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Anhänger von Donald Trump freuen sich über Wahlresultate © ARD

Trump-Wählern droht ein böses Erwachen

Urs P. Gasche /  Der Ärger über hohe Benzin- und Lebensmittelpreise war ein entscheidendes Wahlmotiv. Trumps höhere Zölle machen alles schlimmer.

Laut US-Medien war die Inflation – höhere Preise für Alltagsgüter – für 60 Prozent der Trump-Wähler und -Wählerinnen der ausschlaggebende Grund, Trump zu wählen. Die Immigration und andere Probleme hätten eine weit weniger wichtige Rolle gespielt.

Was die Trump-Wählenden übersahen: Ausgerechnet Donald Trumps Politik wird die Preise noch stärker steigen lassen als die angekündigte Politik von Kamala Harris. Offensichtlich haben sich die Trump-Wählenden zu wenig über die Folgen von Trumps angekündigter Zoll-Politik informiert. Nach der grossmehrheitlichen Einschätzung von Ökonomen, wird diese Politik die Inflation anheizen. Von den höheren Preisen sind besonders die Unter- und Mittelschicht betroffen.

Präsident Joe Biden hatte die Zollpolitik von Trump weitgehend übernommen und sogar einige zusätzliche Zölle eingeführt. Kandidatin Kamala Harris warnte in ihrem Wahlkampf lediglich vor Übertreibungen mit Zöllen. Doch über die Folgen von Trumps Zollpolitik auf die Kaufkraft klärte sie die Wählerschaft nicht auf, obwohl Trump mit seiner Zoll-Politik unermüdlich auf Wählerfang ging: «Mache die amerikansche Wirtschaft wieder great again.»

Wiederholt kündigte Trump an, künftig praktisch sämtliche Importe mit Zöllen von 10 bis 20 Prozent zu belasten. Auf Importen aus China sollen sogar Zölle von mindestens 60 Prozent erhoben werden. 

In den USA kann der Präsident weitgehend allein darüber entscheiden.[1]

Die Zölle sollen Unternehmen zwingen, ihre Produktionsstätten in die USA zu verlegen und dort Arbeitsplätze zu schaffen. Die milliardenhohen Zolleinnahmen sollen es erlauben, die Steuern für Unternehmen und Grossverdiener zu senken. Das ginge Richtung 19. Jahrhundert, als sich die Staaten nicht mit Einkommens- und Vermögenssteuern finanzierten, sondern mit Zöllen und andere Abgaben.

Diese merkantilistische Zollpolitik der USA wird zu Gegenmassnahmen der betroffenen Länder führen, die ihrerseits Zölle und Importrestriktionen auf amerikanischen Gütern verhängen. Ein Handelskrieg mit dem Recht des Stärkeren ist vorprogrammiert. Die Welthandelsorganisation WTO in Genf, welche für die Schlichtung von Handelsstreitigkeiten sorgen sollte, wird von den USA links liegen gelassen. Sanktionen kann die WTO keine verhängen.

Pro Haushalt Mehrkosten von mehreren tausend Dollar

Die von Trump angekündigten Zölle würden gemäss «New York Times» Waren im Wert von über drei Billionen Dollar treffen, welche von den USA importiert werden. Trump behauptet, dass die ausländischen Unternehmen ihre Preise entsprechend senken würden, so dass die Konsumentinnen und Konsumenten in den USA wenig bis nichts davon merken würden. Das widerspricht sämtlichen historischen Erfahrungen und auch den Einschätzungen praktisch aller Ökonomen.

Wirtschaftsprofessor und «NYT»-Kolumnist Paul Krugman stellte fest, es sei für die Mehrheit der Ökonomen klar, dass Zölle in aller Regel zu entsprechend höheren Preisen für Konsumentinnen und Konsumenten führen.

Unter dem Strich hätten höhere Zölle und Senkungen der Unternehmens- und Einkommenssteuern besonders für die 60 Prozent der Bevölkerung mit niedrigeren Einkommen «negative Auswirkungen» und für das 1 Prozent der Reichsten «extrem positive». Krugman: «Weder China noch andere ausländische Staaten kommen für die Zölle auf. Die Last fällt vor allem auf die Armen und die Arbeiterklasse in den USA.»

Das Peterson Institute for International Economics schätzt, dass die Zollpolitik Trumps für jeden US-Haushalt jährliche Mehrkosten von 2600 Dollar bringen werde.

Das neutrale Forschungsinstitut Yale Budget Lab schätzt die Mehrkosten auf 1900 bis 7600 Dollar. Besonders betrifft es die untersten Einkommensschichten, weil bei ihnen die Ausgaben für tägliche Güter einen höheren Anteil haben.

Die National Retail Federation in den USA schätzt, dass Trumps Zollpolitik die Konsumentinnen und Konsumenten in den USA 78 Milliarden Dollar kosten werde.

Teurer würden beispielsweise etliche Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände, Handys, Tablets, E-Autos, PV-Panels, Windräder, Medikamente (Zölle und «Biosecure Act») sowie US-Produkte all jener Firmen, welche für die Produktion in den USA ausländische Bestandteile benötigen.

Während der ersten Trump-Präsidentschaft hatten betroffene Länder auf US-Zölle mit eigenen Zöllen auf Motorrädern, Whisky und anderen US-Produkten reagiert. Farmer in den USA waren damals so stark betroffen, dass Trump ihnen laut «New York Times» 23 Milliarden Dollar zukommen liess, um die Verluste zu kompensieren.

Wenig konkurrenzfähige Unternehmen in den USA können dank Zöllen auf Konkurrenzprodukten länger überleben. «Zölle und Handelskriege reduzieren den Wettbewerb und senken Anreize zur Innovation. Das mindert die Exportfähigkeit von US-Produkten und schadet den US-Konsumenten, die dann schlechtere Produkte erhalten»: Das sagt Wirtschaftsjournalist Bob Davis, der sich mit dem Handel zwischen den USA und China intensiv beschäftigte. 

Es bleibt festzustellen, dass der Teil der Bevölkerung, der von Trumps Zollpolitik besonders negativ betroffen sein wird, überdurchschnittlich stark für Trump gestimmt hat.

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FUSSNOTE

[1] Der US-Präsident hat weitreichende Befugnisse, um eigenständig Zölle zu verhängen, auch ohne die Zustimmung des Kongresses. Allerdings gibt es dabei einige Einschränkungen und Rahmenbedingungen zu beachten:

Präsidiale Vollmachten
Der Präsident kann auf Basis verschiedener Gesetze Zölle verhängen:

  • Der Trade Expansion Act von 1962 (Abschnitt 232) erlaubt es dem Präsidenten, Zölle aus Gründen der nationalen Sicherheit zu erheben.
  • Der International Emergency Economic Powers Act ermöglicht Zölle in nationalen Notlagen.
  • Der Trade Act von 1974 (Abschnitt 301) gestattet Zölle als Vergeltungsmassnahme gegen unfaire Handelspraktiken anderer Länder.

Diese Gesetze geben dem Präsidenten einen erheblichen Spielraum, um ohne direkte Zustimmung des Kongresses zu handeln.

Einschränkungen
Trotz dieser Vollmachten gibt es Grenzen für den Präsidenten. 

  • Der Kongress hat die verfassungsmässige Autorität über den Aussenhandel und kann die präsidialen Befugnisse einschränken oder aufheben.
  • Zölle müssen in der Regel durch ein nationales Sicherheitsinteresse oder unfaire Handelspraktiken begründet werden.
  • Internationale Handelsabkommen und WTO-Regeln können die Möglichkeiten des Präsidenten einschränken.
  • Der Kongress hat die verfassungsmässige Autorität über den Aussenhandel und kann die präsidialen Befugnisse einschränken oder aufheben.

Internationale Handelsabkommen und WTO-Regeln können die Möglichkeiten des Präsidenten einschränken.
Zölle müssen in der Regel durch ein nationales Sicherheitsinteresse oder unfaire Handelspraktiken begründet werden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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10 Meinungen

  • am 7.11.2024 um 13:23 Uhr
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    Danke für den Artikel. Was so ein US-Präsident alles darf, ohne sein Parlament zu befragen, ist schon erstaunlich. Höhere Zölle haben übrigens eine wechselhafte Geschichte. In der Aufbauphase einer Ökonomie kann die Abschottung eines Marktes sehr gut wirken, wie z.Bsp. in Südkorea. Je verlochtener aber die Handelsbeziehungen, desto mehr negative Auswirkungen sind zu erwarten. So waren die RGW-Staaten durch fehlende Devisen, Handelsverbote, die Comecon-Liste und andere Sanktionen viele Jahrzehnte praktisch vom Weltmarkt abgeschnitten und hatten dadurch sehr hohe Entwicklungs- und Beschaffungskosten, allerdings auch einen sehr hohen Selbstversorgungsgrad mit Dingen des täglichen Bedarfs, abgesehen von Treibstoffen. Dafür war alles enorm teuer wo nur ein bißchen Elektronik drinsteckte. Auf lange Sicht werden also die hohen Zölle wohl nichts bringen, kurzfristig haben sie Schutzeffekte.

  • am 7.11.2024 um 14:19 Uhr
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    Da sich Trump auch aus dem Pariser Abkommen verabschiedet wird er – wenn nötig die eigene Öl Produktion wieder steigern und somit auch den Treibstoff Preis beeinflussen – in Amerika. Er kann den Preisunterschied zum Weltmarkt – falls der nach oben geht und die eigenen Produktionskosten zu hoch sind – mit Subventionen wettmachen.
    Ob die Zölle schlussendlich die importierten Waren verteuern regelt der Markt und das Ursprungsland der Güter – das kann sehr schnell ändern bzw. geändert werden.

  • am 7.11.2024 um 15:22 Uhr
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    Trump war ja schon mal Präsident und in seiner Amtszeit betrug die durchschnittliche jährliche Teuerung knapp 1.9%.

    Einer der wichtigsten Faktoren für die Teuerung sind die Energiepreise. Um irgendwas herzustellen, braucht man ja Energie. Trump förderte die Erdölproduktion in den USA, wodurch sie zum grössten Erdölproduzenten weltweit wurden. Das garantierte stabile und tiefe Erdölpreise, also Energiepreise. Er will ja auch den Krieg in der Ukraine beenden, was ebenfalls die Energiepreise senken sollte.

    Ausserdem hat er sich für einen starken Dollar ausgesprochen, was Import Preise stabil halten und ausländische Investitionen fördern sollte. Für Exportländer mit schwachen Währungen bleibt die USA also ein interessanter Markt, trotz evtl. höheren Zöllen. Die USA als riesiger Konsummarkt wird auch „Racheaktionen“ durch andere Staaten (zb. China) in Grenzen halten.

  • am 7.11.2024 um 16:30 Uhr
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    Ex-Präsident Jimmy Carter 2015: «USA sind keine Demokratie.» (Theintercept)
    Ich finde bisherige Demokratie Fehlkonstruktion: Die «Delegierten» des Souveräns (Volks) sind nicht an ihre Wahlversprechen (gegenüber ihren Wählern) gebunden (dürfen im Amt das Gegenteil tun) und sind unkündbar für die Legislaturperiode (Selenski liess sogar die Wahl 2024 entfallen, abgesehen davon, dass er vor seiner erstmaligen Wahl Frieden versprachen und offensichtlich deshalb gewählt wurde, dann das Gegenteil tat).
    Wo in der Wirtschaft, in welchem Unternehmen, würde ein solches Verhalten von «Angestellten» alias Delegierten, würden solche Spielregeln, auch nur im Entferntesten geduldet vom «Souverän» (Auftraggeber)?

  • am 7.11.2024 um 19:25 Uhr
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    Dieser sich anbahnende Handelskrieg ist nicht Trump eigen. Er ist ein Teil des Zwists zwischen den USA und China. Kriege beginnen immer mit Handelssanktionen. War so in the past. Immer noch aktuell. Das gleiche Szenario machten die USA mit Russland: Die ersten Sanktionen sind 2014 alt. Sanktionen damals gegen RU-Milliardäre. Die EU zog nach. Dann folgten Handelssanktionen gegen RU. Die EU zog nach. Gefolgt von politischen Interventionen & Manipulationen: Orange Rev./Maidan etc und als RU Reaktion die Krim Annexion durch Wahlen.
    Die USA sind taktisch einfach. Ihre Feindmuster sind quasi immer gleich. Handelskrieg bevor Krieg.

  • am 7.11.2024 um 20:19 Uhr
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    Kann mich gut erinnern,wie Trump während seiner ersten Amtszeit Steuern für Produkte aus China einführte und dafür, wie eigentlich immer, ausgelacht und kritisiert wurde. Unterdessen hat die EU längst nachgezogen,siehe E- Autos, und niemand beschwert sich gross darüber,oder erwähnt gar, dass dies eigentlich eine Trump Masche ist. Item, klar Trump ist wohl ein sexistischer Egomane und Business Man.Aber was hier in der CH abging,die letzten 9 Jahre in den Medien,sucht seinesgleichen.Da gibts Journis, die haben sich wahrscheinlich in 3/4 ihrer Artikel an Trump abgearbeitet.Der letzte Viertel waren dann Anti Maßnahmen Gegner und Anti Putin Artikel. Selten wurde eine Person so stark flächendeckend dämonisiert.Gebracht hats rein gar nichts,eher im Gegenteil. Hoffe IS steigt jetzt nicht auch noch auf diesen Zug auf.Wenn denn die Kacke am dampfen ist, kein Problem,aber bitte nicht wieder jeden Schreibfehler abfeiern und irgendwelche steile Thesen verbreiten.Dies wird schon zur genüge gemacht

  • am 8.11.2024 um 05:56 Uhr
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    Läßt man mal alle «philosophisch-theoretischen» Überlegungen hinsichtlich der Gründe , die zur Wahl von Trump geführt haben, beiseite,dann könnte man sagen : Es kommt allein drauf an was er macht und bewirkt. Sollte er die Waffen zum Schweigen bringen – in der Ukraine und/oder in Gaza – würde er eine Position bekommen, die nahezu unvergleichlich ist. DAS könnte ihm bewußt sein. Da zudem sein Wahlvorsprung unbestritten ist, könnten wir ein verändertes, stabileres Verhalten erleben und uns veranlassen, über manches hinwegzusehen, was theoretisch «undemokratisch» ist. Ich gebe zu : ich würde es gut finden. Allerdings :wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit ?

    • am 8.11.2024 um 17:40 Uhr
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      Meine Antwort: «Null. Und das ist noch aufgerundet.»

      • am 9.11.2024 um 05:18 Uhr
        Permalink

        Hübsche Formulierung – und wahrscheinlich haben Sie recht – jedenfalls auf der Basis DES Bildes von Trump, welches so zu sagen das offizielle ist. Bei der Beurteilung eines Gegners sollte man aber «überraschende» Schachzüge zumindest in Betracht ziehen, zumal man Trump ja eine Tendenz dazu nachsagt. UND: ist es nicht tatsächlich so, daß er mit einer solchen Operation politisch ziemlich stark punkten WÜRDE ? Na ja – und da müßten ja auch noch einige andere Personen mitspielen. ALSO : lassen wir es bei NULL.
        Guten Morgen!

  • am 10.11.2024 um 07:25 Uhr
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    Die Welt beginnt zu grübeln : «Wie konnten die Amerikaner nur….!» Bald werden geniale Theorien als Antworten auftauchen – vielleicht sogar Nobelpreis-belegt (Obama hat ja….). Ich möchte – ganz ohne solchen Anspruch – ein krasses Symptom in Erinnerung rufen :Die Aneinanderreihung von , völlig wirkungslosen,Mahnungen der Biden-Regierung an Israel, seine militärischen Ausuferung zu beenden. Das wirkte schon lächerlich, jedenfalls auf mich. DAS dürfte vielen Amerikanern ähnlich gegangen sein. In der Politik gilt : Handeln KANN falsch sein, NICHT-HANDELN IST falsch. Ich weiß nicht,ob Trump sich philosophisch mit dieser Frage beschäftigt, eher nicht – aber es könnte gleichsam genetisch begründet sein. Einschließlich aller damit verbundenen Risiken war es wahrscheinlich (>NULL!) (auch) DAS, was die AmerikanerInnen bewegte.

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