Die Haare aus den Coiffeursalons werden sortiert

Die Haare aus den Coiffeursalons werden sortiert. © zvg

Neues Recycling-Material: abgeschnittene Haare

Esther Diener-Morscher /  Haare können Öl binden. Deshalb sammelt eine Firma bei Coiffeuren die Haarabschnitte und verarbeitet sie zu Matten.

Abgeschnittene Haare müssen nicht im Abfalleimer landen. Sie können rezykliert werden. Derzeit sind es knapp fünf Prozent der Schweizer Coiffeure, die mitmachen und sich fürs Wiederverwerten engagieren. In diesen 600 Salons werden die abgeschnittenen Haare zusammengewischt und in einen Sammelsack geleert.

Einmal im Monat kommt bei diesen Salons ein Recyclingunternehmen vorbei, holt die Haare ab und verarbeitet sie zu einem neuen Produkt: zu Matten, die auslaufendes Öl binden und dadurch verhindern, dass Gewässer verschmutzt werden.

Gesammelt werden die Haare von Recup’hair, einer Tochter des Schweizer Recycling-Unternehmens Barec. Im waadtländischen Moudon werden die Haare der Länge nach sortiert, allfällige Fremdkörper werden entfernt, und dann wird das Material zu Matten gewoben. Der Haarteppich wird anschliessend in Jutegewebe verpackt, zugeschnitten und vernäht.

Derzeit lässt die Firma die Ölabscheide-Matten von Hand produzieren. Die 13 Tonnen Haare, welche die Coiffeursalons in den vergangenen zweieinhalb Jahren geliefert haben, sind noch zu wenig für eine automatisierte Herstellung. Bisher sind aber immerhin schon 5000 Matten gewoben worden. Mit 450 Gramm Haaren lassen sich etwa 2,5 Liter Öl binden.

So sehen die Filtermatten aus Der Plastiksack verhindert, dass das Öl unten wieder austritt
So sehen die Filtermatten aus Der Plastiksack verhindert, dass das Öl unten wieder austritt.

Finanziell lohnt das Recycling derzeit noch nicht. Das Produkt sei nicht kostendeckend, räumt Ramona Aeschlimann, die Produktverantwortliche bei Recup’hair, ein. Doch sie ist zuversichtlich, dass sich dies ändern wird.

45 Franken pro Monat

Auch für die Coiffeur-Salons ist das Haar-Recycling kein Geschäft. Wer mitmacht, tut dies aus Idealismus. Die Geschäfte können zwar neben den Haaren auch Plastikflaschen, Alu, Kaffeekapseln und Elektrogeräte abholen lassen. Doch für diesen Service zahlen sie 45 Franken im Monat. «Das ist nicht billig», räumt Damien Ojetti, Zentralpräsident des Verbands Schweizer Coiffeurgeschäfte, ein. In seinem eigenen Salon in Genf rezykliert er ebenfalls die Haare seiner Kundschaft. «Doch kleinere Coiffeursalons können sich das nicht leisten», ist er sich bewusst. Möglicherweise könne der Verband aber mit Recup’hair eine Lösung aushandeln. «Wir sind am Diskutieren», stellt Ojetti in Aussicht.

Alternative zu Kunststoffmatten

Auffangmatten für Öl und Benzin werden vor allem in Garagen und Werkstätten gebraucht. Dort dienen sie als Unterlage für Fahrzeuge, Rasenmäher oder Motorsägen. Sie sind normalerweise aus Kunststoff. Die Ölmatten aus Haar sind in solchen Fällen eine ökologische Alternative.
Hingegen lassen sich grössere Ölverschmutzungen oder eine Ölkatastrophe, wie etwa jene im Golf von Mexiko vor 22 Jahren, nicht mit rezyklierten Haaren bekämpfen. Auch wenn es ab und zu Meldungen gibt, wonach eine Ölpest gebannt worden sei, weil die ansässige Bevölkerung ihre abgeschnittenen Haare für Ölbarrieren spendete, darf man sich keine Illusionen machen: Es wären viel zu viele Haare nötig für eine wirksamen Einsatz.

Die Filtermatte im Einsatz So lässt sich verhindern, dass Öl in den Kiesboden eindringt
Eine Haarmatte im Einsatz bei einem Oldtimer-Besitzer. Sie verhindert, dass Öl in den Kiesboden eindringt.

So «absorbieren» Haare das Öl

Ein Haar kann genau genommen kein Öl absorbieren – wenn man es physikalisch betrachtet. Denn Öl kann nicht ins Haar eindringen, sondern es lediglich umhüllen, indem es sich in den winzig kleinen Rissen der schuppigen Oberfläche des Haars festsetzt. Menschliches Haar kann etwa das Fünffache seines Gewichts an Öl binden.


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