Da leiden ja die Hühner
Im vergangenen Jahr wurden in der Schweiz so viele Tiere geschlachtet wie in den vergangenen 20 Jahren nicht. Das belegen Schlachtzahlen, die die Organisation «Tier im Fokus» (TIF) auf Facebook veröffentlicht hat. Der Schweizer Detailhandel freute sich derweil über ein «Allzeithoch» bei Absatz und Umsatz von Fleisch.
Vor allem Geflügelfleisch fand rasenden Absatz – Ausdruck eines längerfristigen Trends und des kurzfristigen Effekts. Dabei sinkt der hohe Fleischkonsum in der Schweiz seit Jahren. Fleischersatzprodukte werden populärer. Analysten sagen sogar voraus, dass die Nutztierhaltung im Westen in einigen Jahren den endgültigen Höhepunkt erreicht haben wird. In der Pandemie gelten anscheinend andere Gesetze.
Der Fleischkonsum verschiebt sich seit Jahren hin zum Geflügel
2020 war das Jahr des Poulets. Jede Person in der Schweiz verzehrte im vergangenen Jahr 14,2 Kilogramm Geflügelfleisch, 1991 waren es noch 8,3 Kilogramm. Zum einen wegen der speziellen Situation in der Pandemie: Auswärts essen fiel grösstenteils flach, das Einkaufen im günstigeren Ausland auch. Es wurde also mehr und direkt im Einzelhandel eingekauft. Laut Bell-CEO Lorenz Wyss hat die Einschränkung des Einkaufstourismus den Absatz in der Schweiz so positiv beeinflusst, dass die Einbussen in anderen Bereichen kompensiert werden konnten.
Das ist aber nur die halbe Begründung. In der Schweiz werden immer mehr Schlachthühner und Legehennen gehalten. Die Geflügelfleischproduktion im Inland ist laut Proviande im letzten Jahr weiter gewachsen, dafür wurde mehr Rind- und Schweinefleisch importiert. Auf den Tellern der Schweizerinnen und Schweizer lag noch nie so viel Poulet aus dem eigenen Land wie im vergangenen Jahr.
Trend geht zu weniger Fleisch – aber nicht in der Pandemie
Dabei wird in der Schweiz noch immer zu viel Fleisch gegessen. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch, den Proviande errechnet, ist von 2019 auf 2020 mit 51,1 und 50,9 Kilogramm pro Jahr annähernd gleich geblieben. Schweizerinnen und Schweizer essen weit mehr als die 100 bis 120 Gramm Fleisch täglich oder maximal 44 Kilogramm pro Jahr, die die Schweizer Gesellschaft für Ernährung empfiehlt.
Umwelt-, Klima- und Gesundheitsaspekte spielen eine immer grössere Rolle beim Einkauf. Bis 2019 war der Fleischkonsum mehrere Jahre lang rückläufig. Konsumenten betrachten Poulet dabei oft als das «bessere» Fleisch, auch der Absatz von Fleischersatzprodukten steigt. Pouletbrust ist dazu schnell und unkompliziert zuzubereiten.
In der Folge drängeln sich heute doppelt so viele Mastpoulets in den Schweizer Ställen wie noch vor 20 Jahren, trotzdem gibt es immer weniger Geflügelzuchtbetriebe. In einem Betrieb leben inzwischen meist mehr als 5000 Poulets.
Die Masthühner kommen als Küken dorthin und haben etwa einen Monat Zeit, um Gewicht anzusetzen. Vor allem die begehrte Brust muss zulegen. Am Ende des Monats sehen die Tiere aus wie Hühner-Bodybuilder und können auf ihren Rosten kaum noch stehen. Viel Sonne sehen sie in ihrem kurzen Leben nicht.
Dabei geht es ihnen immer noch besser als ihren männlichen Geschwistern in der Legehaltung. Männliche «Eintagesküken» werden seit Anfang 2020 zwar nicht mehr geschreddert, aber stattdessen vergast. Zweinutzungsrassen, bei denen Hähne genügend Fleisch liefern, könnten diese Praxis beenden. Für die industrielle Produktion nehmen sie aber noch nicht schnell genug zu.
Vor dem Tierwohl steht das Portemonnaie
Besser geht es Bio- und Freilandhühnern. Ihre Zahl ist bedeutend geringer, denn sie brauchen mehr Platz und werden seltener gekauft. Die Umstände in der Massentierhaltung werden zwar von vielen Konsumentinnen und Konsumenten kritisch betrachtet, in der Pandemie scheint sich das aber wenig bemerkbar zu machen.
Beim Einkauf war den meisten Käufern im vergangenen Jahr das Portemonnaie näher als das Tierwohl, das zeigen die Zahlen. Fleisch wird in der Schweiz zunehmend beim Discounter gekauft. Der Umsatz mit konventionell erzeugtem Fleisch wuchs 2020 überproportional, in den Jahren davor war er geschrumpft. Der im Vergleich viel kleinere Absatz im Bio-Bereich wächst seit Jahren stetig, liegt aber noch immer unter vier Prozent.
Dabei wäre es höchste Zeit, daran etwas zu ändern – nicht nur aus ethischen Gründen. Dass die Nutztierhaltung Boden, Wasser und Umwelt stark belastet, ist keine Neuigkeit. Das deutsche Umweltbundesamt (UBA) forderte Konsumentinnen und Konsumenten deshalb kürzlich auf, ihren Fleischkonsum zu halbieren.
In Deutschland ist der Fleischkonsum 2020 deutlich gesunken, nur beim Geflügel gab es auch dort einen leichten Zuwachs. Doch der Appell kommt nicht ohne Grund: Das Nachbarland kämpft in einigen Regionen mit zu hohen Nitratwerten im Grundwasser und da wäre – neben dem ungelösten Problem der Antibiotikaresistenzen – auch noch die Klimabilanz.
Zu viele Nutztiere verschmutzen nicht nur das Wasser. Sie schaden dem Klima schon dadurch, dass tausende Kilometer weit weg Wald abgeholzt wird, um ihr Futter anzubauen. Steigt die weltweite Tierproduktion weiter, wird sie in neun Jahren 49 Prozent des Klimabudgets auffressen, das wir noch «ausgeben» dürfen, um die Klimaerwärmung unter 1,5 Grad zu halten.
Der Präsident des UBA, Dirk Messner, spricht sich für weniger und dafür qualitativ besseres Fleisch aus. Das aber wäre teurer. Was ein schlechtes Argument sei, sagt Messner, die Klimafolgen träfen einkommensschwächere Haushalte viel stärker.
«Peak Meat» könnte schon in einigen Jahren erreicht sein
Für Masthühner, Schlachtkälber und Ökosystem gibt es dennoch Hoffnung, der langfristige Trend läuft nämlich anders. Nach einer Marktanalyse von Boston Consulting, von dem die «taz» berichtet, soll der Konsum von Tierprodukten in den USA und Europa spätestens 2035 den Höhepunkt – englisch: «Peak Meat» – erreicht haben. Falls sich Technologien wie die Herstellung von Fleisch in Zellkulturen schneller entwickeln oder die Preise durch Regulierungen steigen, könnte das schon 2025 der Fall sein.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
50 % des Schweizer Fleisches wird mit ausländischem Kraftfutter produziert. Wenn die TWI angenommen wird wird dies eingeschränkt weil nur auf dem eigenen Hof angebautes Futter verwendet werden darf. In einigen Biobetrieben wird deshalb die Angebotsmenge reduziert.Gleichzeitig erhöht sich die Anzahl der Bio-Produzenten. In der Milch- und Fleischproduktion werden weniger Tiere gehalten, da Futtermittelimporte grundsätzlich ausgeschlossen werden.
Menschen mit tiefen Einkommensmöglichkeiten sehen sich mit einer Abhängigkeit konfroniert, welche sie nötigt die Augen vor diesem Dilema zu verschliessen. Was so gesehen neben dem finanziellen Druck auch psychischen Druck auslöst das sich natürlich früher oder später wiederum auf die Gesundheit auswirkt.
Diese Tatsachen sind wohl längst bekannt und doch scheint alles daran gesetzt zu werden, andere Betrachtungspositionen bewusst zu vermeiden.
Der Rede kurzer Sinn: Wer den Peak Meat anbetet, soll sich zuerst Gedanken zum „ human peak“ machen.
Vom Höhenpunkt der menschlichen Population herunterzusteigen, würde uns der irdischen Relevanz näherbringen. Wahre geistige und „nahezu religiöse Dimensionen“ würden damit berührt. Themen wie „Pouletpoulationen“ würden wir mit einem Amen verabschieden.
Mit diesen provokativen Bemerkungen versuche ich, dem Sperber noch nicht bearbeitetes Terrain zu Füssen zu legen.
Unser Körper «läuft» im Durchschnitt am Besten, wenn wir auch Fleisch und andere tierische Produkte essen – weil wir (ähnlich Bären) von der Natur «darauf eingestellt» sind.
Tierische Produkte haben eigenen Wohlgeschmack, der «Verlangen» generiert.
Bei vielem «Fleichersatz» habe ich beim Lesen der Zutaten-Liste ernsthafte Bedenken, ob «das» zu Essen wirklich gut sein könnte.
Bei weiterem Bevölkerungs-Wachstum UND Wohlstands-Wachstum müssen wir den Fleisch-Konsum deutlich reduzieren, weil wir, um ein kg Fleisch zu erzeugen,
etwa das 10-fache an Substanz verbraten, wie für 1 kg . «Grünfutter»- und wir Mütterchen Erde zwar nutzen – aber nicht ausbeuten dürfen.
Bei «Fleisch aus Gewässern» sieht es besser aus, da «Wassertiere» relativ wenig Energie
zur Fortbewegung und zum Nahrungs-Erwerb benötigen – und deren Fäkalien «entschweben» -statt «entsorgt» zu werden.
Künftig interessant sind «Kreisläufe an Land» ,
bestehend aus «Behältern voller Fische»
deren Abwässer die angeschlossenen Bette düngen –
und anschliessend «gereinigt» wieder die Fische beglücken.
Die Alternative wäre Geburten-Kontrollen, die bereits in verschiedener Weise -mehr oder weniger freiwillig- angewandt werden.
Per Bestrafung bei Überschreiten der vorgeschrieben Geburts-Grenzen, Zwangs-Sterilisationen UND Impfmittel, die als «Neben-Wirkung» unfruchtbar machen.
Der Zenit des Wohlstands und Wachstums ist wohl nahe bis erreicht – Unsre Kinder und
Enkel werden ES neu zu richten haben.
Wolfgang Gerlach
Könnte es sein, dass durch den Wegfall der Restaurants weniger billiges ausländisches Fleisch importiert, im Grosshandel gekauft und von den (unwissenden) Gästen konsumiert wurde ?
Dadurch kauften die Schweizer mehr inländisches Fleisch und kochten zuhause
@ Ruedi Basler
Da liegen Sie falsch wenn von einem Betrieb Nährstoffe also Lebensmittel wie Fleisch, Milch, Eier, Getreide, Früchte, Gemüse, etc. fort geführt werden, müssen unweigerlich dem Boden Nährstoffe zurückgeführt werden damit er fruchtbar bleibt! Dies wird mit der Suisse-Bilanz erfasst und kontrollierbar! Es ist ein Natürlicher Kreislauf der sich hier abspielt! Nur werden unsere Ausscheidungen (Nährstoffe) nicht als Dünger genutzt sondern Verbrannt oder landen mit dem Abwasser in öffentlichen Gewässer = hohe Nitratwerte. (Ja auch Menschen stossen Nitrat aus nicht nur Tiere!) Unsere Ausscheidungen sind nicht nutzbar weil diese zu viele Schwermetalle aus der Pharmaindustrie und Abfälle enthalten. Folglich fehlen diese Nährstoffe auf einem Betrieb. Diese müssen via Futter oder Dünger wieder zugeführt werden! Die Initianten verstehen wohl zu wenig von den natürlichen Kreisläufen in der Natur. Die Betriebe werden auch nach Annahme der Initiative Nährstoffe zukaufen müssen ansonsten würde es zu einem Raubbau am Boden kommen der dann immer unfruchtbarer wird! Die Trinkwasserinitiative ist d.h. in diesem Punkt aus meiner Sicht nicht umsetzbar. In der Initiative wird der Kunstdünger mit keinem Wort erwähnt! Dies zeugt von der Unwissenheit der Initianten. Ändern wird sich mit einer Annahme der beiden Initiativen nichts ausser das es ein massiver Verlust an Landwirtschaftsbetrieben geben wird. Nein stimmen und er Wissenschaft Vertrauen ist hier der vernünftige Weg.
An Wolfgang Gerlach..
Essen sie einmal ein Stück Poulet-, Schweine- oder Rindfleisch roh, dann merken sie vielleicht wie sehr wir von Natur aus zum Fleischessen gemacht sind 😉
Schon auch schlimm anzusehen wie der Berggorilla im Kongo als eines der stärksten Tiere (und nahe verwandt) seiner Beute auflauert, sie zerreist und kiloweise Fleisch pro Tag verschlingt. Ganz zu schweigen vom wohl stärksten Landtier der Erde, dem Elefant… Ironie aus…
Zur „Überbevölkerung“: Man muss die Lebensbedingungen der armen Bevölkerung in den „Drittweltländern“ verbessern, ihnen positive Zukunftsaussichten ermöglichen. Dies beispielsweise durch faireren Handel und va. weniger/kein Raubbau an der Natur, welcher va. von der Fleischindustrie vorangetrieben wird (Stichwort Soja, Regenwaldabholzung im Amazonas).
Die Geburtenzahlen gehen so von alleine zurück. Schauen sie sich mal ihren Familienstammbaum an. Da werden sie feststellen dass die Geburtenzahlen hierzulande früher auch viel höher waren. Stellen sie sich vor, das haben wir sogar ohne Ein-Kind-Politik hingebracht 😉
Ich empfehle ihnen folgende Dokus:
Seaspiracy
Cowspiracy
The game changers
und das Buch Vegan klischee ade.
Was ich von ihrem Kommentar halte können sie sich wohl denken 😉
@Jean-Pierre Guenter
Es wurde mehr Schweizer Fleisch verkauft weil es den Einkaufstourismus nicht gab. Laut Bell liegt dieser bei 10%. Dies sind die Erfahrungen aus dem Lockdown. Die Theorie von den Restaurants ist Interessant aber würde nicht aufgehen da die effektiven Schlacht- und Verkaufszahlen bekannt sind! Es ist effektiv nur der Einkaufstourismus!
Weiter möchte ich noch anmerken, dass die Tierzahlen die Geschlachtet werden steigen wegen den Hühnern. Das Rindvieh, Schweine, Schafe, etc. sind Rückläufig ein Huhn besitzt halt nicht soviel Fleisch wie eine Kuh darum steigen die Tierzahlen. Die Immigration von Menschen aus Muslimischen Ländern tut ihr übriges zum steigenden Hühnerverzehr diese essen kein Schweinefleisch.