Der Strassenkreisel erobert die Welt
Australien hat 8’000 Kreisel, in Frankreich zählt man 30’000. Die Briten bauten ihren ersten Roundabout (Kreisel) in Letchworth Garden City 1909 – aber es dauerte bis 1990, dass die USA nachzogen: Sie bauten im Bundesstaat Nevada ihren ersten Strassenkreisel. Heute sind es im ganzen Land rund 3’000 – «jeder Bundesstaat hat einen», schreibt das britische Magazin «The Economist» in einer Story spöttisch.
Dass der Kreisel in den USA heimisch geworden ist, kann bestätigen, wer sich per Auto durch das Land bewegt – und die Amerikaner benutzen die Kreisel durchaus korrekt. Das war offenbar nicht immer so. Die Behörden mussten in aufwendigen Kampagnen darüber aufklären, wie man richtig in einen Kreisel hineinfährt und ihn wieder verlässt. Auf den mehrspurigen US-Strassen ist das nicht immer ein leichtes Unterfangen. Ein Wald von Signalen nimmt den Autofahrer daher vor einem Kreisel an die Hand, um ihn hindurch zu geleiten.
Probleme beim Linksverkehr
Für im Rechtsverkehr geschulte Europäer ist ein US-Kreisel leicht zu begreifen. Ganz im Gegensatz zu Ländern mit Linksverkehr wie Grossbritannien, wo die Roundabouts gar nicht mehr zu zählen sind. Noch nach Tagen muss sich das Autofahrerhirn daran gewöhnen, dass sich der Verkehr im Uhrzeigersinn durch den Kreisel bewegt, was die Ein- und Ausfahrt nicht leicht macht.
Unbestritten ist die grössere Verkehrssicherheit eines Kreisels gegenüber einer Lichtsignalanlege. Staus sind weniger lang und Unfälle nehmen markant ab. Das haben auch die USA gemerkt. Das US-Department of Transportation rechnete nach: Auf Strassen, wo Kreuzungen durch Kreisel ersetzt wurden, gab es 35 Prozent weniger Kollisionen, 76 Prozent weniger Verletzte und 90 Prozent wenige Tote.
Die Schweiz baut fleissig mit
Waren 1997 weltweit 30’000 bis 40’000 Kreisel in Betrieb, dürften es mittlerweile laut «Economist» rund 60’000 sein. Auch die Gemeinden in der Schweiz stellen fleissig die im Bau und Unterhalte nicht billigen Kreisel auf und dürften mit einigen hundert Stück in der Statistik vertreten sein. Allein die Hälfte aller Kreisel steht aber in Frankreich, das sich früh schon als Kreisel-Fans entpuppte. Der «Economist» vermutet, auch hier leicht ironisch, dass dies mit der französischen Rivalität im Kampf um den schönsten Kreisel zu tun haben könnte.
Kreiselschmuck oder Kreiselkunst ist in der Tat ein besonderes Kapitel. Die britische Roundabout Appreciation Society zeichnet jeweils den «Kreisel des Jahres» aus. Gegenwärtig hält den Titel ein Kreisel in York, in dessen Mitte eine Windmühle steht. Er gewann knapp vor einem Kreisel, der um einen Ententeich herumführt. Für die Schweiz listet die Webseite www.kreiselkunst.ch die Werke akribisch auf.
In beiden Richtungen durch den Kreisel
Aber nicht überall rollt der Verkehr problemlos durch die Kreisel, besonders in ärmeren Ländern ist das oft nicht der Fall, wie der «Economist» schreibt. Sie verzichten auf teure Kampagnen wie in den USA oder haben andere Prioritäten. In Bagdad fahren Motorisierte gelegentlich in beiden Richtungen durch Kreisel. In Nairobi seien die vier Kreisel im Zentrum derart verstopft, dass Polizisten im Kreisel als menschliche «Lichtsignale» funktionieren müssten – nur um sich bei Regenfällen irgendwo unterzustellen, was das Chaos bloss noch grösser mache.
Aber auch in italienischen Regionen gibt es zuweilen an Kreiseln Verwirrung, wenn die üblichen internationalen Regeln ausser Kraft gesetzt werden, indem die in Kreisel hineinfahrende Lenker Vortritt hätten oder beanspruchten. Forscher der Hasselt Universität in Belgien erklären übrigens, dass Velofahrer 41 Prozent wahrscheinlicher in einem Kreisel getötet werden als an einer Kreuzung.
Doch hier scheint Abhilfe in Sicht. In Holland werden erste Kreisel getestet, bei denen Auto- und Velofahrer auf separaten Spuren durch die Runde geführt werden. In London soll der erste derartige Kreisel allenfalls 2014 in Betrieb kommen. Damit wäre der Kreis geschlossen: Die Idee eines Pioniers käme als ausgefeilte Variante zu ihm zurück.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Aus meiner gestrigen Festansprache zu «70 Jahre Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftstellerverband » (ISSV) im Grossratssaal zu Sarnen/OW:
"Lyrik ist ärmste Kunst. Davon vermochte nicht einmal Goethe zu leben. Mit den Gesamteinnahmen aller Schweizer Lyriker des 20. Jahrhunderts – die Gedichte von Schweizerbürger Hermann Hesse vielleicht ausgenommen – könnte man keinen künstlerisch geschmückten Verkehrskreisel finanzieren. Trotzdem möchte ich hier bekennen, auch wenn es ganz subjektiv ist und ich nicht über die Kritikerautorität von Reich-Ranicki selig verfüge: Ein jedes Gedicht – sagen wir mal von Max Huwyler oder von Erwin Messmer oder von Erika Burkart – verfügt über eine Substanz, wie ich es noch bei keinem Kreiselkunstwerk gefunden habe, und dies – dem ortsfesten Eremiten Bruder Klaus sei es geklagt – bei weit über einer Million gefahrener Kilometer!"
Als aktiver Radfahrer kenne ich unsere Kreisel bestens – aber auch die Autofahrenden.
Stets darauf bedacht genug früh vor dem Kreisel in die Fahrbahnmitte zu wechseln stosse ich bei den rassigen Autofahrenden auf sehr wenig Verständnis. Es wird meistens mit der Hupe und dem entsprechenden Stinkfinger quittiert – bei extremen mit Überholen und Weg abschneiden. Ebenso darf man sich im einspurigen Kreisel nie überholen lassen – andernfalls man am Ausgang mit dem Abschuss rechnen muss weil viele Steuernde viel zu schnell in den Kreisel einfahren und entsprechend eng (am rechten Fahrbahnrand entlang) ausfahren. Viele Lastwagenfahrende sind in dieser Beziehung ganz spezielle Künstler – da hebt’s wegen der Geschwindigkeit schon mal den Anhänger oder Aufflieger bei der Einfahrt rechts am Randstein; bei der Insel links und zum Abschluss nochmals rechts bei der Ausfahrt. Da bleibt dem Tretenden nur noch bremsen oder unter dem Anhänger hervor sein Recht zu verlangen…
Bei zweispurigen Kreiseln wird das Radfahren aus meiner Sicht zum Glücksfall. Den Weg der nachfolgenden Fahrzeuge lässt sich nicht sperren – entsprechend wird man überholt und abgewürgt. Meistens muss man rätseln ob das Auto nun ausfahren will oder nicht – den Blinker zu betätigen ist für sehr viele ein Luxus, den sie nicht übernehmen wollen. Dass das eigentlich Gesetz ist scheint denen fremd. Hier täte Aufklärung für sehr viele Autofahrende sehr gut.
In diesem Sinne – bis zum nächsten Kreisel…
Ich kann – oder muss – mich Herrn Dietschis Meinung nur anschliessen. Ergänzen möchte ich nur, dass gewisse Kreisel auf kaum zu überbieten sind bezüglich «wie man sie nicht bauen sollte". Dass man überhaupt mit übersetzter Geschwindigkeit einen Kreisel durchfahren kann, ist ein grundsätzlicher Fehler seitens der Planer. Kreiseldurchmesser und -spurbreite tragen entscheidend dazu bei, wie ein Kreisel genutzt wird. Achja, noch zum Schluss: Ich habe noch nie eine Polizeikontrolle bei einem Kreisel gesehen. Gibt es das?
Ein Kreisel ist wie im Artikel bemerkt eine verkehrstechnische Erungenschaft die viele Vorteile hat. Wenn man aber mit einem Wohnmobil vor allem in einer Wohngegend in Frankreich unterwegs ist, wo vor und nach jedem Kreisel meist noch eine Schwelle eingebaut ist, ist das Fahren harte Arbeit. Gas geben, abbremsen, runterschalten, aufpassen das beim überfahren der Schwelle das Geschirr noch heil bleibt, schon wieder schalten, am Lenkrad drehen (das geschirr quittiert auch dies), aufpassen um die richtige Ausfahrt zu finden, Gas geben und nach 200 Meter das ganze von vorn.
Grundsätzlich finde ich Kreisel als Autofahrer gut (mein Aktionsradius als Velofahrer reicht glücklicherweise nicht bis zu einem Kreischel..)
Gewiss gibt es zuviele Kreisel, auf manch einen könnte verzichtet werden. Und was die sogenannte Keiselkunst betrifft…. Verzicht in allen Fällen!!! – nicht nur wegen meist fehlender Qualität der Pseudokunst, sondern auch aus Gründen der Verkehrssicherheit! Die Sicht wird oft eingeschränkt und falls es zu Stürzen von Zweiradfahrenden kommen sollte, sind die Landungen wegen der «Kunst» oft härter als ohne.
Wann wird sich endlich die BfU skeptisch äussern?