegenseitig verstärken. Solche Wechselwirkungen sind weitgehend unerforscht.

    • am 28.05.2024 um 23:23 Uhr
      Permalink

      «Grenzwerte» betrachte ich wie die Zulassung der x-Chemikalien mehr als politische Variable, Blindflug, auch aufgrund der langen «Latenzzeiten» und schwierigen Zuordnungsfähigkeit «welche der x-potenziellen Schadursachen ist denn nun die Ursache für Effekt?», während in der Zwischenzeit das x-fache an Neuzulassungen in denselben «Spielregeln» auf den Markt kam. Hinterherhinken, Sisyphus.
      20min.ch (15.11.2022) titelt: «Spermienzahl bei Männern nimmt weltweit rasant ab»
      Mikroplastik in Herzmuskelgewebe entdeckt worden. herzmedizin.de titelt: «Hohes Risiko bei Mikro- und Nanoplastik in Carotisplaque» (Halsschlagader) auto-motor-und-sport.de titelt: «Reifenabrieb schadet Gesundheit mehr als Abgase»
      Exposition: Chronische tiefere Intoxikation kann schädlicher sein als kurzzeitige höhere.
      Synergie: Stoffe gemeinsam schädlicher als Summe der Einzelstoffe (Beispiel: Ratten LD1 Quecksilber + LD1 Blei = LD100 (alle sterben, nicht Summe 2%).
      Siehe auch Toxipedia, Prinzipien der Toxikologie

  • am 28.05.2024 um 11:38 Uhr
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    Katastrophische Meldungen dieser Art reissen nicht ab , und mich wundert, die Fassungslosigkeit der grünen Ständerätin.

    Die von Profit getriebene Ökonomie ist eine, im doppelten Wortsinn, vergiftete Wirtschaftsweise.
    In Anlehnung an Adorno, dass es kein richtiges Leben im falschen geben kann, bedeutet das,
    dass es kein sauberes Wasser und auch keine sog. reinen Lebensmittel geben kann in der vorherrschenden von Profit getriebenen Ökonomie.

    Statt einer Fixierung auf «Klimarettung durch CO2 » braucht es konkrete Handlungen zum «Entgiften» von Böden, Wasser, Luft, sprich umfassenden Schutz unser aller Lebensgrundlagen.
    Doch wie immer stellt sich dabei die Frage: Wer entscheidet?

  • am 28.05.2024 um 14:12 Uhr
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    Trinkwasser, noch unmittelbar unverzichtbarer als Nahrung, das weiss ich als Westernromaneleser.
    Ein essenzielles, irreversibles Desaster mit Ansage, denn eine allmähliche, dafür «nachhaltige» (ubiquitäre) Verbreitung wird wohl am spätesten Schäden in der Praxis (nicht «nur» Messwerte auf dem Papier) zeigen und entsprechend am spätesten zur Einsicht der Demokratievolksmasse führen, wenn überhaupt. Jedenfalls, die eh schon spät (gemessen an der Bödenvergiftung alias verzögerndes «Zwischenlager» vor dem Grundwasser) lancierte Volksinitiative Trinkwasser wurde an der Urne abgeschmettert (und die Initiantin Franziska Herren in «sozialen» Medien teils wüst attackiert, statt dass man ihr ein «Denkmal» errichtet hätte). Den «Verein Sauberes Wasser für alle» gibt es immer noch.

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