Elektroschrott: Deutschlands mutloses Recyclinggesetz
Die Rückgabe von Elektroschrott soll in Deutschland künftig einfacher werden. Am 15. April hat der deutsche Bundestag eine Änderung des Elektro- und Elektronikgesetzes beschlossen, die Supermärkte, Discounter und Onlinehändler verpflichtet, Elektrogeräte zurückzunehmen. Die Änderung, die voraussichtlich nächstes Jahr in Kraft tritt, ist begrüssenswert. Ein grosser Wurf ist sie allerdings nicht.
Märkte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern müssen Elektrogeräte künftig zurücknehmen, wenn sie selbst wenigstens gelegentlich solche anbieten. Falls die Geräte eine Kantenlänge von mehr als 25 Zentimetern haben, muss der Kunde gleichzeitig ein neues Gerät kaufen.
Massnahmen gegen den E-Müllberg
Deutschland will damit die viel zu niedrige E-Recyclingquote von 43 Prozent deutlich anheben. Die EU schreibt 65 Prozent vor – und auch das ist wenig. Weltweit wird immer mehr Elektromüll produziert, die pro Kopf grösste Menge fällt dabei in Europa an. Vom nicht nachvollziehbar entsorgten oder recycelten E-Müll fehlt zu grossen Teilen jede Spur (Infosperber berichtete).
Die Gesetzesänderung wurde mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD angenommen. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Das rechtfertigt einen näheren Blick – nämlich auf das, was nicht im Gesetz steht:
- Der deutsche Bundesrat hatte vorgängig vorgeschlagen, fest verbaute Akkus in Produkten wie Laptops und Handys zu verbieten. Die Länderkammer wollte ein Gesetz, das es Konsumenten erlaubt, den Akku selbst zu wechseln. Die EU-Kommission und das Bundesumweltministerium waren ebenfalls dafür.
Gescheitert ist dies vermutlich an der Macht der Hersteller. Samsung etwa warnte laut «heise» bei einer Anhörung, dass dann spezielle Geräte für den deutschen Markt entwickelt werden müssten, die dann «etwas klobiger ausfallen könnten». Dass es bereits Handys mit austauschbaren Akkus gibt, fiel unter den Tisch.
- Die Grünen und Die Linke hatten beantragt, ein Elektronik-Pfand für Smartphones und Tablets einzuführen, um einen Anreiz zu schaffen, ausgediente Geräte korrekt zu entsorgen. Derzeit ist das nicht einmal bei der Hälfte der Altgeräte der Fall. Der Antrag scheiterte.
- Ein Recht auf Reparatur wird es in Deutschland vorerst ebenfalls nicht geben.
- Eine Bewertung der Langlebigkeit von Elektrogeräten oder Vorgaben für ein recyclingfreunliches Design, bei dem einzelne Teile besser voneinander getrennt werden können, auch nicht.
Ein beherzter Schritt in die Kreislaufwirtschaft ist das also nicht. Andere Länder sind da mutiger, zuletzt beispielsweise Frankreich mit der Einführung des Reparierbarkeits-Indexes, einer der Vorschläge des französischen Klima-Bürgerrates, der kürzlich umgesetzt wurde (Infosperber berichtete).
Deutsche Discounter müssen Kleingeräte zurücknehmen
Immerhin müssen Aldi, Lidl, Rewe und Co. die elektrische Zahnbürste und den kaputten Fön voraussichtlich ab nächstem Jahr zurücknehmen, auch Tonerkartuschen und Druckerpatronen. Zumindest in grösseren Filialen, und falls der Fön nicht länger als 25 Zentimeter ist. Das gilt auch für den Onlinehandel, der eigentlich schon seit Jahren Recyclingmöglichkeiten anbieten muss.
Für die Waschmaschine führt der Weg dann nach wie vor zum Recyclinghof, wenn nicht gleichzeitig eine neue gekauft wird. Dort sollen Container, in denen E-Müll gesammelt wird, in Zukunft sorgfältiger befüllt werden. Bisher landet vieles mit Schwung in der Mulde und geht dabei kaputt, was immer wieder für Brände oder das Austreten giftiger Inhaltsstoffe sorgt.
Schweizer System hat bessere Rücklaufquote
Das unkomplizierte Schweizer System, das über den vorgezogenen Recyclingbeitrag die Rücknahme von Elektromüll beim Händler finanziert, ist da nicht nur ökologisch erfolgreicher. Bei einer Rücknahmequote von 95 Prozent gehen viel weniger wertvolle Rohstoffe verloren. Allerdings ist der Konsum von Elektronikprodukten in der Schweiz sehr hoch.
In Deutschland gekaufte Elektrogeräte können auch künftig in der Schweiz zurückgegeben werden. Der Konsument bezahlt in diesem Fall zwar keine Recyclingabgabe, das ist jedoch nicht weiter schlimm. «Für das Schweizer Recycling-System ist das keine grosse Belastung», sagt Chris Ruegg von Swiss Recycling. Ein paar ausländische Elektrogeräte von Privaten könne die Schweiz verkraften. Wichtiger sei, dass sie korrekt entsorgt würden. Das weit grössere Problem seien gewerbliche Einfuhren. Etwa, wenn für grosse Bauvorhaben viele Elektrogeräte aus dem Ausland importiert würden, die dann in zehn, fünfzehn Jahren als Elektroschrott anfallen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
» Bei einer Rücknahmequote von 95 Prozent gehen viel weniger wertvolle Rohstoffe verloren. »
Was passiert mit den Geräten nach der Rücknahme bei uns ?
Werden die wertvollen Rohstoffe hier im Land recycelt, wo und von wem ?
Wieviel von den 95% gehen doch in andere Länder ?
Wer überwacht dort das hoffentlich umweltschonende Recycling ?
Nach meinem Kenntnisstand gibt es in der Schweiz bei der Fa.Kyburz Switzerland AG seit Sept/2020 eine erste kleine Anlage für das Recycling von Lithium aus Lithiumbatterien mit einer Recycling-Quote von bis zu 91%.
https://www.empa.ch/web/s604/kyburz-batterierecycling
Wieviel Lithium ist noch verfügbar, nach 30 Recycling Zyklen ? – 5,9%
Es gibt den weisen Spruch, «Eigenlob stinkt».
Wenn dann noch subtil instrumentalisierter Nationalstolz dazu kommt, frage zumindest ich mich, automatisch, welcher Zweck wird noch verfolgt ?
<< Samsung etwa warnte laut «heise» bei einer Anhörung, dass dann spezielle Geräte für den deutschen Markt entwickelt werden müssten, die dann «etwas klobiger ausfallen könnten».
ja UND???? ist DAS etwa ein argument?? es geht doch um umweltschutz! wenn alle "etwas klobiger sind" dann werden wir halt damit leben.
der lobbyismus muss verboten werden, so wird das nichts.