Grossbritannien: Jedes vierte Haus von Hochwasser bedroht
Das Risiko, in Grossbritannien sein Haus bei einer Überschwemmung zu verlieren, ist nach der neuesten Schätzung deutlich höher als gedacht. Nach einer Studie der britischen Umweltagentur (Environment Agency, EA) könnten bis 2050 acht Millionen Häuser von Überflutungen betroffen sein – oder jede vierte Immobilie. Bereits jetzt gelten bis zu 6,3 Millionen Häuser als überschwemmungsgefährdet.
Erst im Dezember sorgte Sturm «Darragh» für schwere Überschwemmungen. Zwei Menschen starben und es kam zu grossflächigen Stromausfällen, die teilweise tagelang dauerten.
Mehr Starkregen über Grossbritannien erwartet
Die Umweltagentur berücksichtigte in ihrer Studie Risiken an Meeresküsten, an Flüssen und durch Starkregen. Vor allem Starkregen belastet das bereits überforderte Abwassersystem und führt immer häufiger zu Überflutungen.
Julie Foley, Direktorin für Hochwasserrisikostrategie bei der EA, sagte der BBC, dass die Häufigkeit und Schwere von Überschwemmungen bis 2050 wahrscheinlich weiter zunehmen werde. Ein Gebäude gilt als gefährdet, wenn die jährliche Überschwemmungswahrscheinlichkeit grösser als 1:1000 ist.
Wie viele Immobilien bis 2050 tatsächlich betroffen sind, hängt auch davon ab, wie viel in überflutungsgefährdeten Gebieten noch gebaut wird und wie viel das Vereinigte Königreich in den nächsten Jahrzehnten in Hochwasserschutz investiert.
London besonders betroffen
Die Umweltagentur unterscheidet zwischen Überschwemmungen durch Oberflächenwasser (Regen oder überlaufende Abwassersysteme) und Flüsse. Von derzeit 6,3 Millionen gefährdeten Häusern sind 4,6 Millionen von Überschwemmungen durch Oberflächenwasser bedroht. Die Region London gilt als besonders gefährdet.
Die Studie basiert auf überarbeiteten Datensätzen und neuen Modellrechnungen, die das Risiko genauer wiedergeben als bisher. Die letzte vollständige Überarbeitung des Risikoprofils liegt sieben Jahre zurück. Die Gefahr, stellte sich heraus, ist um 43 Prozent höher als bisher angenommen. Die Anzahl der Immobilien in der höchsten Risikokategorie ist laut dem «Guardian» um 88 Prozent gestiegen – die Überflutungswahrscheinlichkeit liegt dann bei 1:30.
Dass Starkregen mit fortschreitender Klimakrise häufiger wird, ist wissenschaftlich gut dokumentiert. Zwischen Oktober 2023 und März 2024 nahm die Niederschlagsmenge in Grossbritannien an stürmischsten Tagen um 20 Prozent zu.
20’000 Häuser sind bis Ende des Jahrhunderts verloren
Neben Starkregen erhöhen auch niederschlagsreichere Winter das Risiko, dass Flüsse über die Ufer treten. Der Bericht weist auf die steigende Gefahr von Überschwemmungen an Flüssen und Meeresküsten hin. Wo heute 2,4 Millionen Immobilien betroffen sind, werden es bis Mitte des Jahrhunderts etwa 3,1 Millionen sein.
Der Meeresspiegel um die britischen Inseln ist seit 1900 um etwa 20 Zentimeter gestiegen und wird in den nächsten Jahrhunderten weiter steigen. Die Küstenerosion hat deshalb in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Bis 2050 könnten Überschwemmungen an den Küsten etwa 3500 Immobilien zerstören. Bis 2100 werden es 20’000 Immobilien sein. Selbst Schutzmassnahmen werden das nicht verhindern können.
Abgeordnete und Aktivisten warnen vor Vernachlässigung des Hochwasserschutzes
Eine parteiübergreifende Gruppe britischer Abgeordneter warnte im vergangenen Jahr davor, den Hochwasserschutz aus Kostengründen weiter zu vernachlässigen. Nicht hilfreich ist in diesem Zusammenhang auch Grossbritanniens teilweise desolates und dringend überholungsbedürftiges Abwassersystem, das immer wieder für Ärger sorgt (Infosperber berichtete).
Auch eine Aktivistin von Friends of the Earth, die der «Guardian» befragt hat, kritisierte die Aktivitäten der im vergangenen Jahr abgelösten britische Tory-Regierung im Hochwasserschutz als unzureichend.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Wie muiss ich das lesen: Ist 1 : 1’000 grösser oder kleiner? Oder mit anderen Worten: Ist eine Wahrscheinlichkeit von 1 : 2000 grösser?
Eine Überschwemmungswahrscheinlichkeit kleiner als 1:1000 ist zum Beispiel 1:100, aber nicht 1:2000.