Öl, Salbe und Schleim
Wir kennen es aus Mafiafilmen und aus den Berichten über die stalinistische Hofhaltung: die Bande sitzt am grossen Tisch, der Boss nimmt die Huldigungen seiner Pistoleros entgegen – und wehe, es schert einer aus. Er ist schnell um einen Kopf kürzer.
So hat sich das US-Kabinett von Präsident Trump an seiner ersten gemeinsamen Sitzung dargestellt – höchstwahrscheinlich auf Anweisung, vielleicht sogar nach einem Skript. Nach einer Viertelstunde Eigenlob befahl Boss Trump eine «tour de table», in der alle Minister (und die drei Ministerinnen) sich in den Staub warfen: «Ehre», «Gnade», «Privileg». Interessante Ausnahmen vom Persönlichkeitskult sind die aus dem Militär-, Sicherheits- und Geheimdienstbereich kommenden Kabinettsmitglieder, die für die «Männer und Frauen» ihrer Dienste sprachen.
Die Mischung aus Öl, Salbe und Schleim wurde öffentlich serviert, das Fernsehen war mit dabei. Offensichtlich wurde der Film als Werkzeug der amtlichen Kommunikation verstanden und nicht als faux pas. Im Originaltext auf Youtube zu sehen.
Empfehlung an das höhere Berner Bundeskader
Wir dokumentieren die Vorführung zur Unterhaltung, vor allem aber auch in politischer Absicht: Alle unsere BundesrätInnen, StaatssekretärInnen, ChefbeamtInnen, die in den kommenden Jahren mit dieser Regierung zu tun haben, sollten die Aufnahmen in Erinnerung behalten und fest daran denken: Wir sind nicht so. Wir sollten nie so werden. Wir sind keine «sister republic», wie der Bundespräsident dem Neugewählten versichert hatte. Oder keine mehr.
Hier die Voten der Reihe nach, in deutscher Übersetzung und mit Angabe der Fundstelle im Original-Video:
Vizepräsident Mike Pence (12:11)
«Es ist das grösste Privileg meines Lebens, als Vizepräsident einem Präsidenten zu dienen, der sein Wort gegenüber dem amerikanischen Volk hält und ein Team zusammenstellt, welches unserer Nation wahren Wandel, wahren Wohlstand und wahre Stärke zurückbringt.»
Justizminister Jeff Sessions (12:29)
«Herr Präsident, es ist grossartig hier zu sein und diese Gruppe zu preisen. …. Die Sicherheitskräfte in ganz Amerika, die so sehr frustriert waren, sind hingerissen, dass wir die neue Idee haben, sie zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten….Es ist eine Ehre, Ihnen zu dienen.»
Arbeitsminister Alexander Acosta (13:21)
«Ich bin privilegiert, hier zu sein, tief geehrt. Ich möchte Ihnen für Ihr Eintreten für die amerikanischen Arbeitnehmer danken.»
Energieminister Rick Perry (13:49)
«Es ist eine Ehre, zum Team zu gehören. Letzte Woche hatte ich das grosse Privileg, Amerika am Green Energy Ministertreffen in China zu vertreten. Der richtige Zeitpunkt. Es war nötig, dass sie hörten, warum Amerika das Pariser Abkommen verlässt, und sie hörten es, und sie hörten, dass Amerika nicht zurücksteht, sondern seinen Platz einnimmt und die Botschaft verkündigt, dass wir weiterhin die Führungsmacht der Welt sind, was das Klima angeht.»
UNO-Botschafterin Nikki Haley (14:32)
«Bei den Vereinten Nationen ist ein neuer Tag angebrochen. Wir haben jetzt eine sehr starke Stimme. Die Leute wissen, wofür die Vereinigten Staaten stehen, sie wissen wogegen wir sind und sie sehen, dass wir auf ganzer Breite führen.»
Budgetminister Mick Mulvaney (14:49)
«Herr Präsident, danke für Ihre guten Worte zum Budget. Sie liegen absolut richtig. Wir werden imstande sein, für diejenigen zu sorgen, die es wirklich nötig haben, und dank Ihrer Anweisungen waren wir zugleich imstande, auf die vergessenen Frauen und Männer einzugehen, die diese Steuern bezahlen.»
Umweltminister Steve Pruitt (15:05)
«Ich kam heute Morgen vom G7-Umweltgipfel in Italien zurück, und unsere Botschaft dort war, dass die Vereinigten Staaten sich auf Wachstum und Umweltschutz konzentrieren. Das wurde gut aufgenommen.»
Geheimdienst-Direktor (Director of National Intelligence) Dan Coats (15:21)
«Nie zu unserer Lebzeit ist die Geheimdienst-Gemeinde sich einer solchen Vielfalt von Bedrohungen gegenübergestanden. … Es ist eine Freude, mit den Leuten zusammenzuarbeiten, die ich übernommen habe, und wir werden Ihnen weiterhin die bestmögliche Aufklärung liefern.»
Erziehungsministerin Betsy DeVos (15:53)
«Es ist ein Privileg, zu dienen.»
Gesundheitsminister Tom Price (16:07)
«Herr Präsident, welch unglaubliche Ehre ist es, in dieser kritischen Zeit unter Ihrer Führung das Gesundheitsministerium zu leiten. Ich kann Ihnen nicht genug danken für das Privileg, das Sie mir verliehen haben und für die Führerschaft, die Sie zeigen. … Ich hatte Gelegenheit, die Vereinigten Staaten am G20-Gesundheitsgipfel in Berlin zu vertreten, und an der Weltgesundheitsversammlung in Genf, und ich kann Ihnen sagen, die Leute sind begeistert und enthusiastisch über die Führerschaft der Vereinigten Staaten in Sachen globale Gesundheitssicherheit.»
Innenminister Ryan Zinke (16:37)
«Es ist eine Ehre, Ihr Wahrer unseres öffentlichen Landes und zugleich Antreiber für die Dominanz im Energiewesen zu sein. Ich bin tief geehrt und verpflichtet und optimistisch, dass wir beides sein können, grossartige Landschaftsschützer und der weltgrösste Energieproduzent.»
Aussenminister Rex Tillerson (17:01)
«Herr Präsident, Danke für die Ehre, dem Land zu dienen, es ist ein grosses Privileg, das Sie mir verliehen haben. Wir sind mit unseren Alliierten in Verbindung, damit sie wissen, wo unsere gemeinsamen Interessen liegen, was unsere Erwartungen sind, dass Amerika weiterhin eine Führungsmacht sein wird, und dass sie aber mehr tun müssen…»
Verteidigungsminister James Mattis (17:38)
«Herr Präsident, es ist eine Ehre, hier die Männer und Frauen des Verteidigungsministeriums zu vertreten, und wir sind dankbar für die Opfer, die unsere Leute erbringen, um unser Militär stetig zu verstärken…»
Handelsminister Wilbur Ross (17:57)
«Herr Präsident, danke für die Chance, zur Überwindung des Handelsdefizits beizutragen. Die anderen Länder gewöhnen sich nach und nach an die Tatsache, dass die Gratisfahrten zu Ende sind… Ich bin hingerissen, die Chance zu erhalten, Ihnen bei der Einhaltung Ihrer Wahlkampfversprechen zu helfen.»
Verkehrsministerin Elaine Chao (18:33)
«Ich will Ihnen danken, dass Sie dieses Land wieder in Bewegung setzen und zu Arbeit bringen.»
Minister für Sicherheit des Heimatlands John Kelly (18:43)
«Herr Präsident, ich bin stolz, hier zu sein. … In den fünf Monaten, die ich im Amt bin, haben wir viel erreicht… Illegale Einwanderung ist 70 Prozent gefallen. Wir nehmen weiterhin legale Einwanderer auf, über eine Million pro Jahr, aber wir sind nicht mehr ein günstiges Umfeld für illegale Grenzübertreter.»
Handelsdelegierter Robert Lightizer (19:23)
«Herr Präsident, zuerst bitte ich um Entschuldigung, dass ich zu spät zur Arbeit erschien. Ich steckte vier Monate in jenem Sumpf, den Sie auszutrocknen versuchen. Ich bin auch gereist. Ich bin soeben aus Paris zurückgekehrt, wo ich mit der OECD und der WTO zusammentraf, und die Botschaft war gleich wie jene von Wilbur: Defizite sind wichtig, und unsere sind am Sinken.»
Gut zu wissen: Lightizers Bestätigung durch den Senat («Sumpf» blieb dort vier Monate hängen)
Linda McMahon, Direktorin für KMU-Verwaltung (19:46)
«Danke für die Chance, in der SBA zu dienen…. Ich reise im Land herum und was ich immer wieder höre, ist dieser erneuerte Optimismus bei den kleinen Unternehmen, grösser als in den vergangenen rund 16 Jahren…»
Reince Priebus, Stabschef (20:27)
«Im Namen des ganzen oberen Kaders in Ihrem Umfeld, Herr Präsident, danke ich für die Chance und die Gnade, die Sie uns geben, um Ihrer Agenda und dem amerikanischen Volk zu dienen.»
CIA Direktor Mike Pompeo (20:38)
«Herr Präsident, es ist eine Ehre, als Ihr CIA-Direktor zu dienen. Es ist ein unglaubliches Privileg, die Männer und Frauen zu leiten, die Aufklärung bereitstellten, damit wir unsere nationale Sicherheitsaufgabe lösen können. Und in der besten Tradition der CIA werde ich vor den Medien kein verdammtes Wort mehr sagen.»
Minister für Veteranenwesen David Shulkin(21:59)
«Herr Präsident, danke für Ihre Unterstützung und ihre Verpflichtung, Ihre Verantwortung gegenüber Amerikas Veteranen wahrzunehmen.»
Minister für Wohnungs- und Städtebau Ben Carson (21:24)
«Herr Präsident, es ist eine grosse Ehre, Ihnen zu dienen…Wir machen enorme Fortschritte… »
Landwirtschaftsminister Sonny Perdue (21:51)
«Ich komme gerade aus Mississippi. Man liebt Sie dort unten. Und ich möchte Ihnen zu den Männern und Frauen gratulieren, die Sie rund um diesen Tisch versammelt haben… Mit Minister Ross und Botschafter Lightizer zu arbeiten, mit Minister Mnuchin und Tom Price und Scott Pruitt – das Team, das Sie zusammengestellt haben, arbeitet Hand in Hand…»
Finanzminister Steven Mnuchin (22:32)
«Es war eine grosse Ehre, im letzten Jahr mit Ihnen durch das Land zu ziehen, und es ist eine noch grössere Ehre, in Ihrem Kabinett zu dienen. Im Namen von allen im Finanzministerium versichere ich Ihnen, dass wir uns auf die Schaffung von nachhaltigem Wachstum, umfassende Steuerreform und Sanktionen gegen Terrorismus konzentrieren…»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Spricht man hier von Emmanuel Macron? Gebt Trump was des Trumps ist. Ja, alle geben ihm ja täglich Streicheleinheiten. Hört doch endlich mit diesem Trump-Bashing auf! Wo bleibt denn das Macron- und und Merkel-Bashing? Für ein Burkhalter-Bashing ist es wohl nun zu spät.
Dazu fällt mit nur Max Liebermanns Ausspruch ein: «Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.» (1933 in Nazideutschland)
Ausgezeichnet Frau Hartmann, Sie beschreiben die gegenwärtige Situation ausgezeichnet. Danke!
Wenn sich jemand in «infosperber» gegen das sog. «Trump Bashing» wehrt, hat er offenbar nicht begriffen, wie gefährlich dieser narzistische Egozentriker ist. Trump scheint die US Präsidentschaft als Fortsetzung seiner Reality Show zu inszenieren. Als Destination seines ersten Staatsbesuches wählte er Saudi-Arabien, faselte von Frieden stiften und verkaufte den Saudis Waffen für $ 100 Milliarden! Der nächste Golf Krieg ist vorprogrammiert!
Und was unternehmen Sie Herr Leemann um Donald Trump und auch Wladimr Putin abzusetzen? Politiker sind nun mal unberechenbar. Da müssen Sie auf einen fernen Planeten flüchten. Die Amerikaner haben nun halt Donald Trump und nicht Hillary Clinton gewählt, was kann ich dafür?
@B Dūggelin: Clinton hātte sich zwar anders inszeniert als Trump, und die EU hātte ihr zugejubelt. Aber die Auswirkung amerikanischer Politik, gegen die wir machtlos sind, wāre genauso verheerend.
@Ruth Obrist: Ja, Politik ist Gift für unsere Gesellschaft. Man müsste eigentlich die Politik abschaffen…….. Wichtig ist, dass in einer solchen Zeit, das Denken kritischer Zeitgenossen nicht verloren geht.