Kalifornien verbietet die Bärenjagd mit Hunden
Gegen 1’700 Schwarzbären dürfen in Kalifornien jährlich legal «geerntet» werden. Die gesamte Population beträgt 23’000 bis 39’000 Tiere. In diesem Jahr wurden bisher 1’300 Bären getötet, die Hälfte davon mit Hilfe von Hunden. Die Jäger sind verpflichtet, das Fleisch der von ihnen zur Strecke gebrachten Tiere zu verzehren.
Doch mit dem Jagdbrauch in der historischen Tradition von George Washington bis Theodore Roosevelt ist es in Kalifornien zu Ende. Ab dem 1. Janaur 2013 dürfen Hunde dafür nicht mehr eingesetzt werden. Der kalifornische Gouverneur Jerry Brown hat im November ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet.
Cajun und Osage nehmen Fährte auf
In einer Reportage beschreibt Rory Carroll auf der britischen Online-Plattform «The Ecologist» eine Bärenjagd mit Hunden: Josh Brones (37) und Dan Tichenor (65) sind mit ihren Hunden «Cajun» und «Osage» in den Wäldern 160 Meilen nördlich von Sacramento unterwegs. Die Tiere schnüffeln am Boden aufgeregt nach Spuren. Irgendwo in der Nähe müssen sich Schwarzbären befinden. Osage verschwindet einen Abhang hinunter. Ein paar Minuten später beginnt er zu bellen. Jetzt zischt Cajun ab wie eine Rakete. Die Jäger halten an und hören, wie sich die Hunde bellend entfernen.
Tichenor weiss nun, dass die Hunde einen Bären verfolgen. Jetzt entfernt sich das Bellen nicht mehr, es bleibt stationär. Die Tiere haben den Bär gestellt. Vermutlich ist er einen Baum hinauf geflüchtet. Die Jäger gehen einen Schlucht hinunter und steigen auf der anderen Seite hoch. Hier ist dichter Wald. Plötzlich hören sie hinter sich ein Geräusch und sehen einen schwarzen Schatten davon springen: ein junger Bär. Er hat auf einem Baum gewartet, bis Hunde und Jäger vorbei zogen und sucht nun das Weite.
Die Jäger lassen ihn ziehen, die Hunde weiter vorne bellen wie verrückt. Der Bär ist eine fünfzig Meter hohe Fichte halb hinauf geklettert. Schnauze und Augen sind zwischen den Zweigen zu sehen. Die Hunde springen wie wild am Baumstamm hoch. Sie lassen sich kaum beruhigen. Die Jäger legen ihr Gepäck ab: «Jetzt haben wir dich!»
Verbot auch in anderen Staaten angestrebt
Zurück in Sacramento: Eine mächtige Koalition von Tierschützern und Demokraten hat das Verbot dieser «archaischen und grausamen» Praxis durchgesetzt. Jäger dürfen auch künftig Bären jagen – aber ohne Hunde. Der Druck wächst, ähnliche Verbote in 17 weiteren US-Bundesstaaten zu erlassen, welche die Jagd mit Hunden noch zulassen.
Doch wer sind die Menschen, die Bären mit Hunden jagen, manchmal über Kilometer hinweg, bevor sich die Tiere in Todesangst mit den Hunden blutige Kämpfe liefern oder auf Bäume klettern, nur um dort oben in der Falle ein leichtes Ziel abzugeben?
Josh Brones ist Präsident der «California Houndsmen for Conservation», die 5’900 Jäger vertritt. Er ist ein IT-Spezialist, der für Intel und Apple um die Welt reiste. Er ist der Nachkomme von Jägern und wollte eigentlich Wildbiologe werden. Doch er geriet ins IT-Business. Der Job ernährt die Familie.
Er tötete den ersten Bär mit 17 Jahren
Brones ist gerne draussen in der Natur. Es zieht ihn immer wieder dorthin. «Die Natur hält uns am Boden», sagt er. Er züchtet Hunde und führt diese Familientradition fort. Wenn er über seine Hunde spricht, gerät er ins Schwärmen. «Sie verkörpern das, wonach wir selber streben – Loyalität, Hingabe, unbedingte Liebe.» Mit ihnen zu jagen, sei ein spirituelles Erlebnis. Als er 17 war, tötete Brones seinen ersten Bär.
»Es ist der Höhepunkt einer Anstrengung. Aber Du hast ein Leben vernichtet. Du weisst, dass dieser Bär nie mehr existieren wird.» Warum tut er es trotzdem? Brones hat zwei Beweggründe: Einerseits habe sich die Bärenpopulation in Kalifornien seit den achtziger Jahren verdreifacht und müsse unter Kontrolle gehalten werden, weil Bären Bienenstöcke plünderten, Hirsche töteten und in bewohnten Gegenden marodiere.
Andererseits sei es humaner, einen Bär einen Baum hinaufzutreiben, um vor einem gezielten, sauberen Schuss zu verifizieren, ob es sich allenfalls um ein trächtiges Weibchen oder eines mit Jungen handle. Sie würden verschont. Schüsse aus einem Gewehr mit einem Zielfernrohr seien viel grausamer, weil sie Bären oftmals bloss verwundeten, was für die Tiere später in einem qualvollen Tod enden könne.
Wieviele essen Fleisch, ohne je ein Tier zu töten?
Dan Tichenor, ein pensionierter Nuklearwaffen-Spezialist mit Doktortitel, sagt, Städter stellten sich wilde Tiere gerne als Projektion ihrer Haustiere vor. Dabei sei die Natur grausam und erbarmungslos: «Wir simulieren nur eine Situation aus einer Zeit als Jagen noch eine Notwendigkeit war. Ich kann mir nichts Natürlicheres vorstellen.» Wer im Supermarkt Fleisch kaufe, drücke beide Augen zu, wenn es um moralische Implikationen gehe. «Wieviele essen Fleisch, ohne je ein Tier zu töten?», fragt Tichenor.
Zurück zum Baum: Brones und Tichenor erschiessen den Bär nicht. Sie fotografieren ihn. Tichenor hat selber noch nie einen getötet, obschon er Gruppen angeführt hat, die 269 Bären Bäume hinauf jagten, wovon 60 «geerntet» wurden. Einen Bär zu häuten und aus dem Wald zu schleppen, ist anstrengend, und jeder darf nur einen Bär pro Jahr schiessen. Sobald das geschehen ist, ist die Jagdsaison vorbei. «Ich ziehe es vor, die Bären zu fotografieren, sagt Tichenor. Auch Brones hat seinen letzten Bär 2003 erlegt.
Befürworter und Gegner sind unversöhnlich
Unter den Wissenschaftlern gibt es keinen Konsens darüber, was die Bärenjagd mit Hunden den Tieren antut. Jim Akenson, ein Biologe, der Bären zu Studienzwecken mit Halsbändern versieht, sagt, es sei die humanste Methode, die Tiere zu fangen. Biologe Rick Hopkins widerspricht und sagt, diese Jagd erhöhe den Stress und die Körpertemperatur und habe jedenfalls einen negativen Einfluss auf die Tiere.
Jennifer Fearing, welche die Kampagne gegen die Bärenjagd mit Hunden im Westen der USA anführte, hält die Jäger mit ihren Hunden für «Perverse». Josh Brones betitelt Fearing und ihresgleichen als «Nazis». Die Gräben der gegenseitigen Verachtung sind unüberwindbar.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine