Mehr CO2 ist nicht unbedingt gut für die Landwirtschaft
Der Klimawandel sei kein Problem für die Erde. CO2 sei gut für Pflanzen, die dadurch schneller wüchsen. Es werde mit steigenden Kohlendioxid-Werten einen landwirtschaftlichen Boom geben – diese Erzählung ist anscheinend nicht totzukriegen. Politiker:innen der AfD nutzen sie beispielsweise immer wieder, um Klimamassnahmen in Frage zu stellen.
Eine Studie von 2016, die eine «Begrünung» der Erde feststellt und oft zitiert wird, ist mittlerweile durch andere Arbeiten widerlegt. Der vermeintliche «Düngereffekt» von CO₂ wird durch die negativen Folgen der Erderwärmung mehr als aufgehoben. Seit 2008 nimmt die Kohlendioxidaufnahme von Pflanzen und Boden ab.
Warum mehr CO₂ nicht automatisch für mehr Wachstum sorgt
Grundsätzlich ist die Vorstellung richtig: Pflanzen machen Fotosynthese: Sie nehmen CO₂ auf und gewinnen daraus Kohlenstoff für ihr Wachstum. Dabei «atmen» sie Sauerstoff (O2) aus. Mehr CO2 wäre dann regelrechtes Pflanzendoping – oder?
Leider nein. Der Effekt gilt nicht für alle Pflanzen gleichermassen. Experimente im Labor oder Gewächshaus zeigen, dass einige Pflanzenarten unter erhöhtem CO₂-Angebot besser wachsen. Dazu gehören beispielsweise Weizen, Reis und Soja. Andere Pflanzen wie Mais oder Hirse profitieren kaum. In der freien Natur ist der Effekt zudem sehr viel schwächer als im Labor.
Pflanzen brauchen ausserdem nicht nur CO₂, sondern beispielsweise auch Wasser, Stickstoff, Phosphor und passende Temperaturen. Wenn es mehr Kohlendioxid gibt, hat es nicht automatisch mehr von allem anderen. Ein erhöhtes CO₂-Angebot führt also nicht zwangsläufig zu mehr Wachstum, wenn die Verfügbarkeit anderer Nährstoffe nicht parallel steigt.
Negative Effekte der Erderwärmung auf Pflanzen
Die negativen Effekte des Klimawandels auf Pflanzen überlagern die positiven dazu bei weitem. Höhere Temperaturen, unregelmässige Niederschläge und extreme Wetterereignisse setzen Pflanzen zu. So verkürzt Hitze die Vegetationsperiode von Getreide und verringert die Erträge. Trockenheit und hohe Ozonwerte belasten das Wachstum zusätzlich. In tropischen Wäldern hat sich gezeigt, dass bei steigendem CO₂-Gehalt vor allem Lianen profitieren, die andere Pflanzen verdrängen.
Pflanzen machen auch etwas, was aus der Wirtschaft gut bekannt ist: Sie expandieren auf Kosten der Qualität. Der Nährstoffgehalt vieler pflanzlicher Nahrungsmittel sinkt durch zu viel CO2. Getreide wie Weizen enthält bei schnellerem Wachstum weniger Protein (Eiweiss), weil es Stickstoff schlechter speichert. Dies könne zu Hunger und Unterernährung führen, warnt der Weltklimarat IPCC.
Der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) zitiert eine Studie, in der Bäume mit zusätzlichem CO2 begast wurden, und fasst prägnant zusammen: «Der Umsatz erhöht sich, der Gewinn stagniert». Die Bäume wuchsen im Versuch nicht schneller, sondern leiteten das zusätzliche CO2 als Stärke in den Boden ab, wo es von Bakterien abgebaut wurde.
Die Grenze der CO₂-Speicherung in Pflanzen ist längst erreicht
Die Kapazität der Erde, CO₂ aufzunehmen, ist seit 2008 rückläufig, zeigt eine Studie aus Schottland. Dieses «Peak Sequestration» genannte Ereignis ist ein bisher unbeachteter Kipppunkt.
Der Umweltwissenschaftler James Curran, ehemaliger Leiter der schottischen Umweltschutzbehörde, und sein Sohn Sam analysierten in der Studie das Auf und Ab der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre. Sie stellten fest, dass die von Pflanzen und Böden aufgenommene CO2-Menge seit 2008 um 0,25 Prozent pro Jahr sinkt. «Unser Planet verliert den Appetit», fasst der «Guardian» zusammen.
Bäume leben mit mehr CO2 einfach schneller
Ursachen sind zunehmende Hitze, Dürren, Brände und Schädlinge. Der «Deutschlandfunk» berichtete über eine Untersuchung von 70’000 Orten weltweit anhand von Jahresringarchiven. Sie zeigte, dass die «CO2-gedopten», schnell wachsenden Bäume früher sterben und dabei das gespeicherte Kohlendioxid wieder freisetzen.
Der seit vorindustrieller Zeit steigende CO2-Gehalt der Atmosphäre habe einen Wachstumsschub bei Bäumen ausgelöst, und zwar vor etwa 50 Jahren, sagt der Physiker Emanuel Gloor, Professor an der Uni Leeds. Inzwischen habe die höhere Sterblichkeit ihn aber eingeholt.
Fazit: Der Klimawandel schadet der Vegetation mehr, als CO₂ nützt
Fazit: CO₂ hat zwar einen Düngereffekt. Doch dieser ist kleiner als oft behauptet und wird von den negativen Folgen der Erderhitzung überlagert. Steigende Temperaturen, extremere Wetterereignisse und Nährstoffmangel setzen Pflanzen und Landwirtschaft unter Druck.
Erst recht, wenn man andere Ereignisse dazunimmt: Die Ozeane beispielsweise leisten in dieser Hinsicht immer weniger. Bisher puffern sie einen Grossteil der menschengemachten Klimaänderung ab, indem sie viel CO2 aufnehmen. In einem Teil des Mittelmeers hat sich der Prozess schon zeitweise umgekehrt («Infosperber»: Das Mittelmeer «rülpst» Kohlendioxid, weil es so warm ist).
Und auch Umweltverschmutzung spielt eine Rolle: Eine Untersuchung stellte kürzlich fest, dass Mikroplastik die Fotosynthese behindert. Dazu gibt es bisher allerdings erst eine Studie.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Bei solchen Artikeln fragt man sich unweigerlich, wie es Flora und Fauna Jahrmillionen mit höheren Temperaturen und höheren CO2-Anteilen in der Luft geschafft haben, nicht nur zu überleben sondern sogar zu gedeihen.
Die Kernaussage dieses Artikels tut weh! Auch ich war überzeugt, dass mehr CO2 einzig das Pflanzenwachstum anregt und damit CO2 der Atmosphäre entzieht.
Nun sehe ich 64% Ablehnung bei «War dieser Artikel nützlich».
Bitte an die «Nein» votierenden: warum? Welche Publikationen wiedersprechen diesem Artiekel hier?
Wann entwickelte sich erstmals Pflanzenwachstum geologisch? Vor ca. 65 Millionen Jahren. Die Pole waren eisfrei bei ca. 2000ppm CO2. Manche Quellen gehen sogar von einer 16-fach höheren Konzentration aus (bezogen auf heute). Das spricht doch sehr gegen das Geschriebene im Artikel.
Beim Thema Klima und CO2 ist der Infosperber bisher eher schwach und unkritisch aufgestellt. Die Autorin meint es sicher gut, aber dass CO2 Pflanzendünger ist und das Global Greening sich dank mehr CO2 unverändert fortsetzt, das sind nun mal Tatsachen. Auch die leichte Erwärmung der letzten Jahrzehnte ist förderlich und nicht abträglich. Vor dem Holozän gab es in der Atmosphäre so wenig CO2 wie noch nie und Pflanzen mussten sich anpassen, um einen Kollaps zu verhindern. Auch jetzt ist das CO2 immer noch weit unter dem Optimum für Pflanzen. Waldbrände haben zudem nichts mit CO2 oder leichter globaler Erwärmung zu tun, sondern mit lokalem Missmanagement und Brandstiftern.
Es fehlt die exakte wissenschaftliche Aufarbeitung der CO2 Wirkung. Warum wird sie von allen Medien unterdrückt? Dann fehlt hier wieder eine genaue Darstellung der Wiederaufforstung. Das ist doch nicht so schwierig, weil es dafür von Land zu Land klare Darstellungen gibt. Warum wird das nicht gemacht? Dann ist es zwingend, die Aufnahme von CO2 durch die weltweit aufgeforsteten Bäume im Laufe der folgenden Jahre genau darzustellen. Das wird hier absichtlich vermieden. Es fehlt auch die Angabe wer, wann die behaupteten Ergebnisse der CO2 Aufnahmen weltweit wie gemessen hat. Alles in allem, ich wundere mich sehr, dass ein solcher Artikel von dem so angesehenem Sperber überhaupt veröffentlicht werden konnte. Die gravierenden Fehler und Mängel liegen auf der Hand und ich wünsche mir, dass der Sperber solche Artikel in der dargestellten Form nicht mehr zulässt.
Zitat: «Es fehlt die exakte wissenschaftliche Aufarbeitung der CO2 Wirkung. Warum wird sie von allen Medien unterdrückt?»
Ganz einfach: weil es eine exakte wissenschaftliche Aufarbeitung nicht gibt. Alles, was heute «wissenschaftlich» verbreitet wird, sind nur Theorien unter Berücksichtigung einer begrenzten Zahl Einfluss-Parameter.
Theorien sind wie Wetterprognosen keine Fakten, sondern gut angedachte Möglichkeiten.
Lieber Infosperber, wofür dieser Artikel? «…kleiner als oft behauptet…» Wer behauptet den oft? Die AfD, sehr wissenschaftlich. Infosperber, bitte nicht.
Und nebenbei, alle 2 Minuten stirbt ein Kind an Hunger – «Dies könne zu Hunger und Unterernährung führen, warnt der Weltklimarat IPCC». Was für ein Hohn.