Regula Stämpfli: Rückfall ins Mittelalter
Regula Stämpfli hat in der «Weltwoche» einen Text pro Todesstrafe publiziert. Das ist ihr gutes Recht. In einer Demokratie darf man pro und kontra (fast) alles schreiben. Regula Stämpfli darf Menschenrechte mit biblischen Argumenten verneinen. Sie darf sich von einem Menschenbild leiten lassen, das längst vergangenen Zeiten entspringt.
Sie darf polarisieren und der «Weltwoche»-Leserschaft nach dem Mund reden, selbst wenn es das Letzte ist, was sie tun sollte. Sie darf. Aber es zeugt von wenig Sachverständnis und von noch weniger Vernunft. Regula Stämpflis Text steht unter der Spitzmarke «Philosophie». Schon der Titel – «Einbruch des Bösen» – zeigt, dass wir es eher mit Ignoranz als mit «Liebe zur Weisheit» zu tun haben.
Stämpfli beginnt ihren Text durch und durch unlogisch:
- Eine Einführung der Todesstrafe in Ländern, in denen sie längst abgeschafft wurde, wäre tatsächlich ein Zurückfallen in Willkür und voraufklärerische Zustände. Trotzdem stellen sich angesichts der jüngsten Anschläge verstörende Fragen.
Weshalb sollten wir uns «verstörende Fragen» antun, wenn die Todesstrafe den Rückfall in Willkür und Mittelalter bedeutet? Keine Ahnung. Aber:
- Politik besteht nicht einfach aus Theorie und absoluten Normen, daher muss das politische Handeln immer wieder überprüft werden.
Doch, in wichtigen Bereichen tut sie genau das. Das «Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit» ist ein (hoffentlich) unumstösslicher Bestandteil der Menschenrechte und verbietet, zumindest in Europa, die Todesstrafe. Ausser ganz rechten Kreisen stellt diesen Grundsatz niemand in Frage – bis jetzt.
- Das Böse hat sich dieser Tage in Paris und Nigeria in unvertrauter Art offenbart.
Wer in den vergangenen Wochen aus aktuellem Anlass die Bilder aus Ausschwitz gesehen hat, kann den Begriff «unvertraut» nur als kompletten Blödsinn bezeichnen.
Vor allem: Soll jetzt, 2015, tatsächlich immer noch von «dem Bösen» die Rede sein? Regula Stämpflis Text beruht auf einer geradezu kindlichen, mittelalterlich-religiösen Betrachtungsweise. Die moderne, aufgeklärte Gesellschaft sieht den Menschen differenzierter. Eva Marsal und Regina Speck stellen in ihrem Buch «Gut/Böse – ein Januskopf?» fest:
- Allerdings kennt die Moderne den Ausdruck «Personifizierung des Bösen» nur als Metapher. Eine unpersönliche Kraft des Bösen, die sich in Menschen personifiziert, gehört für sie in das Reich der Metaphysik. Real annehmen kann man nur bestimmte Charakterzüge, deren Entstehung erklärbar ist. (…) Durch diese Erklärung wird der Begriff des Bösen nicht nur überflüssig, er wird zu einem groben und verzichtbaren Platzhalter für erklärbare Prozesse und Phänomene menschlichen Verhaltens.
Regula Stämpfli scheint diesbezüglich irgendwo in der Vergangenheit stehen geblieben zu sein. Jedenfalls geht es auch im weiteren Verlauf ihres Texts ausschliesslich um die Feststellung, dass es «das Böse» gibt und dass es ausserordentlich zu behandeln ist:
- Wie muss der liberale Rechtsstaat reagieren? Wenn wir nicht in einer Welt leben wollen, in der ethische Grundsätze als verhandelbar und austauschbar gelten, dann braucht es klare Regelungen für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, jenseits von momentan praktizierter Gerechtigkeit.
Genau, ethische Grundsätze sollen nicht verhandelbar sein. Aber was bitte heisst «Regeln jenseits von momentan praktizierter Gerechtigkeit»? Sind die Strafen noch nicht erfunden, die Ihnen vorschweben, Frau Stämpfli?
- Diese Einsicht, dass Gerechtigkeit und Vergeltung herrschen müssen, wird inzwischen gern und locker mit dem Hinweis auf «Umstände» zugunsten der Täter geopfert.
Regula Stämpfli spricht sich hier für pures Schwarzweiss-Denken aus. Ein Mord ist ein Mord, ein Diebstahl ein Diebstahl, Umstände spielen keine Rolle. Ein wahrlich veraltetes Rechtsempfinden.
Zudem: Wie eine Politologin allen Ernstes Gerechtigkeit und Vergeltung in einem Atemzug nennen kann, ist ein Rätsel. Gerechtigkeit ist das, was eine Gesellschaft anstreben soll. Vergeltung ist Rache. Rache bringt niemanden weiter und kann definitiv nicht das Ziel eines zivilisierten Staats sein.
- Es geht um Taten, denen gegenüber jeder Mensch nur mit Entsetzen reagieren kann und aufgrund deren er sprachlos ist. Taten, die nie hätten geschehen dürfen. Taten, die den Willen der Täter zum Ausdruck bringen, jede Menschlichkeit, ja die Tatsache des Menschseins schlechthin zu verneinen.
Mich persönlich macht zum Beispiel Lebensmittelspekulation sprachlos. Geldgier, ausgetragen auf dem Buckel der Ärmsten, die daran verhungern, ist eine Tat, die nie hätte geschehen dürfen. Soll ich also für diese Leute die Todesstrafe fordern? Wo ziehen wir die Grenze? Eine Frage, die auch Regula Stämpfli stellt:
- Wie aber unterscheiden wir «normale Verbrechen» vom Bösen?
Eine präzise, anwendbare Antwort bleibt sie uns schuldig. Stattdessen folgen lange Abschnitte über Anders Breivik, die zeigen sollen, wie böse das Böse tatsächlich ist, wie sehr die Gesellschaft unter der zivilisierten Verwahrung des Bösen leidet. Der Vortrag beinhaltet die Aussage:
- Der Preis, den Norwegen und seine Bewohner dafür zahlen müssen, Breivik «zivilisiert» und lebenslänglich zu versorgen, ist nicht nur monetär eine Belastung (…).
Es ist bezeichnend für ihre offensichtliche Ahnungslosigkeit, dass Regula Stämpfli suggeriert, Hinrichtungen seien billiger als eine lebenslange Verwahrung. Ausnahmslos jede Studie zu den Kosten der Todesstrafe, die ich gefunden habe, kommt zum gegenteiligen Schluss. Die Todesstrafe ist nur dann eine preiswerte Lösung, wenn wir es wie die Chinesen tun: Verurteilen und auf der Stelle erschiessen. Erstrebenswert? Wohl kaum. Doch Regula Stämpfli kümmern Realitäten wenig. Lieber geht sie ganz weit zurück in der Geschichte:
- Was tun, wenn es Verbrechen gibt, die so unaussprechlich sind, dass sie nie hätten geschehen dürfen? Verbrechen, über die auch im Neuen Testament steht, dass es für die Täter besser gewesen wäre, sie wären nie geboren worden und dass sie – wie selbst der grosse Vergeber Jesus meint – mit einem «Mühlstein am Hals gehänget und ersäuft würden im Meer».
Wahrlich starke Argumente. Jesus hat vor 2000 Jahren gelebt. Was bitte hat die damalige Welt, das damalige Rechtsempfinden mit dem zu tun, was die heutige, aufgeklärte Gesellschaft für richtig erachtet?
Dann holt sich Regula Stämpfli Unterstützung bei Hannah Arendt, einer jüdischen Philosophin, die 1962 dem Prozess gegen Holocaust-Logistiker Adolf Eichmann beiwohnte:
- Zweitens muss Eichmann zum Tode verurteilt werden, weil er den Willen kundtat, die Welt nicht mit einer ganzen Reihe von Kategorien, Menschen, Volksgruppen und insbesondere dem jüdischen Volk teilen zu wollen, und alles daran gesetzt hatte, diese auszurotten. «Keinem Angehörigen des Menschengeschlechts kann zugemutet werden, mit denen, die solches wollen und in die Tat umsetzen, die Erde zusammen zu bewohnen. Dies ist der Grund, der einzige Grund, dass Sie sterben müssen.»
Sicher: Hannah Arendt ist eine grosse Philosophin. Aber: Sie fällt ihr Todesurteil aufgrund subjektiver Werte. Darf der Entscheid über Leben und Tod so begründet werden? Nein! Die einzige Lösung ist deshalb, den Tod als Strafe auszuschliessen. Das sieht Regula Stämpfli anders:
- Angesichts des Bösen stellt sich die Frage nach der Urteilskraft, die verlangt, Unterschiedliches unterschiedlich und Gleiches gleich zu behandeln. Wer die Morde in Paris mit einem geplanten Mord beispielsweise eines Geschäftspartners gleichstellt, hat die Tragweite dessen, was nie hätte passieren dürfen, nicht erfasst.
Was die Tragweite dessen ist, was nie hätte passieren dürfen, erklärt uns Regula Stämpfli natürlich nicht. Aber mittlerweile ist klarer geworden, was sie meint: Wer Menschen zum Beispiel aus purer Geldgier tötet, soll zivilisiert behandelt werden, wer für seine Taten politische oder religiöse Motive angibt, verdient den Tod. So einfach ist das.
Als ob ihr Text bis hierhin nicht schon unsinnig genug gewesen wäre, führt ihn Stämpfli in einem einzigen Abschnitt ad absurdum. Plötzlich ist wieder vergeben statt hinrichten der richtige Weg. Sie schreibt:
- Geschieht dies, wie in der neuesten Ausgabe von Charlie Hebdo, mit dem Slogan «Alles ist vergeben», so nimmt das den Tätern den Grossteil der beabsichtigten Sprengkraft, die sich die Radikalisierung und Spaltung unserer Zivilgesellschaft erhofft hatten. «Alles ist vergeben» wirft die Täter und ihre Motive auf ihre eigene kleine Erbärmlichkeit zurück und lässt keinen Platz mehr für Heroisierung und falsches Pathos.
Genau darum geht es. Ein Staat darf sich nie auf das Niveau eines Individuums begeben. Ein Staat, der tötet, trägt zur Radikalisierung und Spaltung bei, er ist ebenso erbärmlich wie die Mörder, die er tötet, er bietet jede Menge Platz für Heroisierung und Pathos.
- Ob Eichmann, Breivik oder die Attentäter von Paris: Jeder Einzelne ist aufgerufen und verpflichtet, sich Gedanken darüber zu machen, wie mit dem Bösen umzugehen ist. Gegenüber dem Bösen kann es keine Neutralität geben.
Ja, jeder Einzelne ist aufgerufen, darüber nachzudenken, wie mit Texten à la Regula Stämpfli umzugehen ist. «Tages-Anzeiger»-Redaktor Fabian Renz hat es getan, als Einziger bis jetzt:
- Die Todesstrafe ist eine politische Untote. Wir sollten für die kommenden Begegnungen gerüstet sein, gedanklich, philosophisch, moralisch. Die Grenze zwischen Leben und Tod ist die rote Linie, vor der jedes Strafvollzugssystem Halt machen muss – absolut und ohne jede Relativierung.
Dem gibt es nichts beizufügen.
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Dieser Beitrag ist auf www.stefan-schaer.ch erschienen.
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Regula Stämpfli hat zu diesem Beitrag wie folgt Stellung genommen:
«Meine Replik ist mein Essay. Wer lesen kann soll lesen. Ich vertraue der Urteilskraft der Menschen, die sofort sehen, worum es Stefan Schaer geht. Ich kann keine Replik auf Imaginationen eines Autors formulieren, die nichts mit dem, was ich schreibe, zu tun haben. Schaers Text ist kein Kommentar zu mir, sondern einer über ihn.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Stefan Schaer ist selbstständiger Layouter und Journalist in Bern.
H. Arendt, die hier ebenfalls kritisiert wird, wurde vom noch lebenden Produzenten der Eichmann-Akten, Gabriel Bach, in einem Interview mit D. Foppa im Tages-Anzeiger in Sachen Akteneinsichtnahme und Beweise als recherchenrestistent bezeichnet, weil Meinung einer Ideologin im voraus feststand. Dabei bringen Menschenbilddebatten, da rein weltanschaulich, nichts. Erasmus war um 1500 gegen Todesstrafe und Krieg (ausser Zivilisationsverteidigung gegen Türken), auch sein Menschenbild gehörte vergangener Zeit an. Die Ausdrucksweise aus dem Matthäusev. bei Jesus ist kein Gerichtsurteil. Ich bedaure, dass Jesus dem humanitären Niveau von Stefan Schaer nicht gewachsen wäre. Stämpflis primitives Denken über Kinderschänder entspricht nicht dem toleranten Denken im Vatikan vor 1870, sondern drückt, bei aktueller Annahme sämtlicher strafverschärfender Initiativen, die Mentalität der CH-Bevölkerung von heute aus, während etwa das Denken der 68-er da völlig passé scheint. Wo ein Artikel erscheint, ob bei Infosperber oder in Weltwoche, tut für
die Argumentation nur dann etwas zur Sache, wenn man feindbildorientiert denkt. Die Meinungen von Frau Stämpfli haben auch deswegen mit mittelalterlichem Denken nichts zu tun, weil sie als kleinbürgerliche Feministin von heute in damalige Mentalität wenig eingearbeitet ist und ihre Schwächen eher bei zu ausgeprägter Zeitgeistigkei liegen könnten. PS. Praktisch wird der Staat auch in Zukunft Terroristen töten, Schaer hat aber theoretisch recht.
@Schaer. Noch zu Hinrichtungen in der Schweiz. Diese waren nach meinen Recherchen für den Fall des Mordbrennes Johannes Keller (1893) kostenneutral, da der Leichnam für Fr. 1000.- der Uni ZH und der Uni BS für Forschungen verkauft wurde, womit man die Miete und den Transport der Guillotine, eine fortschrittliche humanitäre Errungenschaft der Franzöisichen Revolution und der Aufklärung, bezahlen konnte. Bei sämtlichen Hinrichungen im Kanton LU gab es ab 1875 (Wiedereinführung der Todesstrafe) Abstimmungen betr. Begnadigung unter Namensaufruf, wobei die Neinstimmer oft zum liberalen Lager, die Jastimmer zum konservativen Lager gehörten, aber nicht konsequent, da viele Geistliche gegen die Todesstrafe waren. Die letzten Worte des Mordbrenners Keller lauteten «Jesus. Maria. Joseph.» Die konservative Zeitung Vaterland schrieb, die Todesstrafe sei nicht nur kostengünstig, sie habe schon manchem Sünder den Weg in den Himmel geebnet. Die konsequentesten Gegner der Todesstrafe waren damals Leute, die nicht an das Ewige Leben glaubten. Die «Chancen» zur Wiedereinführung der Todesstrafe in der Schweiz werden mutmasslich dann grösser sein als heute, wenn die Muslime dereinst zur zahlenmässig stärksten Glaubensgemeinschaft in der Schweiz aufgestiegen sein werden.
PS II. Die Abstimmungen unter Namensaufruf betr. Begnadigung eines Hinzurichtenden waren natürlich keine Volksabstimmungen, sondern erfolgten jeweils am Tag vor der Hinrichtung im Kantonsparlament. Bei keinen anderen Beschlüssen erwies sich das Parlament vergleichbar als «der Souverän» als bei solchen, da es jeweils um Sein oder Nichtsein eines rechtskräftig Verurteilten ging. Die Protokolle dieser Abstimmungen auch noch im 20. Jahrhundert sind im Staatsarchiv LU einsehbar. Es gab nie Fraktionszwang.
Die Grenze zwischen Leben und Tod ist die rote Linie, vor der jede Weltanschauung Halt machen muss – absolut und ohne jede Relativierung.
Und was ist eigentlich mit der anderen Seite? So viel ich weiß, hat eine Münze immer zwei Seiten.
Das alles ist schön und gut, wenn die Schwerverbrecher sich auch an das höchste Gut eines Menschen das Recht auf ein unversehertes Leben halten würden.
Und wie immer gehen die Opfer die eh immer vergessen werden in solchen einseitigen Themenmit Diskussionen leer aus und das allein ist schon traurig.
Wohl bemerkt: Ich persönlich bin gegen die Todesstrafe und auch bin ich gegen die Samthandschuh Bestrafungen die heute bei den Tätern abgehen.
Ja, die Justiz ging von einem Extrem ins andere. Wo bleibt das gesunde und gerechte Maß?
Immerhin ist Regula Stämpfli offen und ehrlich und steht öffentlich zur ihrer Meinung, das leider viel zu wenige Politiker tun, sondern sie immer alles nur schön Reden.
Meinungsfreiheit heißt für mich auch Dinge zu äussern und ansprechen, die manchen in den Ohren weh tun.
Wünsche noch allen einschönes Wochenende.
@Dreier: Es geht hier nicht um Münzen, denn nicht alles hat zwei Seiten, die scheinbar gleichberechtigt verschiedene Aspekte desselben darstellen.
Dass Opfer in der Schweiz schlecht wegkommen, haben wir bürgerlich-rechten Kreisen zu verdanken: Die Opferhilfe wurde zusammengestrichen, Unterstützung an Betroffene wie Verdingkinder werden – mit fadenscheinigen Argumenten – verweigert.
Unbestritten gilt es, hier Mittel frei zu setzen, um Opfer zeitnah und hürdenfrei Hilfe zu gewähren.
Zurück aber zu den Tätern und der Todesstrafe: Wer diese auch nur schon in Betracht zieht, muss bereit sein, die Grenzen festzulegen, bei denen eine Tat mit dem Tode bestraft werden soll. Und ab hier begibt man sich unweigerlich in Teufels Küche, wie auch Stefan Schaer aufzeigt. Wer definiert, was eine Todesstrafe rechtfertigt? Wie lange hält eine solche Definition stand? Alleine ein Blick über die Länder dieser Welt zeigt, dass die Ansichten unterschiedlicher nicht sein könnten. Und lassen Sie ruhig auch die historischen Veränderungen nicht ausser Betracht: Was gestern auch bei uns in der Schweiz noch einer Strafe würdig war (z.B. unverheiratetes Wohnen von Mann und Frau unter einem Dach) ist heute eine Banalität, über die niemand mehr auch nur ein Wort verliert. Aber: Kann das nicht schon morgen wieder um 180° ändern, je nach dem, wer gerade an die Macht kommt?
Diese Büchse der Pandora sollte nicht geöffnet werden. Niemals. Bei Todesstrafe verboten.
Rothenbühler@ Doch ist dieses Thema eine Münze mit zwei Seiten. Die erste Seite die Opfer, da diese an erster Stelle stehen sollten und die zweite Seite die Täter. Die Strafen sollten so gut es geht je nach der Schwere des Vergehens am Opfer berechnet werden und nicht wie es heute oft läuft nach psychologischen wischiwaschi Verhätschelung des Täters.
Was die Todesstrafe anbelangt stimme ich Ihnen voll und ganz zu und nicht nur dass die Befürworter der Todesstrafe die Grenzen festlegen können sollten, sondern auch noch im Stande sein sollten eine Todesstrafe selbst durchzuführen, zu morden.
Rothenbühler@ Doch ist dieses Thema eine Münze mit zwei Seiten. Die erste Seite die Opfer, da diese an erster Stelle stehen sollten und die zweite Seite die Täter. Die Strafen sollten so gut es geht je nach der Schwere des Vergehens am Opfer berechnet werden und nicht wie es heute oft läuft nach psychologischen wischiwaschi Verhätschelung des Täters.
Was die Todesstrafe anbelangt stimme ich Ihnen voll und ganz zu und nicht nur dass die Befürworter der Todesstrafe die Grenzen festlegen können sollten, sondern auch noch im Stande sein sollten eine Todesstrafe selbst durchzuführen, zu morden.
Die Weltwoche scheint sich mehr und mehr zu einem Hetzblatt «à la Stürmer aus dem Tausendjährigen Reich» zu entwickeln… Heute wie damals als reines Machtinstrument Weniger, über das gesamte Volk.
@Raess. Das Hetzblatt «Der Stürmer», von Goebbels 1938 verboten, zur Kriegszeit wieder opportun, war selbst innerhalb der nationalsozialistichen Bewegung ausgesprochen umstritten, diente insofern nicht «als reines Machtinstrument Weniger über das gesamte Volk». Man legte nach aussen sogar Wert darauf, dass man sich damit nicht unbedingt identifizierte. Allerdings rentierte «Der Stürmer» mutmasslich klar besser als die Weltwoche und Charlie Hebdo, machte seinen Herausgeber Streicher ziemlich reich. Auch hat Streicher nicht aus taktischen Gründen jüdische u. z.T. zionistische Mitarbeiter wie Henrik Broder, Pierre Heumann und Charles Lewinski zur Tarnung der Hetze engagiert und auch kaum Interviews mit jüdischen Kommunisten wie Gregor Gysi gemacht. Ein noch gepflegtes Magazin der damaligen Zeit war «Signal» (später «Stern") von Henri Nannen mit freilich etwas geschönten Reportagen über Konzentrationslager, viel später mit den gefälschten Hitlertagebüchern. Falls Sie Ihren Vergleich Weltwoche/Stürmer wissenschaftlich vertiefen wollen, etw ("Argumentationsniveau Regula S. im Vergleich zur Forderung der Todesstrafe für Rassenschande im Stürmer") kann ich Ihnen den Zugang zu einigen Nummern des Streicher-Blattes vermitteln. Das Magazin übte, wie die Weltwoche, obwohl kein offizielles Organ, gelegentlich Kritik an Parteimitgliedern, allerdings ausschliesslich zur antisemitischen Denunziation. Über alles gesehen scheint Ihr Vergleich noch etwas Vertiefung incl. Recherche zu benötigen
@Meier: Die Details um den damaligen «Stürmer» interessieren mich einen feuchten Dreck. Ihre Krittelei an Allem und Jedem ist überflüssig… Ich lebe in der Gegenwart und hoffentlich in der Zukunft und da sind alle Hetzblätter für den Volksfrieden und den Weltfrieden gefährlich. Basta…
@Ihr mangelndes Differenzierungsvermögen zeigt, dass Sie selber ein Extremismusproblem haben und insofern Teil des von Ihnen angesprochenen Problems sein könnten. Gilt auch für Ihre äusserst primitive Ausdrucksweise. Auf Leute wie Sie scheint der Weltfriede nicht angewiesen zu sein.
Meier: Sozusagen jedwelche Antwort an Sie erübrigt sich… Ich habe von Ihren Beschimpfungen die Nase voll.
Zur Versachlichung. Der Vergleich Köppel- Julius Streicher – Charlie Hebdo im Zusammenhang mit der Diskussion um die Todesstrafe gibt Perspektiven. Streicher war mutmasslich der einzige Publizist, der als Veröffentlicher volksverhetzender Karikaturen in einem Kriegsverbrecherprozess angeklagt, verurteilt und hingerichtet worden ist, also ein historischer Extremfall. Die Täter gegen Charlie Hebdo gingen als selbsternannte «Richter» zu Werk (was unislamisch ist), wobei die weltanschauliche Begründung aus islamischer Sicht den schlimmstmöglichen Fall eines geistigen Verbrechens darstellte. Der Vergleich der Weltwoche mit dem «Stürmer» wiederum, ohne entsprechende Analyse mit zureichender Begründung, stellt als «Medienkritik» das Maximum einer Hasserklärung dar. Immerhin gab es im Neumarkttheater mal eine Art Prozess gegen die Weltwoche, wobei die Zeitung noch knapp freigesprochen wurde. Die gravierendsten Fälle persönlicher Hetze in der CH-Pressegeschichte hat aber die NZZ zu verantworten, so 1902 mit der Vorverurteilung v. Heinrich Federer als pädophiler «Wolf im Schafspelz» (Federer konnte darauf 10 Jahre nur noch pseudonym schreiben), Konrad Farner (massives volksverhetzendes Mobbing 1956 z. Z. Ungarns) und Niklaus Meienberg (1993) kurz vor dessen Selbstmord. Im Vgl. dazu mobilisierten WW-Kampagnen oft Solidarität auf Gegenseite, konnten u.a Res Strehle nicht schaden: Condrau, EWS, Aeppli sind noch im Amt. Bei NZZ u. WW wären indes Vergleiche mit «Stürmer» voll daneben.
Es empfiehl sich wirklich, NUR den Orginalartikel von Regula Stämpfli zu diskutieren. Auch wenn dort weder das Mittelalter vorkommt (ausser vielleicht im Papier rund herum) noch anderes was Stefan Schär gerade umtreibt .
Regula Stämpfli müsste aber mit Anführungszeichen sorgfältiger umgehen, wenn sie Hannah Arendt zu Rate zieht. Deren «Eichmann» ist kein politologisches Meisterwerk.
Werner T. Meyer
@Meyer. Sie haben gewiss recht, es war alles andere als ein Meisterwerk der Publizistik von R.S., die Kritik an ihr aber noch plumper. Arendts «Eichmann» wurde, wie gesagt, auch von israelischen Fachleuten als zu wenig seriös abgelehnt. Natürlich verliert man sich schnell in allgemeiner und zum Teil polemischer Medienkritik.
@Meyer. Sie haben gewiss recht, es war alles andere als ein Meisterwerk der Publizistik von R.S., die Kritik an ihr aber noch plumper. Arendts «Eichmann» wurde, wie gesagt, auch von israelischen Fachleuten als zu wenig seriös abgelehnt. Natürlich verliert man sich schnell in allgemeiner und zum Teil polemischer Medienkritik.
@Werner T. Meyer: Darf ich Sie bitten, mir konkret aufzuzeigen, inwiefern ich Sachen diskutiere, die mich «umtreiben», aber im Artikel von Regula Stämpfli nicht vorkommen?
@Pirmin Meier: Darf ich Sie bitten, mir aufzuzeigen, inwiefern mein Text «plump» ist?
@Ihr Artikel enthält als medienkritischer Beitrag Diskussionsansätze, die verdienstvoll bleiben. Es sollte mehr solche medienkritische Artikel geben. Dabei sollte aber bei der Kritik nicht im Vordergrund stehen, ob der Artikel in der Weltwoche, in WoZ oder wo auch immer publiziert wurde. Berechtigte Kritik ist darauf nicht angewiesen. Noch viel weniger ist der historizistische Ansatz betr. «Rückfall ins Mittelalter» halbwegs exakt. Die Diskussion um staatliche Tötung ist durch und durch modern, so modern wie Diskussion um Euthanasie u. Abtreibung. Humanität spielte bei Dr. Guillotin eine ebenso grosse Rolle wie beim Elektrischen Stuhl und der US-Giftspritze. Debatten über das Recht und die Bedingungen des Tötens sind durch und durch modern, Produkt der Aufklärung: auch bei Bertolt Brechts «Die Massnahme», wo die Todesstrafe idealtypisch dann gerechtfertigt wird, wenn der Angeklagte in Einsicht in seine Fehler dem Todesurteil zustimmen kann mit den Worten «Helft mir, Genossen». Sodann ist die israelische und französische und US-Methode, mutmassliche Täter ohne Prozess abzuknallen, Bestandteil der modernen Dialektik der Frage, ob der Staat töten dürfe. Frau Stämpfli, die weniger mittelalterlich denkt als der Papst, argumentiert im Prinzip modern utilitaristisch, wiewohl kluges Gegenargument von @Rothenbühler betr. die «Büchse der Pandora» unbedingt beachtet werden müsste. Rothenbühler argumentiert nicht plump, Sie jedoch partiell plump bei «typisch Weltwoche» u. «Mittelalter».
"@Werner T. Meyer: Darf ich Sie bitten, mir konkret aufzuzeigen, inwiefern ich Sachen diskutiere, die mich «umtreiben», aber im Artikel von Regula Stämpfli nicht vorkommen?"
Lieber Herr Stefan Schaer, ich wüsste nicht, was mich dazu verpflichten könnte. Schon «Mittelalter» kommt bei Stämpfli nicht vor. Sie gehen nicht auf ihre Argumentation ein, und Sie beschimpfen sie
So empfiehlt sich wirklich, NUR den Orginalartikel von Regula Stämpfli zu diskutieren.
Werner T. Meyer
Während hier die Diskussion ausläuft, wird weiter gemordet und bei der Terrorbekämpfung jetzt von den Sicherheitsprofis auch in Dänemark so «gearbeitet», dass eine nachträgliche gerichtliche Abklärung nicht mehr möglich ist. Die Täterschaft wird nicht bloss ausser Gefecht gesetzt, was mit modernen Betäubungswaffen möglich wäre, sondern getötet. Vielleicht war die Massnahme, um das Leben von Polizisten zu schonen, nicht völlig ungerechtfertigt und vom Kommandanten zu verantworten, möglicherweise vorgeübt. Aber weder in Frankreich noch in Dänemark will man offenbar einen Prozess, bei welchem das extremistische Prozent der Muslime, also viele tausende, weiter polarisiert und motiviert würde. Einerseits hält man die Todesstrafe, welche Täter dieser Art zwar sowieso nicht beeindrucken würde, für menschenrechtswidrig, andererseits grenzt es an eine weltweite Abmachung, bei Auseinandersetzungen mit Terrorverdächtigen wenn möglich schnell alles klar bzw. definitiv unklar zu machen. Hier offenbart sich die Diskussionsebene, auf der wir uns eigentlich befinden. Von Heiligkeit des Lebens oder nicht überschreitbaren Grenzen kann in der Praxis keine Rede sein. «Du sollst nicht töten» galt immer schon nur theoretisch.
Sehr geehrter Herr Schaer,
Mich stört die Verwendung des Begriffs «Mittelalter» im Titel zu Ihrem Text. Sie setzen das Mittelalter gleich mit rückständig und undifferenziert. Wer sich auch nur ein bisschen mit dem Mittelalter befasst, merkt, dass dieses Klischee falsch ist.
Mit freundlichen Grüssen,
Christian Egg