Gericht urteilt: Ecuadors Küstenökosysteme haben Rechte
Red. – Dies ist ein Gastbeitrag von Paige Bennett. Ihr Artikel erschien bei «Ecowatch» und wurde von der Nachrichtenagentur «Pressenza» auf deutsch veröffentlicht. Zwischentitel von der Redaktion.
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Das Verfassungsgericht von Ecuador hat bestimmt, dass die Ökosysteme des Meeres entlang der Küsten Naturrechte haben, einschliesslich des Rechts auf «integrale Achtung ihrer Existenz und auf Erhaltung und Regeneration ihrer Lebenszyklen, Struktur, Funktionen und ihrer evolutionären Prozesse», mit Bezug auf Kapitel 7, Artikel 71 bis 74 der Landesverfassung.
Es ist nicht das erste Mal, dass Ecuador Rechtsansprüche der Natur festlegt. Wie «Earth.org» berichtete, war Ecuador tatsächlich das erste Land der Welt, das bestimmt hat, dass die Natur Rechtsansprüche hat. Im Jahr 2008 ergänzte Ecuador seine Verfassung um Rechte für Pacha Mama, eine alte Göttin ähnlich dem Wesen von Mutter Erde.
Dieses Gesetz beinhaltete eine Reihe von Artikeln, die festlegen, dass die Natur das Recht auf Wiederherstellung hat, und dass die Regierung Vorkehrungen treffen und Massnahmen gegen Menschen ergreifen wird, die Ökosysteme schädigen oder zerstören, so die «Global Alliance for the Rights of Nature» (Globale Allianz für die Rechte der Natur).
Wie «Inside Climate News» berichtete, hat der Staat zuvor Land und Wildtiere geschützt. Das jüngste Urteil ist das erste Mal, dass Ecuadors Naturrechte auf ein Meeresumfeld angewendet werden.
Gericht gewichtet die Interessen der Industriefischer niedriger
Der Fall begann im Jahr 2020, als Industriefischer Beschwerde einreichten, dass Artikel 104 des «Organic Law for the Development of Aquaculture and Fisheries» (biodynamisches Recht zur Entwicklung von Aquakultur und Fischerei) verfassungswidrig sei, mit dem Argument, dass es die Naturrechte verletze, da es zu einer Überfischung durch Kleinfischer innerhalb einer gesetzlich festgelegten 8-Seemeilen-Zone führen könnte. Sie argumentierten des Weiteren, dass die Zone für Handwerkliche Fischerei ihre Rechte auf Nutzung der Natur verletze.
Das Gericht stimmte den Argumenten nicht zu und entschied, dass die Zone für die handwerkliche Fischerei notwendig sei, um lokale Fischarten und ihre Ökosysteme zu schützen. Es wurde festgehalten, dass die Natur, einschliesslich der marinen Ökosysteme, ein Netzwerk miteinander verbundener Elemente umfasst und, wenn ein Element betroffen ist, das gesamte Ökosystem betroffen werden kann. Die Ausweitung der industriellen Fischerei auf diese Zone könnte das Meeresleben bedrohen, heisst es in der Entscheidung.
«Für das gesunde Funktionieren des Planeten unerlässlich»
«Der grösste Teil der Oberfläche des Planeten Erde – derzeit etwa 70,8 Prozent – ist von Ozeanen und Gewässern bedeckt. Meeresküsten-Ökosysteme sind hochdynamisch und durch ein Netzwerk von Oberflächenströmungen und Tiefen miteinander verbunden. Ihre Gesundheit hilft ‹den Bemühungen, sich an den Klimawandel anzupassen und seine Auswirkungen zu lindern›. Dies trägt dazu bei, dass sie für ‹das gesunde Funktionieren des Planeten› unerlässlich sind», teilte das Gericht in seinem Urteil mit.
Nach Angaben der Vereinten Nationen kann die Ausarbeitung von Rahmenrichtlinien in der Gesetzgebung, bezogen auf die Rechte der Natur, zum Erhalt und der Wiederherstellung von Ökosystemen sowie zur Unterstützung der Menschenrechte führen.
Jeder Mensch darf im Namen der Natur Klage erheben
«Zum Beispiel bietet Ecuadors Ansatz interessante rechtliche Instrumente, um die Wahlmöglichkeiten von Entscheidungsträgern zu lenken. Alle Menschen haben das universelle Recht, die Natur zu repräsentieren, und können in ihrem Namen Klage erheben», verlautbarten die Vereinten Nationen. «Ausserdem hat Ecuador eine Reihe von ökozentrischen Prinzipien eingeführt: unter anderem das Prinzip der Vorsorge, des Schutzes, im Zweifel für die Natur (in dubio pro natura), der Verhinderung der Rückbildung, der Verträglichkeit. Diese sind entscheidend gewesen, um Entwicklungsprojekte zu stoppen, die die Integrität der Natur bedrohen, und um Biodiversität unter einer ökosystemorientierten Regierung zu erhalten.»
Perspektivisch ist zu erwarten, dass das jüngste Urteil des ecuadorianischen Verfassungsgerichts einen Präzedenzfall schafft, der es mehr Menschen ermöglicht, im Namen der Natur zu klagen, um die Meeresumwelt vor Ausbeutung, einschliesslich vor der Förderung fossiler Brennstoffe, zu schützen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Perspektivisch ist zu erwarten, dass das jüngste Urteil des ecuadorianischen Verfassungsgerichts einen Präzedenzfall schafft, der es mehr Menschen ermöglicht, im Namen der Natur zu klagen, um die Meeresumwelt vor Ausbeutung, einschliesslich vor der Förderung fossiler Brennstoffe, zu schützen.»
Sehr zu hoffen, dass diese Art von planetarischem Bewußtsein auch hierzulande durchdringt und Früchte trägt.