Sperberauge
Seymour Hersh: «Was Putin tat, ist kriminell»
upg. Der Investigativjournalist Seymour Hersh äusserte sich in einem Interview mit Aaron Maté von «The Grayzone» zu Reaktionen auf seine Enthüllungen, dass die USA und Norwegen die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee sprengten und nicht etwa Russland. Siehe Infosperber vom 27. Februar: «Die USA zerstörten Nord-Stream, damit Scholz keine Wahl mehr hat».
An der Verantwortung für den Krieg in der Ukraine lässt Hersh keinen Zweifel: «Was Putin tat, ist kriminell.» Die NATO habe Russland zwar provoziert, in dem sie sich an der Grenze Russlands installieren und dort Raketen so nahe bei Moskau aufstellen wollte, dass ein zerstörerischer Erstschlag möglich gewesen wäre. Doch «diese Provokationen rechtfertigen den Krieg nicht», sagte Hersh.
Hersh zeigte sich in dem Interview überzeugt, dass Russland die Ukraine so unter Kontrolle halten will, dass sie als Schutz gegen den Westen diene. «Auf Europa hat er es nicht abgesehen», meinte er.
Was die Kritik an seinen veröffentlichten Recherchen über die Sprengung der Gas-Pipelines in der Ostsee betrifft, wunderte sich Hersh lediglich, dass jetzt plötzlich verlangt werde, dass er seine Quelle bekannt gebe. Während rund sieben Jahren habe er in der «New York Times» und später im «The New Yorker» über Machenschaften der US-Regierungen publiziert, ohne seine Quellen [in der Administration und in Geheimdiensten] preiszugeben.
Zu weiteren Kritikpunkten befragte Aaron Maté Hersh nicht.
Beispielsweise kritisierte Gunnar Jütte in «Russland.news», dass Hersh über den NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg schrieb: «Er war ein Hardliner in Sachen Putin und Russland, der seit dem Vietnamkrieg mit dem amerikanischen Geheimdienst zusammenarbeitete. Seitdem genoss er volles Vertrauen.» Stoltenberg sei jedoch am Ende des Vietnamkriegs erst 16 Jahre alt gewesen. Es sei zu bezweifeln, dass Stoltenberg in seinen frühen Teenagerjahren eine Quelle für den US-Geheimdienst war.
Ein weiterer Kritikpunkt von Jütte: Hersh habe behauptet, dass Taucher der US-Marine während der Marineübung BALTOPS 22 im Juni 2022 den Sprengstoff C4 an den Pipelines angebracht hätten. Doch um solche Pipelines zu sprengen, brauche es mehr als ein paar Kilo C4-Sprengstoff. Unbemannte U-Boot-ähnliche Schiffe wären erforderlich, um Hunderte von Kilogramm Sprengstoff und Ausrüstung zu transportieren. Die Tauchzeit in dieser Tiefe sei jedoch nicht unbegrenzt.
Weiter habe Hersh geschrieben: «Am 26. September 2022 warf ein P-8-Überwachungsflugzeug der norwegischen Marine während eines scheinbar routinemässigen Fluges eine Sonarboje ab.» Die norwegischen P-8 würden aber von der norwegischen Luftwaffe betrieben, nicht von der Marine. Der Pressesprecher der norwegischen Streitkräfte habe gesagt, dass die P-8 bisher nur Testflüge absolviert habe. Zum Zeitpunkt der Explosionen habe sich eine P-8 in der Nähe von Bornholm aufgehalten. Es war eine P-8 der US Navy, keine P-8 der norwegischen Luftwaffe. Und die Chronologie stimme nicht mit der Beschreibung von Hersh überein. Die P-8 habe das Gebiet des Nord Stream 2-Lecks fast genau eine Stunde nach der Explosion überflogen. Die Explosion ereignete sich um 02:03 MESZ, während die P-8 das Gebiet nach Angaben Norwegens um 03:10 MESZ überflog. Sie sei später zurückgekehrt und habe das Gebiet mehrere Stunden nach den Explosionen umkreist.
Zu diesen und anderen Kritikpunkten nahm Seymour Hersh bisher nicht Stellung.
Es kann sein, dass Hersh den genauen Ablauf absichtlich mit Fehlern darstellte, damit seine Quelle schwieriger identifiziert werden kann. Es kann auch sein, dass Hersh über den Ablauf falsch informiert ist. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck stufte die Ermittlungen als «geheimdienstlich» ein. Weder die deutschen noch die dänischen noch die schwedischen oder norwegischen Ermittler geben ihre Ergebnisse bekannt. Gäbe es wenigstens Hinweise dafür, dass Russland für den Terrorakt verantwortlich ist, wären entsprechende Ergebnisse wohl längst bekannt gemacht worden.
Am 27. Februar wies Infosperber auf eine ganze Reihe von Indizien hin, die nahelegen, dass die USA beim Anschlag federführend waren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
naiv wie ich bin, würde ich von einer demokratisch gewählten Regierung erwarten, dass sie vor dem Volk, dem sie per Eid verpflichtet ist zu dienen, keine Geheimnisse hat. Was soll ich davon halten, wenn es laut offiziellem Narrativ in der Ukraine darum geht, unsere westlichen demokratischen Werte zu verteidigen?
Das zuviele Ungereimtheiten die Anschuldigung in einem an Beweismitteln fehlendem Bericht scheitern lassen ist nachvollziehbar und nur richtig.
Nichts desto trotz bleibt der Verdacht bestehen, denn wenn es Russland gewesen wäre, hätte es schon längst einen riesigen Aufschrei gegeben. Das die Ermittlungsergebnisse zurück gehalten werden, obwohl man wissen muss wie und wer es gewesen ist, deutet eindeutig in Richtung Westen.
Im übrigen, «ein paar Kilo» C4 hat eine durchaus sehr hohe Sprengkraft. Auch wenn die Pipelinerohre nicht dünn, mit Beton ummantelt und leicht im Boden vergraben, die Leitung zu sprengen ist damit durchaus leichter möglich als wie es dargestellt wird.
«Angriffskriege», dh. militärische Interventionen über eine international anerkannte Grenze stehen im Wiederspruch zu den Regeln der UNO-Charta und können deshalb korrekterweise als «völkerrechtswidrig» eingestuft werden.
Von den Kriegshandlungen der letzten Jahre betrafen wenigstens 4 solche «militärische, grenzüberschreitende Aktionen». Irak, Afghanistan, Libyen (US und F), Serbien/Kosovo. All diese Kriegshandlungen müssen als «Angriffskriege» klassifiziert und verurteilt werden.
Der einzige Krieg der letzten Jahre, der diesem Kriterium nicht entspricht, ist die Intervention Russlands in Syrien, welche auf der Basis der «Einladung» Syriens erfolgte.
Die Interventionen der Nato wurden als «Schutzmassnahmen» gegen drohenden Genozid vorgenommen. Dieses Argument wurde auch der russischen Intervention vom 24.2.22 zugrunde gelegt.
(nach der Intensivierung der Bomardements gegen Donetsk)
Hersh weicht kritischen Fragen aus oder sie werden ihm gar nicht gestellt. Kritischen Medien gibt er kein Interview. Im Cicero-Interview hat er sich zu Stoltenbergs Jugend geäussert und ist auch wieder ausgewichen: «Ach, wenn Sie ein paar Recherchen anstellen möchten, werden Sie sehen, dass er als Teenager bei Protesten als einer der Anführer einer radikalen Antikriegsgruppe festgenommen wurde. Sie wollten aus Protest gegen den Krieg ein Gebäude bombardieren, darüber gibt es Zeitungsartikel. Als Ministerpräsident rückte er weit nach rechts und war dann sehr antirussisch.»
Und? Haben sie die Recherchen angestellt?
Ja, und nichts kluges gefunden.
Inzwischen deuten die neuesten Enthüllungen darauf hin, dass Hersh der Welt ein Märchen erzählt hat und viele haben ihm geglaubt , inkl. Infosperber!
https://www.tagesschau.de/investigativ/nord-stream-explosion-101.html
Hersh wirft man vor, seine Quelle nicht mit Namen zu nennen und keine Beweisdokumente vorzulegen. Bei dieser abenteuerlichen Geschichte mit der Yacht vermisse ich die gleiche Kritik der Medien, dass für das Yacht-Narrativ keine namentlichen Quellen angegeben und keine Dokumente vorgelegt werden.
Nehmen wir an, die USA hätten den Terrorakt, wie Hersh recherchiert hat, als geheime und verdeckte Aktion durchgeführt. Dann hätten die USA gleichzeitig akribisch für falsche Fährten und falsche Narrative gesorgt und deren Geheimdienste würden falsche und irreführende Informationen verbeiten. Die Quelle «Geheimdienste» ist bei dieser Wahrheitssuche wenig hilfreich.
Kritische Fragen werden ihm übrigens hier gestellt, im live Interview auf democracy now: https://www.democracynow.org/2023/2/15/nord_stream_sy_hersh?jwsource=fb&fbclid=IwAR37Ci-DHN7-CskWDQvxNmKaDcM3QzJvPaoKRpNKw2h62QjNlX53ad3MgJE
Und Hersh stellt dort neue Behauptungen auf: Nämlich dass er es bei früheren Recherchen mit denselben Ablenkungsmanövern zu tun hatte, allen voran das simple Abstreiten der US Regierung. Könnte man auch mal recherchieren…