Nach Warren Buffetts Tod stoppt das Milliarden-Manna für Gates
Warren Buffetts Vermögen wird auf über 120 Milliarden Dollar geschätzt. Noch im Jahr 2023 verfügte Buffett, dass sein Vermögen, das nach seinem Tod verbleibt, vollumfänglich an die Gates-Stiftung gehe.
Doch unterdessen erhielt die langjährige Freundschaft der beiden Risse und Buffett hat kürzlich entschieden, dass er die Gates-Stiftung zwar noch bis zu seinem Tod unterstütze, sein Vermögen nach seinem Tod jedoch nicht an die Gates-Stiftung vermachen werde.
Unter dem Titel «Der letzte Akt eines unglaublichen Freundschaftsdienstes» hat Journalistin und Buchautorin Anupreeta Das in der «New York Times» das Verhältnis der beiden Milliardäre recherchiert. Im Folgenden eine Zusammenfassung ihrer Recherchen.
Zwei ungleiche Superreiche
Dass Warren Buffett (Jg. 1930) und Bill Gates (Jg. 1955) Freunde wurden, ist schon an sich erstaunlich. Dass ersterer letzterem parktisch sein gesamtes Vermögen «spendet», grenzt geradezu an ein Wunder. Denn die beiden vor zwanzig Jahren noch reichsten Männer des Planeten könnten von ihrer Charakterstruktur her unterschiedlicher nicht sein.
Buffett ist der «klassische» Investor, der sein Geld mit der ehemaligen Textilfabrik und dem daraus hervorgegangenen Beteiligungsunternehmen Berkshire Hathaway machte. Trotz seines immensen Reichtums wohnt er in Omaha (Nebraska) in relativ bescheidenen Verhältnissen und stellt seinen Wohlstand nicht zur Schau. Buffett ist ein kontaktfreudiger und immer zu Scherzen aufgelegter Geschäftsmann, der aufmerksam zuhört und oft in Aphorismen redet.
Der 25 Jahre jüngere Bill Gates dagegen gilt als «knallharter» Finanzjongleur und Start Up-König. Er kann zwar charmant und sympathisch sein, aber Sozialkompetenz und Schlagfertigkeit sind nicht seine Stärken. Er ist kaum an der Person vor ihm interessiert und kann sich in langen Monologen auf eine ihm gestellte Frage auslassen. Bill Gates gründete 1975 zusammen mit Paul Allen Microsoft, das bis heute weltweit grösste IT-Unternehmen. Sein aktuelles Vermögen wird ähnlich wie dasjenige von Buffett auf rund 118 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Freundschaft (nicht) auf den ersten Blick
Anupreeta Das, deren Buch «Milliardär, Nerd, Retter, König» (Untertitel: «Die verborgene Wahrheit zu Bill Gates und seine Macht, unsere Welt zu gestalten») nächstens erscheinen wird, erzählt die Geschichte der ersten Begegnung zwischen den ungleichen Männern in legendär anmutender Art.
1991 überredete die Mutter von Bill Gates ihren Sohn, seine Ferien mit ihr und ihren Freunden in Hood Canal zwei Stunden ausserhalb von Seattle zu verbringen. Auch Warren Buffett, der als «Orakel von Omaha» bekannt war, war Teil der Gesellschaft. Als Mary Gates aber versuchte, ihren Sohn dem schon damals angesehenen und reichen Geschäftsmann Buffett bekannt zu machen, soll dieser sie mit den Worten abgewiesen haben, mit einem «Börsenmakler» treffe er sich nicht.
Und doch kamen die beiden Männer an besagtem Ort und zu besagter Zeit doch noch ins Gespräch und scheinen sich auf Anhieb verstanden zu haben. Nach elf Stunden intensiver Konversation sollen die Gäste die beiden praktisch voneinander getrennt haben müssen. Bill Gates scheint von den zielführenden Fragen Buffetts zum Software- und IT-Geschäft überrascht worden zu sein.
Aus dieser ersten Begegnung wurde schon bald eine dauerhafte Freundschaft, die auf den gemeinsamen Interessen für Bridge, Golf, Wirtschaftsfragen, Problemlösungen und Philanthropie beruhte. Bill Gates besuchte Warren oft mit seinem Privatjet in Omaha. 2004 trat Gates in den Vorstand des inzwischen riesigen Mischbetriebs Birkshire Hathaway von Buffett ein, was dieser als «Akt der Freundschaft» betrachtete.
Philanthropie verbindet
Obwohl beide Milliardäre ohne jeden Zweifel an die liberale Marktwirtschaft und den Segen des Kapitalismus glaubten, sahen sie in der Philanthropie eine Möglichkeit, die immensen Ungleichgewichte in der Einkommens- und Vermögensverteilung ein bisschen zu verringern. Buffett war schon in den 1990er Jahren vom so genannten Andrew Carnegie-Modell überzeugt und schenkte Gates ein Exemplar von dessen Schrift «Das Evangelium des Reichtums».
Der Stahlmagnat und Philanthrop Andrew Carnegie (1835-1919), einer der reichsten Männer seiner Zeit, erachtete es als die Pflicht eines wohlhabenden Menschen, der Gesellschaft etwas zurückzugeben, allerdings nicht über die Steuern oder den Staat, sondern durch persönliche Spenden und Zuwendungen. In seiner Schrift bekräftigte er den Kapitalismus als die beste aller Wirtschaftsformen, wusste aber gleichzeitig, dass dieser grosse soziale und ökonomische Ungleichheiten hervorbringt.
Um diese zu mindern, solle der wohlhabende Mann seinen Reichtum nicht etwa seinen Kindern vermachen oder dem Staat in Form von Steuern abliefern, sondern ausgeben: «Sie [die Vermögenden] haben es in der Hand, während ihres Lebens Wohltaten zu organisieren, von denen die Masse ihrer Mitmenschen dauerhaft profitieren wird, und so ihr eigenes Leben zu würdigen», schrieb er.
Die «Ankündigung» von 2006
Buffett machte sich die «Philosophie» von Carnegie zu eigen und gilt heute als Philanthrop mit der höchsten je getätigten Spendensumme, die bis 2022 48 Milliarden US-Dollar erreichte.
2006 war ein entscheidendes Jahr für die Zusammenführung der philanthropischen Bemühungen von Gates und Buffett. Am 26. Juni 2006 trafen sich rund zweihundert Führungspersönlichkeiten und Medienleute in der Haupthalle der New York Public Library inmitten von Manhattan.
Die 1911 eröffnete New York Public Library war unter anderem von besagtem Andrew Carnegie finanziell auf die Beine gestellt worden und verdankt ihre ruhmreiche Existenz bis heute millionenschweren Stiftungsgeldern.
Im Vorfeld des 26. Juni 2006 wurde lediglich angekündigt, dass Warren Buffett, Bill Gates und seine damalige Frau Melinda French Gates (von der sich Bill Gates 2021 scheiden liess) eine «Ankündigung machen» würden. Dies war schon Grund genug für einen riesigen Medienrummel.
Buffett kam direkt zur Sache und teilte mit, dass er «schon immer die Absicht [gehabt habe], 99 Prozent seines Vermögens, das damals auf 44 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, der Philanthropie zukommen zu lassen». Bei dieser Gelegenheit bedachte er die Gates-Stiftung als wichtigstes und grösstes Gefäss für die Verwirklichung seiner philanthropischen Absichten.
Wie Anupreeta Das schreibt, «übergab damals [2006] der zweitreichste Mann der Welt sein Geld dem reichsten Mann der Welt». Bill Gates solle dafür sorgen, dass er dafür die richtigen Stiftungen und die entsprechenden Projekte finde.
Philanthropie als Verteilungsmechanismus
2010 waren Warren Buffett und Bill Gates die treibenden Kräfte für The Giving Pledge. Die Teilnehmenden dieser Initiative – allesamt Milliardäre – versprechen, mindestens die Hälfte ihres Reichtums für wohltätige Zwecke zu spenden. Bis Ende des Jahres hatten sich bereits 47 Milliardäre aus den USA der Initiative angeschlossen, bis August 2015 waren es bereits 137, darunter auch solche aus Europa, Indien, Russland und Afrika.
Die «unglaubliche Freundschaft» zwischen Warren Buffett und Bill Gates bekam trotz der medienwirksamen Bilder und Auftritte schon bald Risse. Die Unterschiede der beiden Charaktere wurden immer offensichtlicher. 2020 zog sich Bill Gates aus dem Vorstand des Buffett-Imperium Berkshire zurück, allerdings auch aus jenem von Microsoft, das er mitaufgebaut hatte. Die Begründung damals lautete, sich vermehrt den philanthropischen Aktivitäten zu widmen. Tatsächlich aber waren die Risse im Freundschaftsband der beiden Multimilliardäre schon grösser als allgemein bekannt.
Der Rückzieher von Warren Buffett
Das Verhalten von Bill Gates, das Zurschaustellen seines Reichtums und die Verwaltung der Gates-Stiftung verärgerten Buffett zusehends. Insbesondere machten Buffett, der für effiziente und schlanke Abläufe bekannt ist, die aufgeblähte Bürokratie und die überproportional hohen Betriebskosten der Stiftung Sorgen. Nachdem seine grosszügigen Spenden (insgesamt 39 Milliarden US-Dollar) über fast zwei Jahrzehnte die Gates-Stiftung (nach der Scheidung von Melinda heisst diese nurmehr Gates Foundation) alimentiert hatten, beschloss Buffett schliesslich 2023, dass sein Vermögen nach seinem Ableben nicht an die Gates-Stiftung gehen soll, wie ursprünglich vereinbart.
Die Gates-Stiftung ist inzwischen die grösste der Welt und übersteigt beispielsweise das Budget der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die Gelder der Stiftung fliessen in eine Vielzahl globaler und regionaler Projekte in den Bereichen Impfstoffe, öffentliche Gesundheit, Landwirtschaft, Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, sanitäre Einrichtungen, Gleichstellung der Geschlechter und digitales Banking für arme Menschen. Die Kritik reicht vom Vorwurf neokolonialen Verhaltens, antidemokratischer Beeinflussung bis hin zur Nähe zu Missbrauchstätern und versteckten politischen Zielen.
Nach der Scheidung des Gates-Ehepaars im Mai 2021 trat Buffett als dritter Ko-Treuhänder der Gates Foundation zurück, ohne aber vorerst seine Beteiligung zu drosseln oder gar einzufrieren. Noch 2022 dankte Bill Gates seinem «Mäzen» öffentlich für dessen «rekordverdächtige Spenden». Bis 2026 solle die Stiftung jährlich Projekte in der Höhe von neun Milliarden US-Dollar finanzieren.
2023 erklärte Warren Buffett dann überraschend, dass die Berkshire Aktien, die rund 100 Milliarden US-Dollar betrugen, in einen eigenen Trust eingebracht werden sollen. Seine drei Kinder wurden zu deren Treuhänder ernannt und hätten nach dem Tod ihres Vaters ein Jahrzehnt Zeit, die Gelder in seinem Sinne für wohltätige Zwecke zu verwenden. Die Gates Foundation blieb unerwähnt.
Nach dem Tod von Warren Buffett fliesst kein Geld mehr
Im Mai 2023 macht die Gates Foundation zum ersten Mal Meldung, dass die Gelder von Warren Buffett nicht mehr über dessen Tod hinaus zur Verfügung stehen werden: «Da dieses Geschenk an Bedingungen geknüpft ist und nur zu seinen Lebzeiten gilt, kann sein Erhalt nicht im Voraus für jede jährliche Rate des Geschenks gesichert werden», heisst es in der Mitteilung. «Nach seinem Tod werden die Testamentsvollstrecker von Herrn Buffett die Verfügung über sein Vermögen treffen.»
Im Juni 2023 teilte Buffett via Wall Street Journal auch der Öffentlichkeit mit, dass die Gates Foundation nach seinem Tod keine weiteren Gelder erhalten werde. Was das für Bill Gates und seine philanthropischen Aktivitäten bedeutet, bleibt abzuwarten.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Leider wird mit keinem Wort erwähnt, wie vielfach mit der Philanthropie mit viel Geld noch mehr Geld gemacht wird (‹verdient› ist da wirklich fehl am Platz). Gates hat doch überall seine Finger drin, wenn ein grosser Reibach zu erwarten ist, oft zum Schaden der Menschheit.
Ach, ist sie nicht toll, die Welt der Schönen und Reichen? Und sogar das Wording stimmt: nur selbstlose Philanthropen, die unser aller Bestes wollen. Ja was eigentlich? Unsere Gesundheit natürlich; oder doch eher unsere Kohle? Ansonsten ist bei Leuten mit finanziellen Kragenweiten wie der von Gates schnell von Oligarchen die Rede, vorallem wenn es solche von jenseits des Wertewestens stammend sind; aber hier natürlich nicht.
Natürlich hat Gates auch nur ganz altrusistische Motive gehabt, als er die ganze Welt mit seinen Gentherapien, ups pardon ‹Impfungen› beglücken wollte. Deswegen ist er bei BioNTech auch genau in dem Moment als Investor ausgestiegen, als der Reibach eingefahren war. Klar, immerhin hat er noch viel vor mit seinen ganzen Lobbyorganisationen wie Gavi. Für jeden Dollar seines Einsatzes kommt dort ein Mehrfaches von dummen Staatenlenker obendrauf und natürlich fragt am Ende des Tages niemand, in wessen Tasche das Geld letztendlich gelandet ist. Tolles Geschäftsmodell!
Interessanterweise werden diese Philanthropen bei ihrer Spenderei selber immer reicher. Spenden scheint ein gutes Business zu sein, wenn man es so wie Gates und Buffet macht …
Das Ansammeln derartig großer Geldsummen bei einer einzigen Person hat pathologische Züge; hier handelt es sich um einen fehlgeleiteten evolutionären Zug, ähnlich dem Blutrausch von Wölfen wenn sie in einer wehrlose Schafherde geraten. So bewundernswert das geschäftliche Geschick von Warren Buffet auch ist, erwirtschaftet wird sein Wohlstand von den abertausenden Angestellten der Firmen an denen er beteiligt ist. Buffet hat nichts erfunden, keine Firma gegründet, die etwas produziert, nicht einmal ein bahnbrechendes neues Produkt auf den Markt gebracht. Sein Talent ist es, herauszufinden, wo am besten für ihn gearbeitet wird. Könnten die Firmen für sich und nicht für ihn arbeiten, wären die Löhne und damit die Steuer- und Sozialabgaben höher, es könnte mehr in Forschung investiert werden usw. usw. Damit wäre auch das Feigenblatt der Philanthropie, nichts anderes ist es: entweder für schlechtes Gewissen oder um noch mehr Geld zu verdienen, unnötig.