Kein Witz! Unterwegs mit einem Velo aus Karton
Die ersten Fahrräder waren aus Holz gemacht. Danach verwendeten die Hersteller Stahlrohre. Heute brauchen sie im High-End-Bereich – wo das Gewicht entscheidend ist -Aluminium-Legierungen oder Karbonfasern. Izhar Gafni (50), besitzt selber eine Reihe solcher hochpreisiger Räder – doch jetzt schlägt er den Weg zurück zu Holz vor – oder genauer einem Derivat davon, nämlich Karton.
Erfinder Gafin hat offenbar Jahre damit verbracht, herauszufinden, wie man ein Karton-Velo herstellt, das in der Lage ist, das Gewicht eines Menschen zu tragen. Und so geht’s: Zuerst faltet er mittels der japanischen Origami-Technik den Karton – kommerzielles Material, aus rezykliertem Papier – mehrere Male, um dessen Festigkeit zu vergrössern. Danach behandelt er das Resultat mit einem Spezialharz, das den gefalteten Karton in Form hält und versteift. Erst jetzt schneidet er das Material in die Komponenten. Eine zweite Harzbehandlung macht den Karton wasserdicht; und eine Lackierung macht, dass es gut aussieht. Das Endergebnis, so Gafni, sei stärker als Karbonfaser.
Reifen aus rezyklierten Autoreifen
Velorahmen, Räder, Lenker und Sattel – alles ist aus auf diese Weise behandelten Karton-Komponenten gefertigt und wird danach zusammengebaut. Die Reifen sind aus festem Gummi, das aus rezyklierten Autoreifen besteht. Das macht die Velofahrt zwar härter, aber dafür können die Reifen nicht lecken, wie das bei aufpumpbaren Belägen der Fall ist. Die Kette, deren Design auf einem Keilriemen beruht, besteht ebenfalls aus Autoreifen. Die Pedale sind aus rezyklierten Plastikflaschen, die Bremsen ebenfalls, wobei Gafni aus patentrechtlichen Gründen nicht sagen will, woraus sie bestehen. Das fertige Velo wiegt 9 Kilo und soll ein Gewicht bis zu 220 Kilo tragen können.
Um die Festigkeit und Stärke des Kartons zu testen, hat Gafni das Material mehrere Monate lang in einen Wassertank getaucht. Es habe alle seine Eigenschaften behalten.
Produktion soll bald starten
Der Prototyp hat sich laut Gafni so bewährt, dass die eigentliche Produktion bald starten soll. «Ich habe vier Jahre gebraucht, bis es mir gelungen ist, die dem Karton inhärenten Schwachstellen auszumerzen», zitiert der britische «Telegraph» den israelischen Tüftler: «Eine Kartonschachtel herzustellen, ist einfach. Sie kann sehr stark und dauerhaft sein – aber ein Velo zu machen war extrem schwierig.»
Gafni und Geschäftspartner Nimrod Elmish zielen in erster Linie auf Märkte in ärmeren Ländern ab. Weil sie davon ausgehen, dass ein Rad zwischen 9 bis 20 Dollar kostet, soll das Produkt dort Absatz finden, wo herkömmliche Velos zu teuer sind. Allerdings könnten auch Menschen in reichen Ländern am Karton-Velo Gefallen finden. Angenehmer Nebeneffekt in unseren Breitengraden: Wenn Velos weniger als das Schloss kosten, das sie vor Diebstahl schützen soll, werden wohl auch keine mehr geklaut.
YouTube-Video über 600’000 mal angeklickt
»Als wir starteten, lachten uns dir Leute aus. Heute erhalten wir täglich mindestens ein Dutzend e-Mails, die sich erkundigen, wo man das Produkt kaufen kann. Das stimmt mich zuversichtlich, dass wir Erfolg haben werden.» Den Film, den Gafni im Sommer auf YouTube gestellt hat, ist bisher über 630’000 mal angeklickt worden. Die Diskussion zum das Karton-Velo läuft im angelsächsischen Sprachraum ausgesprochen animiert.
Wir das Karton-Velo als Transportmittel nicht nur in ärmeren Ländern, sondern als modernes Vehikel auch in Städten Europas zum Trend? Es ist so oder so ein Beitrag zur nachhaltigen Produktion im Umfeld konsumkritischer Überlegungen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine.