Sperberauge

Der Ensi-Chef lobt den Atom-Club

Kurt Marti © Christian Schnur

Kurt Marti /  Der scheidende Chef der Schweizer Atomaufsicht schickte einen letzten Gruss an den internationalen Atomfilz.

Hans Wanner, der langjährige Direktor des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi), tritt am 1. Juli 2020 von seinem Amt zurück. Bereits im November 2019 trat er als Präsident der Western European Nuclear Regulators Association (WENRA) zurück, einem Zusammenschluss der europäischen Atomaufsichts-Behörden.

In seinem Abschiedsgruss an seine internationalen Kollegen sagte Wanner: «Aus meiner Sicht ist der grösste Vorteil von WENRA der Clubcharakter.» Damit traf er den Nagel auf den Kopf. Die europäische Atom-Gemeinde verhält sich tatsächlich wie ein Golf-Club.

Wanner nannte den Atomfilz «Professionalität»

Der Club-Charakter ist Wanners Credo auch bezüglich der Atom-Aufsicht in der Schweiz. Als er vor acht Jahren in seinem Club-Programm davon schwärmte, dass das Ensi seine Aufsichtsfunktion im «Einvernehmen» und «nicht mit Misstrauen» gegenüber den Atomkraftwerk-Betreibern wahrnehme, hielt er den Kritikern des Atomfilzes entgegen: «Man mag dies als Filz bezeichnen, wenn sich das Ensi im Ermessensspielraum bewegt, wir nennen das Professionalität.»

Die drei Geologen Marcos Buser, André Lambert und Walter Wildi schicken dem abtretenden Ensi-Direktor in ihrem Blog einen sarkastischen Gruss hinterher: «In seiner Eigenschaft als Ensi-Direktor und als Präsident der WENRA von 2011 bis 2019, hat Wanner gewiss besondere Verdienste erworben. Denn kein Direktor einer Aufsichtsbehörde hat den institutionellen Filz derart offen repräsentiert und gestützt wie er.»

Am 1. Juli 2020 übernimmt ein neuer Mann die Ensi-Direktion. Er kommt aus dem Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (UVEK), das für die Wahl des Ensi-Rats zuständig ist, der den Ensi-Direktor wählt. Der neue Ensi-Direktor heisst Marc Kenzelmann und ist Vize-Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE), das Teil des UVEK ist.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES).

Zum Infosperber-Dossier:

Ensi

Atomaufsichtsbehörde Ensi

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi entscheidet darüber, ob AKWs noch sicher genug sind.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

Eine Meinung zu

  • am 21.06.2020 um 14:46 Uhr
    Permalink

    "Denn kein Direktor einer Aufsichtsbehörde hat den institutionellen Filz derart offen repräsentiert und gestützt wie er."
    Maurer oder Rösti fallen mir dazu ziemlich spontan ein.
    Mag Parteiisch/mein Blickwinkel sein. Dafür schämen tu ich mich aber nicht.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...