Was, wenn Trump die Wahl verliert?
Als Donald Trump vor vier Jahren die Wahlen gewonnen hatte, dominierte in den grossen Medien Westeuropas die Meinung: So heiss, wie sie gekocht wurde, wird die Suppe nicht gegessen. Die Erfahrung in den letzten Jahrzehnten hätten gezeigt, dass jeder Mann an der Spitze des mächtigsten Landes der Welt durch die gewaltige Aufgabe gemässigt, quasi eingemittet, respektive zur Vernunft gezwungen würde. Und man dürfe auch nicht unterschätzen, wie gut die Gewaltenteilung funktioniere: Exekutive, Legislative, Judikative. Also, es werde sich wohl alles mehr oder weniger normalisieren.
Beispiele? An erster Stelle Ronald Reagan, den die Demokraten (und auch viele «klassische» Republikaner) beim Amtsantritt als Erzkonservativen fürchteten, habe sich in einen konzilianten Staatsmann verwandelt. Er wurde beim Taktieren mit dem Kongress so erfolgreich, dass ihm sogar das Lügen bei der Iran-Contra-Affäre verziehen wurde. Und, so die Argumente später, selbst die Amtszeit von George W. Bush sei nicht so schlimm gewesen, wie ursprünglich befürchtet. (Wirklich? Die verheerende Erbschaft des Irak-Kriegs von 2003 weist in eine andere Richtung.)
Politik mit Vorschlaghammer und Lügen
Dass Trump eisern entschlossen war, in einer völlig anderen Liga zu spielen, wollten viele BeobachterInnen lange Zeit nicht wahrhaben – sie schluckten die neuen Realitäten häppchenweise. Und nicht nur Gutmenschen konnten oft noch etwas Positives in den Verheerungen finden, die Trump anrichtete. Ja, es gab und gibt auch Gründe, die Handelspraktiken und das internationale Verhalten Chinas kritisch zu hinterfragen, und da hätten auch die Vorgänger Trumps aktiver werden sollen als sie es waren.
Sie hätten Differenzen bereinigen können. Trump aber liebte es, aus Differenzen Konflikte – mehr noch: Handelskriege – zu machen. Auch hinsichtlich der Zölle zwischen den USA und der EU gab es Schieflagen, zugunsten der Europäischen Union. Auch diese harrten eigentlich einer ehrlichen Bereinigung. Trump aber schlug mit dem Vorschlaghammer zu und machte gleich noch klar, dass er dieses ganze EU-Konstrukt für obsolet hielt.
Ähnlich beim Thema Nato respektive der Verteilung der finanziellen Lasten (da allerdings schwindeln die USA seit Jahren konsequent, indem sie ureigene militärische Interessen mit jenen der europäischen Partner gleichsetzen). Und noch krasser bei einer Vielzahl von Themen im Bereich multilateraler Zusammenarbeit. Trump machte, bald immer rasender, via Twitter klar, dass er die UNO für überflüssig hielt, Organisationen wie Unesco, UNHCR oder WHO ohnehin, dass er die mühsam erarbeiteten Klimaschutz-Vereinbarungen zutiefst ablehne, ja sobald wie möglich aus dem entsprechenden Vertrag austreten werde. Und noch schneller werde er den (in jahrelanger Arbeit ausgehandelten) Vertrag über das iranische Atomprogramm kündigen.
Was er auch tat. Per Dekret, wie allmählich immer üblicher. Und gleichzeitig kündigte er eine Politik des «grösstmöglichen Drucks» auf Iran an, mit mörderischen Sanktionen als Kern. Und mit der «Garnitur», dass weltweit alle, die anders dachten und anders handeln wollten, von den USA sanktioniert würden. Also: eine globale Geiselnahme.
Parallel dazu schmiedete Trumps Amerika Pläne für einen «neuen» Nahen Osten – eine Welt, in der Israel, Besetzung von palästinensischen Gebieten hin oder her, Partner von ehedem feindlichen Ländern (Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain, Sudan) werden konnte und sich allmählich die Chance einer generellen Entkrampfung mit der arabischen Welt ergibt. Gut so, im Prinzip – aber dass dies auf dem Buckel der Palästinenser ausgetragen wird, zeigt: Verlierer werden missachtet, mit Verachtung bestraft.
Liest man sich zurück in die mediale Rezeption der Zeit zwischen Trumps Wahl und die ersten hundert Tage seiner im Januar 2017 begonnenen Amtszeit, fällt vor allem dies auf: Selbst alte Hasen in der Medienwelt wollten lange Zeit nicht wahrhaben, dass im Weissen Haus in Washington erstmals ein Mann das Zepter übernommen hatte, der notorisch und hemmungslos log. Die (immer gut recherchierende) «Washington Post» kam bis zum Oktober 2020 auf die Zahl von mehr als 20’000 Trump-Lügen.
Lese ich das, verfalle ich in Nostalgie: Im Jahr 1974 realisierte ich in Washington eine TV-Reportage über Nixon respektive die Watergate-Affäre. Ich hatte einen soliden Republikaner vor der Kamera, einen Mann, der sich Nixon verpflichtet fühlte. Aber er sagte: «Ich kann keinen Präsidenten unterstützen, der lügt.» Nun, Nixon log vielleicht nicht nur einmal, vielleicht sogar ein Dutzend mal – aber Trump…
Das «einfache Volk» – für Trump nur Verlierer
Es spielt heute sehr vieles keine Rolle mehr, was vor einigen Jahrzehnten wichtig war. Der Wandel kam schleichend – auch Ronald Reagan, wie erwähnt, log (mindestens in der Iran-Contra-Affäre). Clinton log im Bereich des Privaten, George W. Bush erlog sich den Irak-Krieg.
Trump log nie so, dass aus der Lüge ein Krieg im konventionellen Verständnis entstand. Er wollte / will ja keinen offenen, militärischen Krieg. Er zieht, beispielsweise, Handelskriege vor oder nicht deklarierte wirtschaftliche Kriege wie jenen gegen Iran, der Millionen ins Elend stürzt. Oder den als kluge Strategie getarnten Konflikt um Syrien, der, soweit dies die US-Sanktionen betrifft, auch zu Massenelend führt. Oder die Konflikte um Kuba und Venezuela, die «eigentlich» dem Regime gelten, in Wahrheit aber zu Hunger und Not bei riesigen Schichten des einfachen Volks führen.
Aber diese Leute, dieses «einfache Volk», das sind im Verständnis Trumps Verlierer – fast so wie die Toten von Weltkriegen des 20. Jahrhunderts auf den Soldatenfriedhöfen in Frankreich. Er, der Präsident der USA, hätte sie besuchen sollen, aber er mied sie – weil die dort Begrabenen «losers» sind. Und Verlierer sind in Trumps Sicht wahrscheinlich auch die meisten Schwarzen, viele Latinos in den USA – nicht wert, ernst genommen zu werden. Ausser als potentielle Stimmengeber für die Wahl vom 3. November.
Was, wenn er selbst am 3. November zum «loser», zum Verlierer, wird? Er wird auf jeden Fall versuchen, diese «Katastrophe» zu verleugnen. Wie, das wissen wir alle noch nicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
In der «Republik» vom 17.10.20 schreibt Constantin Seibt unter dem Titel «Amerikanisches Roulette» warum D. Trump nicht freiwillig abtreten wird. Ein kurz zusammenfassender Ausschnitt:
"Dabei ist fast hundertprozentig sicher, dass das Undenkbare passiert. Aus drei Gründen.
1. Der Präsident ist, wer er ist. Er hat bisher noch nie eine Niederlage zugegeben.
2. Der Präsident kämpft nicht nur um sein Amt, sondern auch um sein Leben. Nach dem Amtsende drohen ihm Dutzende Gerichtsverfahren. Und der Bankrott
3. Der Präsident hat es mehrfach angekündigt.
Kurz: Alle sind informi9ert, aber es fällt trotzdem schwer, daran zu glauben."
War die Usa jemals eine Demokratie? Wenn am Schluss nur noch Geld und die damit einhergehende Macht sogar über ein politisches Amt entscheiden kann, muss man sich diese Frage stellen. Für mich hat die Usa ihr Politgesicht endgültig verloren. Nicht Kompetenz, sondern Geld, Waffen, Lügen, Betrügen, der Wahnsinn, Bestrafen und Belohnen sowie Prahlen regieren diese Nation. Trump könnte auch sagen, wenn ihr mich nicht wählt, drücke ich die Knöpfe auf meinem Koffer für Nuklearwaffen. Dann gehen wir zusammen unter. Eine gefährliche Zeit inder wir leben.