Sperberauge
Ukrainischer Nationalismus pur!
Europa schaut weg. Die Ukraine ist abgehakt. Man schickt zwar immer etwa wieder ein paar hundert Millionen Euros nach Kiev, auch die Schweiz, aber wen interessiert es schon, was die dort machen?
Die Pro-Europäer in Kiev wollen mit Russland nichts mehr zu tun haben. Sie wollten zu Europa gehören, behaupten sie, und die «Europäischen Werte» hochhalten.
Pustekuchen. Anfang September hat die Werchowna Rada, das Einkammer-Parlament in Kiev, einem neuen Bildungsgesetz zugestimmt, das für die Schule nur noch Ukrainisch als Ausbildungssprache vorsieht. Dabei geht es immer ums gleiche: Die russische Sprache muss als offizielle Sprache in der Ukraine endlich weg, auch wenn ein Drittel der Ukrainer russisch-sprachig aufwächst.
Diesmal allerdings sind auch viele Tausend ungarisch und rumänisch sprechende Ukrainer betroffen – anderssprachige Minderheiten, so wie die Tessiner oder die Rätoromanen in der Schweiz oder die Südtiroler in Italien. Aber auch die müssen, so denkt man heute in Kiev, endlich auf Ukrainisch gedreht und gedrillt werden. Als ob es je so etwas wie eine einsprachige ukrainische Nation gegeben hätte!
Und was sagt Europa dazu? Nichts! Man nimmt es nicht einmal zur Kenntnis! Wer etwa nach einer Meldung in deutscher Sprache zu diesem neuen Bildungsgesetz googelt, findet nichts oder höchstens kurze Meldungen auf Informations-Portalen, die von Russland finanziert werden. Und welcher Journalist, welche Journalistin in Europa kann denn schon Ukrainisch, um die dortigen Nachrichten zu hören und zu verstehen?
Fündig wird man immerhin bei der Kiev Post. Diese englischsprachige Online-Zeitung berichtet darüber, dass man in Budapest und Bukarest echt verärgert ist und darüber nachdenkt, was gegen die Realisierung dieses Gesetzes getan werden könnte. Es verstösst ja immerhin gegen die eigene ukrainische Verfassung, die einen Minoritätenschutz zurzeit durchaus noch kennt. Und auch in Rumänien gibt es zu diesem Thema einige Nachrichten.
«Europäische Werte»? In der Ukraine? Die politische Realität in diesem Land zeigt das Gegenteil: Das Sagen haben die Ultranationalisten, die das ethnische und sprachliche Völkergemisch im Land nicht nur völlig missachten, sondern mehr und mehr auch zu säubern versuchen.
Noch hat Präsident Petro Poroschenko das neue Gesetz nicht unterzeichnet. Er war abwesend in New York an der Generalversammlung der Uno. Mal sehen, was er macht.
Nachtrag vom 26. September:
Jetzt hat Präsident Petro Poroschenko das neue Gesetz unterzeichnet. Und man scheint ganz langsam nun auch in der EU zu merken, was da abläuft.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.