Kommentar

Wer ist bereit, für den Donbas selber zu sterben, wer?

Marc Chesney © zvg

Marc Chesney /  Das Recht auf Verteidigung versus das Recht auf Leben. Der Krieg ist eine Wette mit dem Einsatz von Millionen Menschenleben.

upg. Grosse Medien informieren viel über Argumente, die dafür sprechen, der Ukraine zu ermöglichen, sämtliche von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Deshalb lässt Infosperber zur Meinungsbildung ergänzend Stimmen zu Wort kommen, von denen man in grossen Medien wenig liest und hört. Heute den Zürcher Finanzprofessor Marc Chesney,


Keine der vorgeblich demokratischen Regierungen fragt ihre Bürger, ob sie bereit wären, sich für den Donbas oder die Krim eventuell zu opfern. Deshalb sollten sich alle ganz persönlich diese Frage stellen. Wer im Namen des Rechts auf Selbstverteidigung, das jedem Land zusteht, auf Krieg drängt, sollte sich überlegen, welche Folgen dieser Krieg für sie selber, ihre Familien und ihr privates Umfeld haben könnte. 

Wer sein Recht auf Leben und Achtung als unabdingbar einstuft, sollte seine Stimme erheben. Ohne dass es weder bei uns noch in der Ukraine eine demokratische Aussprache darüber gegeben hätte, befinden wir uns jetzt auf einem gefährlichen, ja apokalyptischen Kurs. 

Ein paar Dutzend Einzelpersonen, kriegerische Minister, Generäle, Waffenproduzenten und Financiers stecken ihre Köpfe hinter verschlossenen Türen in Ramstein, Davos oder anderswo zusammen und beschliessen, eine Wette darüber einzugehen, wie Vladimir Putin auf die kürzlich beschlossenen Lieferungen von Kampfpanzern – und womöglich auf künftige Lieferungen von Kampfflugzeugen – an die Ukraine reagieren wird. Der Einsatz der Wette ist das Leben von Millionen, ja Milliarden Menschen. 

Einige «akkreditierte Kommentatoren» wetten, dass er rational agieren werde, andere (manchmal die gleichen, bloss zu einem späteren Zeitpunkt) räumen ein, dass seine Reaktion nur schwer vorhersehbar sei. Politische «Verantwortungsträger» wie Emmanuel Macron betonen, die Lieferung von schweren Waffen mache ihr Land nicht zur Kriegspartei, andere, dass sie sich de facto bereits im Krieg gegen Russland befänden. So sagte Annalena Baerbock, Grünenpolitikerin und deutsche Aussenministerin kürzlich: «Wir führen einen Krieg gegen Russland». 

Bundeskanzler Scholz wiederum hat zur Lieferung von Leopard-2-Panzern und generell von schweren Waffensystemen an die Ukraine erklärt, dass «niemand genau sagen kann, was eine gute oder schlechte Entscheidung ist». 

Kurzum, es herrscht heilloses Durcheinander.

Offensichtlich haben diejenigen, die mit dem Leben ihrer Bevölkerung Poker spielen, keinen Durchblick. Dann sollten sie besser davon absehen, solche schwerwiegenden Entscheidungen zu treffen. Sie heizen damit das Kriegsgeschehen an, erst recht angesichts der Tatsache, dass die genannten Panzer mit panzerbrechenden Langstrecken-Sprengköpfen aus abgereichertem Uran bestückt werden können. Sollten diese abgefeuert werden, käme das für Russland dem Einsatz von schmutzigen Atombomben gleich. 

Falls die NATO keine solche Geschosse liefert, ist es wahrscheinlich, dass die ukrainische Regierung versucht, sie sich auf dem Schwarzmarkt zu beschaffen und auf Kommandozentralen oder Ortschaften auf russischem Staatsgebiet abzufeuern. 

Solche Entscheide der Führenden der westlichen Welt sind verantwortungslos und verstossen gegen den gesunden Menschenverstand. Oft sind es radikale Ideologen, die die Erinnerung an das vom Zweiten Weltkrieg bewirkte Leid nicht weiter berührt. Sie haben Zugang zu geräumigen Atomschutzbunkern. Die Gefahren und das Leiden, das der aktuelle Konflikt insbesondere für die vor Ort verbliebenen Ukrainer bedeutet, lässt sie gleichgültig. 

Sie sehen strategische und finanzielle Chancen – Frieden steht nicht auf ihrer Tagesordnung. 

Für eine Handvoll Panzer mehr

Eine Regierung sucht die andere zu überbieten. In einem ersten Schritt sagen Dänemark, die baltischen Staaten und Spanien zu, einige Exemplare des Leopard 2 zu liefern, Deutschland und Polen je 14. Wer bietet mehr bei dieser internationalen, von der NATO orchestrierten Versteigerung? Bald schon wird es um die Lieferung von Kampfjets gehen! 

Wie ist es denn um die Legitimität von Regierungen bestellt, die solche folgenschweren Entschlüsse ohne jegliche demokratische Konsultation fassen und dabei ihrer Bevölkerung nicht einmal einen minimalen Schutz garantieren können? 

In der Schweiz machen kantonale und Bundesbehörden – anders als während den Jahrzehnten des Kalten Kriegs ­– keine öffentlichen Angaben zum Bevölkerungsschutz und Bereitschaft von angemessen ausgestatteten Schutzbunkern. Dieser Mangel an Vorbereitung ist inakzeptabel.

Das Scheitern eines ausbeuterischen Systems

Die fehlende demokratische Legitimation für die Eskalation in der Ukraine und der fehlende minimale Schutz der Bevölkerung sind ein Bruch des Gesellschaftsvertrags, der im Übrigen schon vor langem vollzogen wurde. Alle wichtige Warnsignale stehen auf Rot: Konflikt in Europa mit Gefahr einer nuklearen Eskalation, Erderwärmung, Verlust der Artenvielfalt, extreme soziale Ungerechtigkeiten usw. Es ist das grundlegende Scheitern eines ausbeuterischen Systems, das die Menschen nur als Produktionsfaktoren ansieht, welche in Kriegszeiten ungefragt zu Zerstörungsfaktoren werden und deren eigene Vernichtung dabei in Kauf genommen wird. In diesem System verkommen die Beziehungen der Menschen untereinander und auch ihr Verhältnis zur Natur zur Ware. Es ist an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen, bevor dieses System uns in seinen Zusammenbruch mitreisst. Um es mit den Worten von Jean Jaurès kurz vor Ausbruch des ersten Weltkriegs zu sagen: «Der Kapitalismus birgt in sich den Krieg wie die Wolke das Gewitter.»

Diese kriegstreiberischen Tendenzen stossen selten auf offene Ablehnung. Prekarität und Dauerberieselung durch die Medien machen Menschen gefügig und teilnahmslos. Eine ständige Flut völlig unerheblicher Schlagzeilen und Nachrichten – der Rücktritt von Roger Federer, die Fussball-Weltmeisterschaft, die Enthüllungen von Messi und Mbappé, der Tod der englischen Königin, die frühen Memoiren von Prinz Harry – lenken die Aufmerksamkeit ab und tragen zur allgemeinen Gehirnwäsche bei. 

In fast allen Medienkanälen dominiert martialische Propaganda. Wie kann man nur einen Augenblick lang rechtfertigen, für einen ukrainischen oder eben russischen Donbas die Existenz ganzer Bevölkerungen aufs Spiel zu setzen? 

Der sogenannte gerechte Krieg ist nur ein Krieg und nichts anderes als das, ein unerträglicher Konflikt, der enorme Gefahren für die Menschheit birgt. Wer auf beiden Seiten des Kugelhagels dagegen aufstehen und für das Leben eintreten will, dem sei an das Diktum erinnert: «Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.»

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Dieser Artikel erschien am 31.01.2023 in «Le Temps». Bearbeitung der deutschen Fassung durch Infosperber.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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25 Meinungen

  • am 17.02.2023 um 11:15 Uhr
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    Zm großen Teil bewegen mich ähnliche Gedanken.
    Nur eine Frage wird auch hier nicht beantwortet:
    Was passiert, wenn der Ukraine nicht mehr mit Waffen geholfen wird?
    Diese Frage tangiert den Verfasser wohl nicht, da er nicht in der Ukraine lebt und die Folgen einer Machtübernahme durch Putin nicht ertragen muss.

    • am 18.02.2023 um 14:26 Uhr
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      Was passiert, wenn man keine Waffen mehr an die Ukraine liefert? Das Morden im Donbas würde aufhören. Die Herren Biden und Putin würden sich an einen Tisch setzen müssen und über eine vernünftige Nachkriegsordnung reden. Selensky zieht in eines seiner Anwesen in Übersee. Die Ukraine könnte wieder aufgebaut werden (blühende Landschaften in Schweiz-ähnlicher Balance zwischen EU und Russland), Black Rock steht schon bereit. Die US-Agrarkonzerne auch. Die ewig gestrigen Totenkopfträger werden mitsamt den Oligarchen einer Gerichtsbarkeit zugeführt, die diesen Namen auch verdient.

  • am 17.02.2023 um 12:01 Uhr
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    Und warum hört niemand auf diese Stimmen, verhöhnt sie gar als Verschwörungstheorien?
    Wo bleibt eine breite Friedensinitiative getragen von der Bevölkerung und geführt von ihren Vertretern, den Politikern (aus der Friedensbewegung) und unterstützt von unabhängigen Medien?
    Wer hat den Mut und die Mittel um die Notbremse zu ziehen?

  • am 17.02.2023 um 12:16 Uhr
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    Dieser Artikel bringt es auf den Punkt – und macht auch vor der Grundfrage nach den sozioökonomischen Grundlagen für diesen Wahnsinn nicht halt. Eine Gesamtschau in wenigen Worten. Einfach nur großartig – Danke!

  • am 17.02.2023 um 13:04 Uhr
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    Chesney ist auf einem Auge naiv, wie viele bei uns, welche den Luxus von fast 80y Frieden in Westeuropa als Norm ansehen. Das Jaurès-Zitat ist zugleich wohl wahr und idiotisch. Autokratien implizieren einen Selbsterhaltungs-Dauerkrieg und lagern diesen oft aus. Haben sich im Feudalismus u in der Sowjetunion Fuchs und Hase gute Nacht gesagt? Klar, der Krieg soll baldmöglichst beendet werden, aber wie R Fücks sagt: Mit Nicht-Unterstützung der Ukraine haben wir auch Blut an den Händen. Ist Grosny zum Kleinod aufgeblüht dank westl Zurückhaltung? Waren die Zeitalter vor der USA-Hegemonie ein Garten Eden? Wurden Kanada, Westeuropa, Südkorea, Japan etc seit 1945 kolonialistisch ausgebeutet? Die Frage ist: wie können wir den dringlichen Green New Deal fördern ohne die zivilisatorisch positiven Aspekte der liberalen Geopolitik über Bord zu werfen. S.zB S. Kotkin zur Geschichte Stalins/Russlands (er idealisiert als Rechtsliberaler auch manches, aber historisch ist er stark) u osteurop. Autoren.

    • NikRamseyer011
      am 18.02.2023 um 09:32 Uhr
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      Auf beiden Augen «naiv» und blind sind jene Leute, die meinen es gehe den USA, die diesen Krieg unter Mithilfe naiver Nato-EuropäerInnen(Baerbock) mitten in Europa immer weitertreiben (und im letzten März mit Hilfe des dubiosen Briten, Boris Johnson auch die Waffenstillstandsverhandlungen in der Türkei hintertrieben haben), auch nur eine Sekunde lang um «Demokratie» um «Menschenrechte» oder «die Freiheit der Ukraine». Es geht den treibenden Kräften in Washington um ihren (nur noch fast militärisch und kriegerisch machbaren) Machterhalt in und über Europa. Diese Kräfte werden auch die Ukraine gnadenlos fallen lassen, wenn sie ihnen als Nato-Aufmarschgebiet nicht mehr nützlich ist. Wie zuvor schon die AfghanInnen oder die KurdInnen. PS: Ob ihr Land zu einem Nato-Aufmarsch- und Manövergebiet werden solle, darüber haben die UkraInerinnen nie abstimmen können.

  • NikRamseyer011
    am 17.02.2023 um 13:15 Uhr
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    Oportunistische KriegstreiberInnen finden sich leider quer durch alle Parteien auch hierzulande. Zudem willfährige Mitläufer im weltweiten Wirtschafts-Krieg der USA – wie die peinliche Partei übergreifende «Querfront» der Taiwan-PigerInnen aus der Schweiz. Sie alle sollten Chesneys Kommentar hier lesen. Er ist genau im Geiste des genialen Schweizer Staatsmannes Guillaume Henri Dufour. Er hat 1847 selber einen Kreig führen müssen. Und er tat dies vorbildlich – im Wissen darum, dass die Sieger mit den Verlierern (den katholischen Sonderbundskantonen) würden weiterleben müssen. Sein Fazit: Krieg darf in unserem Land nie mehr ein Instrument der Aussenpolitk in der Hand der Regierung sein. Und folgerichtig: Bewaffente Neutralität. Das heisst: Krieg nur zu Verteidigung im äussersten Notfall – aber dann helfen alle mit (Miliz). Naive Grüne und «Linke» begreifen diesen entscheidenden Fortschritt hin zum Frieden nicht: Sie sind gegen Neutralität und für Nato-Anschluss. Dümmer gehts nimmer.

  • am 17.02.2023 um 13:27 Uhr
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    Danke für die eindringlichen Worte !
    Mehr bleibt nicht zu sagen.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 17.02.2023 um 14:18 Uhr
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    Besten Dank für diese klare Darstellung unseres politisch korrekten «mindsets».

    Wenn ich höre, dass Schweizer Strategen Tanks mit Reichweiten von 50 km einkaufen wollen, frage ich mich, ob wir aus Fribourg das Berner Münster abschiessen wollen ?

    Vor Jahren wollte ein Schweizer Stratege sogar Raketen mit 700 km für das strategisch/taktische Vorfeld einkaufen. Die Mirages, welche Atombomben nach Moskau tragen könnten…

    Die militärischen Möglichkeiten haben sich in den letzten Monaten dramatisch verändert. Es wäre an der Zeit, dass auch unsere Politiker diese Änderungen zur Kenntnis nehmen würden. F-35 gegen Drohnenangriffe können nur lokale Kollateralschäden bewirken.

    Meine Frage bleibt: Was macht die CH-Armee, wenn eine Cruise-Missile das Rhonetal vom Mittelmeer aus gestartet hochfährt, um am Mittwochmorgen im Bundeshaus die BR-Sitzung explodieren zu lassen ? Intervenieren wir in Valence, Lyon, Nantua, Genf oder erst vor dem Marzili ?

  • am 17.02.2023 um 15:17 Uhr
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    Beruhigend, wenigstens eine vernüftige Einordnung der unsäglichen Ereignisse zu lesen.

  • am 17.02.2023 um 16:32 Uhr
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    Gäbe es den gesunden Menschenverstand, so hätte es diesen Krieg schon gar nicht gegeben, aber scheinbar will man ihn um jeden Preis haben.
    Wer gegen den Krieg ist und an den Frieden glaubt, muss nicht seine Stimme verstummen lassen, dass ist nämlich genau was diese Dauerberieselung mit Kriegspropaganda bewirken will.
    Also sagt weiter: «Krieg? Ohne mich!»

  • am 17.02.2023 um 19:06 Uhr
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    Sehr gut, herzlichen Dank für Ihre gescheite und mutige Darlegung Prof Marc Chesney!
    Es ist klar, dass das Finanzsystem mit dem unendlichen Geldmengenwachstum periodische Zusammenbrüche braucht. Bei diesen Zusammenbrüchen wird jeweils sehr viel zerstört und getötet.
    Deshalb gehören Sie zu den Fachleuten, die diesen unsäglichen Krieg sehr wohl im Zusammenhang menschlich-existenziellen Fragen erörtern können.
    Danke, dass Sie es tun.

  • am 17.02.2023 um 23:35 Uhr
    Permalink

    Das Ganze erscheint logisch: Wenn die Italiener uns den Tessin wegnehmen würden sagen wir: Na ja, dumm gelaufen, aber dafür sterben wollen wir nicht. Wenn die Franzosen uns dann die Romandie wegnehmen würden sagen wir: Na ja, dumm gelaufen, aber dafür sterben wollen wir nicht. Wenn die Deutschen uns dann die Deutschschweiz wegnehmen würden sagen wir: Na ja, dumm gelaufen, aber dafür sterben wollen wir nicht. Und dann? Dumm gelaufen!

    • am 18.02.2023 um 10:02 Uhr
      Permalink

      Sie würden also lieber hunderttausend Tote und zerstörte Infrastruktur (Häuser, Spitäler, Schulen, Strassen) in Kauf nehmen und selber mit dem Sturmgewehr an der Front kämpfen bis das ganze dann doch in einem Waffenstillstand beendigt würde.
      Da ist es mir doch lieber, wenn es Menschen gibt, die sagen: hört sofort mit dem Irrsinn auf, verhandelt miteinander! 1000 Stunden Verhandlung für einen kleinen Fortschritt sind mit lieber als 1 Toter!
      Und wer jetzt sagt: Russland ist nicht bereit zu Verhandlungen, der studiere wer vor und nach dem Ausbruch des Krieges Verhandlungen verweigert hat.

    • am 18.02.2023 um 10:37 Uhr
      Permalink

      @Hans-Ueli Flückiger, Ihr Vergleich hinkt.
      Es geht ja nicht «nur» um Gebiete, sondern auch um Menschen, deren Sparache und Kultur.
      Gerade unser Land hat eine ausgesprochene sprachliche und kulturelle Vielfalt.
      In der Ukraine soll higegen die Vielfalt einer Einheit weichen.
      Schon 2014 begann die Putschregierung die «Stepan-Bandera-Einheit» blutig umzusetzen. Der «Wertewesten» liess die Faschisten gewähren, rüstete sie auf (Geständnis von A. Merkel…).
      Die Teile im Osten und Süden anerkannten weder die Putschregierung noch deren ethnischen Säuberungs-Dekrete. Sie verlangten diesbezüglich föderale Autonomie, welche nicht gewährt wurde.
      Nach Hintertreibung der Minsker-Abkommen erklärten dann die betroffenen Regionen ihre Sezession von der Ukraine. Das Vertreiben und Morden ging weiter, weil Putin zu lange auf Verhandlungen gesetzt hatte. Schliesslich sah sich Russland genötigt, den Genozid zu stoppen und die Ukraine zu «entnazifizieren».
      Ihr «wegnehmen» verkürzt die Situation.

    • am 18.02.2023 um 17:46 Uhr
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      Der Vergleich hinkt ein bisschen. In der Krim hat das Volk abgestimmt und im Donbass wollte das Volk mehr Autonomie, stattdessen wurden sie von Kiew ab 2014 kontinuierlich bombardiert und es wurden ihnen die politischen Rechte verwehrt.
      Wenn wir den Vergleich mit der Schweiz wagen wollen, dann waere dies so, als ob wir bei der Unabhaengigkeit die Jura von BE wollte, die Armee eingesetzt haetten und das Jura 8 Jahre lang bombardiert worden waere. Ich bin der Meinung, dass wir in der CH eine bessere Loesung gefunden haben.

    • am 18.02.2023 um 23:41 Uhr
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      Die Wahrheit! Der Papst sagt die Wahrheit. Putin sagt die Wahrheit, Trump sagt die Wahrheit, eigentlich alle sagen die Wahrheit. Aber was ist wahr? Meine Freunde aus der Ukraine haben eine andere Wahrheit. Jeder versucht aus den erhältlichen Informationen seine Sicht zu bilden, was nicht einfach und sicher ist. Aber meine Sicht ist anders als die vieler Kommentatoren hier. Vielleicht habe ich mehr Leid auf der Welt gesehen als die meisten Kommentatoren, da habe ich gelernt dass es fast unmöglich ist aus der Ferne die Situation zu erkennen und zu verstehen – und vor allem so zu fühlen wie sich die Betroffenen fühlen.

  • am 18.02.2023 um 00:21 Uhr
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    Ausgezeichneter Artikel, der spricht mir aus dem Herzen.
    Zu J. Stern: was waren Putins Absichten zu Beginn des Einmarsches? Die Mainstreampresse hat uns rasch informiert, Putin werde ganz Osteuropa wieder einnehmen, einen Nuklearkrieg starten! Aber niemand hat je die Aussagen Putins analysiert, nämlich, was er mit Denazifizierung meinte. Im Donbass herrschte Unstimmung zwischen Ukrainer und Russophonen. Die Miskerverträge hätten der Region ihre Autonomie gewähren sollen, aber die Ukraine zog es vor, während 8 Jahren Krieg zu führen. Die Kriegsführer waren die rechtsextremen Neonazis im Donbass (unter anderem die Azovkrieger). Und diesem Gemetzel wollte Putin ein Ende setzen. Verhandlungen hätten geführt werden können (März ’22), wenn England und die USA Selenski nicht davon abgehalten hätten, Konzessionen zu machen. Hätte der Westen sich für Friedensverhandlungen stark gemacht, wären wir heute nicht so weit. Je mehr Waffen aus dem Westen, umso stärker Putins Antwort!

    • am 18.02.2023 um 16:05 Uhr
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      @Courbat. Wir sollten weder West- noch Ost-Fakenews auf den Leim gehen. N.Bennett meinte, es habe im Frühling 22 sE «legitime Gründe» f d Verhandlungsabbruch gegeben. Ohne genaue Detailkenntnis bleibt uns nur billige Spekulation.
      – zur ‹Denazifizierung›: Ja, die Ukraine war uneins, voller Probleme, inkl.Nazis (die es überall gibt). Legitimiert das die Invasion? Putin befürchtete ev Westanbindungs-Erfolge als «Gefahr eines guten Beispiels.» Oberst M. Reisner meint (s.YT) konkret, dass ‹Denazifikation› für e (nochmalige) Einsetzung einer Puppenregierung stand.
      – zur wiederholten geopolitischen Ambition russischer Autokratien, als welthistorische Grossmacht anerkannt u gefürchtet zu werden (auch bei kleinem BIP): s. div. Exil-Russen ua Putin-Kenner, zB https://youtu.be/RnWp_kr4tfc etc

  • am 18.02.2023 um 10:17 Uhr
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    Herr Cheney, Sie reduzieren unsere gewählten Politiker auf ein Dutzend verantwortungsloser Verantwortungsträger, Kriegsgewinnler. Es stehen sich nicht perfekte Demokratien mit Menschenrechten gegen eine faschistische Diktatur gegenüber. Putin zieht faschistische Theoretiker wie Iwan Iljin bei, welcher von Zollikon aus wirkte, und starb. Seine Knochen wurden als Reliquien nach Russland geholt, mitsamt seinem unmenschlichen Gedankengut. Dies zusammen, mit dem Handbuch für Diktatoren dem Alten Testament, baut Putin sein Weltbild auf. Lesen wir russische demokratische Denker, zB. Alexander Estis, WoZ, Tagi-Magi !
    Wenn wir nicht ein weiteres Auschwiz wollen, muss der Westen handeln. Auch «Nichtentscheide» sind gefährlich, blutig.
    Der Kapitalismus berge Krieg? Wir sind in der Sozialen Marktwirtschaft, was nicht reiner Kapitalismus ist. Gewerkschaften, Regierungen und NGO wirken mit.
    Wir müssen lernen zu unterscheiden zwischen Angriffs- und Abwehrwaffen und zB gegen Flieger, Raketen, Panzer.

  • am 18.02.2023 um 15:51 Uhr
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    Ich glaube, die Verantwortlichen denken die Dinge nicht zu Ende, so wie sie es 1914 nicht taten. Im letzter Konsequenz heißt eine Unterstützung der Ukraine und Hochrüstung der NATO-Staaten Atomkrieg. Ein Atomkrieg, der vor allem Europa stark, vielleicht bis zur Unbewohnbarkeit, zerstören würde. Niemand scheint auch die ungeheuren Kosten einer Totalrüstung zu bedenken: das Geld fehlt an anderen Stellen, ohne dass wir etwas davon haben. Die westlichen Staaten haben sich in einem antirussischen Taumel hineinmoralisieren lassen, ohne zu überlegen wo ihre eigenen nationalstaatlichen Interessen liegen: Deutschland kann (wie auch Österreich, Schweden, Finnland und die Schweiz) mit allen Seiten Handel treiben, so war es schon zur Zeit des Kalten Krieges. Nationalstaatliche Interessen kommen in der gesamten Diskussion zu kurz bzw. sind sehr einseitig auf us-amerikanische und polnisch-baltische Ziele zugeschnitten.

  • am 18.02.2023 um 16:54 Uhr
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    UNO-Generalsekretär Antonio Guterres warnt vor einer Ausweitung des Ukraine-Krieges: «Ich fürchte, die Welt schlafwandelt nicht in einen grösseren Krieg, sie bewegt sich mit weit geöffneten Augen in ihn hinein.» © UNO
    Marc Chesney fragt berechtigt; Wer ist bereit für den Donbas zu sterben? 1968 habe die Truppen des Warschauer Paktes die Tschechoslowakei besetzt. Die Tschechische Armee hat keinen Widerstand geleistet. Resultat: Wenige hundert Tote, kaum Kriegszerstörungen – Nicht 15 Millionen Vertriebene und Flüchtlinge, hunderttausende Tote, zerstörte Städte und Landschaften, weltweite negative Auswirkungen durch den andauernden und immer neu befeuerten Krieg in der UKR.
    Heute ist Tschechien ein wohlhabendes Land, u.a. weil die Verantwortlichen damals eine bessere Option gewählt haben als die aktuellen verteidigungsberauschten Kriegstreiber, die selber kaum bereit wären, für den Donbas zu sterben.
    Im Lied von der Moldau heisst es: Es ändern die Zeiten, da hilft kein Gewalt….

  • am 18.02.2023 um 17:00 Uhr
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    Was soll das Zitat von Jean Jaurès «Der Kapitalismus birgt in sich den Krieg wie die Wolke das Gewitter.» Es gab doch schon Kriege, lange bevor es den Kapitalismus gab. Genau so sinnlos wäre der Satz «Der Sozialismus birgt in sich den Krieg wie die Wolke das Gewitter».

  • am 19.02.2023 um 20:53 Uhr
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    «In fast allen Medienkanälen dominiert martialische Propaganda. Wie kann man nur einen Augenblick lang rechtfertigen, für einen ukrainischen oder eben russischen Donbas die Existenz ganzer Bevölkerungen aufs Spiel zu setzen?»
    Herr Chesney hat vollkommen Recht. Seinem Artikel gibt es nichts hinzuzufügen. Er ist eine Stimme der Vernunft. Und seine Worte zeugen von tief empfundener Empathie. Wir werden von einer beispiellosen Propaganda überflutet, die uns weis machen will, «Panzer retten Leben» oder «Panzer senden – Frieden spenden». Was wir erleben, ist eine Orwellsche Dystopie. Der Ukraine-Krieg wurde von den USA von langer Hand eingefädelt und provoziert, um die Interessen der Mächtigen voranzutreiben, während die ärmere, vorwiegend ländliche Bevölkerung in den Tod geschickt wird. Zu Zehntausenden. Jeder Krieg ist immer auch ein Krieg von Reich (am Schreibtisch) gegen Arm (auf dem Schlachtfeld). Es macht seelisch krank, diese Kriegstreiberei miterleben zu müssen.

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