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Der Pionier der Hostelleria in Linescio, Umberto Hollenweger, im Büro der Rechtspermanence in Zürich © cm

Ein Pionier im Tessin findet bereits Nachfolger

Christian Müller /  Umberto Hollenweger gründete in Linescio die Rustico-Hostelleria für Gruppen ohne viel Geld. Die brillante Idee macht Schule.

Er ist ein Tausendsassa. Er hat Ideen und lässt nicht locker, bis sie realisiert sind: in diesem Sinne ist er auch ein «Macher». Und er ist ein Menschenfreund: Seine guten Ideen sind immer ausgerichtet und gedacht für jene, die nicht im Geld schwimmen.

Hubertus Hollenweger aus dem Luzernischen war gerademal 21-jährig, als er mit einem Kollegen zusammen auf der Heimreise von einem Trip nach Italien in Linescio, auf 650m über Meer, 250m über Cevio im Maggiatal, ein verfallenes Rustico kaufte. Aber sein Herz schlug nicht nur für die Ruine, die er mit viel Eigenarbeit schon bald in ein kleines Paradies verwandelte, seine Liebe galt auch der Umgebung, der Landschaft, die es zu schützen galt, und dem ganzen Dorf. 1997 gründete er deshalb die «Fondazione Rivivere Canton Sotto». Das war der Anfang eines ganz neuen Projektes. Heute gibt es die Hostelleria, eine aus mehreren käuflich übernommenen und mit grossem Eigenaufwand restaurierten Rusticos zusammengesetzte Herberge für Gruppenreisende, für Schulklassen, für Vereine, für private Wandergruppen, für alle mit kleinerem Portemonnaie, mit 70 Schlafstellen in unterschiedlich grossen Schlafräumen, mit mehreren Rusticoküchen und einem parkähnlichen Umfeld, in dem für die unterschiedlichsten Spiele Platz ist auch für jene Hostelleriagäste, die nicht auf Wanderung unterwegs sind. Und im Bergbach, der nur wenige Schritte weiter unten vorbeifliesst, gibt es mittlerweile eine phantastische Badestelle. Und all das ab 21 Franken die Nacht für Jugendliche und ab 27 Franken die Nacht für Erwachsene.

Aus zerfallenen Rustici wurden stil- und materialgetreue Rustico-Herbergen.

Auch Paradiese müssen erarbeitet werden

Was hinterher ganz einfach tönt, war aber langjähriger Einsatz von vielen Freiwilligen – und nicht zuletzt von Umberto selbst, wie Hubertus sich zwischenzeitlich meistens nennt. Über 7000 Arbeitstagen stecken allein im Landschaftsschutz, unendlich viel Freiwilligen-Arbeit und auch viel Geld in der Restauration der Rustici. Aber das war ja auch nicht das einzige Projekt von Hubertus Hollenweger, er musste ja auch an sich selber arbeiten und selber «etwas» werden. Gerlernt hatte er Maurer, dann wurde er Hochsee-Segellehrer, er arbeitete als Model, Privatchauffeur, als Wirt – mit Wirtepatent selbstverständlich! – und und und. Und mit 48 Jahren beschloss er, Jurist zu werden. Zu viele Leute, so sagte er sich, kennen das Recht nicht und brauchen juristische Hilfe und Beratung. Auch daraus wurde ein Projekt, ein sensationelles: eine rund-um-die Uhr-und-7-Tage-Beratung im Rechtsbereich. «Rechtshilfe & Schiedsgericht / Mobbingberatung & Coaching / 365 x 24 h: stationär, mobil , telefonisch» steht kurz und bündig auf der Website der Rechtspermanence, wie sich das Büro mit heute mehreren Juristen nennt.

… und mehr Leute sollen das Recht verstehen

Auch das neuste Projekt bezieht sich auf das Recht. Umberto Hollenweger hat eine Rechtsschule für den Alltag gegründet. Demnächst läuft der zweite Kurs an, diesmal schon in verschiedenen Schweizer Städten.

Doch zurück zu Umbertos Hostelleria in Linescio. Zwischenzeitlich läuft die Herberge schon recht gut, dieses Jahr dürfte sie auf über 5000 Übernachtungen kommen. Und auch das eine und andere Hochzeitsfest hat dort schon stattgefunden. Wer dort sein Glück sucht, die Chance, es zu finden, ist gross. Man wandert, schwimmt, lacht, spielt zusammen, spricht italienisch, deutsch, französisch, englisch.

Auch ein Sommernachtsfest im Park der Hostelleria kann an einem warmen Sommerabend einmal abgehen, wenn die Gäste sich gut verstehen.

Ganz gratis ist die Hostelleria allerdings nicht zustande gekommen. Trotz Spenden der Schweizer Berghilfe, des Kantons Tessin, des Schweizer Landschaftsschutzes, der Göhner-Stiftung: Noch stehen in den Büchern Schulden in sechsstelliger Höhe, und vorne steht keine 1. Neben lebenslustigen Gästen sind also auch immer noch weitere Sponsoren gesucht!

Umbertos Idee macht bereits Schule

Wer regelmässig BBC London liest, hört und/oder schaut, hat es vielleicht gesehen: Der britische Sender brachte vor einigen Tagen ein Interview mit dem Gemeindepräsidenten des kleinsten Dorfes im Tessin: Corippo. Er ist unter den verbliebenen 16 Einwohnern des Rustico-Dorfes im Verzascatal der einzige, der noch zur Arbeit geht, alle anderen sind bereits pensioniert. Auch hier gibt es ein Hotel-Projekt, auch hier sollen die Rusticos restauriert und wiederbelebt werden. Über 6 Millionen Franken sollen hier investiert werden! Auf viele Freiwillige rechnet man hier offenbar nicht. Vielleicht fehlt es am richtigen Motivator!

Trotzdem: Der Schweizer Korrespondent der BBC London war begeistert. Hier geht’s zum Video, er dauert nur anderthalb Minuten. Einfach anklicken!

Was er übersehen hat: dass die Idee ein bisschen «geklaut» ist – von Umberto Hollenweger. Von wem denn sonst?

Und trotzdem fast unbekannt?

Müsste so ein Pionier – dieses Wort hört Umberto Hollenweger für sich am liebsten – nicht auch längst eine landesweit bekannte Grösse sein? Aber natürlich! Immerhin: Die Luzerner Zeitung kennt ihn, die NZZ am Sonntag kennt ihn, die Tessiner Zeitung kennt ihn. Und auch beim Fernseh-Aeschbacher war er schon einmal Gast. Da, im Fernsehen, kann man ihn denn auch leibhaftig sehen, diesen Tausendsassa! Einfach hier anklicken!

Der an der Hostelleria vorbeifliessende Bergbach Rovana bietet traumhaft schöne Badeplätze (Foto Peter Derron)

Und für Interessierte: Auch die Website Gruppenhaus empfiehlt die Hostelleria in Linesco


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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Eine Meinung zu

  • am 29.09.2017 um 15:46 Uhr
    Permalink

    Ich frage mich, wo das Wort Hostelleria gefunden wurde. Ich finde es in keinem italienischen Wörterbuch und eine Herberge heisst auf Italiensich ostello, ohne h.

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