Erste Millionenstadt will die Einweg-Steuer
50 Cent Einwegabgabe auf Kaffeebecher und Einweggeschirr sowie 20 Cent auf Einwegbesteck – was in der süddeutschen Kleinstadt Tübingen seit 2022 gilt, soll demnächst auch in Köln, der ersten Metropole, eingeführt werden.
Das hat der Kölner Stadtrat auf Antrag der Parteien CDU und Grüne am 13. Februar mit deutlicher Mehrheit entschieden. Eine Beschlussvorlage ist in Arbeit. Köln wäre damit die erste Millionenstadt, die Geld für Einweggeschirr und -besteck verlangt. Der Rat der Stadt Bonn traf am selben Tag die gleiche Entscheidung.
Hoffnung auf kleinere Becherberge und Kartonhaufen
Die Einweg-Steuer soll die in Grossstädten besonders störenden Müllberge verkleinern. Köln hofft auf kleinere Becherberge, Kartonansammlungen und weniger überquellende Mülleimer – nicht zuletzt, weil die Beseitigung von Fast-Food-Abfall viel Geld verschlingt. Laut dem WDR werden in Köln jeden Tag 180’000 Einwegbecher weggeworfen.
Bezahlen müssen die Steuer zunächst die Gastrounternehmen, die Einweggeschirr nutzen – was diese vermutlich an die Kundinnen und Kunden weitergeben werden.
Die 2022 eingeführte Tübinger Fast-Food-Steuer hatte mehr als zwei Jahre lang für Diskussionen und Gerichtsverfahren gesorgt («Infosperber» berichtete darüber). Ende November 2024 setzte sich die süddeutsche Kleinstadt schliesslich vor dem deutschen Verfassungsgericht durch. Seither interessieren sich auch andere abfallgeplagte Städte für das Modell.
Deutsche Umwelthilfe begrüsst die Abgabe
In Deutschland gilt seit 2023 ausserdem die Mehrwegangebotspflicht. Das heisst, Gastronomiebetriebe, die Take-away anbieten, müssen auf Nachfrage Mehrweggefässe bereitstellen. Viele hielten sich allerdings nicht daran, bemängelt die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die bereits mehrere Unternehmen wie Starbucks, Dunkin’ Donuts, McDonalds und Back-Factory verklagt hat. Es gebe zudem zu viele Ausnahmeregelungen.
Die DUH begrüsst eine umfassende Abgabe, um Mehrweglösungen für Konsument:innen attraktiver zu machen.
Gaststättenverband hält nichts von der Steuer
Der Gaststättenverband Dehoga lehnt die Steuer ab. Gerade in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Lage stelle sie eine finanzielle und bürokratische Belastung dar, die in die Berufsfreiheit eingreife, argumentiert er.
In Tübingen müssten Gastronomen beispielsweise vierteljährlich Vorauszahlungen leisten und hätten eine Nachweispflicht. Der Verband fürchtet ausserdem einen Flickenteppich an Regelungen in ganz Deutschland.
Natürlich sei man für saubere Innenstädte, sagte auch der Geschäftsführer des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen Aachen-Düren-Köln, Jörg Hamel, zum Entschluss des Stadtrates. Eine Verpackungssteuer sei dazu aber das falsche Mittel.
Dehoga sieht eine Lenkungswirkung der Abgabe dagegen als nicht erwiesen an. Auswertungen in Tübingen zeigen bisher tatsächlich keinen klaren Effekt. Fast-Food-Verpackungen wiegen im Verhältnis zum gesamten Tübinger Abfall aber so wenig, dass es schwierig sei, einen Rückgang festzustellen, sagt die Universität Tübingen, die 2023 eine Studie durchgeführt hat.
Das Abfallaufkommen in Tübingen sei jedoch «sichtbar und spürbar zurückgegangen», schrieb die Medienstelle der Stadt 2023 auf eine Anfrage von «Infosperber».
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Keine
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