Zehn Zitate, die im Jahr 2024 zum Handeln anregen (sollten)
«Jetzt kommt die Retourkusche»
«Wir dachten immer, wir könnten unsere Abfälle in die Meere, die Atmosphäre oder den Boden entsorgen. Jetzt kommt die Retourkutsche. Wir haben auf viel zu grossem Fuss gelebt und merken allmählich, dass die Party vorbei ist.»
Harald Lesch, Atomphysiker und Buchautor, Der Bund, 2.2.2019
«Der ganze Konsum in Mitteleuropa basiert auf der Ausbeutung von Ländern. Urwälder werden gerodet für Palmöl, es gibt Kinderarbeit. Aus dieser Perspektive sind 90 Prozent unseres Konsums unethisch. Wir konsumieren auf Kosten von anderen.»
Hans-Georg Hänsel, Hirnforscher und Buchautor, Der Bund, 19.11.2022
«Unsere Konsumgüter werden teilweise im Süden von Menschen produziert, die keine Sozialversicherungen haben und für erbärmliche Hungerlöhne arbeiten. Dafür exportieren wir dann noch unseren Müll dorthin […]
Die Spezies um uns herum verschwinden rasend schnell, in einem Tempo, das die normalen Aussterbe-Raten um das Zehn- bis Hundertfache überschreitet […] Es bleibt nur eins: ein grundlegender Wandel in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.»
Carola Rackete, frühere Kapitänin der Sea-Watch 3 und heutige Europaparlamentskandidatin der Linken, Der Bund, 2.11.2019
«Wir leben im Westen auf Pump, und zwar gleich dreifach. Von der Natur, von zukünftigen Generationen und von Weltregionen, die nicht annähernd unseren wirtschaftlichen Standard erreichen. Es kann doch nicht sein, dass wir uns damit zufriedengeben. […] Wir [Älteren] konnten darauf vertrauen, dass es unsere Kinder besser haben als wir. Genau das stimmt nicht mehr. Vielleicht noch für die obersten zehn Prozent, aber für die anderen nicht.»
Sabin Bieri, Direktorin des Centre for Development and Environment an der Universität Bern, Tages-Anzeiger, 5.1.2023
«Der Irrsinn, immer da zu produzieren, wo die Arbeit am billigsten, die Steuern am niedrigsten und die Umweltauflagen am schlechtesten sind, und dann die Produkte über den ganzen Globus zu transportieren, verursacht einen riesigen CO2-Ausstoss, der vermeidbar wäre.»
Sahra Wagenknecht, linke Politikerin, in ihrem Buch «Die Selbstgerechten» von 2021
«Neben dem kurzfristigen Profit, dem Streben des Systems nach möglichst grosser Rendite des Kapitals und dem Konsum ist alles zweitrangig geworden. Die Ozeane werden überfischt, die Atmosphäre zerstört, die Regenwälder abgeholzt, und es ist allen egal. […] Dass es kaum mehr ernst zu nehmenden Protest gegen diesen Wahnsinn gibt und eine breite öffentliche Debatte darüber, wie man das System nachhaltiger und sozialer gestalten könnte, stimmt doch sehr nachdenklich und weckt wehmütige Erinnerungen an das Engagement der Jugend der 68er Jahre, wie immer naiv und idealistisch es auch war.»
Dieter Meier, Musiker und Unternehmer, NZZ am Sonntag, 1.4.2018
«Wir leben in einer Welt, die noch in diesem Jahrhundert von einem Wasser- und Nahrungsmangel bedroht wird, die intensiv nach neuen Energiequellen forschen muss und voller raffinierter Waffen ist. All diese Entwicklungen dürften die Erde mehr denn je in einen Planeten der Migranten verwandeln. Wenn wir unsere Zivilisation nicht gefährden wollen, müssen wir unser Verhalten ändern. Die Welt braucht eine neue Regierungspolitik, die wir noch nicht einmal ansatzweise entwickelt haben.»
Patrick Aebischer, früherer Präsident der ETH in Lausanne. Sonntags-Zeitung, 15.1.2017
«Mit unserer technischen Megalomanie und Zerstörungswucht haben wir den geschundenen Planeten überzogen. Auf dem Höhepunkt zeigt sich, dass die biologische Evidenz des Menschseins bei aller Dichte der wechselseitigen Verflechtungen und bei allem Streben nach Wohlleben bloss dazu reicht, das Megaheer der Armen sich selbst zu überlassen. Und es reicht gerade aus, um uns vor dem Eindringen der Armen in die wenigen Inseln der Seligen militärisch zu schützen. Die Charity-Aktivitäten aus schlechtem Gewissen greifen viel zu kurz.»
Peter Strasser, Professor für Philosophie und Ethik. U.a. an der Karl-Franzens-Universität in Graz
«Wollen wir den Planeten vernichten, nur um kurzfristig Arbeitsplätze zu erhalten?»
Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender des Versandhändlers Otto Group, NZZ, 29.3.2019
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«Im Zentrum der Politik muss die Transparenz stehen, um zu wissen, zu welchen Umweltschäden es kommt. Dann muss man eine Preisstruktur schaffen, damit die Menschen für die Schäden bezahlen und jeder bis hinunter zur Haushaltsebene für seine Emissionen aufkommt.»
Daniel C. Esty, Professor für Umweltrecht und Umweltpolitik an der Yale Law School in New Haven, Connecticut, NYT, 5.5.2020
«Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen.»
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Präambel
Schluss mit den sozialisierten Kosten und eine Steuerreform
Im Folgenden zwei mögliche Weichenstellungen, über die Infosperber regelmässig informierte.
Damit der wirtschaftliche Wettbewerb fair wird, sollten alle Unternehmen für (Umwelt- und soziale) Kosten selbst aufkommen, die sie bei der Herstellung, dem Transport und der Entsorgung ihrer Produkte verursachen. Nur dann würden der Warenaustausch, der EU-Binnenmarkt und die Globalisierung dazu führen, dass an den richtigen Orten produziert wird und dass die Hersteller derjenigen Produkte Erfolg haben, die am wenigsten Energie und Rohstoffe brauchen und die Umwelt am wenigsten belasten.
Steuerneutrale Lenkungsabgabe
Einen wichtigen Schritt schlagen marktwirtschaftlich orientierte Ökonomen schon seit 50 Jahren vergeblich vor: Eine hohe Lenkungsabgabe auf fossilen Energieträgern. Die gesamten Einnahmen müssten allen Einwohnern pro Kopf gleichmässig ausbezahlt werden, so dass die wirtschaftlich Schwächsten trotz höherer Heizöl- und Benzinkosten finanziell sogar besser dastehen würden.
Über eine solche Lenkungsabgabe konnten die Schweizer StimmbürgerInnen nie abstimmen, weil es neben der SVP auch die FDP und auch die CVP (heute Mitte) nicht wollten. Dem deutschen Bundestag lag nie eine solche Vorlage vor.
Statt diese einfache, verursachergerechte und steuerneutrale Massnahme zu ergreifen, versucht die Politik, das Dämmen von Häusern und Herstellen und Installieren von erneuerbaren Energien mit steuerfinanzierten und bürokratisch reglementierten Subventionen zu fördern. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes, denn gegen Subventionen wird im Parlament weniger lobbyiert als gegen verursachergerechte Abgaben.
Weitere Informationen von Hanspeter Guggenbühl: «Energiewende und wie sie gelingen kann».
Mikrosteuer auf allen elektronischen Überweisungen
Als zukunftsgerichteten Schritt möchten einzelne Ökonomen die Kapitalströme besteuern und dafür die bürokratische und wenig soziale Mehrwertsteuer zurückfahren. Auch die AHV (Alters- und Hinterbliebenenversicherung, 1. Säule) erhielte eine neue Finanzierungsquelle und sollte nicht mehr so stark von Lohnabzügen abhängen.
Eine entsprechende Mikrosteuer auf allen elektronischen Finanztransfers wäre unbürokratisch und würde zudem die Exzesse auf den Finanzmärkten reduzieren. Sie würde die Steuerbelastung von der Realwirtschaft in die ausufernde Finanzwirtschaft verlagern. Selbst wenn als Folge der Mikrosteuer der Hochfrequenzhandel an Schweizer Börsen ganz verschwände, würde eine Mikrosteuer immer noch genügend Einnahmen bringen, um die bürokratische Mehrwertsteuer wenigstens für Güter des täglichen Bedarfs abzuschaffen. Und es bliebe noch viel Geld übrig für die AHV und für die Transformation zu einer CO2-neutralen Wirtschaft, erklärte der Zürcher Finanzprofessor Marc Chesney, einer der Promotoren einer Mikrosteuer.
Auch bei Geldüberweisungen privater Haushalte würde beim Zahler und beim Empfänger je eine Steuer von beispielsweise 0,1 Prozent erhoben. Dafür würde bei Gütern des täglichen Bedarfs die Mehrwertsteuer in Höhe von 2,6 bis 8,1 Prozent wegfallen.
Bis heute setzt sich keine Partei für eine solche Mikrosteuer ein.
Weitere Informationen im Dossier «Mikrosteuer auf alle Geldflüsse».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Grüezi Herr Gasche
Warum fokussieren wir uns nicht auf eine Ressourcen- und eine Finaztransaktions-Lenkungsabgabe. Es ist mir nicht bekannt, dass die erwähnten Persönlichkeiten sich für solche marktwirtschaftliche Instrumente einlassen.
Ein Problkem ist, dass viel zu viel geschrieben wird und man sich nicht auf das wesentliche fokussiert.
Mit nachhaltigen Grüssen
Urs Anton Löpfe
Den von Ihnen aus der Bundesverfassung zitierten Satz habe ich dort nicht gefunden.
Haben Sie eine andere Verfassung?
Geben Sie im Google «Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft» ein. Sie finden die Verfassung mit Stand 1.1.2024. Siehe wie im Artikel angegeben in der Präambel.
Der ständig erhobene Zeigefinger gegenüber der Mehrheitsgesellschaft, die schlicht nur versucht, ein halbwegs menschenwürdiges Leben zu führen, ist an Ignoranz und Arroganz nicht mehr zu überbieten. Es ist diese moralische Hybris, die all die Menschen ständig vor den Kopf stösst, die sich täglich mühen, ihren Verpflichtungen nachzukommen und versuchen, sich zumindest noch ein wenig Teilhabe am immer ungerechter verteilten Wohlstand zu sichern, während ihnen ständig auf allen Kanälen eingeredet wird, sie wären die Verursacher allen Elends auf dieser Erde. Das ist, was seit Jahren falsch läuft!
Vernünftige Vorschläge: die vom leider zu früh verstorbenen Hanspeter Guggenbühl bereits 2013 in seinem Buch gefordererte Steuerneutrale Lenkungsabgabe auf fossilen Energieträgern oder die Transaktionsstgeuer auf elektronische Geldüberweisungenvon Marc Chesney wären sinnvolle in der Schweiz einfach einzuführende Massnahmen. Leider gibt es dafür in den beiden Kammern in Bern keine Mehrheiten und auch das Schweizer Stimmvolk, sowie die eidgenössischen Stände könnten sich für entsprechende Verfassungsinitiativen leider kaum erwärmen. Schade eine reiches Land, wie unsere Schweiz könnte mit gutem Beispiel vorangehen.
Viele sehr gute Aussagen. Aber all das will niemand hören. Leider !!
Die 10 Zitate sind lauter Hinweise auf längst bekannten Analysen. Würde man alle Erkenntnisse über die letzten 200 Jahre zusammefassen, würde die Zitatenliste fast unendlich lang. Analyse, Analyse!
Zum Handeln sollten sie anregen, sagt Herr Gasche und setzt «solten» in Klammern.
Wer handeln muss und worin das Handeln besteht sagt Hr. Gasche nicht und auch die Zitatenspender nicht.
Handeln müsste heissen: retour auf 7 Milliarden Menschen weltweit und 5 Millionen in der Schweiz in den nächsten 50 Jahren. Dann wären alle wesentlichen Probleme gelöst oder lösbar.Nun hoffe ich von infosperber und den Zitatenspendern die Antwort auf die Frage: Wer muss handeln und wer erteilt dazu die Aufträge, an wen? Kommt das Handeln von Demokratien oder von Diktaturen?
Oder weder noch? Dann wird die Natur das Notwendige richten. Menschheit adjeu!
Vielen Dank! Gehaltvolle Zitate und 2 ausgezeichnete Vorschläge zur Verbesserung! Ich vermisse Parteien und Personen, die diese Vorschläge unterstützen! – Das Zitat aus der Bundesverfassung scheinen die Politiker auch nicht wirklich ernst zu nehmen. Schade! Wie finden wir viele Gleichgesinnte, die diese 2 Vorschläge unterstützen?
Mit meinen vielen Jährchen auf dem Buckel bin ich schon seit einiger Zeit zum Schluss gekommen, dass der Mensch den langsamen Tod der Erde nicht aufhalten wird, im Gegenteil, er wird ihren Tod noch beschleunigen. Und zwar unter jedem politischen System. D.h. umgekehrt, dass die Erde den Mensch zerstören wird. Schöne Worte und Appelle hin oder her. Die Frage ist nur, wie und wann das dann konkret abläuft. Begonnen hat es ja schon lange.
Und dennoch würde ich, «auch wenn ich wüsste, dass die Welt morgen untergeht, heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen». Und: „Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland.“ Oh, Entschuldigung, völlig daneben. Die kleine Horde von militanten Woken wetzt schon die Messer. Das ist es, was uns heute als wichtig eingebleut wird.
Nur die Zeiten ändern sich. Die Menschen nicht.