16302913485_26057d7cae_k

Egal, welche Farbe sie hat: Eine dänische Kuh wie diese verursacht etwa sechs Tonnen Co2-Äquivalente im Jahr. Und muss dafür künftig Steuern bezahlen. © cc-by-nc-sa Knut/Flickr

Dänemark: Erste «Kuhsteuer» für Landwirte

Daniela Gschweng /  Dänemark führt eine Steuer auf Fleisch und Milch ein und alle sind einverstanden. Was ist da denn los?

Ab 2030 müssen dänische Bauern für klimaschädliche Emissionen bezahlen. Von einer Expertenkommission vorgeschlagen sind bisher 300 Dänische Kronen (39 Franken oder 40 Euro) pro Tonne CO2-Äquivalent ab 2030.

Bis 2035 soll die CO2-Abgabe auf 750 Kronen (97 Franken oder 100 Euro) pro Tonne steigen. Dabei geht es hauptsächlich um Emissionen wie Methan aus der Tierhaltung, aber auch um Lachgas und CO2. Die formelle Zustimmung des dänischen Parlaments im August gilt als sehr wahrscheinlich.

Das Vorhaben schaffte es als «Beef Tax» schon Ende Mai in die grossen US-Medien. Dänemark wäre das erste Land, das eine solche Steuer einführt und setzt damit einmal mehr Massstäbe im Klimaschutz. Und in Konfliktbewältigung.

In anderen europäischen Ländern fuhren wegen weit geringerer Kürzungen in diesem Jahr Traktorkolonnen auf, wütende Landwirte blockierten Strassen, luden Mist auf Autobahnen ab, blockierten Ämter und warfen mit Eiern. Auch Neuseeland musste seine Pläne für eine Agrar-Klimasteuer wegen massiver Proteste fallenlassen.

Einigung statt Bauernkrieg

In Dänemark passierte: Nichts. Schon gar keine rechtlich fragwürdigen Aktionen wie im benachbarten Deutschland. Statt Bauernkrieg herrschte Zufriedenheit auf allen Seiten.

Das Gesetz sei das Resultat eines lange vorbereiteten Kompromisses, der von allen Seiten mitgetragen werde, schreibt «Spiegel Online» (SPON) Der Weg zur Einführung der Steuer sei von intensiven Verhandlungen geprägt gewesen. Landwirtschaftsverbände, Umweltorganisationen, Gewerkschaften, der Arbeitgeberverband, die Kommunen und tragende politische Parteien hatten über Monate hinweg einen Kompromiss erarbeitet.

Der Lebensmittel-Lobbyist Søren Søndergaard sprach von einem bahnbrechenden Abkommen. Aussenminister Lars Løkke Rasmussen sieht Dänemark als Vorreiter. Einmal mehr, muss man sagen. Auch in Sachen Energiewende hat das Land Vorbildcharakter (Infosperber berichtete).

Dänemark will seine Klimaziele erreichen

Um die Landwirte im Gegenzug zu entlasten, gibt es Erleichterungen bei der Einkommenssteuer, was die Abgabe unter dem Strich auf 120 bis 300 Kronen reduziert. Klimafreundliche und nachhaltige Investitionen belohnt die dänische Regierung ebenfalls. 40 Milliarden Kronen (5,2 Milliarden Franken) stellt sie für einen Grünflächenfonds bereit, der Aufforstungsprojekte und die Wiedervernässung von Mooren fördern soll.

Dass Massnahmen nötig sind, steht ausser Zweifel. Die Steuer soll Dänemark helfen, seine Klimaziele zu erreichen und die Gewässerqualität zu verbessern. Es gibt wie in anderen Ländern bereits zahlreiche Branchen, die Emissionsabgaben bezahlen. Die Landwirtschaft war davon bisher nicht betroffen.

Fleisch- und Milchexporte spielen eine bedeutende Rolle für die dänische Wirtschaft. Der dänische Agrarsektor ist für 35 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Laut «Euronews» macht Rindfleisch allein 55 Prozent der lebensmittelbedingten Emissionen in Dänemark aus. Die Emissionen aus dem dänischen Rindfleischkonsum belaufen sich auf acht Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr, oder 40 Prozent des nationalen Reduktionsziels.

Weltweit tragen Nutztiere mit 15 Prozent zu den Treibhausgasemissionen bei, so die Food and Agriculture Organisation der Vereinten Nationen (FAO). Die dänische Klimasteuer soll bis 2030 Einsparungen von 1,8 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten bewirken, ihr Potenzial liegt bei 2,6 Millionen Tonnen.

Womöglich siegte einfach die Vernunft

Selbst Teile der Agrar-Branche befürworten die Einführung von Emissionsregeln. Dass die dänischen Landwirte sich mit der «Pups-Steuer» (BILD) einverstanden erklärt haben, hat aber womöglich einfach mit vorausschauendem Handeln zu tun.

Wenn eine Steuer schon unvermeidbar ist, will man wenigstens mitgestalten. Was den Bauernverbänden wohl gelungen ist: Der vorgeschlagene Preis liegt laut SPON deutlich unter dem, was andere dänische Industriezweige bezahlen. Zudem gibt es fünf Jahre Vorlaufzeit. Einige Medien kommentierten deshalb, die Landwirte seien bei der Regelung zu gut weggekommen. Klimaschützende beklagen, die Steuer sei zu niedrig.

Auf ungeteilte Zustimmung der Branche stösst die neue Steuer trotzdem nicht. Die dänische Bauernvereinigung Bæredygtigt Landbrug bezeichnet die Steuer laut dem «Schweizerbauer» als «beängstigendes Experiment» und fürchtet ein Bürokratiemonster. Dies, obwohl es grosse Zustimmung im Agrarbereich gebe. Die grösste Naturschutz- und Umweltorganisation Dänemarks wiederrum lobte das Abkommen als «historischen Kompromiss».

Ministerin: 13 Rappen mehr für ein Pfund Hackfleisch

Fleisch und Milch werden in Dänemark in Folge teurer werden. Eine Preiserhöhung um ungefähr eine Krone (13 Rappen) für ein halbes Kilogramm Rinderhackfleisch sei zu erwarten, sagte die dänische Wirtschaftsministerin Stephanie Lose gegenüber einem nationalen Fernsehsender.

Die Klimasteuer mache aber einen grossen Unterschied für das dänische Klima, für die Natur und für dänische Gewässer, sagte sie und verwies auf Steuersenkungen der derzeitigen Regierung, die dem Durchschnittskonsumenten mehr Geld in die Hand gäben.

Dänemarks Umweltminister Magnus Heunicke hob hervor, dass die Steuer auch striktere Regeln für den Einsatz von Stickstoffdünger enthält, um die Wasserqualität zu verbessern. «Wir müssen die Fische zurück in unsere Fjorde bringen», erklärte Heunicke. Er hoffe, dass andere Länder sich ermutigt fühlten, Dänemarks Beispiel zu folgen, sagte der dänische Steuerminister Jeppe Bruus.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

3719017725_8c14405266

Die Klimapolitik kritisch hinterfragt

Die Menschen beschleunigen die Erwärmung der Erde. Doch kurzfristige Interessen verhindern griffige Massnahmen.

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...