Medien geben dem Iran kein Recht auf Stellungnahme
Schon seit einiger Zeit wiederholen es die Administration Trump, die Regierung Israels und die saudischen Herrscher: Der Hauptfeind Nummer eins sei der Iran. Das Regime in Teheran sei der wichtigste Unterstützer der schlimmsten terroristischen Bewegungen. Während Präsident Trumps Reise zu den US-Verbündeten Israel und Saudi-Arabien wurden die Vorwürfe gegen den Iran bei jeder Gelegenheit lautstark erhoben und die Einigkeit darin gepriesen.
Die grossen Medien in der Schweiz verbreiteten diese massiven Vorwürfe weiter – was ihrer Informationspflicht entspricht –, ohne jedoch gleichzeitig dem Iran Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.
In den Richtlinien des Presserats über die Rechte und Pflichten der Journalistinnen und Journalisten heisst es:
«Aus dem Fairnessprinzip und dem ethischen Gebot der Anhörung beider Seiten («audiatur et altera pars») leitet sich die Pflicht der Journalistinnen und Journalisten ab, Betroffene vor der Publikation schwerer Vorwürfe anzuhören … ihre Stellungnahme ist im gleichen Medienbericht fair wiederzugeben.»
Stellungnahme des iranischen Aussenministers
Infosperber holt nach, was grosse Schweizer Medien unterlassen haben. Im Folgenden Auszüge aus einer Stellungnahme des iranischen Aussenministers Mohammad Javad Zarif vom 26. Mai gegenüber der «New York Times»:
«Die Waffen für 110 Milliarden Dollar werden weder der US-Armee ‹Last abnehmen› noch der ‹langfristige Sicherheit Saudi-Arabiens› helfen, wie das US-Staatsdepartement argumentiert. Das letzte Mal gaben die Saudis so viel Geld in den Achtzigerjahren aus, als sie den irakischen Diktator Saddam Hussein zu den Waffen verhalfen, damit dieser den Iran angreift. Was hat dies dem Irak und der Welt gebracht?
… Die USA sollten sich daran erinnern, woher fünfzehn der 9/11-Flugzeugentführer kamen [aus Saudi-Arabien]. Die gewaltsame Unterdrückung der Opposition kurz vor dem Besuch Trumps zeigt, dass die USA den Despoten der Region offensichtlich freie Hand gibt, friedliche Andersdenkende zu unterdrücken.
… Saudi-Arabien gibt unzählige Millionen aus, um ihren Wahabismus [sunnitischen Islam] global zu verbreiten [Finanzierung von wahabistischen Moscheen von Marokko bis Indonesien]. Diese fundamentalistische Ideologie ist die Inspiration für die Extrem-Ideologie der al-Kaida, den sogenannten IS und manch andere Terroristengruppen von Karatschi bis Manchester. Das Schüren von Angst gegen den Iran soll davon ablenken.
Iran hat den Opfern dieses Extremismus im Irak und in Syrien geholfen und mit verhindert, dass der IS Baghdad und Damaskus erobern konnte.
… Im Jahr 2013 hatte der Iran in Syrien einen sofortigen Waffenstillstand und einen Plan zur Beendigung des dortigen Kriegs vorgeschlagen. Doch Saudi-Arabien hat weitere zwei Jahre lang an eine militärische Lösung und einen Sieg [gegen die alawitisch-schiitische Herrscherclique] geglaubt, indem die USA in den Krieg hineingezogen werden sollten.
… Im Jemen führt Saud-Arabien Krieg gegen die Ansar Allah Gruppe [Huthis]. Diese Gruppe war die einzige, welche die gefährliche al-Kaida zurückdrängte. Die vom Westen unterstützte saudische Koalition behauptet, den Krieg im Jemen im Namen der «Demokratie» zu führen, obwohl Saudi-Arabien und dessen arabischen Verbündeten von dieser Staatsform wenig halten.
… Der Iran hatte für den Jemen schon nach den ersten Kriegstagen vor zwei Jahren einen Vier-Punkte-Plan vorgeschlagen, um den Krieg zu beenden. Die Saudis wollten nichts davon wissen, weil sie sich brüsteten, dass der Krieg nach zwei Wochen gewonnen sei. Unterdessen sind über die Hälfte der jemenitischen Bevölkerung auf der Flucht und sieben Millionen leiden an einer menschengemachten Hungersnot.
… Unsere Generation muss von der Geschichte lernen und darf nicht dazu verdammt sein, sie zu wiederholen.»
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Siehe
- Erich Gysling «Trump-Doktrin: Waffen verkaufen, Iran isolieren?»
- Andreas Zumach: «Donald Trump in Riad: unglaubwürdig und verlogen»
- Infosperber-Dossier: «Saudi-Arabien: Mächtiger Terrorstaat»
- Infosperber-Dossier: «Der Krieg in Syrien»
- Infosperber-Dossier: «Widerstand gegen die Mörder des Daesh»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Die Haltung der Staaten USA, Israel und Saudiarabien ist in der Iran-Frage völlig unglaubwürdig, weil diese Staaten befangen sind. Sie sind Partei. Man kann ihre Meinungen ernst nehmen, muss man aber nicht.
Wer heute normal abwägt weiss, dass unsere westliche Presse nur das schreibt was die westliche Welt gerne liest. Gott sei gedankt dass wir auch Portale wie Sperber haben.
Die USA hat bereits schon so viele Kriege angezettelt, um ihren Dollar zu finanzieren. Jetzt haben Sie einen Präsident der sehr gut twittern kann, aber von massvoller Politik wenig versteht, abgesehen von Mrd. Dollar Geschäften einfädeln um letzlich sich persönlich davon noch zu bereichern. Leider ist es nun mal so, dass eben nur das Finanzielle in seinem Kopf umherspinnt.
Ich muss mit Hochachtung erwähnen, dass Angi Merkel endlich die richtigen Worte fand und das beim Bierfest, wie sollte es auch anders sein in Bayern. Wir können uns auf die Weltmacht USA nicht mehr in den nächsten Jahren verlassen. Ein Problem dürfte dabei nur sein, das kleinkarierte nationalistische Denken der 27 EU-Staaten. Ich glaube hier kann man nur beten und hoffen, dass sich eine neue Denkweise einstellt.
Nur im Dialog wenn auch noch so zaghaft, liegt für jeden das Weiterkommen.
Die Qualitätsmedien haben alle Redakteure, die denken konnten, weggespart. Darum ist jetzt jede Analyse, die über «Hier gut, dort böse» hinausgeht, zu kompliziert für sie.
Die einseitige Parteinahme, welche von den westlichen Medien gegen den Iran gefahren wird, hat Tradition. Das war schon im Ersten Golfkrieg 1980 bis 1988 so, als der Westen Saddam Husseins Angriffskrieg gegen den revolutionären Iran frenetisch bejubelte. Die aktive westliche Unterstützung für Saudi-Arabien (und die KSA sekundierenden Golfmonarchien) bei der seit dem 26. März 2015 laufenden Militärintervention gegen die schiitischen Stämme (Huthi) im Jemen folgt demselben Muster: abermals bedingungsloser westlicher Support für einen weiteren Angriffskrieg, welcher nichts anderes als eine völkerrechtswidrige Einmischung in einen seit Jahren schwelenden innerjemenitischen Minoritätskonflikt ist, dessen ungeachtet aber in propagandistischer Manier als reiner Stellvertreterkrieg Irans am „Tor der Tränen“ (Bab al-Mandab) dargestellt wird.
Diese Verteuflung Irans fand nun den Höhepunkt bei Trumps Saudi-Reise: Gegen alle Beweise, die eindeutig machten dass 9/11 durch saudische Staatsangehörige erfolgte, behauptete er es sei von Iran ausgegangen. Der USA fehlt in ihrem Plan der Gesamtdestabilisierung der arabischen Welt nur noch der Iran und ungehindert die Bodenschätze zu plündern. Zu diesem Plan gehörte wohl auch, dass die USA Saddam Hussein aufrüsteten und zum Krieg gegen den Iran ermutigten.
Die westlichen Feindbilder sind Iran und Russland. Beide Lānder haben Bodenschātze und eigene, alte Kulturen.
Freie westliche Presse ist ein Mythos, ein Mārchen. Westliche Presse ist, wie ūberall, von Interessen geleitet. Da bilden auch namhafte westliche Medienhāuser keine Ausnahme.
@ruth obrist: bin völlig mit Ihnen einig. Klar geht es überall um Verfolgung von Interessen, fragt sich bloss wessen Interessen. Sicher nicht die des kleinen Mannes. Es geht um die Klasseninteressen der Kapitalbesitzer. Staat, Justiz, Presse. Da kommen die Volksinteressen nicht vor. Die Lohnsklaven sollen Sklaven ihrer Existenzsicherung bleiben. Und die Oligarchen beuten unterdessen ungeniert Mensch und Erde aus bis zum Ende.