Sperberauge
NZZ: Erdöllobbyist Rolf Hartl weint
Rolf Hartl, der Präsident der Erdölvereinigung, attackiert in seinem Kommentar «Klimapolitik zwischen Fakten und Schönfärberei» in der heutigen NZZ den Bundesrat frontal: «Man reibt sich die Augen und wundert sich.» Auch Infosperber reibt sich die Augen und staunt, denn Hartls Kritik an der bundesrätlichen Schönfärberei konnte man/frau bereits vor knapp einem Monat auf Infosperber lesen («Mit Tricks die Schweizer Klimabilanz geschönt»), allerdings nicht dessen klimapolitische Folgerung.
Hartl, der seit der Jahrtausendwende unermüdlich an vorderster politischer Front eine wirksame Klimapolitik im Inland verhindert hat (siehe Infosperber: «Erdöl-Lobby liefert Klima-Trauerspiel in 7 Akten») und dabei felsenfest auf den Sukkurs der zuständigen Bundesrätin Doris Leuthard und des Bafu-Direktors Bruno Oberle zählen konnte, fällt jetzt den beiden undankbar in den Rücken. Laut Hartl behauptet der Bundesrat faktenwidrig, die Treibhausgasreduktionen gemäss Kyoto-Ziel seien mehrheitlich im Inland erfolgt. Tatsächlich hätten aber «87 Prozent der seit 1990 durch die Schweiz erzielten Treibhausgasreduktionen im Ausland» stattgefunden.
Letzteres sei das alleinige Verdienst seines eigenen Kindes, der Stiftung Klimarappen samt Instrument der Auslandreduktionen. Dieses Kind werde jetzt vom Bundesrat «verleugnet, um die staatliche Klimapolitik in bestem Licht erscheinen zu lassen». Das Wachstum dieses Kindes sei «widerwillig, aber der Not gehorchend» zugelassen worden.
Was Hartl in seinem larmoyanten Kommentar nicht erwähnt: Die Not, der der Bundesrat «widerwillig» gehorchte, hat der Erdöllobbyist Hartl durch seine konsequente und erfolgreiche Verhinderung einer CO2-Abgabe auf Treibstoffe selbst erzeugt. Und es braucht kein Orakel von Delphi, um vorauszusagen: Falls der Bundesrat die Erdöl- und Autolobby weiterhin auf seiner Nase herumtanzen lässt, werden auch in Zukunft peinliche «Schönfäberbereien» der Klimapolitik folgen – der hartlschen Not gehorchend!
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)