«Sind Freiheit und Unabhängigkeit nochmals 300’000 Tote wert?»
upg. Grosse Medien informieren zurzeit vor allem über Argumente, die dafür sprechen, der Ukraine zu helfen, sämtliche von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Infosperber geht davon aus, dass die Leserinnen und Leser die entsprechenden Argumente kennen. Deshalb lässt Infosperber zur Meinungsbildung ergänzend Stimmen zu Wort kommen, welche die Fortsetzung des Krieges für riskant halten. Heute den Pazifisten und Philosophen Professor Olaf Müller. Folgendes ist ein Interview von Ralf Erdenberger mit Olaf Müller, das der WDR am 17. Januar ausstrahlte. (Umgangssprachliches in Schriftdeutsch übertragen).
Wie stehen Sie als Pazifist zur Lieferung und zum Einsatz von Waffen?
Ich bin ein vorsichtiger Pazifist. Ab welchem Punkt müssen wir vielleicht doch mit dem Gedanken spielen, Waffen einzusetzen? Da wird der Pazifist – anders als seine Gegner – zaudern und zögern. Ich finde bereits die Waffen gefährlich, die wir geliefert haben. Doch wie bewerten wir «gefährlich»? Woher wissen wir, welche Folgen unsere Waffenlieferungen haben? Ich sorge mich in diesem Streit um diejenigen, die so sicher zu wissen glauben, welches die Folgen sein werden. Ich bin Philosoph genug – als Erkenntnistheoretiker – dass ich leider entgegnen muss: «Das wisst ihr alles gar nicht! Ihr könnt die Zukunft nicht voraussehen. Ihr wisst nicht, was ihr riskiert.» Deshalb bin ich dafür, eher vorsichtig zu sein.
Aber wenn man zögert, weil man nicht weiss, was kommt, könnte man einen grossen Fehler begehen.
Tatsächlich ist die Zukunft für beide Seiten nicht vorhersehbar. Sie versteckt sich hinter einem Nebel der Unwissenheit. Trotzdem müssen wir versuchen, die Gefahren einzuschätzen. Ich sehe zwei grosse Gefahren, welche die Gegner des Pazifismus unterschätzen. Die eine Gefahr [eines fortgesetzten Krieges] sind die tatsächlichen Opfer dieses Krieges auf allen Seiten. Diese Opfer hätte es nicht gegeben, wenn man auf eine militärische Gegenwehr verzichtet hätte. Die andere Gefahr ist der gefährdete Frieden in Europa, die Gefahr eines Atomschlags…
… durch Eskalation. Ich möchte gerne zuerst auf die erste Gefahr eingehen. Sie sagten, wenn man darauf verzichtet hätte, die Ukraine zu unterstützen, hätte man weniger Opfer in der Ukraine?
Ja. Ein Problem besteht im kontrafaktischen Satz «Was wäre, wenn?». Gegner des Pazifismus argumentieren ja in etwas so: «Hätte sich die Ukraine gar nicht gewehrt oder früh kapituliert, dann hätten die Russen vor Ort einen Völkermord begangen». Darauf antworte ich vorerst skeptisch: Das wissen wir nicht, dass das so gekommen wäre.
Schauen wir die Opferzahlen genauer an. Darüber gibt es bisher zwar sehr schlechte Informationen, weil sie wohl bewusst unter Verschluss gehalten werden. Mitte November gab es jedoch eine Schätzung eines hohen amerikanischen Militärs, die ich für ziemlich seriös halte. Er hat gesagt: «Wir haben einerseits unter den Zivilisten in der Ukraine ungefähr 40’000 Todesopfer, und dann haben wir auf Seiten der russischen Armee ungefähr 100’000 Soldaten, die entweder gestorben sind oder kampfunfähig geschossen wurden. Auf der ukrainischen Seite waren es ungefähr genau so viele.» Das wären insgesamt fast 300‘000 Tote.
Das war Mitte November. Die Aussage ist natürlich nicht 100-prozentig belastbar, aber es war eine seriöse Schätzung. Und dieses Ausmass an Toten lässt mir ein Gruseln über den Rücken laufen.
Die Gegner des Pazifismus, die einen Völkermord befürchteten, müssten jetzt etwa behaupten: «Wenn die Ukraine sich militärisch nicht gewehrt hätte, hätte die russische Armee 40’000 Zivilisten abgeknallt». Und woher wollen sie das wissen? Woher wissen sie, dass eine Armee einfach so losgeht, und sich-nicht-wehrende Zivilisten – in dieser Grössenordnung – ermordet? Da ist eine bestimmte Wertung drin, nämlich eine Wertung der russischen Kultur, der russischen Armee. Und die Aussage setzt einen Pessimismus voraus. Diesen Pessimismus haben sie nicht durch irgendwelche Fakten unterlegt, sondern der ist frei improvisiert.
Mit dem gleichen Recht können wir auch optimistisch sagen: «Das Ermorden von sich-nicht-wehrenden, lächelnden, singenden Zivilisten ist eine scheussliche Angelegenheit, das macht fast kein Mensch.» Unser Menschenbild spricht dagegen, dass in diesem Ausmass solche Verbrechen passiert wären.
Sie sagen damit ja eigentlich: «Wenn man jetzt nicht unterstützt hätte – vom Westen aus mit Waffen – hätte man viele Menschenleben praktisch gerettet.»
«Gerettet» ist vielleicht das falsche Wort. Es wären vermutlich viele nicht gestorben, die gestorben sind. Zum Beispiel in Mariopol, das ist ja eine unglaubliche, schreckliche Geschichte…
Sie haben jetzt das Leben als Massstab gesetzt. Dieser Massstab blendet aber Konsequenzen aus, die möglicherweise später eintreten. Es hätten sich doch Grenzen verschoben, und wir hätten etwas toleriert, was vielleicht weitere schlimme Folgen hätte.
Genau. Aus einer philosophischen Perspektive ist es extrem schwierig, Menschenleben aufzuwiegen gegen beispielsweise die Frage der staatlichen Unabhängigkeit, Diktatur, Fremdbestimmung, Unterdrückung durch die Russen. Wie bewertet und wie berechnet man das? Ich möchte einfach darauf hinweisen, dass es für den Preis der Unabhängigkeit irgendeine Obergrenze an Toten gibt. Wir nähern uns dieser Obergrenze immer stärker an, wo immer wir sie ansetzen. Das ist eine brutale Rechnung. Aber es ist klar, dass es nicht im Sinne der Ukraine sein kann, einen gigantischen Blutzoll zu zahlen, um vielleicht die Unabhängigkeit aller ihrer territorialen Einheiten aufrechtzuerhalten.
Muss die Ukraine nicht selber beurteilen, wie hoch der Preis der Freiheit ist? Wenn man sich nicht wehrt, dann lässt man den Aggressor gewähren. Was Freiheit Wert ist, muss doch erstmal bei dem bleiben, der sie verteidigt, also bei der Ukraine selber, die um Hilfe bat.
Ja, auf jeden Fall. Wir können von aussen locker darüber reden. Es fühlt sich falsch an, von aussen irgendwelche Ratschläge zu erteilen. Weil wir aber aufgefordert sind, Waffen zu liefern, müssen wir mitdenken. Und die Bereitschaft, wirklich Zigtausende an Menschenleben zu opfern für eine staatliche Unabhängigkeit, ist aus meiner Sicht – ab einer bestimmten Grenze jedenfalls – nicht mehr akzeptabel.
Es kommt ja oft vor, dass man das nicht genau vorhersehen kann, was die Folgen sein werden, wie lange das dauern wird und so weiter. Und die russische Armee kämpft und kämpft und kämpft. Es ist nicht abzusehen, dass die irgendwie aufgeben werden. Es wird einfach nur alles immer schlimmer.
Gerne würde ich einen optimistischen Gegenblick einbringen. Die Nachrichten berichten immer durch die militärische Brille über Kampfaktionen und Erfolge der einen oder anderen Seite. Es ist jedoch ein wichtiger Teil des Pazifismus, für den ich plädiere, dass wir bei der Betrachtung der Wirklichkeit anders hinschauen sollten. Das bedeutet, dass wir systematisch nach friedlichen Konfliktlösungsmöglichkeiten Ausschau halten. Einerseits für die Planung, und andererseits auf der Suche nach Beispielen, bei denen das funktioniert hat. Ich finde es gegenwärtig schockierend, dass positive Beispiele dieser Art aus dem Ukrainekrieg praktisch nicht bekannt gemacht werden.
Welche zum Beispiel gibt es denn?
Ein katalanischer Wissenschaftler war bis Juni letzten Jahres in der Ukraine und versuchte, systematisch solche Beispiele zu sammeln. Doch die von ihm publizierte Studie ist in der Öffentlichkeit praktisch nicht bekannt. Sie enthält ein paar Hundert Beispiele zivilen Widerstands, die Erfolg hatten. Viele sind sehr bescheiden. Ich nenne jetzt mal das allerstärkste Beispiel, das wenig bekannt ist. Es war am 26. März letzten Jahres, als die russische Armee in Slawutytsch einmarschierte. Der Ort mit etwa 40’000 Einwohnern befindet sich nicht weit von Tschernobyl, wo viele Arbeiter der ehemaligen Atomanlage von Tschernobyl lebten. Die russische Armee nahm diese Stadt ein, nahm den Bürgermeister fest und steckte ihn ins Gefängnis. Darauf ging die Zivilbevölkerung auf den Marktplatz und hat sich singend und lächelnd den russischen Soldaten entgegengestellt. Ganz friedlich, ohne jede Aggression. Die russische Armee schoss ein paar Mal in die Luft, um die Leute zu erschrecken, was diese aber offensichtlich nicht beeindruckte. Noch während dieser Demonstration von immer mehr Zivilisten kam es zu Verhandlungen. Das Ergebnis war ein doppeltes: Einerseits wurde der Bürgermeister wieder freigelassen, andererseits wurde den Russen erlaubt, in den Häusern nach versteckten Waffen zu suchen. Die Einwohner versprachen, nicht bewaffnet zu sein. Die Russen hatten dann in der Tat bestätigt, dass die Stadt unbewaffnet war. Während die Demonstrationen noch andauerten – so beschrieben es Teilnehmer – zeigten sich russische Soldaten schockiert davon, dass ihnen friedliche, singende, lächelnde Menschen gegenüberstanden. Am 28. März marschierte die russische Armee dann ab.
Und jetzt ist Slawutytsch unter russischer Herrschaft?
Nein, die Stadt ist unter ukrainischer Kontrolle. Solche Fälle sind eben nicht bekannt. Die Demonstrationen wurden damals improvisiert. Sie wurden nicht von langer Hand geplant. Das ist eine optimistisch stimmende Geschichte unter den vielen, vielen Horrormeldungen. Mein Punkt ist: Wenn wir solche Beispiele nicht suchen und schauen, wie das funktionieren kann, dann werden wir diese Beispiele auch nicht finden.
Doch für diesen pazifistischen Weg braucht es immer eine Gegenseite, die beeindruckt ist und dann eben nicht schiesst.
Exakt. Und wir können fragen: «Wie wahrscheinlich ist denn das?» Die Antwort hängt sehr viel von unserem Menschenbild ab. Es gibt Leute, die haben ein pessimistisches Menschenbild, und sagen, am Ende kann der Mensch nur mit vorgehaltener Knarre zur Raison gebracht werden. Diese Position kann viele empirische Daten auf ihrer Seite anführen. Und dann gibt es die optimistische Haltung: Der Mensch ist grundsätzlich gut und wird nur unter Druck immer weiter brutalisiert. Die Pazifisten meinen, dass man dieses zweite Menschenbild endlich mal ernst nehmen und den friedlichen Weg ausprobieren sollte. Wir haben Weisheitslehrer seit Jahrtausenden, die das vorschlagen, und es wird kaum je ausprobiert.
Aber hier müssen wir doch konkret schauen, mit welchen Menschen und mit welchem Regime wir es zu tun haben in Russland. Haben nicht diejenigen recht, die sagen, wenn man Putin gewähren lässt und die russische Armee, dann ist Putin nicht aufzuhalten. Dann werden immer mehr Menschen in Europa in Unfreiheit geraten und nicht mehr in einer Demokratie leben, sondern in einer Diktatur!
Das sind Entwicklungen, die wir nicht vorhersehen können. Was wir jetzt können, ist die bislang gestorbenen Toten zählen – diese Zahl ist gigantisch – und dann in der Tat eine Abwägung machen. Diese hängt sehr stark vom Weltbild ab.
Also: Was wird passieren, wenn? Darüber gibt es überhaupt keine sicheren Prognosen. Doch die äusserst pessimistischen Prognosen bestimmen im Moment das Geschehen, obwohl die Fakten so viel Pessimismus nicht hergeben. Deswegen würde ich erstmal sagen, dass wir bei der Entscheidung zwischen Optimismus und Pessimismus eine Wahlfreiheit haben. Man muss sich selber überlegen, wie man sich positioniert. Wenn man einen optimistischen Blick hat, sieht man eher die Chance, die optimistischen Wege zu finden, die man braucht, ohne diese unglaublichen Totenzahlen in Kauf zu nehmen.
In Ihrem Buch* plädieren Sie als Pazifist jedoch nicht für eine allgemeine Abrüstung
Schweren Herzens, aber doch mit grosser Überzeugung schlug ich am Ende des Buchs vor, dass wir der Gefahr, dass sich der russische Imperialismus noch weiter ausbreitet, etwas entgegensetzen müssen und können: Ich würde gerne stark investieren in dezidierte defensive Verteidigungssysteme an den NATO-Grenzen. Wir haben einen Beistandspakt. Wir haben einander versprochen, dass wir uns gegenseitig gegen Angriffe von aussen verteidigen. Und wenn wir sehen, wie lausig die russische Armee ausgestattet ist, und wie schlecht sie strategisch, taktisch, logistisch und so weiter unterwegs ist, dann bin ich sehr sicher, dass wir durch ein hinreichendes Mass an Abschreckungskräften an unseren Grenzen genügend massiv und martialisch stehen können, dass sich nur schon der Gedanke, uns da zu überrollen, von selber für jeden verbietet.
Das ist ein Signal jetzt auch mal an meine nicht-pazifistischen Gegner. Ich bin bereit, mit der Waffe zu drohen, weil dann die Kräfteverhältnisse so eindeutig zu unseren Gunsten sein werden, dass ich mir da keine grossen Sorgen um den Frieden zu machen brauche.
Ist das nicht die Logik des Kalten Krieges?
Das ist sie, und sie ist auf Dauer nicht stabil. Es ist keine Lösung für Jahrhunderte. Aber sie ist für den jetzigen Moment rational.
Heisst das in der Konsequenz nicht, dass man die russischen Truppen in der Ukraine gewähren lässt?
Weil dieser Krieg nicht durch eine solche martialische Defensiv-Aktion verhindert werden konnte, ist dies das kleinere Übel. Es ist zwar entsetzlich, das zu sagen. Es wäre besser gewesen, man hätte diese Entscheidung bereits vor elf Monaten getroffen. Und noch besser wäre es gewesen, wenn sich die Ukraine seit der Annexion der Krim systematisch auf zivile Verteidigung vorbereitet hätte.
Irgendwann muss man ausbrechen. Wir sind jetzt an dem Punkt, wo die grosse Gefahr, die viele – denke ich – sehen, auch noch auf den Tisch gehört. Die Gefahr nämlich, dass unsere Waffenlieferungen so erfolgreich sind, dass die russische Seite glaubt, dass sie nicht nur diesen Krieg in der Ukraine verliert, sondern dass sie ganz am Ende ist. Und für diesen Fall, falls die Existenz Russlands auf dem Spiel steht, hat Putin explizit angedroht, Atomwaffen einzusetzen. Und davor fürchte ich mich.
Es scheint heute ja so, dass unsere Waffenlieferungen, die dauernd weiter gesteigert werden, ein experimentelles Herantasten an diesen Punkt sind. Bekommen wir es hin, die ukrainische Armee so stark auszurüsten, dass Russland den Krieg in der Ukraine verliert, und vielleicht auch lautlos in sich zusammensinkt, ohne dass es knallt? Können wir das so genau dosieren? Ich mache mir riesige Sorgen, dass wir das Wissen nicht haben, um diesen Prozess zu steuern. Wir sind schnell an einem Punkt, wo – wenn auch nur aus Versehen, weil alle nervös sind – der Atomkrieg ausbricht. Und das ist eine Gefahr, mit der wir nicht spielen dürfen. Hätten die Russen keine Atomwaffen, würde ich das ein bisschen anders sehen. Aber diese Gefahr ist einfach gigantisch, und die ist nicht aus der Welt.
Diese Gefahr können wir vielleicht verhindern, wenn wir zum richtigen Zeitpunkt – und den würde ich gerne noch mit Ihnen ausloten – auf diplomatische Bemühungen setzen. Deshalb die Frage: Welches ist der richtige Zeitpunkt?
Es wird immer gesagt, dass es der ukrainischen Seite vorbehalten sei, zu entscheiden, wann und worüber verhandelt wird. Aber es ist klar, dass die Ansage «Wir kämpfen, bis wir gewinnen» auch den Zweck hat, die Kampfmoral hochzuhalten. Es ist keine Aussage, mit der wir aus diesem Krieg rauskommen. Es wird Kompromisse geben müssen. Und da sage ich: Je früher man anfängt, ernsthaft zu verhandeln, umso besser. Der Westen hat dabei natürlich einen Hebel. Denn er kann die Waffenlieferungen an Verhandlungsangebote knüpfen. Das machen wir bislang offiziell nicht. Ich hoffe, dass das hinter den Kulissen gemacht wird.
Rote Linie für den Einsatz von (Atom-)waffen
upg. Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der deutschen Bundeswehr, erklärte bei Anne Will, es gäbe keine rote Linien für einen russischen Einsatz von Atomwaffen: «Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Lieferung bestimmter Waffensysteme und einer nuklearen Eskalation. Wir haben es nicht in der Hand, wann Russland eskaliert.» Man müsse sich daran erinnern, dass die Atommächte Russland in Afghanistan und die USA in Vietnam auch schon Kriege verloren hätten, ohne Atomwaffen einzusetzen.
Allerdings handelte es sich dabei um Niederlagen, welche die Atommächte nicht als bedrohlich für ihre eigene Sicherheit einschätzten. Die Grenzen der Ukraine dagegen liegen in der Nähe von Moskau. Und den Marinestützpunkt Sewastopol auf der Krim, der Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion in einem bis zum Jahr 2042 laufenden Vertrag mit der Ukraine zur Nutzung überlassen wurde, betrachtet die Regierung in Moskau als Garantie, dass das Schwarze Meer nicht völlig unter die Kontrolle der NATO gerät. Die rote Linie Moskaus droht weniger durch gelieferte Waffensysteme überschritten zu werden, sondern durch militärische Angriffe auf die Krim und den Osten des Donbass.
Die bange Frage ist berechtigt: Was macht eine Atommacht, wenn sie ihre eigene Sicherheit als bedroht betrachtet?
Alle Grossmächte ziehen Rote Linien für militärische Einsätze. Die USA akzeptieren keine feindlichen Raketen in Nord-, Mittel- und Südamerika. Die «Monroe-Doktrin» gelte noch immer, erklären die USA. China akzeptiert keine offizielle Anerkennung der Unabhängigkeit Taiwans. Russland macht seit zwanzig Jahren klar, dass es einen NATO-Beitritt des Nachbarlands Ukraine nicht akzeptieren werde. Als der Westen schliesslich eine entsprechende ultimative Forderung ablehnte, bereitete Russland für alle sichtbar einen Angriff auf die Ukraine vor. Die Ukraine und die NATO blieben stur. Die rote Linie war für Moskau überschritten. Es kam zum Angriffskrieg.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Sehr geehrter Herr Professor Müller
1. Die 60’000 Toten des zweiten Weltkrieges hätten nach Ihrer Argumentation vielleicht vermieden werden können, hätte man Hitler einfach machen lassen? Wir wissen es nicht, werden Sie sagen!
2. Ein Resultat dieses Blutzolls ist die Gründung der UNO. Ich habe die Satzungen der UNO Zeile für Zeile durchgelesen. Würde diese die Beschlüsse der Charta durchsetzen, müsste der Angriff Putins auf die Ukraine in drei Wochen erledigt sein. Russland hat gegen die vereinigte Kraft der UNO keine Chance, wenn man endlich die unsinnigen Vetorechte für Aggressoren ausschaltet. Nicht nur die Russlands!
3. Die Atomdrohung: Die UNO sagt Putin unmissverständlich: Wir, die 193 UNO-Staaten, werfen die Atombombe nicht als Erste, aber wenn Sie sie diese werfen, dann wird Moskau nach der zweiten nicht mehr existieren. Mit diesem Risiko müssen Sie und wir leben.
Lieber Herr Schenk
Ihr Schreiben trieft vor historischen Ungenauigkeiten und Fehlinterpretationen.
1. Der zweite Weltkrieg forderte über 60 Millionen Tote, nicht 60’000, wie Sie schreiben.
2. Die UNO vereinigt zwar beinahe 200 Nationen, die aber bei Weitem nicht alle hinter nebulösen Aussagen bestimmter Leute der Vereinigten Nationen stehen. Nur ein kleiner Teil der UNO-Mitglieder unterstützen beispielsweise die Embargos gegen Russland und da sind die grossen, wie China und Indien nicht einmal mit dabei. Nicht einmal alle NATO-Staaten (Türkei) unterstützen den wirtschaftlichen Druck der USA.
3. Hitlers Wahnsinnskrieg mir der Zerstörung von halb Europa hätte vielleicht verhindert werden können, wenn nicht die ganze damalige politische Welt vor dem Diktator den Kniefall zelebriert hätte.
Es hat sich nichts geändert: Solange bestimmte Kreise von Kriegen profitieren, werden sie geführt werden. Und bis heute führte der Westen um die USA bei Weitem die Rangliste aller Angriffskriege aus
Bleibt zu ergänzen, dass die USA die erste Atombombe abgeworfen haben und es ein Irrsinn ist, einen Atomkrieg als zu akzeptierendes Risiko zu bezeichnen.
Danke für diesen Mut machenden Beitrag. Es scheint doch noch nicht Hopfen und Malz verloren zu sein.
Wir hatte Krieg genug, hier mal eine Übersicht: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_andauernden_Kriege_und_bewaffneten_Konflikte#Entwicklung_der_Opferzahlen_ab_201
ich kann zwar die USA einerseits verstehen, dass sie als Weltmacht Nr. 1 nicht ihren Platz hergeben will und auch die Weltwährung nicht verlieren will. Aber verdient hat sie sich diesen Platz durch wirtschaftliche Stärke, Demokratisch-Moralethische Werte und militärische Kraft.
Wenn sie jetzt einhergeht und nur noch auf das letztere Baut, um ihre Schulden nicht begleichen zu müssen weil der Rest ihrem Turbokapitalismus zum Opfer gefallen ist, dann ist es an der Zeit sich zu überlegen ob deren Werte noch dem entsprechen wonach man Leben möchte.
Oder ob es andere Perspektiven für eine Zukunft gibt, die auch wieder mehr dieser alten Werte als Grundlage haben. Dazu müsste man aber mal alt her gebrachtes in Frage stellen.
NEIN, ganz im Gegenteil!
Die US-Wirtschaftsmacht beruht auf dem erzwungenen Petrodollar und gewiss nicht auf einer demokratisch-wirtschaftlich-moralisch-ethische Stärke. Sie beruht auf ihrer skrupellosen Machtanwendung gegen unzählige Länder und Völker.
Es fing ja schon mit dem Genozid an den Ur-Amerikanern an.
«Aber verdient hat sie sich diesen Platz durch wirtschaftliche Stärke, Demokratisch-Moralethische Werte und militärische Kraft.»
«Verdient…» haben die US-Machteliten etwas ganz anderes!
Die Frage ‹ob es die Toten wert sei› fragen eigentlich immer nur die, welche davon ausgehen, nicht zu diesen zu gehören. Wer sich nämlich selber fragt, ob dies SEIN Leben wert sei und das bejaht, der geht hin, nimmt eine Knarre und kämpft selbst. Alle Anderen sind offenbar dazu bereit, für ihre Ideale andere in den Tod zu schicken und deren Leben zu opfern, wollen aber selber unversehrt bleiben. Sollte man auf solche Zeitgenossen hören, insbesondere bei ethisch-moralischen Erwägungen? Vermutlich nicht, aber wir tun es trotzdem immer wieder und wählen die sogar..
1956, nach der Invasion der Sowjetunion in Ungarn verliessen 200’000 Personen das Land. Der Volksaufstand in Ungarn forderte 1956 2500 – 3000 Tote. 1968, nach dem Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen in der Tschechoslowakei verliessen auch etwa 200’000 Menschen das Land. In der Tschechoslowakei wurde vor allem zivilen Widerstand gegen die Besatzer geleistet, was weniger Opfer forderte als in Ungarn. Im Zeitraum von August bis Dezember 1968 kamen aufgrund der militärischen Intervention 137 tschechoslowakische Staatsbürger ums Leben. Wie viele Opfer hätte Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968 wohl gefordert, wenn wie jetzt im Krieg in der Ukraine vom Ausland riesige Mengen Waffen geliefert worden wären und ausländische Kämpfer und Söldner dabei gewesen wären?
Der Pazifist Rainer Schmid: «Sicherheit lässt sich mit gewaltlosen Aktion besser herstellen als mit Militär. Nach militärisch geführten Befreiungskriegen ist die Gefahr auch gross, dass es keine demokratischen Verhältnisse gibt.»
Wollen Sie damit sagen, dass es in Ungarn und der Tschechoslowakei nach der russischen Intervention demokratische Verhältnisse gab ?
Grundsätzlich gebe ich dem Herrn Müller in seiner Ansicht ja recht – nicht aber in seinen politischen Prämissen: Russland wird als «Imperialismus» bezeichnet – und damit implizit gesagt, daß der Westen eine freundliche Wertegemeinschaft ist. Dabei war Russland 1990 garantiert worden, daß sich die NATO nicht nach Osten ausdehnt – Vertrag gebrochen. Herr Müller läßt auch weg, daß 2014 in Kiew ein von den USA orchestrierter Putsch stattgefunden hat und danach 14 000 Menschen im Donnas ermordet wurden, die sich der Putschregierung nicht beugen wollten. Außerdem haben Merkel, Hollande, Poroschenko und zuletzt Johnson bestätigt, daß Minsk nur eine Finte war, um die Ukraine als hochgerüsteten NATO-Vorposten gegen Russland in Stellung zu bringen. Also mal wieder eine Weißwaschung des eigenen Lagers – schade. Ansonsten stimme ich mit ihm überein.
Es gab nie einen Vertrag, dass die osteuropäischen Länder nicht in die NATO aufgenommen würden. Es gab höchstens mündliche Zusagen. Es gab hingegen einen Vertrag, in dem sich Russland verpflichtete, die bestehenden Grenzen der Ukraine zu respektieren. Vertrag gebrochen ! Und es ist ja nichtt so, dass die ehemaligen Warschauerpaktstaaten in die NATO gezwungen wurden, sondern sie wollten aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Russen sich so schnell wie möglich unter den NATO-Rettungsschirm begeben. Genauso wie jetzt Finnland und Schweden. Vielleicht hätte man die Ukraine nicht abweisen sollen, Putin wird es sich dreimal überlegen, ob er ein NATO-Land angreifen wird.
Aber die UNO könnte doch auch sagen: Wir wiederholen die Volksabstimmungen auf der Krim und in den südöstlichen Provinzen der Ukraine und wir senden 300 Abstimmungsbeobachter, die genau schauen ob’s mit rechten Dingen zu und her geht. Und wenn dann das Volk tatsächlich nicht mehr zur Ukraine gehören will, dann sähe doch die Sache ganz anders aus. So wie in Serbien, wo das Volk von Kosovo nicht mehr zu Serbien gehören wollte. Das war doch auch in Ordnung von uns, vom Westen aus gesehen.
Der Kaiser des Westens versucht sich mit Rechtfertigungen seines Krieges gegen den Osten zu bekleiden, aber das Kind schaut genau und ruft: «Der Kaiser ist nackt».
Und sie glauben im Ernst, Russlan, das diese Gebiete kontrolliert, würde Hand dazu bieten ? Wenn sie Selbstbesimmung der Menschen wollten, würden sie sich weder internationl noch national so gebärden, wie sie sich gebärden. Sie hätten ja schon bei den früheren ‹Volksbefragungen› internationale Beobachter einladen können.
Danke, ein anspruchsvoller Beitrag mit Tiefgang und hohem Niveau. Ich werde diesen mehrmals lesen müssen, um die Gedankengänge alle integrieren und nachvollziehen zu können. Ich habe grossen Respekt vor dem Autor einer so guten Arbeit.
Endlich wieder eine Stimme der Vernunft! Es braucht noch viele davon.
Herr Prof. Müller geht immer von der Meinung seiner tonangeben Landsleute aus: «Das russische Imperium» habe sich seit 1989 überall ausgebreitet. Wahr ist aber bekanntlich das Gegenteil: Das geschwächte «russische Imperium» musste sich ab 1989 aus den früheren Satellitenstaaten zurückziehen, auch aus der Ukraine. Diese Gebiete kamen nach und nach unter die Kontrolle der NATO. Mit der Ukraine und der Krim war aber die Schmerzgrenze erreicht, was jeder Offizier voraussehen konnte.
Es gibt heute vor allem in den USA die Idee, man könne Russland zerschlagen, wie man Jugoslawien zerschlagen habe (siehe https://weltwoche.ch/daily/der-westen-will-russland-in-viele-teile-zerschlagen-behauptet-moskau-alles-kreml-propaganda-nein-solche-gedankenspiele-gibt-es-wirklich/). Geschichtliche und andere Tatsachen lassen vermuten, dass dies höchstens nach einem weltweiten Krieg geschehen könnte, und nur nach dem Einsatz von Atomwaffen, wie Putin mehrmals gesagt hat.
Interessesante Sichtweise, Danke. Da kommt mir eine Redewendung aus «Im Westen nichts Neues» in den Sinn: Zitat: Seien Sie gerecht zu ihrem Feind, sonst wird er den Frieden hassen, welchen wir hier aushandeln. Zitat Ende. Da es an dieser Gerechtigkeit ende des ersten Weltkrieges fehlte, das könnte ein weiterer Faktor gewesen sein für den zweiten Weltkrieg. Ich hoffe, dies wiederholt sich nicht betreffend der aktuellen Situation.
Was Sie vom 2. Weltkrieg sagen, stimmt. Fatalerweise gleicht der Ukrainekrieg immer mehr dem ersten Weltkrieg: Wenig bewegt sich, beide Seiten sind ideologisch festgefahren, ein tragfähiger Frieden ist kaum mehr vorstellbar. Das Risiko eines Atomkriegs steigt auch, weil
– es immer mehr ein Krieg der USA gegen Russland ist, wobei die tonangebenden Kreise in Europa nicht wahrhaben wollen, dass es auch ein Wirtschaftskrieg der USA gegen die EU ist. Entsprechende Proteste in Europa werden von den Mainstream-Medien verschwiegen.
– im Krieg in der Ukraine auf beiden Seiten Söldner eine wichtige Rolle spielen und ihre Anführer sich auch in die Politik einmischen.
– weil deshalb die Gefahr besteht, dass ohne klare politische Führung die heute unbedeutenden Angriffe der Ukraine auf Kernrussland (z.B. auf die Stadt Belgorod) sich ausweiten bzw. im Westen von Wagner-Söldnern ins NATO-Gebiet getragen werden.
Ein sofortiger bedingungsloser Waffenstillstand ist deshalb das Gebot der Stunde!
Wer die WW als Referenz zitiert ortet sich nun aber definitv im Lager der Rechtsextremen und Verschwörungstheoretiker.
Falls wir wüssten, dass es bei einem einseitigen Stopp (Ukraine, Zulassen der russischen Aggression) bei 300’000 Toten bleiben würde, könnte man das ja noch diskutieren. Doch leider wissen wir gar nichts, ausser dass wir einen unberechenbaren, machthungrigen Putin haben. Appeasement à la Ende 30-er Jahre nicht sinnvoll, der Preis war zu hoch. Ich muss gestehen, dass ich zum ehemaligen Pazifisten geworden bin.
Das kann ich verstehen. Wenn die Frustrationsgrenze überschritten ist, wird auf der emotionalen Ebene der Pazifismus zusammen brechen. Doch auf der bewussten Willensebene, der geistigen Ebene, bleibt man Pazifist. Letztlich ist es das was wir tun, und nicht was wir fühlen, entscheidend darüber, was die Zukunft bringt. Ob Mensch Putin das ist, als was sie ihn beschreiben, das weiss ich nicht, denn alle Informationen über ihn habe ich aus dritter Hand. Vernunft und Logik sind wohl jetzt mehr gefragt als Feindbilder. Auch wenn letzeres sich im Moment einfacher anfühlt. Danke für das Zuhören.
Der Deal war lange Perfekt. Seinerzeit in der Türkei verhandelt.
Aber Boris Johnson war dort erschienen und legte ein Veto des Westens ein. Dieser würde lieber einen Krieg durchziehen.
An den beiden beteligten Ländern, also der Ukraine und Russland hat es nicht gelegen das heute dort Menschen für die Interessen des «werte-westens» geopfert werden.
Herr Müller weist in seinen Ausführungen ja mehrmals darauf hin, dass wir alternative «was wäre wenn»-Szenarien nicht «wissen» können.
Na ja, Herr Scheuring, sie merken wenigstens, dass sie kein Pazifist mehr sind. Andere «Pazifisten» aus der sogenannten Friedensbewegung verlangen, dass sofort Panzer an die Ukraine geliefert werden, damit der Frieden wieder hergestellt werden könne. Wo? Welcher Friede? Was war vorher in der Ukraine? Sicher weder Frieden noch Demokratie in unserem Sinn! Es ist auch Pazifisten nicht verboten, die historischen und sozialen Vorbedingungen für einen Konflikt zu bedenken.
Wie kann man vor dem Putin-Regime mehr Angst haben als vor dem US-Regime?
Vergleichen wir ihre Blutspuren der letzten 30 Jahre dann dürfte eine objektive Abwägung der Vernichtungs-Gefahr angegriffener bzw «befreiter» Völker eindeutig und prioritär dem US-Regime zugeordnet werden.
Es ist unglaublich, wie die Propaganda alle geschichtlichen Fakten wegdrücken kann.
Der Abwurf der Atombombe über Hiroshima und Nagasaki war ein geplanter Terrorakt. Die flächendeckende Bombardierung von Laos und Kambodscha wurden im Auftrag des amerikanischen Präsidenten ausgeführt, obwohl offiziell die USA Krieg mit Vietnam führte. Noch heute leidet die Bevölkerung dieser Länder unter Landminen und Bombenüberresten. In Guantanamo sind immer noch Männer gefangen, denen nie ein offener Prozess gemacht wurde und die nur als Verdächtige unter unmenschlichen Bedingungen dort einsitzen. Gibt es einen Unterschied zwischen der Brutalität von Imperien wie Russland und USA? Wie viele Unschuldige müssen noch sterben?
Nur eine Organisation wie die Vereinten Nationen könnten Gespräche zu einem friedlichns Miteinander anregen und durchführen. Das Kriegsgeschrei im Westen – und neustens sogar in Deutschland – macht hilflos und führt zu weiterer Eskalation.
Die Menschen in der Ukraine sterben wegen den russischen Bomben und Raketen, nicht wegen dees westlichen Kriegsgeschreis. Und wenn sie mich fragen, ja ich würde hundertmal lieber in den USA leben, wo ich meine Meinung öffentlich äussern kann, wo ich auf der Strasse protestieren kann, wo ich mich gegen Kriege und Waffenlieferung äussern kann, wo ich mein Sexuallebennach meinen Neigungen gestalten kann und wo ich nicht befürchten muss, wegen Diffamierung der Armee oder des Vaterlandes oder wegen Werbung für Homosexualität für Jahre hinter Gitter zu wandern.
Haben Sie das schon einmal versucht ?
Welches Land unterhält, fast 80 Jahre nach dem Ende des 2.WK, noch große Stützpunkte und in einem Fall sogar Atomwaffen auf dem Gebiet der ehemaligen Verliererstaaten Deutschland, Italien und Japan? Russland ist es nicht. Welches Land unterhält, 70 Jahre nach Ende des Koreakrieges, immer noch große Stützpunkte in Korea? Die VR China und Russland sind es nicht. Welches Land maßt sich mit der Monroe-Doktrin Einmischung in die Innenpolitik und Eingriffe in die Souveränität von 34 amerikanischen Staaten an? Welches Land bricht durch Drohnenmorde jeden Tag Völkerrecht und kann dafür weder vor internationalen noch nationalen Gerichen belangt werden? Welches Land hinterließ nach Irak- und Afghanistan-Invasionen trotz mehrjähriger und teurer Bemühungen «failed states» in denen jetzt islamistische Extremisten regieren? Die UdSSR hat Afghanistan wenigstens die halbwegs stabile säkuläre Nadschibullah-Regierung hinterlassen. Soviel zum «Imperialismus» von dem der Autor schrieb.
Die alte Geschichte: Teile und Herrsche. Da wird die Westukraine gegen die Ostukraine aufgehetzt, Europa gegen Russland und das sind die grossen Verlierer.
Die Gewinner sind die USA und China.
Die USA können ihr teures Frackinggas nach Europa verkaufen und China kann das billige russische Gas kaufen. Europa wird deindustrialisiert und die Industrie wandert ab in die USA und China.
Europa landet auf dem Friedhof der Geschichte.
Sehr geehrter Herr Moser, ich teile Ihre Meinung mit folgendem Vorbehalt: Das «Imperium» Russland ist nicht kleiner geworden, weil die NATO die Mitgliedsländer angegriffen und erobert hat, sondern weil diese in nach Freiheit und Demokratie streben und nicht weiter in einer Diktatur leben wollen. Dass die USA mit einer Diktatur nicht kooperieren wollen kann man kritisieren. Der Westen hat damals Gorbatschow nicht genügend unterstützt und damit eine einmalige Chance verpasst.
Die USA wollen nicht mit einer Diktatur kooperieren ? Genau das machen sie aber in Dutzenden von Ländern weltweit. Dabei handelt es sich nicht nur um diplomatische oder wirtschaftliche Kooperation, sondern um aktive militärische Unterstützung der Diktatur, zB. Ägypten. Es geht den USA ausschliesslich um wirtschaftliche Interessen, Demokartie und Menschenrechte kümmern sie höchstens im eigenen Land. Vermutlich ist das ein Hauptgrund, warum ihnen so viel Hass entgegenschlägt. Sie reden viel von Demokratie und Menschenrechten und gewähren sie auch ihren eigenen BürgerInnen, aber halten Regierungen an der Macht, die diese Werte mit Füssen treten.
Man sollte erwähnen das der Ort Slawutytsch indem die Bewohner friedlichen Protest organisierten in dem Gebiet liegt, dass die ukrainische Armee mit den Waffen des Westens zurückeroberte. Die Russen sind nicht wegen des friedlichen Protestes freiwillig abgzogen. Das steht so auch nicht im Artikel, aber so wie es da steht ist es missverständlich.
Ich kann als Befürworter der Waffenlieferungen die Argumente durchaus verstehen. Ich frage jedoch, warum wollen ‹die Pazifisten› von außen entscheiden wieviel Leid die Ukrainer ertragen dürfen oder was für sie langfristig besser ist?
Wenn die Ukrainer für ihre Freiheit bereit sind zu leiden wieso sollten wir sie dann im Stich lassen?
Nordvietnam hat durch das erdulden von wesentlich größerem Leid – Millionen Tote – seine Unabhängigkeit bewahrt. Hätte die USA zu Anfang des WW2 keine Waffen und Munition nach England schicken sollen?
@Jens Happel, dies ist eine vereinfachte Sichtweise.
Weshalb sich die Russen von dort zurückgezogen haben, weiss ich nicht.
Wie es scheint, gab es bei diesen Protesten abgesehen von Blendgranaten von keiner Seite Gewalt, und der Bürgermeister kam wieder frei.
Dass diese Begebenheiten mit den Waffenlieferungen des Westens etwas zu tun haben könnten, ist spekulativ. Die Rückeroberung erfolgte viel später.
Ein wichtiges Anliegen der Russen ist die Sicherung der Atomanlagen – Tschernobyl & Saparoschje – , um die Herstellung von schmutzigen Bomben zu verhindern.
Wer auch immer in diesem elenden Bürger- und Stellvertreterkrieg etwas zur Abwendung radioaktiver Verstrahlung unternimmt verdient die Dankbarkeit ALLER MENSCHEN Europa’s und speziell der Ukraine.
Diese Atomanlagen blieben glücklicherweise unter Russischer Kontrolle, die IAEA bekam deshalb Zutritt. Die Westwerte-Medien behaupten hingegen, die Russen hätten sich im AKW Saparoschje wiederholt selbst bombardiert…
Die realistische Formel für einen Waffenstillstand und Verhandlungen darüber hinaus wäre, dass auch die ukrainische Regierung sagt: «Wir dürfen diesen Krieg nicht verlieren» und «Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen». Das Ziel muss sein, so unmöglich das jetzt klingt, sich zunächst auf einen Waffenstillstand zu einigen, bei dem sich für beide Seiten die immensen Opfer NICHT «gelohnt» haben. Das ist das für die Regierungen beider Seiten riskanteste Ergebnis und für die Zivilisten auf beiden Seiten das Beste.
Der Westen muss zugeben, dass mit der Ukraine zu hoch gepokert wurde und die Ukraine mit ihrem Verfassungsartikel zum verpflichtenden Natobeitritt missbraucht und verheizt wurde. Dieser Verfassungsartikel wurde in den Demokratien der EU und der NATO nie öffentlich diskutiert. Die USA sind Beteiligte beim Sturz der Regierung Janukowitsch.
Die UNO und der int. Strafgerichtshof in Den Haag sind gegen die Vetomächte machtlos. Das ist zu ändern.
Wir sind in diesem Krieg längst drin. Milliarden von US-Dollar sind schon für diesen Krieg ausgegeben worden. Man kann es sich kaum leisten, nicht als Gewinner aus diesem Krieg zu gehen. Verhandeln? Ja klar, aber es müssen es beide wollen. Im Moment sagen die Ukraine und Russland nein. Auf die Frage, wieviel Tode verträgt dieser elende Krieg noch, befürchte ich sagen zu müssen, es gibt keine Obergrenze. Das humanitäre Kriegsrecht des int. Roten Kreuzes ist leider nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben wurde. Möge sich Gott unser Erbarmen!
Mit Ihren Worten kann ich übereinstimmen, ausser mit der Möglichkeit, das man einen Krieg gewinnen könne. Noch nie wurde je ein Krieg gewonnen, das man einen Krieg gewinnen könne, ist eine Täuschung welche in uns indoktriniert wurde durch Erziehung, Schule und Studium. Im Krieg verlieren immer alle. Es mag sein das der Eine oder Andere eine Million Tote, Zerrissene, Zerfetzte, Verkrüpelte weniger hat als der Andere, oder das eine Partei kurz dominierend den gegnerischen Anführer öffentlich aufhängt, aber das ist kein gewonnener Krieg, es gibt immer nur Verlierer, Gewinnen ist eine Illusion. Bei einem Krieg gibt es aber Profiteure, wie die Waffenindustrie und die reichsten der Reichen. Kriege kann man niemals gewinnen, man kann nur mehr oder weniger Verlieren als der Andere. Würden Kriege zu Gerechtigkeit führen, würden Kriege sich selbst beenden. Würde es den «Dritten» den Profiteur, nicht geben, würden Kriege von selbst verschwinden.
Eigentlich ist es jetzt gar nicht nötig das Kriegsmaterialgesetz zu lockern um es Deutschland, Dänemark und Spanien zu erlauben das in der Schweiz produzierte Kriegsmaterial der Ukraine zu liefern. Denn in der Praxis hat man sich sowieso nie an das Kriegsmaterialgesetz gehalten.
Seit Jahrzehnten verkauft die «neutrale» Schweiz Kriegsmaterial für Milliarden an Staaten die Kriege führen, an die USA, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Saudi-Arabien und so weiter.
Laut dem Stockholm International Peace Research Institute exportierte die Schweiz von 1975 – 2021 für 13,320 Milliarden US-Dollar Grosswaffen.
Iran: 306 Mio. USD, Irak 306 Mio. USD, Spanien: 470 Mio, USD, USA: 1’545 Mio. USD, Saudirabien: 919 Mio. USD, Türkei: 465 Mio. USD, Arabische Emirate: 252 Mio. USD. Das sind Staaten die sich an Kriegen beteiligten, im Nahen Osten, in Afrika, in Amerika, am 20-jährigen Krieg in Afghanistan, im Jemen, in Somalia.
Schon nach dem Kriegsmaterialgesetz von 1973 wäre dies verboten.
Lieber Herr Müller, danke für die Korrektur, ja, 60 Millionen Tote im 2. Weltkrieg, welche Meisterleistung der Menschheit! Und noch gibt es Luft nach oben, wie wir erleben. «Ihr Schreiben trieft vor historischen Ungenauigkeiten und Fehlinterpretationen», schreiben Sie. Sicher! In einem Kommentar im infosperber sind «Ungenauigkeiten und Fehlinterpretationen» unvermeidbar, auch in Ihrem und anderen Kommentaren! Alle Kriegsverbrecher nach Den Haag, gleich ob Bush, Clinton, Obama oder Putin. Warum werden sie nicht angeklagt? Etwa wegen Vetorechten im Sicherheitsrat? Wenn man Böcke zu Gärtnern macht, ist nichts Besseres zu erwarten. Aber nun ist ja die Schweiz im SR, da werden die Fetzen fliegen!