Smoke in the Water – Das Verursacherprinzip wird krass verletzt
Schweröl ist ein Abfallprodukt aus der Ölraffinerie. Was Tanker, Container- und Kreuzfahrtschiffe verwenden, um vorwärtszukommen, ist also eigentlich Müll. Aus ihren Schloten kommen Feinstaub, Schwefeldioxid, Stickoxide, Kohlendioxid und andere gefährliche Stoffe.
Jeder LKW würde mit einer solchen Abgasfahne sofort aus dem Verkehr gezogen. Anwohner von Häfen oder von touristisch interessanten Küsten können davon ein Lied singen. Während für Binnenschiffe schon längst saubererer Treibstoff vorgeschrieben ist, werden Meeresküsten oft regelrecht eingenebelt.
Eigentlich sollte Schweröltreibstoff sofort verboten werden, fordert zum Beispiel der deutsche Naturschutzbund NABU (Deutschlandfunk). Die Abgaswerte in europäischen Häfen seien teilweise höher als in Peking. Schiffe verursachen 13 Prozent der weltweiten Emissionen.
Kein Ende des Schweröls, aber eine Gefahr für die Ozeane
Am Schwerölabgas scheitert zwar jeder Partikelfilter, zumindest der Schwefelausstoss muss ab nächstem Jahr aber geringer ausfallen, das hat die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organisation, IMO) festgelegt. Die UN-Behörde erlaubt nach langem Ringen ab 2020 statt 3,5 Prozent nur noch 0,5 Prozent Schwefel im Treibstoff. Das klingt gut, ist aber kein Ende des Schweröls im Tank, sondern eine Gefahr für die Ozeane.
Scrubber, der Kat für das Schiff
Um die Vorgabe zu erfüllen, können Hochseeschiffe Marinediesel tanken, der dem LKW-Diesel ähnlich ist. Das müssen sie in Umweltschutzzonen wie der Nord- und Ostsee und vor der nordamerikanischen Küste schon jetzt. Marinediesel aber ist teuer. Die Alternative ist eine Abgasreinigungsanlage, genannt «Scrubber». Sie wird in den Schiffsschlot gehängt und säubert dort die Abgase. Der Einbau kostet je nach Motor zwischen zwei und zehn Millionen Dollar, dafür kann das Schiff damit weiterhin Schweröl tanken, was sich schnell einmal rechnet.
Noch haben wenige Schiffe einen Scrubber. Weltweit gibt es laut dem ««Handelsblatt»» etwa 55‘000 Handelsschiffe. Der Experte Hédi Grati schätzt, dass bis Anfang 2020 etwa 1‘300 Schiffe mit einem Scrubber ausgerüstet sein werden. Der «Independent», der sich auf Zahlen der Klassifikationsgesellschaft «DNV GL» bezieht, geht von 3‘700 umgerüsteten Schiffen aus.
Statt Schwefeldioxid in der Luft Schwefelsäure im Meer
Das ist nicht weiter schlimm, denn Scrubber sind eh meist nur eine Mogelpackung, warnt der «Independent». Gereinigt wird nämlich mit Wasser. Für jede verbrannte Tonne Schweröl entstehen 45 Tonnen warmes, saures Waschwasser, das Karzinogene wie PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) und Schwermetalle enthält, sagt der International Council on Clean Transportation (ICCT). Die gemeinnützige Organisation, die wissenschaftliche Analysen für Umweltaufsichtsbehörden durchführt, warnt vor den Folgen von Open-Loop-Scrubbern für die Ozeane. Bei den meisten Modellen arbeitet das Reinigungssystem mit einem offenen Kreislauf, das heisst, die Umweltverschmutzung wird einfach von der Luft ins Wasser verlegt. Da passt der Ausdruck «Greenwashing» besonders gut.
Statt Dreck in der Luft Säure im Meer: Den ohnehin angeschlagenen Ozeanen könnte das zusätzlich drastisch schaden. Schwermetalle in der Nahrung sowie krebserregende PAK an den Stränden im Tausch gegen schmutzige Luft will sicher niemand haben. Besonders gefährdet sind Urlaubsgebiete, die von Kreuzfahrtschiffen angesteuert werden.
Mehrere Häfen haben das Ablassen von Scrubber-Waschwasser deshalb bereits verboten, China hat ein Verbot für die gesamte Küste erlassen. Die IMO versucht derzeit noch, eine handhabbare Regulierung für das Ablassen von Scrubber-Waschwasser zu finden.
Früher war alles besser
Also doch einfach Marinediesel? Für Konsumenten, die die höheren Transportkosten bezahlen müssten, wäre das im Endeffekt nicht sehr viel teurer. Ein T-Shirt würde sich um 0,2 Cent verteuern. Ein Paar Schuhe um 5 Cent, so hat es der NABU ausgerechnet. Damit wäre alles so wie früher, als es für einmal tatsächlich besser war mit den Abgasen. Bis zur Ölkrise in den 1970er-Jahren war Diesel der Standardtreibstoff für grosse Schiffe. Erst als der Rohstoff knapp wurde, kam man auf die Idee, das schwer handhabbare Schweröl zu verbrennen.
Besser noch wäre eine Umrüstung auf Flüssiggas, Kosten laut «heise.de»: 25 Millionen Dollar pro Schiff. Die Umrüstung käme aber nur für einen Teil der Schiffe in Frage, dürfte als Antrieb aber für eine Weile vorhalten und die Abgase merklich sauberer machen. Dann aber kommt die nächste Stufe: Bis 2050 will die IMO ihre globalen CO2-Emissionen halbieren. Kreuzfahrtschiffe, die in Norwegens Fjorde einfahren wollen, dürfen das bereits ab 2026 nur noch, wenn sie dabei komplett ohne fossile Treibstoffe fahren. Bis 2100 soll es völlig emissionsfreie Schiffe geben.
Die Kreuzfahrtbranche hat diesbezüglich bereits innovative Ideen. Die ersten «batteriebetriebenen» Schiffe gibt es bereits oder auch Brennstoffzellen, die Hilfsmotoren antreiben. Ganz einfach ist es nicht, ein Schiff mit dem Energiebedarf einer Kleinstadt «aufzutanken» und eine entsprechende Reichweite zu gewährleisten. Aber diese Variante ist zumindest keine Mogelpackung.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Dass Klimabewegte immer nur von CO2 reden, finde ich einseitig (macht sie wohl angreifbarer). Bitte augenöffnet auch: Abgase sind ein Nanochemikaliencocktail ubiquitär wie Mikroplastik, verursacht Mikroentzündungen nicht nur im Herz/Kreislauf (das in der Todesstatistik zuoberst steht), Krebs, und wenn Sie sich das Foto oben (Auspuffe Kreuzfahrtschiff) anschauen: Die WHO setzt Dieselabgase mit Asbest gleich.
@Wolfgang Reiss
Schweröl ist ein giftiger Matsch, da stimme ich mit Ihnen voll überein. Der Rückstand einer Destillation heisst nicht umsonst «Sumpf».
Die IMO würde ich nicht exakt als «klimabewegt» bezeichnen. Aber natürlich gibt es mit dem Pariser Klimaabkommen ein griffiges Vertragswerk, auf das sich eine Organisation beziehen kann und muss. Eigentlich geht es bei der neuen Regulierung aber zunächst um Schwefelverbindungen.
Was nutzt das Klima-Abkommen von Paris, wenn auf der vorherigen Tagung in Stockholm der Friedens-Nobelpreisträger Obama veranlaßt hat, dass ALLES was mit Krieg und Militär zu tun hat, aus der Klimadebatte ausgeklammert wird.
Dabei ist der Krieg der größte Klimakiller, dem nicht nur Menschen, sondern die Umwelt allgemein zum Opfer fallen. Und das nicht nur, wenn der erste Schuß fällt. Jedem ist mittlerweile bekannt, dass schon bei der Produktion von Gütern CO2 und andere Stoffe anfallen, die die Umwelt belasten. Kriegsmaterial haftet an, dass es oft gepanzert und verstärkt wird, somit besonders schwer und kompakt ist. Rechnet man ALLE Flugzeugträger, alle anderen Kriegsschiffe, alle Panzer und gepanzerten fahrzeuge, alle Hubschrauber, alle LKW, die militärischen Zwecken dienen, usw. zusammen, kommt ein erheblicher Berg an Stahl und anderen Materialien zusammen, alle produziert, einzig mit dem Ziel andere Menschen zu töten. Sind die Menschen der Welt nicht in der Lage diesen Wahnsinn zu stoppen?
Mit all dem Geld – allein in der BRD zukünftitg um 40 Mrd. mehr – können alle anderen Probleme der Menscheheit wissenschaftlich gelöst und aktiv verändert werden. Einzig die Rüstungsbosse haben das Problem keinen Profit mehr zu haben. Ist das so gefährlich? Arbeitskräfte – die bisher in der Rüstung gearbeitet haben – können bei der Lösung von Umweltproblemen ebenso aktiv werden, wie bei der Waffenproduktion