Kakaobauern machen minus – trotz Rekordpreis
Lange Zeit bewegte sich der Preis für Kakao zwischen 2500 und 3000 Dollar pro Tonne. Trockenheit, Hitze, Krankheiten und Schädlinge führten letztes Jahr zu sehr schlechten Ernten – insbesondere in Westafrika, wo rund zwei Drittel des weltweiten Kakaos produziert wird. Das knappe Angebot löste Anfang Jahr einen starken Preisanstieg aus, der durch enorme Spekulationen diverser Hedge-Fonds noch verstärkt wurde. Aktuell liegt der Weltmarktpreis auf einem historisch hohen Level von 11’000 Dollar pro Tonne.
Auf historischem Hoch: Der Weltmarktpreis für Kakao pro Tonne. Quelle: tradingeconomics.com
Spekulierende Händler haben Anfang Jahr in sogenannten Futures-Verträgen 8,7 Milliarden Dollar darauf gesetzt, dass die Preise weiter steigen werden. Nach Angaben der Kommission für den Handel mit Warentermingeschäften ist dies der höchste Wert aller Zeiten.
Während die Wetten auf steigende Preise den Hedge-Fonds beachtliche Gewinne einbringen, ist die Kakaoernte dieses Jahr für viele Bauern, welche die Bohnen durch harte körperliche Arbeit produzieren, dennoch ein Minusgeschäft. So zum Beispiel für den Kleinbauern Ike Mensah, der in Ghana in dritter Generation eine drei Hektar grosse Kakaofarm betreibt. Letztes Jahr erntete er darauf knapp eine Tonne Kakao, was ihm einen Ertrag von rund 1500 Dollar einbrachte – den Jahresertrag für ihn und seine fünfköpfige Familie.
Dem Preisanstieg steht ein Ernteausfall gegenüber
In Ghana erhalten die Bauern nicht den Weltmarktpreis, sondern den sogenannten Farmgate-Preis. Dieser wird jährlich von der staatlichen Absatzorganisation Cocobod festgelegt und soll die Bauern vor Preisschwankungen schützen. Cocobod gibt rund 50 bis 70 Prozent des Weltmarktpreises an die Bauern weiter. Den Rest behält Cocobod für sich, um den ghanaischen Kakao international zu vermarkten, Lagerhallen zu betreiben, Qualitätskontrollen durchzuführen und die Bauern mit Dünger und Setzlingen zu versorgen. Viele Bauern werfen Cocobod jedoch vor, sie ungenügend zu unterstützen und einen zu hohen Teil des Weltmarktpreises abzuziehen.
Anfang Monat reagierte Cocobod auf den um rund 300 Prozent gestiegenen Weltmarktpreis und erhöhte den Farmgate-Preis – jedoch nur um 58 Prozent – auf 2460 Dollar pro Tonne. Auf den ersten Blick eine gute Nachricht für die Bauern. Diesem Preisanstieg steht jedoch ein hoher Ernteausfall gegenüber. So erntete Bauer Mensah aufgrund der Folgen des Klimawandels diese Saison bloss 330 Kilogramm – anstatt einer Tonne wie bisher. Nahm er letztes Jahr beim tieferen Preis 1500 Dollar ein, so kommt er dieses Jahr trotz höherem Preis gerade mal auf 820 Dollar. Seine Arbeits- und Investitionskosten für Dünger und Pestizide bleiben dabei jedoch konstant.
«Die Folgen des Klimawandels spüren wir sehr stark, es ist hart für uns. Wenn die Wetterbedingungen nicht bald besser werden, weiss ich nicht, wie lange ich die Farm noch betreiben kann, denn die Bäume könnten absterben», sagt Mensah auf Anfrage.
Hitze könnte zu Krise im Staatshaushalt führen
Viele Kakaobauern in Ghana beklagen ähnlich hohe Ernteausfälle wie Mensah. Die staatliche Absatzorganisation Cocobod verkauft die Ernte jeweils im Voraus via Futures-Verträge. Cocobod sieht sich derweil gezwungen, diese Verträge mit den Händlern neu zu verhandeln und die Lieferungen auf die nächste Ernte im Oktober zu verschieben, da Ghana nicht über genügend Bohnen verfügt. Rund 250’000 Tonnen Kakaobohnen fehlen alleine Cocobod, der staatlichen Absatzorganisation Ghanas. Auch die Elfenbeinküste musste Händler für die Lieferung von 130’000 Tonnen auf die nächste Ernte vertrösten.
Cocobod hofft indes, dass die Erhöhung des Farmgate-Preises dazu führen wird, dass die ghanaischen Bauern mehr Kakao anpflanzen werden. Wenn sich die Wetterbedingungen für die Bauern aber nicht bald bessern, könnte diese Rechnung Cocobod teuer zu stehen kommen. So verwendet die ghanaische Regierung die Futures-Verträge als Sicherheit, um Fremdwährungskredite bei internationalen Banken aufzunehmen. Wenn die Verträge nicht erfüllt werden, können die Kredite nicht mehr bedient werden. Die anhaltende Hitze könnte so zu einer ernsten Krise im ghanaischen Staatshaushalt führen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Hallo Philippe, das mit den Schicksal der Kleinbauern und wie dieses mit den Organisationen zusammenspielt fand ich sehr interessant. Bezüglich Kakao Preis ist die Grafik jedoch etwas hinterher. So stieg der Preis auf über USD 12’000, liegt jedoch mittlerweile wieder unter USD 8’000 (immer noch sehr hoch, aber gerade stark fallend).
Noch eine Frage, sind die Bauern verpflichtet, den Farmgate Preis anzunehmen und über die staatliche Organisation zu verkaufen?
Hi Dani, danke für den Hinweis. Mit der aktuellen Preisentwicklung hast Du natürlich recht. Als ich den Artikel fertiggestellt habe, lag der Preis noch bei 11’000 Dollar. Es verging dann etwas Zeit, bis der Artikel veröffentlicht wurde. Das hätten wir anpassen sollen. Zu Deiner Frage: Genau, in Ghana kontrolliert der Staat den Kakaosektor und die Bauern sind verpflichtet, ihre Bohnen zum jährlich festgelegten Farmgate Preis zu verkaufen. Deswegen werden gerade vermehrt wieder Bauern dabei erwischt, wie sie ihre Ernte nach Togo oder Elfenbeinküste schmuggeln.
Jetzt gab es einmal eine schlechte Ernte und gleich ist wieder der Klimawandel schuld?