«Happy-End» für 20’000 Velopneus
Ingo Ruhland führt seit zwei Jahrzehnten einen Fahrradladen im Bayrischen Freising. In dieser Zeit wechselte er unzählige Velopneus. Es widerstrebte ihm, die abgefahrenen Reifen einfach in den Abfall zu werfen. Also bunkerte er sie im Keller unter seinem Geschäftslokal. Mehr als 20‘000 Pneus kamen so zusammen, wie das «Velojournal» berichtet. «Die Reifen sind kein Müll, sie sind Wertstoffe. Wir sollten uns in allen Bereichen mehr darum kümmern, solches Material wiederzuverwerten, statt immer nur neue Rohstoffe abzubauen», begründet Ruhland seine Sammelaktion. Jahrelang hoffte er auf ein Recyclingverfahren. Diesen Sommer wurde er erlöst.
Der Recyclingpionier ist ein deutscher Hersteller
Der deutsche Pneu- und Schlauchproduzent «Schwalbe» hat nach jahrelanger Forschung und einem Pilotversuch in Kooperation mit der technischen Hochschule (TH) Köln und einem Recyclingspezialisten einen technischen Prozess zur Wiederaufbereitung von Velopneus entwickelt und ein Recyclingprogramm lanciert. Alte Pneus werden nicht länger verbrannt, sondern geschreddert, in ihre Grundmaterialien zerlegt und zu neuen Reifen verarbeitet. Dank dieser Kreislaufwirtschaft werden gemäss Hersteller Rohstoffe eingespart und 80 Prozent weniger CO2 ausgestossen als bei der bislang üblichen Verbrennung, wie der Bayrische Rundfunk online berichtet. Für diesen Durchbruch hat der Hersteller den «Innovators Prize» bei der Fahrrad-Messe Eurobike gewonnen. Über 1200 Fahrradhändler in ganz Deutschland machen im Programm bereits mit, und es werden immer mehr. Das Recycling soll bald auf weitere Länder in Europa ausgedehnt werden.
Beim Schlauch-Recycling ist die Schweiz bereits dabei
Velopneus und -schläuche stellen unterschiedlich hohe Anforderungen ans Recycling. Die Wiederverwertung alter Veloschläuche hat «Schwalbe» bereits 2015 realisiert. Seit Ende 2021 sind auch Schweizer Händler in diesen Kreislauf eingebunden. Bis zum Sommer hat «Schwalbe» in einem Produktionswerk in Indonesien schon rund sieben Millionen alte Veloschläuche aus fünf europäischen Ländern wiederverwertet. Dort kann das zurückgewonnene Material, insbesondere der Ausgangsstoff Butyl, ohne Qualitätsverlust für die Produktion neuer Schläuche eingesetzt werden. Trotz des langen Transportwegs lassen sich dadurch 80 Prozent der Energie einsparen, die für die Produktion mit neuem Butyl gebraucht würde. Auch für diese Innovation wurde «Schwalbe» bereits ausgezeichnet, mit dem «Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Das gibt doch Hoffnung, wenn ökologisches Bewusstsein sich auch mit der ökonomischen Verantwortung einer grossen Firma vereinbaren lässt.