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Warum fressen Wale so viel Plastik? Womöglich, weil es sich anhört wie schmackhafte Beute. (Das Bild zeigt einen Walhai) © Depositphots

Gefährlicher Irrtum: Für Wale klingt Plastik wie Futter

Daniela Gschweng /  In der Tiefsee orientieren sich Wale und Delfine durch Schall – und werden so Opfer von Plastikmüll.

Immer wieder stranden Meeressäuger mit grossen Mengen Abfall im Magen. Bisher vermutete man, dass Fische Plastik verschlucken, weil es für sie aussieht wie Beute. Eine neue Untersuchung legt nahe, dass Wale und Delfine sich nicht im Aussehen irren. Die akustische Signatur von Plastikbeuteln und Ähnlichem täuscht ihnen Beutetiere vor.

Tief tauchende Wale, die mit Sonar jagen, können Plastikmüll im Ozean demnach akustisch kaum von ihrer natürlichen Beute wie Tintenfischen unterscheiden. Ein Plastiksack klingt für einen Wal ähnlich wie ein Kalmar, fanden Forschende, die die Schallsignaturen verschiedener Gegenstände ermittelten. Zu den Zahnwalen gehören Pottwale, Narwale, Schnabelwale, Schweinswale und vor allem Delfine.

Fische und Meeressäuger gehören zu den lautesten Tieren der Welt

Viele davon jagen in der Tiefsee. Zu der Verwechslung kommt es aufgrund ihrer Lebensumstände: Unter Wasser wird es mit zunehmender Tiefe schnell dunkel. Spätestens ab 60 Metern Tiefe kommt auch bei klarem Wasser kein Licht mehr durch. Schall pflanzt sich dafür viermal so schnell fort wie in der Luft. Viele Fische und Meeressäuger sind deshalb Meister der Töne.

Wale und Defhine können nicht nur sehr viele verschiedene Töne äussern, sie hören auch ausgezeichnet. Zahnwale senden und empfangen Töne zwischen 100 und 200’000 Hertz – weit ausserhalb des Spektrums, das Menschen noch wahrnehmen können. Und sie können auf lange Strecken kommunizieren. Laut. Fische und Meeressäuger gehören zu den lautesten Tieren der Welt. Der Ton eines Pottwals kann so laut sein, dass er einen Menschen töten kann.

Wale orientieren sich im Dunkeln durch Sonar. Das heisst, sie stossen einen Ton aus und «messen» das Echo. Diese Technik nutzen sie seit Jahrmillionen zur Jagd. Plastik war in ihrer Evolution bis vor Kurzem nicht vorgesehen. Nun werden sie Opfer von Umweltverschmutzung.

Für ihren Vergleich sammelten die Forschenden der Duke University Plastikabfall an den Küsten von North Carolina ein. Darunter Folien, Plastiktüten, -kanister, und -flaschen oder Reste von Bojen wie sie in den Mägen von Walen gefunden werden. Deren Echoprofil verglichen sie mit dem Profil von toten Kalmaren sowie Beuteteilen aus den Mägen von Walen.

Akustisches Signal von Plastik stärker als von Beutetieren

Die akustische Signatur von Plastiksäcken, Seilen und Flaschen stimme fast vollständig mit der von Beutetieren wie Tintenfischen überein, schreiben sie in der im «Marine Pollution Bulletin» veröffentlichten Arbeit. Die meisten Signale waren sogar stärker ausgeprägt. Eine Studie aus 2024 war zu ähnlichen Ergebnissen gekommen.

Das erklärt, warum Plastik für viele Wale anscheinend unwiderstehlich ist. Was den Tieren als besonders schmackhafter Tintenfisch erscheint, wäre dann in Wirklichkeit ein Stück Plastikfolie oder ein weggeworfener Luftballon. Ein Seil «hörte» sich an wie ein Tentakel.

Was Wale und Delfine in Folge fressen, ist weniger appetitlich. Unter den untersuchten Materialien fand sich HDPE (High Density Polyethylen), PET (Polyethylenterephthalat), Styropor (Polystyrol, PS), Latex-Kautschuk und Nylon (Polyamid).

Die Forschenden betonen, dass Plastikverschmutzung eine wachsende Bedrohung für Meeressäuger darstellt. Plastikteile können bei ihnen zu Gewebeschäden führen, Infektionen auslösen sowie Fortpflanzung und Wachstum der Tiere beeinflussen. Sie können zum Ersticken führen und den Magen verstopfen. Das Tier verhungert oder stirbt an Infektionen.


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