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Die Regierung von Netanyahu: so sehen es kritische (und humorvolle) Juden … © unknown

Netanyahu: Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht

Christian Müller /  Benjamin Netanyahu, der die israelische Regierung absolut dominierende Premierminister, manipuliert auch die israelischen Medien.

Während die grossen Medien in Europa über Israel in letzter Zeit wenig oder, wenn schon, dann vor allem über den mit einem Lastwagen ausgeführten Terroranschlag in Jerusalem berichtet haben, beschäftigt die – terrorgewohnte – israelische Presse ein ganz anderes Thema: Premierminister Benjamin Netanyahu ist nicht nur in verschiedene Korruptionsfälle verwickelt, er verhandelte offensichtlich auch mit dem Herausgeber der grossen israelischen Tageszeitung Yedioth Ahronoth, Arnon Mozes, über eine Netanyahu freundlicher gesinnte Berichterstattung. Netanyahu zeigte sich bereit, als Preis für eine ihm wohlgesinnte Berichterstattung auf Gesetzesebene Massnahmen einzuleiten, die der Zeitung Yedioth Ahronoth Vorteile auf dem Zeitungsmarkt bringen sollten – offenbar zum Nachteil der Gratiszeitung Israel HaYom, die dem amerikanischen Medien-Tycoon und Multimilliardär Sheldon Adelson gehört und die – Ironie des Schicksals – Netanyahu in nachgerade penetranter Weise den Schmus zu machen pflegt. Sheldon Adelsons Gratiszeitung Israel HaYom erreicht gegen 40 Prozent der israelischen Bevölkerung und ist damit die meistgelesene Zeitung Israels.

Die in Tel Aviv erscheinende Tageszeitung Haaretz verschickt ihren Abonnenten (und damit auch dem Autor dieses Berichts) schon bald im Halbstundentakt Breaking News zu diesem Fall. Während die Bestechungsvorwürfe für einen Rücktritt Netanyahus kaum ausreichend sein werden, könnte, so wird spekuliert, dieses auf Tonband aufgenommene Gespräch zwischen Benjamin Netanyahu und Arnon Mozes tatsächlich ausreichen, Netanyahu einzuklagen und damit seinen Rücktritt zu erzwingen. Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht, sagt ein bekanntes Sprichwort.

Eher magere Berichterstattung in Europa

Ulrich Schmid, der Israel-Korrespondent der NZZ, schrieb am 9. Januar: «Dass im Regierungssitz genommen und gegeben wird, belegt offenbar auch die Tonbandaufnahme eines Gesprächs zwischen Netanyahu und dem Medien-Tycoon Arnon Mozes, dem Inhaber der hebräischsprachigen Tageszeitung Yedioth Ahronoth. Gegenstand der Kabale soll auch in diesem Fall ein beiderseits profitabler Deal gewesen sein. Netanyahu hätte die Reichweite der auflagenstärksten Tageszeitung Israel Hayom beschränkt, Arnon Mozes hätte für eine etwas freundlicher auf Netanyahu blickende Berichterstattung in seiner Yedioth Ahronoth gesorgt. Die Sache ist insofern pikant, als Mozes jahrelang als einer der erbittertsten Feinde Netanyahus galt. Die Gratiszeitung Israel Hayom wiederum, die dem amerikanischen Kasino-König Sheldon Adelson gehört, beweihräuchert Netanyahu derart penetrant, dass sich darob selbst Rechtspolitiker degoutiert zeigen.» (Ganzer Artikel siehe hier.)

Noch deutlicher sagt es der SPIEGEL: «Ein Skandal zu viel: Es wird eng für Israels Premier Netanyahu. Benjamin Netanyahu ist nicht nur israelischer Regierungschef. Er ist auch Kommunikationsminister. In beiden Funktionen hat er oft gezeigt, dass er nicht viel hält von einer freien Presse. Vor diesem Hintergrund wirkt sein jüngster Skandal besonders anrüchig: Auf Tonaufnahmen soll zu hören sein, wie Netanyahu mit Arnon Mozes, Chef von Yedioth Ahronoth, einer der größten Tageszeitungen des Landes, über eine wohlwollende Berichterstattung verhandelt. Mozes gilt als langjähriger Widersacher Netanyahus. Von dessen Zeitung fühlte sich der Premier immer besonders schlecht dargestellt. Er werde alles tun, um Netanyahu an der Macht zu halten, soll der Publizist angeblich versprochen haben. Journalisten sollen ausgetauscht werden – der Premier könne seine Wunschliste einreichen.» (SPIEGEL 3/2017 vom 14.1.2017)

Israel sei die einzig funktionierende Demokratie im Nahen Osten, hört man oft sagen. Aber funktioniert die Demokratie, wenn die Regierung die Medien manipuliert?

Tendenzieller Meinungsumschwung in den USA

Auch in den USA beginnt sich die Öffentliche Meinung zu Israel, zu Israels Siedlungspolitik und damit zu Netanyahu spürbar zu wandeln. Die von Israel-kritischen Juden in den USA herausgegebene News-Plattform Mondoweiss berichtet aufgrund neuster Untersuchungen des PEW Research Center, dass die sich eher zum liberalen Flügel zählenden Demokraten bereits mehr Sympathie für die Palästinenser haben als für Israel: für die USA ein echtes Novum.

Die Sympathie zu Israel ist rückläufig, die zu den Palästinensern nimmt tendenziell zu, wenigstens bei den Demokraten (Grafik PEW Research Center).

Der tendenzielle Meinungsumschwung scheint vor allem in den letzten Monaten erfolgt zu sein, wohl nicht ganz zufällig nach den doch ziemlich problematischen Personalentscheidungen von President-elect Donald Trump.

* * * * *

PS: So intensiv sich Benjamin Netanyahu darum kümmert, in Israel eine «gute Presse» zu haben, so sehr foutiert er sich um internationale Stimmen. An der Pariser Konferenz an diesem Wochenende, an dem der israelisch-palästinensische Friedensprozess wieder angeschoben werden sollte und an der immerhin 75 Staaten teilgenommen haben (auch die Schweiz war mit Aussenminister Didier Burkhalter vertreten) nahm Netanyahu demonstrativ nicht teil. Seit der Uno-Resolution 2334 gibt sich Israels Premierminister sichtbar als beleidigte Leberwurst.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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Eine Meinung zu

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 17.01.2017 um 10:11 Uhr
    Permalink

    Bei Infosperber tönt es deutlich anders als bei der stark proisraelischen Basler Website «Etwas andere Kritik», die manchmal etwas schnell mit der Antisemitismuskeule austeilt. So etwas würde ich Christian Müller niemals unterstellen. Finde noch prima – gerade im Zusammenhang mit der Kritik – den Ausdruck «humorvolle Juden», was sich kulturhistorisch über Generationen belegen lässt. Solche gibt es zum Beispiel auch in Sachen Bibelkritik, während bei den Muslimen bei der Korankritik in der Regel der Humor definitiv aufhört. Es bleibt aber dabei, dass der Ausdruck «tendenzieller Meinungsumschwung» eine gruppendynamische Feststellung ist. Zur Gruppendynamik in Sachen Einstellung zu Israel gehört logischerweise der Antisemitismus. Letzterer Vorwurf ist schon fast das Einzige, wovon Trump und sein publizistischer Hintergrund «Breitbart» verschont blieb, gerade weil sie es stark mit dem auch innerisraelisch nicht unumstrittenen Netanyahu halten. Insofern Trump mit 22 Natomitgliedern, die er im Interview mit BILD nannte, nur 5 Einheiten daneben lag, gehört er zu den besser informierten Präsidenten der letzten 20 Jahre. So nahm etwa Obama an, das Auto sei in den USA erfunden worden und George W. Bush fragte, ob es in Brasilien auch Schwarze gebe. Ja, es ist wichtig, dass es unabhängige Plattformen gibt wie Infosperber, wo einige markante Mitarbeiter besser informiert scheinen als der Regelfall von einem Politiker.

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