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Kampf gegen Neophyten: Die SBB tun so, als ob sie genug dagegen unternähmen. © sbb.ch

Die Fünf-Punkte-Strategie der SBB besteht aus zwei Punkten

Marco Diener /  Bauern kritisieren die SBB. Sie täten zu wenig im Kampf gegen Neophyten. Die SBB dementieren. Und geben den Bauern dann doch recht.

Für die jurassische Landwirtschaftskammer ist der Fall klar: Es sei «absurd», dass die SBB den Grünflächen-Unterhalt reduziert hätten. Sie nähmen hin, dass sich Neophyten und giftige Pflanzen ausbreiten würden. Das schade der Landwirtschaft und der Umwelt. Kürzlich berichtete das «Journal du Jura» über die Kritik der jurassischen Bauern.

«Wir müssen diese Pflanzen im Zaum halten», sagt der Präsident der Landwirtschaftskammer, Martin Kohli, «nur so können wir unsere Biodiversität erhalten. Kommt hinzu, dass gewisse Pflanzen fürs Vieh giftig sind.»

Kohli kritisiert, dass die SBB die Gelder zur Bekämpfung der Neophyten gekürzt hätten. Doch deren Bekämpfung sei «nicht nur eine Frage des Budgets, sondern auch der Umweltverantwortung».

Die Landwirtschafskammer zeigt sich verärgert darüber, dass Bauern die Neophyten bekämpfen müssten, wenn sie nicht Kürzungen bei den Direktzahlungen riskieren möchten. Dass aber die SBB keinerlei solche Verpflichtungen hätten. Bereits zeige sich, dass sich die Neophyten entlang der Gleisanlagen stark ausbreiten würden.

«Fakt ist: …»

Drei Tage nach dem Artikel im «Journal du Jura» reagierten die SBB ungewöhnlich harsch. Sie veröffentlichten eine Medienmitteilung, die wie ein Dementi klang. Titel: «Fakt ist: Die SBB gehen in der Grünpflege gezielt vor.» Die Leserinnen und Leser bekamen den Eindruck, die jurassische Landwirtschaftskammer habe die SBB zu Unrecht kritisiert.

Da stand: «Verschiedene Bauernverbände und auch Privatpersonen haben in letzter Zeit in den Medien kritisiert, die SBB unternähmen zu wenig bei der Grünpflege, insbesondere im Kampf gegen Neophyten. Die SBB unterhalten ihre Grünflächen gezielt. Sie bekämpfen invasive Neophyten auf ihren Flächen und halten sich dabei an die gesetzlichen Vorgaben.»

Grundlage dafür sei eine Fünf-Punkte-Strategie:

  1. Ausbreitung von gesundheitsgefährdenden Arten verhindern.
  2. Ausbreitung von bahntechnisch problematischen Arten eindämmen.
  3. Bekämpfung von Neophyten in Naturschutzgebieten, auf Auflagefläche und Biodiversitätsflächen.
  4. Ausbreitung des schmalblättrigen Greiskrauts eindämmen.
  5. Teilnahme an kantonalen und kommunalen Bekämpfungskonzepten.

Ein schlechter Witz

Alles bestens – also? Überhaupt nicht. Wer die Medienmitteilung zu Ende liest, kommt zum Schluss: Der Anfang war ein schlechter Witz. Denn am Schluss müssen die SBB zugeben, dass die jurassische Landwirtschaftskammer mit ihrer Kritik völlig recht hat.

Die SBB klagen nämlich plötzlich: «Die finanziellen Mittel, welche den SBB zur Verfügung stehen, sind jedoch beschränkt. Die Mittel dienen verschiedenen Verwendungszwecken. Es müssen beispielsweise Gleise geschliffen und Brücken unterhalten werden, ebenso wie Signale und Fahrleitungen.»

Und: «Aufgrund der finanziell angespannten Lage müssen die SBB derzeit den Gehölzunterhalt, die Bekämpfung der Vegetation im Gleisbereich und der Neophyten reduzieren. Bei Letzteren gehen sie momentan primär gegen diejenigen Arten vor, welche gesundheitsschädigend sind oder den Bahnbetrieb beeinträchtigen (Punkte 1 und 2 der oben erwähnten Strategie).»

Oder anders gesagt: Ja, die SBB vernachlässigen den Kampf gegen die Neophyten. Eine Fünf-Punkte-Strategie gibt es nicht. Denn die Punkte 3 bis 5 sind Makulatur.


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Eine Meinung zu

  • am 1.08.2024 um 13:20 Uhr
    Permalink

    Das Schlimmste, das gerade die Schweiz erobert, ist das Berufkraut. Vom Basistunnel aus in alle Richtungen. Infosperber verschweigt aber dass es im Strassenbau haargenau gleich aussieht.
    Bei der Bahn ist das Geld tatsächlich zu Ende. Was tun? Strecken ohne Benützer stilllegen und verschenken. Ich fuhr mit dem Zug von Pruntrut nach Delle und war mit dem Lokführer allein im Zug.
    Wenn wir nur Strecken beibehalten, wo Menschen auch Zug fahren wollen und dafür bezahlen,kann sich die SBB auch den korrekten Unterhalt leisten.

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