Kommentar
Strategische Partnerschaft USA-Vietnam: Eine Vernunftehe
Red. Felix Abt ist Unternehmer und lebt in der Stadt Nha Trang im Süden Vietnams.
US-Präsident Joe Biden bezeichnete den chinesischen Präsidenten Xi Jinping kürzlich als «Diktator». Dies wurde von der vietnamesischen Führung wahrscheinlich als Warnung aufgefasst. Schliesslich unterteilt Bidens Ideologie die Welt in Demokratie und Autokratie, in Gut und Böse. In Bidens Weltbild und dem anderer amerikanischer Neocons ist Vietnam also genauso «böse» wie China. Und die Neocons würden es gerne, zusammen mit Taiwan, in eine weitere Ukraine verwandeln.
Zweifellos ist sich die vietnamesische Führung darüber im Klaren, dass Hanoi als nächstes dran wäre, wenn Washingtons Bemühungen um einen Regimewechsel in Moskau und Peking Erfolg hätten. Ich erinnere mich, dass mir ein amerikanischer Journalist in Vietnam vor Jahren erzählte, wie genau jeder, der in der US-Botschaft in Hanoi ein- und ausgeht, beobachtet wird.
Dennoch ist die vietnamesische Führung pragmatisch, will freundschaftliche Beziehungen zu allen Nationen pflegen und wagt einen anspruchsvollen Spagat zwischen den beiden rivalisierenden Supermächten, um ihre ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen, Vietnam zu einem modernen Industrieland mit möglichst viel Wohlstand für seine Bürger zu machen.
Die sich abzeichnende umfassende strategische Partnerschaft mit Washington wird sowohl für Hanoi als auch für Washington mehrere Vorteile mit sich bringen: Erstens wird Hanoi besser in der Lage sein, sich gegen Übergriffe Chinas auf vietnamesische Gebiete im Südchinesischen Meer oder im Ostmeer, wie Vietnam es nennt, zu verteidigen, und zweitens wird es sichere und stabile Lieferketten für Halbleiter und andere hochwertige Elektronikprodukte gewährleisten, die die Vereinigten Staaten möglicherweise aus Vietnam und nicht aus Taiwan, Japan oder Südkorea importieren möchten.
Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass Hanoi auch eine ebenso umfassende strategische Partnerschaft mit Peking, das im Westen weithin als Vietnams grösste geopolitische Bedrohung angesehen wird, und mit Moskau unterhält. Und, was am wichtigsten ist: China ist Vietnams grösster Handelspartner.
Zachary Abuza, Sicherheitsexperte für Südostasien am National War College in Washington, DC, warnt davor, die geopolitische Bedeutung der umfassenden strategischen Partnerschaft überzubewerten. «Symbolisch gesehen ist es wichtig. Ich möchte die Symbolik nicht schmälern, aber es handelt sich um einseitige vietnamesische Einstufungen, die über die Symbolik hinaus keine wirkliche Bedeutung haben», sagte Abuza der «South China Morning Post» und fügte hinzu, dass Washington mehr als Hanoi darauf bedacht sei, Peking zu verärgern.
«Offensichtlich versuchen die Amerikaner, den Druck zu erhöhen und zu zeigen, dass dies eine vietnamesische Ablehnung der chinesischen Aggression und der Wolfskrieger-Diplomatie ist», sagte Abuza und fügte hinzu, dass Vietnam dies anders sehe. «Ich persönlich betrachte dies eher als Versuch Vietnams, der Welt, einschliesslich China, zu zeigen, dass es eine allseitige und unabhängige Aussenpolitik betreibt, die keinem Land verpflichtet ist», betonte er.
Entgegen den Erwartungen amerikanischer Neokonservativer ist es unwahrscheinlich, dass sich das geopolitische Gleichgewicht merklich zu Gunsten Amerikas verschiebt, da die wirtschaftlichen Realitäten zeifellos die Hauptrolle spielen werden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Der Autor ist Unternehmer und lebt in der Stadt Nha Trang im Süden Vietnams.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Amerika kooperiert mit einem kommunistischen Staat, welch ein Wunder!
Die Amerikaner haben mit ihrem krankhaften Antikommunismus in der Vergangenheit auf der ganzen Welt unendlich viel Leid verursacht!
Wesentliches in obigem Artikel sehe ich konträr. Fatal finde ich etwa, wie Japan sich instrumentalisieren lässt nach Hiroshima und Nagasaki. Henry Kissinger: «It may be dangerous to be America’s enemy, but to be America’s friend is fatal.» (Quelle: https://globalbridge.ch/verhaengnisvolle-freundschaft-wie-die-usa-europa-eroberten ).
«Der indianische US-Söldner in Uniform, mit Revolver, Karabiner (…) ist, solange es Indianerkriege gab und Indianerpolitik gibt, nicht die Ausnahme, sondern die Regel gewesen. Mehr als Politiker, Generäle, Reservationspolitik, waren es die Indianer selbst, die den wirkungsvollsten Beitrag zum Untergang ihrer eigenen Rasse lieferten.» Christopher S. Hagen, «Die Indianer-Kriege».
https://www.wsws.org/de/articles/2023/05/29/uerd-m29.html
https://www.20min.ch/story/behindert-und-ans-bett-gebunden-so-leben-kinder-von-agent-orange-opfern-728343524778
https://zeitpunkt.ch/erfahrungen-aus-vietnam-und-anderen-orten-zeigen-streubomben-lassen-einen-krieg-nie-enden