Vom überheblichen Westen profitiert vor allem Chinas Xi Jinping
Zu den BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika stossen ab 2024 auch noch die finanzstarken Saudi-Arabien und Emirate sowie Iran, Argentinien, Ägypten und Äthiopien.
Die USA haben Saudi-Arabien und Ägypten hochgerüstet, verhängten fast präzedenzlose Boykotte gegen Iran und Russland. China wird von den USA als geopolitischer Hauptrivale bezeichnet. Aus Sicht der USA könnten die Gegensätze zwischen diesen Ländern kaum grösser sein.
Die meisten dieser Staaten sind autoritär geführt. Dass sie jedoch trotz teilweise massiver Konflikte untereinander alle an den gleichen BRICS-Tisch sitzen, und dass sich einige von ihnen nicht klar auf die Seite der USA und der EU schlagen, haben letztere sich selber zuzuschreiben.
Das jedenfalls sagt Professor Heribert Dieter von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. In der NZZ vom 24. August analysiert er drei Gründe, weshalb diese Entwicklungs- und Schwellenländer auf einen Schulterschluss mit den USA und der EU verzichten.
1. Die Rhetorik «entweder für uns oder gegen uns»
In den USA und jüngst auch in Europa werde die Welt in Gut und Bös aufgeteilt. Nach 9/11 habe Präsident George W. Bush im Kongress erklärt, jede Nation der Welt müsse sich nun entscheiden: entweder sich auf die Seite der USA zu stellen oder auf die Seite der Terroristen. Der Kampf gegen den Terror sei ein Kampf der Zivilisationen. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hätten westliche Politiker vergleichbare Botschaften verbreitet.
Wenn westliche Politiker jetzt auf eine regelbasierte internationale Ordnung pochen, habe dies für Entwicklungsländer «einen schalen Beigeschmack». Viele Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas hätten beispielsweise nicht vergessen, dass eine von den USA angeführte Gruppe von Ländern unter falschem Vorwand den Irak angriff.
Professor Heribert Dieter wörtlich: «Die Absolutheit, mit der von Entwicklungs- und Schwellenländern erwartet wird, die Positionen der USA und der europäischen Länder zu teilen, führt nicht zu Gefolgschaft, sondern im Gegenteil zu Widerstand und erklärt den Zulauf zur BRICS-Gruppe.» Das gelte sogar für Länder wie Saudi-Arabien, das jahrzehntelang zu den treusten Verbündeten der USA zählte.
2. Sie fühlen sich der westlichen Finanzpolitik ausgeliefert
Vor allem die USA hätten bei ihrer Finanzpolitik auf Entwicklungs- und Schwellenländer nie Rücksicht genommen. Diese seien nicht einmal konsultiert worden: Weder vor den wiederholten Zinserhöhungen noch vor den Finanzsanktionen gegen Russland. Doch die Zinssätze und der Kurs des Dollars hätten auf die ärmeren Volkswirtschaften erhebliche Auswirkungen.
Heribert Dieter: «Das Resultat der eigennützigen Politik der USA und anderer westlichen Industrieländer ist, dass die Suche nach Alternativen zum Dollar Fahrt aufgenommen hat.» Die autoritären Machthaber würden befürchten, einmal selbst von Sanktionen betroffen zu werden. Sowohl bei den Devisenreserven wie auch beim Abwickeln des Warenhandels solle die Bedeutung des Dollars vermindert werden.
3. «America first» und der zunehmende Protektionismus
Die auf mehr Selbstversorgung setzende Wirtschafts- und Handelspolitik sowie insbesondere die Milliarden-Subventionen an die eigene Industrie seien sogar ein «Verstoss gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO». Doch könnten die BRICS-Staaten dagegen nicht einmal eine Klage anstrengen, weil die USA den Streitschlichtungsmechanismus der WTO eigenmächtig ausser Funktion setzten (sie verweigern die Ernennung neuer Richter). Dies sei «mehr als eine Posse» meint Dieter: «Die USA untergraben so die regelbasierte Handelsordnung, die einst von ihnen geschaffen wurde.»
Das «Gesetz zur Senkung der Inflation» in den USA sei eine Mogelpackung, denn es beinhalte – allein zur Förderung der klimafreundlichen US-Produktion – Subventionen von 370 Milliarden Dollar.
Im «Lieferkettengesetz», welches das EU-Parlament beschloss (in Deutschland «Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz»), sähen viele Entwicklungsländer eine unangemessene Bevormundung.
China kenne in seinen Aussenwirtschaftsbeziehungen keine Lieferkettengesetze und agiere aussenpolitisch «anschmiegsam». Anders als der Westen habe Beijing auch keine Berührungsängste gegenüber Diktaturen.
Fazit von Heribert Dieter: «Die USA und die EU wollen den geopolitischen Wettbewerb mit China und dem autoritären Russland aufnehmen, verhalten sich aber so, als ob der unipolare Moment, der nach dem Zusammenbruch der UdSSR begann, noch immer anhielte.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Die chinesische Strategie im Leben und in der Politik lautet: «dem helfen, was von selber kommt» (François Jullien et al Vortrag vor Managern über die Wirksamkeit und Effizienz in China und im Westen, Merve Verlag, 2006). Die Zeit scheint reif nach der Aushöhlung der Demokratie und deren Schwächung durch einen Krieg. Was China und Afrika auch eint ist die koloniale Vergangenheit, unter der beide gelitten haben. In der neuen Konstellation umfasst BRICS 37 Prozent des globalen BIP und 46 Prozent der Weltbevölkerung. In den öffentlichen Medien spricht man immer noch von «Schwellenländern». Das entspricht immer noch einem kolonialen Anspruch und dabei ist wohl auch der Wunsch der Vater des Gedankens.
Die Aufteilung der Welt in GUT und BÖSE durch USA und EU (den «Westen») und die Bestrafung der BÖSEN mittels Sanktionen (und Angriffskriegen) ist die Ursache allen aktuellen Übels. Auch die ständige Einmischung (medial, geheimdienstliche Operationen, diplomatische Erpressung) in die inneren Angelegenheiten der BÖSEN veranlasst diese, sich vom «Westen» abzukoppeln – verständlich.
Das immer wiederkehrende Argument, es handele sich um Diktaturen, Autokratien usw. kann nicht gelten, da der «Westen» mit verschiedenen dieser Staaten beste Beziehungen unterhält, diese sogar «päppelt», egal ob dort die Menschenrechte ignoriert werden.
Auf diesen Moment habe ich lange gewartet, er war überfällig!
Prof. Heribert Dieter beschreibt und beobachtet das sehr gut, es fehlt in den sogenannten öffentlich/rechtlichen wie auch in den „Mainstream“ Medien!
Es wird noch nicht einmal ausführlich über den Gipfel in Südafrika berichtet.
Und die von den Vereinigten Staaten ausgerufene regelbasierte internationale Ordnung gilt nur für die anderen, nicht für die USA.
Seine Betrachtung, dass die autoritären Machthaber befürchten, einmal selbst von Sanktionen betroffen zu werden, ist richtig.
Das die USA Milliarden-Subventionen an die eigene Industrie vergeben und damit z.B. Deutschland aber auch anderen Ländern ihre Industrien abgraben, interessiert sie nicht.
Länder werden mit Kriegen oder einem Regime Change überzogen. Die USA sind Ausbeuter und berreichern sich, alles was sie den anderen vorwerfen praktizieren sie selber.