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Luxusjachten © xbrchx:Smarterpix

Für ihre Superjachten zahlen Milliardäre keine CO2-Abgaben

Pascal Derungs /  Die EU weitet den CO2-Emissionshandel aus, auch der Schiffsverkehr wird künftig einbezogen. Doch die Superreichen werden verschont.

Ein Mensch in Deutschland verursacht im Schnitt etwa elf Tonnen Treibhausgase pro Jahr, dieselbe Menge produziert eine Superjacht bereits nach einem Dutzend Fahrstunden. Im Jahr können es mehrere Tausend Tonnen CO2 werden. Dennoch sollen die Besitzer oder Mieter von Jachten nach NDR-Informationen weiterhin von einer Ausnahmeregel im CO2-Emissionshandel profitieren. Infosperber fasst im Folgenden die relevantesten Fakten und Erkenntnisse des NDR-Berichts zusammen.

Stossende Ungleichbehandlung im Emissionshandel

Seit 2005 müssen einige grosse Industriebetriebe Zertifikate für ihren Treibhausgas- Ausstoss kaufen, seit 2012 auch Luftfahrtunternehmen für innereuropäische Flüge. Nun wird die EU dieses System ausweiten. Auch der Strassenverkehr und Gebäude sollen erfasst werden, ebenso der Schiffsverkehr. Allerdings müssen ab 2024 nur für sehr grosse Passagier- und Frachtschiffe ab 5000 Bruttoregistertonnen CO2-Zertifikate erworben werden. Für «nicht-gewerbliche Betreiber oder reine Freizeitboote» gelte das nicht, unabhängig von der Grösse. Das teilte die EU-Kommission auf Anfrage des NDR mit. Davon profitieren selbst Milliardäre mit ihren riesigen Schiffen, wenn sie sie selber nutzen. Dabei sind die Emissionen gigantisch.

Superjachten sind wahre Treibhausgas-Schleudern

Super-Luxus-Jachten.Scottslm:pixabay.
Super-Luxusjacht

Das haben unter anderem die beiden US-Wissenschaftler Beatriz Barros und Richard Wilk untersucht. Sie haben die Emissionen von 20 Milliardären weltweit analysiert. «Unter den zahlreichen Besitztümern von Milliardären sind grosse Superjachten die mit Abstand grössten Verursacher von Treibhausgasen», schreiben Baros und Wilk. «Superreiche Jachtbesitzer verursachen an einem Sommertag mehr Umweltverschmutzung als die Mehrheit der Menschen in ihrem ganzen Leben, doch die Politiker lassen sie weiterhin ungeschoren davonkommen», kritisiert auch Jacob Armstrong von der Nichtregierungs-Organisation «Transport & Environment». Er hat analysiert, für welche Mengen an Treibhausgasen Jachten insgesamt verantwortlich sind. Demnach gibt es etwa 1500 grössere Jachten in Europa, die im Schnitt je etwa 725 Tonnen CO2 pro Jahr ausstossen. Sie würden weiter vom Emissionshandel ausgenommen bleiben, so Armstrong. Die EU-Kommission verweist darauf, dass grosse gewerbliche Charter-Jachten unter das EU-Emissionshandelssystem fallen, doch das dürften nur sehr wenige sein. In den Top-Listen der grössten Jachten der Welt finden sich vielleicht fünf Schiffe in dieser Grösse (ab 5000-Bruttoregistertonnen), die zum Chartern angeboten werden. 

«Bürokratischer Aufwand zu gross»

Als Begründung dafür, warum die meisten Schiffe beim Emissionshandel aussen vor bleiben dürfen, heisst es von der EU, die grossen Fracht- und Passagierschiffe jenseits der 5000-Bruttoregistertonnen-Grenzen seien für 90 Prozent der Emissionen im Schiffsverkehr verantwortlich. Um kleinere Schiffe ebenfalls zu erfassen, sei der bürokratische Aufwand zu gross.

Laut NDR-Bericht hatte das Europäische Parlament vorgeschlagen, den CO2-Preis einfach auf den getankten Treibstoff aufzuschlagen, ähnlich wie es auch jetzt schon in Deutschland im Strassenverkehr geschieht. Aber das hätten die anderen Institutionen der EU, der Rat und die Kommission, wegen «zu grossem administrativem Aufwand» abgelehnt. Es sei offenbar das Ziel, Besitzern von kleineren Privatbooten, Fischern oder etwa Betreibern von Inselfähren keinerlei zusätzlichen Kosten aufzubürden. 

Auch Privatjet-Besitzer bleiben verschont

Auch bei Privatjets werden Ausnahmeregeln weiter bestehen bleiben, besagt ein weiterer NDR-Bericht. Viele Betreiber bleiben unter den festgesetzten Schwellenwerten, ab der sie Emissionsrechte erwerben müssten. Wer privat oder für die eigene Firma einen Jet nutzt, darf bis zu tausend Tonnen CO2 kostenfrei ausstossen. Bei gewerblichen Betreibern, also etwa Charterfirmen, liegt die Grenze sogar bei Zehntausend Tonnen.

Verhöhnung des Verursacherprinzips

Einige reiche Menschen können sich also weiterhin extrem CO2-intensiv fortbewegen, ohne dafür zusätzliche Kosten zu bezahlen, wohingegen etwa der Strassenverkehr künftig europaweit in den Emissionshandel eingebunden sein wird. «Diese Ungleichbehandlung ist wirklich verblüffend und sehr unfair», sagt dazu Armstrong von der NGO «Transport & Environment». 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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4 Meinungen

  • am 29.01.2023 um 22:48 Uhr
    Permalink

    Die Superreichen haben seit über tausend Jahren Schonzeit und sie wird mindestens noch eintausend Jahre andauern und wieso ist die Ungleichbehandlung verblüffend und unfair ?

  • am 30.01.2023 um 10:07 Uhr
    Permalink

    Der Pferdefuß an allen CO-2-Maßnahmen ist, dass die Kosten vollständig auf uns, die Konsumenten, überwälzt werden. Die Zeche wird nicht und niemals von jenen bezahlt, die sich seit Jahrzehnten am Energiehandel mästeten, sondern von uns. Keine Firma, kein Erzeuger, kein Unternehmer zahlt doch irgendwelche künstlich herbeigerechneten Zertifikate aus eigener Tasche: alle werden die Kosten 1:1 an die Verbraucher weitergeben. Dort wo das nicht möglich ist, werden Firmen schließen bzw. abwandern. Ich halte die derzeitigen Klimamaßnahmen für asozial: Reiche bleiben reich und werden reicher, während man den Normalbürger mit bizarren Spartipps und Regularien überhäuft. Eine Politik, die von vornherein nur Kosten und keine Erleichterungen erzeugt, die generell davon ausgeht, dass alles teurer werden muss, die zwingt und nicht überzeugt, kann nicht unterstützt werden.

  • am 30.01.2023 um 15:25 Uhr
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    Alle Menschen, die Energie brauchen, tragen zur Klimaerwärmung bei. Ob sie eine Superjacht benutzen oder mit dem Auto zu Arbeit fahren, ob sie ein Elektroauto benutzen, das mit Strom aus einem thermischen Kraftwerk stammt, spielt keine Rolle.
    Das Problem liegt daran, das die Energie viel zu billig ist. Sie müsste kostenneutral jährlich schrittweise erhöht werden. Die Einnahmen aus den staatlichen Gebühren könnte allen Steuerzahlenden zu gleichen Teilen bei den Steuern gutgeschrieben werden. Wer viel Energie verwenden will, könnte das weiterhin tun, würde aber immer mehr dafür zahlen, wer wenig Energie braucht, würde Geld aus dem Gebührentopf erhalten. Die sinnlose Energieverschleuderung würde immer geringer, die Klimaziele könnte problemlos eingehalten werden.

  • am 31.01.2023 um 14:52 Uhr
    Permalink

    Es sind ja auch die Reichen, welche ihre Schiffe in internationalen Gewässern auftanken lassen, damit sie keine Steuern auf den Treibstoff bezahlen müssen. Man weiss es, schaut aber weg.

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