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Ein Wissenschaftler der Argonne überprüft Bestäuber in einer Solaranlage. © Argonne National Laboratory/Lee Walston

Bauern profitieren von benachbarten Solarfarmen

Daniela Gschweng /  Wenn der Boden unter Solarpanels bepflanzt wird, steigt die Biodiversität steil an. Das nützt auch den Nachbarn.

«Wenn Du eine Art retten willst, rette zuerst ihr Habitat», heisst eine Binsenweisheit der Ökologen. In den USA hat sich diese Faustregel einmal mehr bestätigt. Nur, dass es nicht um eine Tier- oder Pflanzenart geht, sondern um ein ganzes kleines Ökosystem. Und um kommerzielle Solarkraftwerke.

In einem Projekt des Argonne National Laboratory des US-Energieministeriums (DOE) und des National Renewable Energy Laboratory untersuchten Forschende, was aus ökologischer Sicht mit Flächen geschieht, die grossflächig mit Solarpaneelen versehen werden.

Dabei untersuchten sie ehemaliges Ackerland in Minnesota. Die einstigen Äcker waren zum Solarkraftwerk umgestaltet und mit einheimischen Gräsern und Kräutern bepflanzt worden. Dabei profitierte nicht nur die Natur. Es profitieren auch die Nachbarn, fanden sie in ihrem aufwendigen Feldversuch.

Solarfarmen gaben der Artenvielfalt einen deutlichen Schub

In der Studie wurden zwei «Solar-Bestäuber-Habitate», so die Bezeichnung der Forschenden, ab 2018 während fünf Jahren überwacht. In hunderten Besuchen zählten die Projektteilnehmer Anzahl und Art des Pflanzenbewuchses und der Insektenpopulation.

Mit deutlichem Ergebnis:

  • Die Anzahl der Blütenpflanzen und ihr Artenreichtum erhöhten sich.
  • Die Gesamtzahl der Insekten wuchs stetig und verdreifachte sich binnen fünf Jahren.
  • Der Artenreichtum der gefundenen Insekten erhöhte sich.
  • Am deutlichsten, nämlich um den Faktor 20, nahm die Zahl der Bienen zu.

Die vielen Insekten auf den Solarfeldern helfen zudem bei der Bestäubung auf den verbliebenen Äckern in der Nachbarschaft. Vor allem die Zunahme der Bienen sei ein Vorteil.

Artenreichtum Solarhabitat nach 4 jahren
Die relative Häufigkeit von Insektengruppen, die sich an zwei Solarenergiestandorten in Minnesota ansiedelten, über einen Zeitraum von 5 Jahren.

Benachbarte Äcker könnten durch die Wiesen auf den Solaranlagen sogar produktiver bewirtschaftet werden. Bienen besuchten die nahegelegenen Teile der benachbarten Sojafelder häufiger als vergleichbare Flächen. Die Forschenden stuften das als erhöhte Bestäubungsaktivität ein, die zu höheren Erträgen führen kann.

Die im Fachmedium «Environmental Research Letters» publizierte Studie macht keine Angaben zur Bodengesundheit. Sie gibt aber an, dass die Renaturierung auch deren Verbesserung zum Ziel habe.

Rasante ökologische Erholung gutes Zeichen für die Zukunft

Die Einrichtung von Solar-Bestäuber-Habitaten auf ehemaligen Ackerflächen sei eine praktikable Massnahme, um Grünland wiederherzustellen, die Biodiversität zu erhöhen und die Nahrungsmittelsicherheit sicherzustellen, schreiben die Autor:innen.  

Die Anpassung gehe dabei sehr schnell. Bereits nach drei Jahren würden sich deutliche Effekte der ökologischen Erholung zeigen. Im Hinblick auf die grossen Flächen, auf denen in den USA in naher Zukunft Solarfarmen gebaut würden, sei das eine wichtige Erkenntnis.

Mehr oder weniger Biodiversität?

mdb. Kürzlich hat Infosperber einen kritischen Artikel zu Solar- und Windkraftanlagen in Spanien veröffentlicht. Darin stand: «Wegen der grossflächigen Anlagen verlieren zahllose Tiere ihren Lebensraum, was die Biodiversität im Land gefährdet.» Dies steht in einem gewissen Widerspruch zum oben stehenden Artikel.

Entscheidend dafür, ob es zu einer Verbesserung oder zu einer Verschlechterung kommt, ist, wie gross die Artenvielfalt vor dem Bau der Solaranlagen war. Ebenfalls entscheidend ist, ob der Untergrund nach dem Bau der Solaranlage renaturiert oder gekiest wurde.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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4 Meinungen

  • am 26.02.2024 um 11:26 Uhr
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    Solaranlagen gehören auf Siedlungsflächen. Wenn die «Erneuerbaren» die BIO-logische Landwirtschaft verdrängt, dann kann die Ernährungssicherheit erst recht nicht gewährleistet werden. Subventionen machen LEBENsmittel-Bauern zu Energie-Unternehmer. Der Boden ist zu wertvoll, um Erzeugnisse für den Tank und/oder für die Steckdose zu «erzeugen». JA, für eine NATURliche Beziehung mit uns Menschen!

  • am 26.02.2024 um 11:55 Uhr
    Permalink

    Sehr interessante Studie, die in der Schweiz zwingend gemacht werden müsste bezüglich vulnerabler Alpenpflanzengemeinschaften mit seltenen Arten vor flächendeckendem Überbauen durch Solaranlagen. Sie zeigt auf bedenkensweise Art auch auf, wie arm bzw. fast leer an Pflanzenvielfalt und Insekten Ackerland geworden ist duch Nährstoffeintrag und Giftstoffe. Deshalb ist sie bedingt relevant für unsere Alpen, wo die natürliche Vielfalt noch besteht und jeder Eingriff eine Verarmung darstellen könnte und keine Verbesserung. Landwirtschaftsland ist grundsätzlich wertvoll zur Ernährungssicherheit auf der Welt, diese Güterabwägung müsste noch erfolgen.

  • am 26.02.2024 um 12:19 Uhr
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    Klar erhöht sich die Biodiversität, wenn Monokulturen in natürlichere Kulturen umgewandelt werden. Naturbelassen wird das nicht sein, da Sträucher und Bäume ja regelmässig entfernt werden müssen. Wenn Spritzen billiger ist, wird man sich den Aufwand schenken. Für Solaranlagen in den Alpen gelten diese Vorteile kaum und fruchtbares Ackerland in Technoanlagen umzuwandeln dürfte kaum helfen, den Hunger zu besiegen. Sinnvoller wäre wohl ökologischer biodynamischer Landbau, der weniger Technik, Energie, Rohstoffe und Spritzmittel erfordert, den Boden belebt, mehr Menschen beschäftigt, gesündere Produkte hervorbringt und dadurch Krankheitskosten spart. Aber damit kann das Grosskapital natürlich keinen Gewinn machen…

  • am 26.02.2024 um 14:38 Uhr
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    Eine Steigerung der Biodiversität unter Solar-Freianlagen ist möglich, wenn die Panels auf einen zuvor intensiv genutzen Acker zu stehen kommen, der danach in extensives Weideland umgewandelt wird. Zur Extensivierungs kommt es, weil die riesigen Taktoren nicht mehr um all die Stangen der Panels kurven können und so aufs Ausbringen von chemischen Düngern, Pestiziden, Fungizigen, Herbiziden, Insektiziden usw. verzichtet werden muss..
    Alpine Solaranlagen in bisher unberührten, nur extensiv beweideten Gebieten wie beispielsweise auf der Furggalp auf 2400 m ü. M. («Grengiols Solar im Wallis») dagegen zerstören nicht nur eine bisher weitestgehend unberührte Landschaft, sondern auch artenreiche alpine Rasen auf dünnen Humusschichten, deren Wiederherstellung nach dem Abbau der Anlagen mit ihren Betonsockeln Jahrzehnte, vielleicht gar Jahrhunderte dauern wird. Da kann nicht einfach eine Samenmischung aus der Landi ausgebracht werden und schon blühen die Blumen und die Insekten kommen.

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