Neue Autos: So nützt aller Fortschritt nichts
Zuerst die gute Nachricht: Der durchschnittliche CO2-Ausstoss eines neuen Autos sank innert fünf Jahren um zehn Prozent: Von 134,1 Gramm auf 120,9 Gramm im letzten Jahr.
Zehn Prozent sind mies
Die schlechte Nachricht: Die Reduktion um zehn Prozent ist ein ziemlich mieses Ergebnis. Denn sie hätte deutlich höher ausfallen können – ja sogar müssen. Die Reduktion kam nur zustande, weil die Schweizer 2022 deutlich mehr Elektro-Autos kauften als 2017. Der Anteil reiner Elektro-Autos (ohne Plug-in-Hybride) schnellte von 1,5 auf 17,9 Prozent hoch.
Der Verbrauch steigt
Wer die Studie «Energieverbrauch und Energieeffizienz der neuen Personenwagen und leichten Nutzfahrzeuge 2022» des Bundesamts für Energie (BFE) genauer anschaut, stösst auf ernüchternde Zahlen:
- Benzin-Autos: 2017 betrug der Verbrauch eines durchschnittlichen Neuwagens mit Benzin-Motor 5,96 Liter pro 100 Kilometer. Fünf Jahre später lag er bei 6,80 Litern. Die Zunahme betrug 14 Prozent.
- Diesel-Autos: Der Verbrauch eines neuen Autos mit Diesel-Motor stieg im gleichen Zeitraum von 5,94 auf 7,22 Liter. Das sind sogar 22 Prozent mehr.
- Elektro-Autos: Sogar der Verbrauch von Elektro-Autos nahm zu – von 16,34 auf 19,07 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Das ist ein Plus von 17 Prozent.
Mit anderen Worten: Trotz des ganzen technischen Fortschritts der letzten Jahre verbrauchen die Autos, die wir Schweizer kaufen, seit Jahren immer mehr – ganz egal, ob sie von Benzin, Diesel oder Strom angetrieben werden*.
Genauso wie der Verbrauch der Autos mit Benzin- und Diesel-Motor stieg auch deren CO2-Ausstoss. Der CO2-Ausstoss ist – über sämtliche neuen Autos betrachtet – nur deshalb gesunken, weil der Marktanteil der Elektro-Autos innert fünf Jahren auf das Zwölffache gestiegen ist. Und Elektro-Autos fliessen mit einem CO2-Ausstoss von 0,0 Gramm in die Statistik ein. Das BFE hielt denn auch fest: «Tiefere CO2-Emissionen dank fortschreitender Elektrifizierung neuer Personen- und Lieferwagen.» Dass die Verbräuche steigen, verschwieg das BFE allerdings.
Plug-in-Hybride verzerren das Bild
Das Bild wird auch dadurch geschönt, dass der Anteil an so genannten Plug-in Hybriden ebenfalls gestiegen ist – von 1,1 auf 8,2 Prozent. Plug-in-Hybride sind Autos mit Verbrennungs- und Elektro-Motor. Die Batterien lassen sich an der Steckdose laden. Daher der Name Plug-in-Hybrid.
Sie stossen in der Theorie sehr wenig CO2 aus. In der Praxis sieht es ein bisschen anders aus. Denn viele Besitzer von Plug-in-Hybriden laden die Batterien selten oder nie – sei es, weil sie zu faul sind, sei es, weil sie keine geeignete Steckdose zur Verfügung haben. Das heisst: Die Plug-in-Hybride legen viel kürzere Strecken elektrisch zurück als gedacht. Deutsche Forscher gehen mittlerweile davon aus, dass private Plug-in-Hybride in der Praxis drei Mal so viel Treibstoff verbrauchen wie in der Theorie, Firmenwagen sogar fünf Mal so viel.
Immer grösser
Doch warum verbrauchen die Autos immer mehr? Und warum stossen sie immer mehr CO2 aus? Die Antwort ist einfach: Weil sie immer grösser und stärker werden:
- Benzin-Autos: Das Gewicht eines durchschnittlichen Autos mit Benzin Motor ist innert fünf Jahren um 41 Kilo gestiegen. Der Hubraum wurde um 60 Kubikzentimeter grösser.
- Diesel-Autos: Bei den Autos mit Diesel-Motor zeigt sich ein ähnliches Bild. Das Gewicht nahm um 53 Kilo zu, der Hubraum um 34 Kubikzentimeter.
- Elektro-Autos: Am meisten legten die Autos mit Elektro-Motor zu – deren Durchschnittsgewicht stieg um satte 88 Kilo.
Wenn der durchschnittliche CO2-Ausstoss nicht schneller sinkt, dann hat das damit zu tun, dass Schweizer Autokäufer gerne grosse Autos mit starken Motoren kaufen. Das sei notwendig, damit man in den Berggebieten vorwärtskomme, heisst es ständig. Infosperber wird diese Mär mit einem weiteren Artikel in den nächsten Tagen widerlegen.
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* Bis 2020 wurde der Verbrauch nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) erhoben. Seit 2021 nach der Worldwide harmonized light vehicles test procedure (WLTP). Zudem werden seither Certificate-of-Conformity-Daten eingerechnet. Die eine Änderung führt zu einer Erhöhung der Verbräuche, die andere zu einer Senkung. Die beiden Effekte dürften sich einigermassen aufheben.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht.»
Das Problem ist der Individualverkehr und da ist das Elektroauto keine Lösung, sondern reine Augenwischerei, eine Mogelpackung.
«Immer grösser» = besser angeben bei den Nachbarn. Das übergrosse Auto spielt heute in der gleichen Liga wie «teurere Handys und Uhren». Das Angebot an diesen Dingen wird immer grösser. Damit kann man sich «profilieren», vermeintlich 😉
(Guter Artikel. Freue mich auf die Fortsetzung).
Das ist eben die Mär vom qualitativen Fortschritt.