Suzuki

Suzuki Across mit einem theoretischen Verbrauch von einem Liter auf 100 Kilometer – auf der Strasse verbrauchen Plug-in-Hybride von Suzuki fünfmal so viel wie auf dem Prüfstand. © suzuki.ch

Plug-in-Hybride: die heimlichen Säufer

Marco Diener /  In der Praxis verbrauchen Plug-in-Hybride viel mehr als auf dem Papier. Warum es sie gibt? Damit Hersteller weniger Busse zahlen.

Der Suzuki Across ist ein regelrechtes Sparwunder. Der Koloss mit einem Gesamtgewicht von über 2,5 Tonnen verbraucht nur gerade einen Liter Benzin auf 100 Kilometer. Zumindest auf dem Papier.

Auf der Strasse sieht die Sache anders aus. Das zeigt ein Bericht der EU-Kommission (Kurzfassung). Die EU-Kommission hat untersucht, wie viel Benzin oder Diesel neue Autos tatsächlich brauchen. Denn an den Verbrauchsangaben der Hersteller bestehen erhebliche Zweifel.

Auch der neue Prüfzyklus ist unrealistisch

Zwar werden die Verbräuche inzwischen nicht mehr nach dem Neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ermittelt, sondern nach der realitätsnäheren Worldwide-harmonized-light-Vehicles-Test-Procedure (WLTP). Die Messstrecke ist länger, die Geschwindigkeiten sind höher, die Beschleunigung ist grösser. Aber die Autos absolvieren den Prüfzyklus noch immer bei 23 Grad im Labor.

Daten von über 600’000 Autos

Die EU-Kommission hat sich nun die Daten der On-Board-Diagnose-Geräte (OBD) in den Autos zunutze gemacht. Kommt ein Auto in die Garage, werden Daten zu Verbrauch und gefahrener Strecke aus dem OBD ausgelesen. So konnte die EU-Kommission in einer Stichprobe die Daten von weit über 600’000 Autos, die 2021 neu zugelassen wurden, überprüfen. Interessierte können in einer Datenbank die Details zu jeder einzelnen Automarke heraussuchen. Infosperber hat die wichtigsten Ergebnisse herausgefiltert:

  • Autos mit Dieselmotoren schnitten am besten ab. Ihr Verbrauch liegt «nur» 18,1 Prozent über dem deklarierten Wert.
  • Bei den Benzinern beträgt die Abweichung 23,7 Prozent.
  • Bei den Plug-in-Hybriden mit Benzinmotor sind es 238,1 Prozent (kein Tippfehler!).
  • Und bei den Plug-in-Hybriden mit Dieselmotor sogar 312,1 Prozent. Oder konkret: Auf dem Papier verbrauchen Plug-in-Diesel im Durchschnitt 1,4 Liter auf 100 Kilometer. In der Praxis sind es 5,8 Liter.

Keine OBD-Daten aus der Schweiz

Unter den 600’000 Autos, welche die EU-Kommission untersucht hat, finden sich keine aus der Schweiz. Denn der Bund erhebt die Daten aus den On-Board-Diagnose-Geräten (OBD) nicht. Das Bundesamt für Energie (BFE) schreibt, die Übermittlung der Daten würde die europäische Datenbasis nicht wesentlich verbessern. Denn der Schweizer Markt sei im Vergleich zum EU-Markt sehr klein.

Besonders schlecht schneiden in der Stichprobe der EU-Kommission die Plug-in-Hybride von Suzuki, Skoda und Audi ab. Die Suzuki-Plug-in-Hybride mit Benzinmotor verbrauchen im Schnitt nicht 0,97 Liter auf 100 Kilometer, sondern 5,1 Liter. Das sind sagenhafte 428,3 Prozent mehr als deklariert.

Die Batterie «kann» aufgeladen werden

Doch wie ist so etwas möglich? Dazu muss man wissen, wie ein Plug-in-Hybrid funktioniert. Dabei ist der Werbetext für den Suzuki Across ganz hilfreich: «Der drehmomentstarke Elektromotor bringt Sie im Alltag bequem ans Ziel. Wird bei längeren Fahrten auf Autobahnen mehr Beschleunigung benötigt, wird der kraftvolle Benzinmotor zugeschaltet.» Und dann kommt der entscheidende Satz: «Die leistungsstarke Batterie kann bequem zuhause oder an einer Ladestation aufgeladen werden.» «Kann» steht da, «muss» aber nicht.

Nur selten an der Steckdose

Offenbar ist es so, dass viele Besitzer und Besitzerinnen von Plug-in-Hybriden die Batterie gar nie oder viel zu selten aufladen. Deshalb wird die Batterie nur zwischendurch während der Fahrt – etwa bergab oder beim Bremsen – gespeist. Wer sein Auto nicht regelmässig an die Steckdose anschliesst, nutzt die Vorteile des Plug-in-Hybrids nicht. Stattdessen fährt er eine mehr oder weniger leere Batterie und einen Elektromotor spazieren.

Schwer und teuer

So ist der Kauf eines Plug-in-Hybrids sinnlos. Denn Plug-in-Hybride sind schwer und teuer. Das lässt sich gut am Volvo XC 60 veranschaulichen. Der Nobel-Geländewagen gehört zu den 15 meistverkauften Autos der Schweiz. Es gibt ihn als Benziner und als Plug-in-Hybrid. Der Plug-in-Hybrid ist über 200 Kilo schwerer. Und er ist rund 15’000 Franken teurer. Dennoch entscheiden sich mehr als 80 Prozent der Schweizer XC-60-Käufer für den Hybriden.

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Volvo XC 60 Plug-in-Hybrid: 200 Kilo schwerer und 15’000 Franken teurer als der Benziner.

Kleinere Bussen

Warum? Weil die Verkäufer alles daran setzen, möglichst viele Plug-in-Hybride zu verkaufen. Denn erstens verdienen sie angesichts des hohen Preises mehr daran. Und zweitens können die Importeure die CO2-Bussen des Bundes mit dem Verkauf vieler Hybride und Elektroautos vermeiden oder zumindest vermindern.

Eine Busse muss ein Importeur dann zahlen, wenn er Autos verkauft, die im Durchschnitt mehr CO2 ausstossen, als der Bund als Ziel vorgibt. Dieser Durchschnitt lässt sich mit Plug-in-Hybriden dank der viel zu niedrigen offiziellen Verbrauchsangaben stark senken. 2022 mussten die Schweizer Importeure insgesamt nur 16,4 Millionen Franken zahlen. Volvo kam ungeschoren davon. Die Schweden unterschritten das CO2-Ziel um 2,3 g/km. Zumindest auf dem Papier.

WLTP-Prüfzyklus wird strenger

Die EU-Kommission reagiert auf die Differenzen beim Verbrauch der Plug-in-Hybride. Ab 2025 wird der Prüfzyklus nach Worldwide-harmonized-light-Vehicles-Test-Procedure (WLTP) verschärft. Künftig ist der Anteil elektrisch zurückgelegter Kilometer kleiner als heute. 2027 kommt es nochmals zu einer Verschärfung.

Nach WLTP verbrauchen die meisten Plug-in-Hybride heute zwischen 1 und 2 Litern Treibstoff auf 100 Kilometer. Ab 2025 dürften es dann etwa 3,5 Liter sein, ab 2027 sogar 5 Liter.

Weiterführende Informationen


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11 Meinungen

  • am 27.05.2024 um 12:56 Uhr
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    Einmal mehr ist der Dumme der gutgläubige, «grüne» Gutmensch, der Konsument, der den Autokonzernen und -Importeuren grössere Profite ermöglicht.

    Deutlich besser fährt man mit einem Dieselauto oder einem reinen Elektroauto, das erwiesenermassen noch viele Kinderkrankheiten hat.

    Kann man es sich leisten, ein Vehicle-to-Home erlaubendes Elektroauto mit einer eigenen Photovoltaikanlage oder ein Elektroauto mit eigener Photovoltaikanlage und einem eigenen Stromspeicher von ca. 40KWh zuhause zu installieren, dann kann man eine ganzjährige Stromautarkie von um 80% erreichen.
    Diese Energiewende von unten wäre der bessere Weg als das Stromgesetz, über das wir am 9.6.24 abstimmen, weil kaum Natur der Energieproduktion geopfert werden müsste und das Energiespeicherproblem zu einem guten Teil gelöst werden könnte.
    Leider gibt die Mehrheit die Milliardensubventionen lieber den Energiekonzernen und macht sich von denen abhängig, denn schon bald gibt’s kaum mehr Geld für eingespeisten Solarstrom.

    • am 28.05.2024 um 10:12 Uhr
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      Ein Quatsch, Elektroautos hätten Kinderkrankheiten. Fahre seit vielen Jahren Renault ZOE Occassionsauto und hatte niemals grosse Probleme, weder Reparaturen noch liegengeblieben. Eine ausgereifte Technologie, für mich gibt es keinen Weg zurück zu Atemluft belastenden Geldverbrennern.

  • am 27.05.2024 um 12:59 Uhr
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    Mein Pluginhybrid: Mitsubishi Outlander PHEV, zu Hause wird er IMMER an einer normalen Steckdose angeschlossen.
    Km-Stand 126000 km, durchschnittlicher Verbrauch 3L/100km !! jedes Auftanken mit Spritmonitor App aufgezeichnet.
    Im Vergleich: Der «normale» Benziner braucht ca. 9.5L/100km.
    Der Strom zum aufladen kommt aus der «Steckdose» 🙂 welche von Photovoltaik gespiesen wird.
    Wenn ich nicht aufladen würde wäre der Spritverbrauch 6.5 L/100km, was auch viel besser ist als der reine Benziner (dank Rekuperation und Motor arbeitet meisten im Sweetspot).
    ALSO habe ich mit 126000km 10650 Fr. Benzinkosten gespart!
    Wenn jemand das Auto nicht lädt heisst das nicht, dass die Technik schlecht ist.

  • am 27.05.2024 um 16:17 Uhr
    Permalink

    Auf welchem Planeten lebt jemand, der ein 2.5 Tonnen schweres Fahrzeug, welches im realen Fahrbetrieb 5 Liter Benzin auf 100 km verbraucht, einen Säufer nennt? Und den Hersteller kritisiert, weil er die Verbrauchsangaben nach dem vorgeschriebenen Messzyklus ermittelt?

    • Portrait Marco Diener.1 Kopie
      am 28.05.2024 um 07:57 Uhr
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      Auf einem Planeten, auf dem vor 25 Jahren VW den Lupo und Audi den A2 herausbrachten. Beide kamen mit 3 Litern Diesel auf 100 Kilometern aus. Seither sind wir trotz des ganzen technischen Fortschritts nicht weiter.

      • am 29.05.2024 um 07:32 Uhr
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        Man wird auch nie weiter kommen, wenn um die 70% des verbrannten Treibstoffs als Abwärme verloren gehen. Der Anteil thermischer Maschinen wird und muss sinken.

  • am 27.05.2024 um 20:42 Uhr
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    Ich bin Besitzer eines solchen Fahrzeugs und es ist für mich genial. Ca. 2/3 fahre ich mit Strom, teilweise beziehe ich diesen von der Solaranlage. Im reinen Benzin/Hybridbetrieb (also wenn die Batterie für die alleinige Fortbewegung «zu leer» ist, «säuft» das Ungetüm 6.6 Liter. Ein zimlich guter Wert auch für einen Kleinwagen, würde ich meinen. Natürlich muss man einen Plug-in-hybrid richtig einsetzen. Das gilt aber ebenso für ein Wohnmobil, einen Reisebus oder ein Trottinet.

    • am 28.05.2024 um 16:17 Uhr
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      Ich fahre das achte Jahr einen Mitsubishi Outlander 4WD Plug In Hybrid. Kostete nicht mehr als derselbe als Nur-Verbrenner. Elektrische Reichweite anfangs 52 Km, jetzt noch 32 Km bei einem Km- Stand von 100000. Ich habe mein Dach flächig mit Solarzellen bedeckt, die jetzt nach 10 Jahren immer noch eine 100 % Leistung haben. Mein Arbeitsweg ist 2×10 Km. Ich tanke sehr selten. Fazit: Es kommt drauf an, wozu man das Auto braucht und woher der Strom kommt. Das Auto hat meine Erwartungen weit übertroffen.

  • am 28.05.2024 um 09:26 Uhr
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    Fahrer, die ihre Hybriden an der hauseigenen Solaranlage laden und damit natürlich Kosten sparen, vergessen allzuoft, dass für die wenigsten Autobesitzer im städtischen Bereich so etwas zur Verfügung steht. Daher auch der unvermutet hohe Verbrauch in der EU-Auswertung. Die meisten laden ihren Hybrid eben nicht an so einer Anlage auf. Zweitens sind die Fahrzeuge trotzdem viel zu groß und zu schwer. Strassen werden schneller verschlissen, der Reifenabrieb und damit der Feinstaub ist höher, Strassen- und Parkraum werden blockiert. Aus meiner Sicht braucht ausser Förstern, Baubetrieben, gewissen Gewerben und Motorsportlern niemand in Mitteleuropa derart PS-starke Ungetüme, die ausserdem durch ihre übertriebene Keilform eine sehr schlechte Rundumsicht haben und damit Sensoren und Kameras benötigen, was wiederum mehr Ressourcen und Energie verschlingt und das Gewicht in die Höhe treibt. Ein Irrweg der Automobilentwicklung.

  • am 29.05.2024 um 10:55 Uhr
    Permalink

    Ist es denn der Fehler des Herstellers, wenn Plug-in Hybride falsch eingesetzt werden? Ich fahre einen BMW i3 (eReichweite 250 Km) und weiss nicht, wann das letzte mal der Motor lief, meist nur alle paar Wochen zu Wartungszwecken. Trotzdem bin ich froh, ihn dabei zu haben. Einmal mehr skandalisiert man etwas, um befreit den Konsumenten von seiner Verantwortung. Wir müssen damit aufhören, wenn wir etwas erreichen wollen.

    • Portrait Marco Diener.1 Kopie
      am 29.05.2024 um 13:58 Uhr
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      Nein, es ist nicht der Fehler des Herstellers. Das behauptet auch niemand. Und es skandalisiert auch niemand. Infosperber informiert nur darüber, was die EU-Kommission festgestellt hat. Und Infosperber kritisiert, dass Händler und Importere gerne Autos an Kunden verkaufen, die gar keine Möglichkeit zum Laden haben.

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