CO2-neutrales Dorf: Nicht meckern, machen
Hinter ihrem Erfolg steht kein politisches Programm, keine öffentliche Förderung, kein Konzern: Seit zehn Jahren versuchen die Einwohner des südenglischen Ortes Ashton Hayes, ein CO2-neutrales Dorf zu werden.
Mit Erfolg – während der letzten Dekade haben sie ihre Treibhausgas-Emissionen um 24 Prozent reduziert, berichtet die «New York Times». 40 Prozent CO2-Einsparungen sind es laut der dorfeigenen Webpage, laut CNN ist das Dorf karbon-negativ.
Erreicht haben die Einwohner die grüne Revolution aus eigenem Antrieb und mit drei simplen Tricks: Sie fangen im persönlichen Alltag an, sie versuchen Spass an der Sache zu haben und sie haben von Anfang an allen Politikern das Wort verboten.
Keine Einmischung: Politiker müssen den Mund halten
Schon bei der ersten öffentlichen Versammlung zum Klimaschutz, die von 650 Gemeindemitgliedern besucht wurde, war es Politikern nicht erlaubt, Reden zu halten. Das ist seither so geblieben. «Wir denken einfach, jeder sollte bei sich anfangen», bestätigt die Einwohnerin Rosemary Dosset. «Statt rauszugehen und drüber zu reden, machen wir einfach», sagt sie.
Dokumentation der CNN über Ashton Hayes
Auf der Webpage www.goingcarbonneutral.co.uk, wo das Dorf seine Fortschritte dokumentiert, gibt es zum Beispiel eine Broschüre «Ecology begins at Home», in der einfache Alltagstipps aufgelistet sind. Einfach ausprobieren, wie viel Waschmittel es wirklich braucht, damit die Wäsche sauber wird, zum Beispiel. Oder sich überlegen, ob es wirklich nötig ist, die Heizung aufzudrehen, wenn auch ein Pullover genügen würde.
Mit dem Zeigefinger gewedelt wird nicht
Garry Charnock, von dem die Idee ausgegangen ist, wohnt seit 30 Jahren in Ashton Hayes. Der ehemalige Journalist und ausgebildete Hydrologe mobilisierte die Bewohner des Dorfes vor zehn Jahren mit der Idee, «Grossbritanniens erstes CO2-neutrales Dorf zu werden». Die Voraussetzungen waren gut – Ashton Hayes hat relativ gebildete und wohlhabende Einwohner. «Und auch wenn es nicht klappt, versuchen wir ein bisschen Spass daran zu haben», sagt Charnock.
Was sich anhört, wie aus der Motivations-Bibel «Fish» zitiert, ist ernst gemeint. Wer wie viel Treibhausgase einspart, ist seine Sache. Mit dem Zeigefinger gewedelt wird nicht, Gemeinschaftsprojekte sind aber jederzeit willkommen. Der Dorfgemeinschaft hat das gut getan. Es gibt bereits Zuzügler, die in das kleine englische Dorf gekommen sind, weil sie dessen Strategie für sich attraktiv fanden.
«Wir müssen diese Trägheit loswerden»
Für hunderte von Städten und Gemeinden weltweit sei das 1‘000-Seelen-Dorf ein Vorbild geworden, berichtet die NYT. Für Eden Mills, eine kleine Gemeinde in Ontario, Kanada, zum Beispiel oder den etwas grösseren Inseldistrikt Nøtterøy in Norwegen, der 21‘000 Einwohner hat.
Charnocks nächstes Vorhaben ist es, die britische Regierung von Ashton Hayes Zielen zu überzeugen. Und er hat auch schon eine Idee, wie. «Die Leute sind so träge», sagt er, «wir müssen diese Trägheit loswerden».
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Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichts der «New York Times» und anderer Quellen erstellt. Grosse Medien in der Schweiz haben bisher nicht darüber berichtet.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Es ist wunderbar. Praktizierte Umweltethik im Sinn von Kant. Bei Kant kann man aber auch lernen, dass damit die Welt nicht gerettet wird.
Ungersheim in Frankreich ist auch so ein Dorf. (das Gute liegt so nah) wer mehr darüber erfahren möchte gibt im Netz einfach mal den Hinweis «sacré village» ein. Interessant auch ein Blick zu Neustart Schweiz (dazu gibt es ein sehr lesenwertes Buch und/oder ecoloc.org.